Montag, 2. Juni 2025

Einen Verein mit dem Status Gemeinnützigkeit gründen - ein Erlebnisbericht (Teil 5)

Die rechtliche Handlungsfähigkeit eines Vereins hängt maßgeblich von der Ausgestaltung seiner Satzung und der Zusammensetzung des Vorstands ab. § 26 BGB regelt die Vertretung des Vereins durch den Vorstand und betont die Bedeutung der Satzung. Kommt es zu Rücktritten, ist entscheidend, ob die verbleibenden Mitglieder des Vorstandes weiterhin beschlussfähig sind. In vielen Fällen kann eine kommissarische Übernahme von Aufgaben die Funktionsfähigkeit des Vereins bis zur Neuwahl sichern – allerdings ohne eine ordentliche Vertretungsbefugnis. Reicht dies nicht aus, kann auf Antrag das Amtsgericht einen Notvorstand gemäß § 29 BGB bestellen.

Wenn sich jedoch keine neuen Vorstandsmitglieder finden, stehen dem Verein andere Optionen offen: eine Geschäftsbesorgung durch Dritte, eine Verschmelzung mit einem anderen Verein oder – als letzter Schritt – die Vereinsauflösung. Letztere zieht umfangreiche rechtliche und steuerliche Pflichten nach sich, darunter die Einhaltung des Sperrjahres, die Erstellung einer Schlussbilanz und die satzungsgemäße Verwendung des verbleibenden Vermögens. In jedem Fall sind eine sorgfältige Prüfung der Satzung und eine enge Abstimmung mit dem Finanzamt wie auch dem Vereinsregister unerlässlich, um Risiken zu vermeiden.


Ein Vorstandsmitglied tritt zurück – und was nun?

In § 26 BGB finden sich die Regelungen zum Vorstand und Vertretung des Vereins. Im ersten Absatz geht es um die Rolle des Vorstands und seine Vertretungsbefugnis. Darin heißt es, dass in der Satzung des Vereins die Vertretungsmacht gegenüber Dritten beschränkt werden kann, was somit die Wichtigkeit der Satzung unterstreicht. Im zweiten Absatz wird darüber hinaus festgelegt, dass jedes einzelne Mitglied eines Vorstands empfangsberechtigt ist für den Verein. Die Übermittlung einer Willenserklärung an ein Mitglied des Vorstands wäre dementsprechend ausreichend, um als an den Verein wirksam abgegeben zu gelten.

Die Erklärung des Rücktritts muss zwar keine Rechtfertigung beinhalten, aber sie sollte schriftlich erfolgen und den Zeitpunkt nennen. Eine fehlende Schriftform macht die Erklärung nicht zwingend unwirksam, es sei denn, die Satzung verlangt ein bestimmtes Formerfordernis. Mit Bestätigung des Rücktritts wird dieser jedenfalls angenommen und erlaubt jedoch bei fehlendem Zeitpunkt ein wenig Interpretationsspielraum. Nicht selten bittet man seitens des verbleibenden Vorstands darum, bis zur Neuwahl die laufenden Geschäfte im jeweiligen Verantwortungsbereich kommissarisch zu betreuen, um die Handlungsfähigkeit des Vereins zu erhalten. Ein sofort wirksamer Rücktritt kommt eigentlich nur dann vor, wenn gewichtige Gründe vorliegen. Ansonsten aber müsste (theoretisch) ein ausscheidendes Vorstandsmitglied abwarten bis zur Neuwahl.

Kommissarische Tätigkeit bedeutet, dass etwas vorübergehend übernommen wird. In der Regel wird eine derart beauftragte Person kein Stimmrecht im Vorstand besitzen und den Verein weder gerichtlich noch außergerichtlich vertreten können (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 2 BGB) – soweit es in der Satzung keine eindeutige Regelung gibt. Bekannte Mustersatzungen, wie zum Beispiel die des BMJV aus dem Jahr 2024, sind an der Stelle etwas sparsam formuliert; in § 10 der Mustersatzung heißt es: „Scheidet ein Mitglied vorzeitig aus dem Vorstand aus, so sind die verbleibenden Mitglieder des Vorstands berechtigt, ein Mitglied des Vereins bis zur Wahl des Nachfolgers durch die Mitgliederversammlung in den Vorstand zu wählen“ (Abs. 2).

Handlungsfähigkeit ist so zu verstehen, dass die verbliebenen Mitglieder des Vorstands entsprechend der Satzung ihre Beschlussfähigkeit uneingeschränkt ausüben können. In der Mustersatzung heißt es dazu wiederum: „Der Vorstand ist beschlussfähig, wenn mindestens zwei Mitglieder anwesend sind“ (§ 11 Abs. 1 Satz 4). Die Funktion des Vorstands wäre dann nicht mehr möglich, wenn von den verbliebenen zwei Vorständen eine Person ausfallen würde. Von daher braucht es drei Mitglieder – oder es muss eine Meldung an das Amtsgericht erfolgen, um einen Notvorstand eingesetzt zu bekommen. Ein Notvorstand übernimmt die Aufgaben des Vorstands, bis eine reguläre Neuwahl stattgefunden hat.  

 

Niemand will sich wählen lassen zum Vorstandsmitglied – und was nun?

Die Satzung sollte klare Regeln enthalten. Wichtig ist zwar der Passus, in dem es um die Beschlussfähigkeit geht, doch letztendlich ist eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen hinsichtlich der ordnungsgemäßen Amtsnachbesetzung. Gelingt dies nicht, kann jeder Beteiligte einen Antrag beim Amtsgericht über die Berufung eines Notvorstands nach § 29 BGB einreichen. Gründe für so einen Antrag wären der drohende Wegfall der Handlungsfähigkeit und die Dringlichkeit. Doch wenn alleinvertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder Beschlüsse umsetzen können, würde der Antrag unbegründet sein.

Mit dem Antrag meldet man den Rücktritt von Vorstandsmitgliedern und übersendet das Protokoll der außerordentlichen Mitgliederversammlung.

Beispiel:

In einer Vereinssatzung (von einem Schulverein) heißt es, dass der Vorstand beschlussfähig ist, wenn mindestens 4 Vorstandsmitglieder anwesend sind und somit der Vorstand seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit fassen kann. Die Beschlussfähigkeit erstreckt sich dabei auf die Führung der Geschäfte des Vereins, was neben der Einberufung der Mitgliederversammlung und Verwaltung der Kasse auch die Verteilung der Vermögenswerte nach dem Satzungszweck (Schulverein) sowie selbstständige Entscheidungen zu (bestimmten) Ausgaben durch die vorsitzende Person beinhaltet. Die Mitglieder des Vorstands sind alleinvertretungsberechtigt. Die Beschlussunfähigkeit entsteht in diesem Beispiel, wenn nur noch drei Vorstandsmitglieder den Verein vertreten. Doch für einen Notvorstand fehlt es an der Dringlichkeit, da alle verbliebenen Mitglieder handelnd tätig sein können – wobei das vielleicht bei einem Amtsgericht in dem Fall anders gesehen werden kann.

Diese Patt-Situation muss die Mitgliederversammlung lösen. Eine Möglichkeit, die bei einer fehlenden Bereitschaft zur Amtsübernahme bestünde, wäre die Geschäftsbesorgung durch einen externen Dritten beispielsweise auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrags nach § 675 BGB. Ein alleinvertretungsberechtigter Vorstand könnte einen solchen Vertrag eingehen, könnte dann allerdings wegen Überschreitung seiner Vertretungsmacht persönlich haftbar gemacht werden. Von daher wäre es schlichtweg besser, wenn die Mitgliederversammlung einem solchen Vorhaben ausdrücklich zustimmt.

Die Verschmelzung von gemeinnützigen Vereinen wäre ebenfalls möglich, um nicht wie bei einer Auflösung das Vereinsvermögen zu verlieren. Eine Verschmelzung kann durch Aufnahme des handlungsunfähigen Vereins geschehen oder per Gründung in einen neuen Verein. Genauestens geprüft werden müssen die Satzungen der beteiligten Vereine. Widersprüchlichkeiten und Ausschlüsse, gerade bei gemeinnützigen Körperschaften, darf es aus gemeinnützigkeitsrechtlichen Gründen nicht geben. Ist eine Übertragung ohne weiteres möglich, erlischt der übertragene Verein ohne Liquidation – das heißt, alle Rechte und Pflichten gehen auf den aufnehmenden Verein über und das sogenannte Sperrjahr entfällt.

 

Die Mitglieder wollen mehrheitlich nicht mehr – und was nun?

Eine Vereinsauflösung ist natürlich auch möglich, sofern die Mitglieder das so bestimmt haben. Die im Amt befindlichen Vorstandsmitglieder werden in der Regel zu Liquidatoren und müssen nach Ablauf des Sperrjahres das verbleibende Vereinsvermögen an die in der Satzung stehenden Begünstigten („Anfallberechtigten“) übertragen („ausgeantwortet“). Als Sperrjahr zu verstehen ist dabei ein gesetzlich vorgeschriebener Zeitraum von einem Jahr nach Bekanntmachung des Auflösungsbeschlusses (§ 51 BGB). In so einem Sperrjahr können Gläubiger ihre Forderungen anmelden bzw. sind seitens des Vereins bei bekannten Verbindlichkeiten die erforderlichen Hinterlegungen zu leisten. Sicherheiten sind selbst bei streitigen Verbindlichkeiten zu leisten (§ 52 BGB).

Mit der Vereinsauflösung entstehen wiederum steuerliche Pflichten. Zum einen muss eine Schlussbilanz erstellt werden, in der alle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten (siehe oben) zum Zeitpunkt der Auflösung enthalten sind. Für ungewisse Verbindlichkeiten wären Rückstellungen zu bilden. Zum anderen sind je nach der steuerlichen Situation Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuer-Erklärungen abzugeben. Am Ende des ganzen Auflösungsprozesses ist das Rest-Vermögen gemäß dem Grundsatz der Vermögensbindung nur an eine andere steuerbegünstigte Organisation zu übertragen – wieder entsprechend der Satzung.

Und noch ein allerletzter Punkt: Unterlagen sind aufbewahrungspflichtig für eine lange, lange Zeit.

CGS

 

 

 

 

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