Mittwoch, 27. Januar 2016

Versicherer im Zinstal

Unter der Überschrift titelt der Internet-Dienst der Tagesschau am 26.1.2016: „Wie sicher ist das Geld fürs Alter?“. Der Bericht zielt auf die Vorwürfe des Allianz-Chefs Oliver Bäte ab, der das derzeitige Niedrigzinsumfeld als äußerst problematisch ansieht. Die niedrigen Zinsen gefährden die private Altersvorsorge zu einer Zeit, in der das gesetzliche Rentenniveau sinkt, so der Bericht.

Altersvorsorge wird von vielen Deutschen in Form von Lebensversicherungen betrieben. Man spart in der Zeit an, damit im Alter eine ausreichende Rücklage vorhanden. Die Lebensversicherer „arbeiten“ mit dem Geld dergestalt, dass bis zum Renteneintritt, bis zu dem Moment, in dem die Rücklage voraussichtlich benötigt wird, größtmöglicher Ertrag bei geringstem Risiko erwirtschaftet wird. Dabei wird aber nur der vereinbarte Sparanteil verwendet. Problem ist dabei, dass die Versicherungen gesetzlich gezwungen sind, einen garantierten Zins (aktuell 1,25 %) auszuschütten, der zurzeit höher liegt, als die erzielbaren Renditen für sichere Anlagen. Lebensversicherer müssen also ins Risiko gehen (vor dem gleichen Problem stehen übrigens auch Pensionskassen).

Ins Risiko zu gehen würde heißen, dass die Gesellschaften in solche Anlagenklassen (z.B. Aktien) gehen müssen, die ein hohes Verlustpotential mit sich bringen, aber auf lange Sicht auch die höchsten Chancen bieten – Langfristcharts werden gerne bemüht, um jährliche Renditen von über 9 % o.ä. zu belegen. Traditionell sind aber genau diese Gesellschaften die größten Aufkäufer von Staatsanleihen, Pfandbriefen und Kommunalobligationen usw. mit Top-Rating. Doch Top-Rating rentiert schon lange nicht mehr.

So gesehen finden sich Stiftungen vor dem gleichen Problem wie Versicherungsgesellschaften und Pensionskassen.

CGS




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Sonntag, 24. Januar 2016

Stiftungen im Zinstal

Vor kurzem wurde ich auf zwei Artikel aufmerksam, in denen über die Problematik der sinkenden Einnahmen bei Stiftungen berichtet wurde. Viele Stiftungen verdienen ihr Geld nämlich mit der Vermögensanlage. Da Stiftungen eine konservative, sicherheitsorientierte Vermögensanlage betreiben sollten, sind sie auf gut verzinsliche Wertanlagen angewiesen. Dies ist aber schon seit einigen Jahren immer weniger der Fall, weil die Niedrigzinspolitik der Notenbanken die zu erwartenden Renditen am Kapitalmarkt für verzinsliche Wertanlagen erheblich drückt. Damit werden Förderprojekte nicht mehr im bisherigen Umfang finanzierbar sein. Die Unternehmensberatung PWC hat zeitgleich eine Studie veröffentlicht, in der die Auswirkungen des Niedrigzinsumfelds auf Stiftungen sowie das Vermögensmanagement untersucht wurden.

In einem Artikel der Hersfelder Zeitung vom 4.1.2016 wird der Vorsitzende einer Stiftung mit den Worten zitiert: „Die Stiftung lebt in erster Linie von den Zinsen ihres Stammkapitals, das sich auf 120 000 Euro beläuft. Bei den derzeitigen Zinssätzen kommen da jährlich nicht mehr als 2000 Euro raus“ (Quelle: http://www.hersfelder-zeitung.de/bad-hersfeld/ars-natura-stiftung-geht-geld-6008108.html).

Passend dazu titelte das Flensburger Tageblatt am 17.1.2016: „Zinstief – Stiftungen in SH geht das Geld aus“ und gibt den Vorstand des Schleswig-Holsteinischen Stiftungstages mit den Worten wieder: „Mit einem Stiftungsvermögen von 100.000 Euro und einer einprozentigen Nettoverzinsung kann man nach Abzug der Verwaltungskosten kaum den Förderzweck erfüllen“. Die Folge wäre Vermögensverzehr oder die Stiftungen könnten ihre Aufgaben nicht mehr wahrnehmen, so der Artikel (Quelle: http://www.shz.de/schleswig-holstein/wirtschaft/zinstief-stiftungen-in-sh-geht-das-geld-aus-id12478776.html).

Um die Hintergründe besser zu verstehen, muss man zurück in das Jahr 2009 gehen, also dem Jahr, in dem die letzte Finanzkrise zuerst als ein singuläres Problem einer einzelnen Großbank begann. Aus dem Zusammenbruch der Lehman-Bank entwickelte sich eine Liquiditäts- und Vertrauenskrise im gesamten Finanzsektor, da plötzlich viele zuvor mit „Top-Rating“ versehene Wertanlagen als „toxische Papiere“ galten, die keiner mehr haben wollte. Schließlich griff die Krise auf die Realwirtschaften über, so dass die Notenbanken zu drastischen Mitteln greifen mussten. Leitzinsen auf nahe Null und Einlagenfazilitäten mit Minuszinsen. Außerdem kauften die Notenbanken die Staatsanleihen ihrer eigenen Mitgliedsstaaten auf, um so indirekt die Kreditvergabe und die Investitionstätigkeit der Unternehmen anzukurbeln.

Am Kapitalmarkt noch Geld verdienen? Mit einer sicherheitsorientierten, werterhaltenden Vermögensstrategie ist dies nicht mehr machbar. Noch vor der Finanzkrise bewegte sich die Umlaufrendite für festverzinsliche Bundeswertpapiere bei über 3 %, mittlerweile hat sie sich von knapp über 0 % im letzten Jahr auf etwa 0,3 % „erholt“. Konservative Vermögensanlage als Einnahmequelle kommt nicht mehr in Betracht, und selbst Kapitalerhalt ist schwierig bis unmöglich geworden.

Die Unternehmensberatung PWC wollte nun von Stiftungen wissen, wie sie die Auswirkungen des Niedrigzinsumfelds bewerten (Quelle: http://www.pwc.de/de/steuerberatung/stiftungen-gehen-wegen-niedriger-zinsen-staerker-ins-risiko.html – auf der Seite befindet sich auch der Link zur Studie). Befragt wurden 208 der „vermögensstärksten“ Stiftungen in Deutschland, wobei ungeklärt bleibt, wie sich „vermögensstärkste“ Stiftungen von anderen unterscheiden. Diesen Punkt halte ich für wichtig, zumal in der späteren Auswertung mancherorts unterschieden wird zwischen „größeren“ und „kleineren“ Stiftungen; bezieht sich diese Größeneinteilung auf das Stiftungsvermögen, die Finanzanlagen, der relative Anteile der Finanzanlagen am Gesamtvermögen oder die Anzahl der Mitarbeiter? Ich hätte mir auch einen Vergleich gewünscht zu Stiftungen in der GmbH-Rechtsform (z.B. Robert Bosch Stiftung GmbH). Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Qualität der verarbeiteten Daten. Viele Auswertungen beruhen nämlich auf Selbsteinschätzungen der befragten Stiftungen. Es fehlen leider die „harten“ Fakten.

Trotz aller Kritik, diese Studie (übrigens die zweite von PWC in dieser Fragestellung) bietet Einsichten in die Arbeit und das Vermögensmanagement von Stiftungen. Von den Ergebnissen kommt einem vieles bekannt vor und manches, von dem man es nicht gedacht hätte. Die Studie ist umfangreich und zeigt Handlungsfelder auf, die auch auf andere Anlegergruppen aus dem Bereich der Gemeinnützigkeit übertragbar sein könnten.

Sind Stiftungen durch die Finanzkrise stark betroffen gewesen? Da die Vermögensanlage bisher konservativ erfolgte, konnten solche Einbrüche überwiegend vermieden werden. Das Problem entsteht jetzt nach und nach, weil Gelder aus gut verzinslichen Wertpapieren früherer Jahre nunmehr zur Rückzahlung anstehen und wiederangelegt werden müssen.

Wie sieht eine erfolgreiche Vermögensstrategie aus? Die erfolgreicheren Stiftungen nutzen nicht nur (fast) die gesamte Angebotsvielfalt der an den Kapitalmärkten verfügbaren Finanzprodukten, sondern es wird eine aktive Diversifikationsstrategie betrieben. Auch Erfahrung und Professionalität zählen zu den Erfolgsfaktoren, sowohl auf der Ebene der Entscheider wie auch der Kontrolleure. Hinzu kommt ein systematischer Ansatz bei der Entscheidungsfindung bis hin zu einer Marktabsicherungsstrategie.

Als Fazit kann man festhalten, dass das Niedrigzinsumfeld die Einnahme-Situation der Stiftungen besonders dann erheblich belastet, wenn andere Einnahmequellen nicht ausreichend vorhanden sind. „Schlechtes“ Vermögensmanagement führt zudem zu Kapitalverzehr, was eine weitere unnötige „Baustelle“ bedeutet. Wenn die verdiente Liquidität nicht mehr ausreicht, müssen förderungswürdige Projekte eingestellt werden, sonst droht finanzielle Schieflage, aus der die Stiftung sich nicht mehr selbst befreien kann.

Geldanlage ist ein Thema, an dem auch die Unternehmen der Eingliederungshilfe nicht vorbeikommen.

CGS


Quellen:

Hersfelder Zeitung vom 4.1.2016: „Ars-Natura-Stiftung geht das Geld aus“
Betrachtet am 19.1.2016.

Flensburger Tageblatt vom 17.1.2016: „Zinstief – Stiftungen in SH geht das Geld aus“
Betrachtet am 19.1.2016.

Publikation der PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (PWC)
„Fünf Jahre Niedrigzinsphase und kein Ende in Sicht?“
Prof. Dr. Norbert Winkeljohann, Dr. Ulrich Störk, Lutz Roschker, Berthold Theuffel-Werhahn
Herausgegeben Januar 2016

Webseite der PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (PWC)
„Stiftungen gehen wegen niedriger Zinsen stärker ins Risiko“
Betrachtet am 19.1.2016





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Dienstag, 19. Januar 2016

Die Unternehmensberatung PWC veröffentlicht eine Umfrage unter Stiftungen zum Thema Vermögensanlage (Geldanlage)

Soziale Unternehmen bekommen für ihre Arbeit zwar eine vereinbarte Vergütung von öffentlichen Leistungsträgern (z.B. Trägern der Sozialhilfe) und (wenigen?) privaten Selbstzahlern gezahlt, doch damit wird meistens nur ein Minimal-Standard abgedeckt. Wenn man dagegen einen etwas höheren Standard anbieten möchte, z.B. Freizeitaktivitäten, bessere technische Ausstattung, Wohnumfeld-Verbesserungsmaßnahmen, sind die Träger von Einrichtungen (Leistungserbringer) auf Spenden und Zuwendungen angewiesen.

Gerade hat aber die Unternehmensberatung PWC eine Umfrage unter Stiftungen zum Thema Vermögensanlage (Geldanlage) veröffentlicht, deren Ergebnisse möglicherweise Grund zur Sorge geben – die Studie liegt vor, konnte aber bisher noch nicht gelesen werden.

Tenor der Studie ist, dass durch die Niedrigzinspolitik der Notenbanken den Stiftungen Einkommen verloren geht, mit denen bisher Projekte finanziert werden konnten. Besonders kleine Stiftungen werden nicht nur ihre Projekte nicht finanzieren können, sondern wahrscheinlich sogar ihre Verwaltungskosten nicht abgedeckt bekommen. Um aber weiterhin „überleben“ zu können, müssen riskantere Formen der Vermögensanlage eingegangen werden.

Stiftungen sind aber nicht alleine. Die Auswirkungen der Niedrigzinspolitik treffen auch Pensionskassen und soziale Unternehmen, weil diese ebenfalls Vermögensanlage betreiben.

CGS




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Samstag, 16. Januar 2016

Interner und Externer Vergleich in Entgeltverhandlungen

Das gesamte Sozialhilferecht ist durchtränkt von dem Anspruch, dass alle Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbracht werden müssen. Es geht halt nur um die reine Bedarfsdeckung, keine Bedarfs-Übererfüllung. Leistungen sind so zu erbringen, dass sie ausreichen und zweckmäßig den Hilfebedarf erfüllen und dabei das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (vgl. § 76 Abs. 1 S. 3 SGB XII). Darum begegnet man auch auf Seiten der Leistungsträger mit großem Misstrauen jedem Wunsch nach Verhandlungen über die Vergütung, und ganz besonders dann, wenn das Angebot ausgesprochen „teuer“ erscheint. Die Seite der Leistungserbringer fühlt sich dagegen missverstanden, wo sie doch nichts anderes getan hat, als die in der Leistungsvereinbarung enthaltene Ausstattung in eine Vergütung umzurechnen. Wie soll man diese höchst unterschiedlichen Positionen zusammenbringen?

Aus Sicht des Sozialhilfeträgers (Leistungsträgers) muss Sozialhilfe auf das notwendigste Maß beschränkt bleiben, weil Sozialhilfe auf die reine Bedarfsdeckung abzielt. Ein Bedarf entsteht, weil sich ein Mensch in einer Notlage befindet oder droht in eine solche zu geraten (vgl. auch § 15 f. SGB XII). Von daher können nur solche Maßnahmen erbracht werden, die den Bedarf oder die Notlage decken, beziehungsweise muss man eher davon sprechen, dass Maßnahmen nur bis zu dem Moment geleistet werden, bis zu dem die Bedarfsdeckung noch nicht erfolgt ist. Der Moment ab der erfüllten Bedarfsdeckung wird dagegen als Luxus verstanden, der folgerichtig nicht erbracht werden darf.

Maßnahmen werden im Bereich der Eingliederungshilfe über die Leistungsvereinbarungen sprachlich (relativ) genau definiert. Auch der Ressourceneinsatz findet sich in diesen Vereinbarungen zwischen Leistungsträgern und Leistungserbringern (vgl. § 76 Abs. 1 S. 1 SGB XII), und trotzdem entsteht immer wieder das Problem, dass Angebotskalkulationen der Leistungserbringer angezweifelt werden.

Als Leistungsträger hat man bereits für einen bestimmten Leistungsbereich eine Muster- oder Standard-Leistungsvereinbarung idealerweise definiert und mit mehreren Leistungserbringern solche vereinbart. Es gibt zwar so manche Abweichungen zum aktuellen Standard, was historisch bedingt ist, aber die Leistung wird erbracht. Alle sind solange zufrieden, bis ein Leistungserbringer z.B. neu vereinbaren möchte, und dann noch zu einem höheren Preis (Vergütung, vgl. § 76 Abs. 2 SGB XII). Das Preisgefüge droht zu kippen – das Angebot wird rundheraus abgelehnt.

Unverständlich aus Sicht des Leistungserbringers, denn die Kalkulation fußte auf den eigenen, prospektiven Gestehungskosten auf Basis der Leistungsvereinbarung. Es wurde vielleicht an der einen oder anderen Stelle „großzügiger“ kalkuliert, aber dennoch handelt es sich um ein Angebot, welches den o.g. Grundsätzen entspricht.

Der Leistungsträger muss ablehnen, wenn die angebotene Vergütung über den Vergütungen anderer Träger bei „vergleichbarem Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung“ liegt (§ 75 Abs. 2 S. 3 SGB XII). Er kann sich also hier auf das Gesetz berufen. Der „teuerste“ Leistungserbringer – mit vergleichbarer Leistung – setzt somit die preisliche Obergrenze. Genau hier liegt aber ein Mangel, denn nur der Leistungsträger kann feststellen, welche Leistungserbringer vergleichbar sind. Problematisch ist es schon dann, wenn z.B. die Fachkraftquote eine ganz andere ist oder die anderen Leistungserbringer ein Trägerbudget vereinbart haben. Es sollte sich eigentlich von selbst verstehen, dass man so einen Preisvergleich nicht hinbekommt, wenn ein Leistungserbringer verpflichtet ist, einen höheren Anteil „teurer“ Fachkräfte einzusetzen oder gegen eine „Trägerbudget-Träger“ konkurriert. Doch im ersten Gespräch zwischen beiden Seiten, wird diese Problematik nicht angesprochen. Und selbst wenn, so könnte man einwenden, nützt es nicht viel, weil eine Einsichtnahme in die Unterlagen für den Anbieter nicht möglich ist. Trotzdem sollte man m.E. als Leistungserbringer diesen Umstand nicht unter den Tisch fallen lassen, sondern direkt ansprechen. Denn wer behauptet, dass ein Vergleich möglich ist, muss ggf. vor einer Schiedsstelle den Nachweis erbringen. Und bis dahin, ist es nur eine Behauptung.

Vergleichbarkeit kann darüber hinaus nur hergestellt werden, wenn man als Leistungsträger Klarheit erhält über die Kalkulationsgrundlagen (des Anbieters). Kalkulationsgrundlagen sind dabei der Ressourceneinsatz bzw. Ressourcenbedarf (als Annahme über die benötigte Menge) und die Kosten der Ressourcenbeschaffung (als Annahme über die zukünftigen Beschaffungskosten). Hierzu müsste der Leistungsträger die Kalkulation insoweit prüfen, dass er ausreichende Gewissheit erlangt über die ordnungsgemäße Anwendung der Kriterien nach § 75 Abs. 3 S. 2 SGB XII: „Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen.“ Doch so eine Auseinandersetzung mit dem Angebot ist zeitaufwändig und wird gerne gescheut.

In seinem Urteil vom 29.1.2009 (Az. B 3 P 6/08 R) formulierte das Bundessozialgericht ein zweigliedriges Prüfungsmuster, nach dem ein Leistungsträger vorzugehen hat: man spricht seitdem vom „Externen Vergleich“ und dem „Internen Vergleich“. Die Reihenfolge der Prüfungsschritte ist im Urteil ein anderer, als in diesem Beitrag oben beschrieben. Zuerst soll ein interner Vergleich erfolgen, um Vergleichbarkeit herzustellen, dann erst erfolgt der externe Vergleich mit vergleichbaren Leistungserbringern. Hinzu kommt auch noch, dass das BSG auf die Leistungsgerechtigkeit abgestellt hatte, was bisher noch nicht angesprochen wurde.

Unter Leistungsgerechtigkeit versteht das BSG, dass die einrichtungsspezifischen, prospektiven Gestehungskosten durch die angestrebte Vergütung gedeckt werden. Dazu gezählt wird auch ein Zuschlag zum Unternehmerrisiko. Der Leistungserbringer trägt die Darlegungslast, so das Gericht, und muss die festgestellten Unschlüssigkeiten erläutern. Zwar betrifft dieses Urteil nur den Bereich der Pflege, dennoch geht die herrschende Meinung davon aus, dass eine Übertragbarkeit auf die Eingliederungshilfe gegeben ist.

Konkret bedeutet der interne Vergleich, dass der Leistungsträger anhand der (angestrebten) Leistungsvereinbarung den Ressourcenbedarf prüft und dann die Beschaffungskosten plausibilisiert. Wenn das Ergebnis mit der Kalkulation der Einzelkostenart – in etwa – übereinstimmt, eine gewisse Fehlerquote muss ebenso berücksichtigt werden, wie eine Immaterialität bei der Abweichung im Verhältnis zur Stichprobe, kann man annehmen, dass die vom Gesetz geforderten Grundsätze eingehalten wurden.

Es ist unwesentlich, ob der Leistungsträger die Einzelkosten von den anderen Leistungserbringern kennt. Zu gern wird bei überdurchschnittlichen Beschaffungskosten „gestrichen“ und bei unterdurchschnittlichen Beschaffungskosten „nichts gesagt“. Diese Strategie soll dazu führen, die Kosten zu senken. Die Überlegung ist die, dass z.B. der Aufwand für Porto verringert werden kann, wenn die anbietende Einrichtung es „genauso machen würde“, wie der billigste Konkurrent (sogenanntes „Best Practice“). Tatsächlich werden bei Leistungserbringern lediglich neue Probleme generiert, weil die Voraussetzungen einfach nicht übertragbar sind. Richtiger wäre es dagegen, bei nicht plausibel erscheinenden Einzelkosten die gesamte Bandbreite der gleichen Einzelkostenart für alle vergleichbaren Leistungserbringer offenzulegen; also so vorzugehen, wie beim externen Vergleich.

Leistungsträger tun dies aber nicht. Sie können es ehrlich gesagt auch nicht, weil sie die Zusammensetzung der Vergütungssätze im Einzelnen nicht genau kennen, selbst wenn eine dezidierte Angebotskalkulation mal beigebracht wurde. Häufig genug liegen die alten Unterlagen nicht mehr vor oder die Zahlen wurden mittlerweile über viele Jahre hinweg immer wieder, teils sogar mehrfach, pauschal angepasst.

Weil der interne Vergleich aufwändig ist, versucht man mithilfe des externen Vergleichs abzuschrecken. Gerne wird auch eine Drohkulisse aufgebaut, die dann in letzter Konsequenz tatsächlich zu langwierigen Einzelverhandlungen führen kann. Leistungserbringer können versuchen, die Leistungsvereinbarung zu verschlanken, in dem im Prosa-Teil ein wenig Fachlichkeit herausgenommen und der Ressourcenbedarf abgespeckt wird. So bleibt man im Gespräch und erreicht über diesen Umweg eventuell einen Preis, mit dem beide Seiten leben könnten.

CGS



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