Das Bundessozialgericht entschied in einem Fall über den
Anspruch auf Kostenerstattung für vom Kläger „selbst beschaffte 24 Sitzungen
tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie“ (Ziffer 4 des Terminberichts Nr.
8/16 vom 8. März 2016, Link und Quellenangabe weiter unten). Interessant an
dieser Entscheidung sind natürlich nahezu alle Aspekte (d.h. genehmigungsfähiger
Antrag, Fortbestand der Erforderlichkeit im Zeitpunkt des Leistungsbezugs,
Genehmigungsfiktion usw.), doch besonders wichtig erscheint mir die
Feststellung, dass die Krankenkasse (Beklagte) über den eingegangenen Antrag
weder fristgemäß entschieden noch den Versicherten (Kläger) ordentlich
informiert hatte. Daraufhin wurde die Krankenkasse zur Erstattung der Kosten
für die selbstbeschafften Leistungen verurteilt.
Somit stellt sich die Frage, welche Fristen es gibt für
die Bearbeitung von Anträgen?
Gemäß § 13 Abs. 3a SGB V hat die Krankenkasse über einen
Antrag auf Leistungen zügig, d.h. „spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen“
nach Antragseingang zu entscheiden (Satz 1). Darüber hinaus muss sie den
Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe „rechtzeitig“ und „schriftlich“
informieren, wenn eine Entscheidung in dieser Frist nicht getroffen werden
muss, weil ein medizinisches Gutachten einzuholen ist (Satz 5). Wenn aber keine
Mitteilung eines hinreichenden Grundes erfolgt, so gilt die Leistung nach
Ablauf der Frist als genehmigt (Satz 6).
Wenn eine gutachterliche Stellungnahme erforderlich ist,
verlängert sich die Frist zur Entscheidung auf „fünf Wochen nach Antragseingang“
(Satz 1); bei zahnärztlichen Gutachterverfahren beträgt die Frist für die
Krankenkasse „sechs Wochen“ (Satz 4).
Bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation muss dagegen
vorweg erst einmal die Zuständigkeit festgestellt werden, wofür der
erstangegangene Leistungsträger zwei Wochen Zeit hat (vgl. § 14 Abs. 1 SGB IX).
Erklärt sich dieser für unzuständig, muss der Antrag „unverzüglich“
weitergeleitet werden an den zuständigen Leistungsträger. Dieser hat dann über den
Antrag „innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang“ zu entscheiden (vgl. §
14 Abs. 2 SGB IX). Wird dagegen der Antrag nicht weitergeleitet, muss der
erstangegangene Leistungsträger „unverzüglich“ entscheiden, aber darf dies
innerhalb der vorgenannten drei Wochen tun.
Ist eine gutachterliche Stellungnahme erforderlich, muss
das Gutachten „innerhalb von zwei Wochen nach Auftragserteilung“ erstellt
werden (Abs. 5), so dass dann eine Entscheidung „zwei Wochen nach Vorliegen des
Gutachtens“ (Abs. 2) getroffen werden kann.
Schon der Vergleich zeigt, dass in etwa die Fristen für
die Bearbeitung von Anträgen sowohl im Geltungsbereich des SGB V wie auch im
SGB IX gleich sind. Zwei Wochen sind für die Zuständigkeitsprüfung zu bemessen,
drei Wochen für die Bearbeitung des Antrags ab Antragseingang. Die Fristen
verlängern sich bei Gutachterverfahren, doch dann ist eine Entscheidung nach
fünf bzw. sechs Wochen nach Antragseingang (SGB V) oder zwei + zwei Wochen nach
Auftragserteilung (SGB IX) mitzuteilen. Antragseingang heißt aber nicht
zwingend, dass der Antrag beim zuständigen Leistungsträger eingegangen sein
muss. Anträge auf Sozialleistungen sind von allen Leistungsträgern
entgegenzunehmen. In § 16 Abs. 2 SGB I heißt es: „Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die
Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung
der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt werden, sind unverzüglich an
den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Ist die Sozialleistung von
einem Antrag abhängig, gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er
bei einer der in Satz 1 genannten Stellen eingegangen ist.“
Doch weil es in der Praxis eher schlecht läuft mit der
Einhaltung der Fristen, müssen Leistungsberechtigte die Bearbeitung der Anträge
anmahnen und selbst Fristen setzen (vgl. hierzu § 15 Abs. 1 SGB IX), um sich
nötigenfalls die Leistungen selbst zu beschaffen. Für die Leistungsträger gibt es
dabei kein Risiko, denn bei der Erstattung von Aufwendungen sind die Grundsätze
der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten.
Und einen Antrag auf Erbringung von vorläufigen
Leistungen zu stellen, kommt nur dann in Betracht, wenn es Probleme bei der
Zuständigkeitsklärung gibt (vgl. § 43 SGB I).
CGS
Quelle:
Bundessozialgericht-Urteil vom 08.03.2016 – Az. B 1 KR
25/15 R
Ziffer 4 im Terminbericht Nr. 8/16
Vorinstanzen waren das SG Saarland – S 23 KR 563/14 –
sowie das LSG Saarland – L 2 KR 180/14.
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