Mittwoch, 23. Oktober 2019

Mobile Ambulante Betreuung ist sowas wie Tagesförderung für die BGW-GFT

Seit dem 1.1.2019 gibt es eine Neuordnung bei den berufsgenossenschaftlichen Gefahrtarifen. Was wirklich neu ist, sind die sich dahinter verbergenden Strukturschlüssel, die eine etwas genauere Zuordnung möglich machen. Diese Daten sind aber nicht öffentlich. Wenn man sich als versichertes Unternehmen mit einer „unangemessenen“ Gefahrenklasse konfrontiert sieht, muss man das Gespräch mit der BGW suchen, um über den Strukturschlüssel (den man nicht kennt) eine mögliche Neuzuordnung zu erreichen.

Bei der mobilen, ambulanten Betreuung hat es eine erhebliche Neubestimmung gegeben. Die Gefahrenklasse für eine ambulante Eingliederungshilfe würde sich jetzt im Vergleich zu früheren Jahren fast halbiert haben – nämlich von zuvor 6,07 auf 3,93 bzw. für das Jahr 2019 von 5,91 auf 3,66.


Der Strukturschlüssel bestimmt die Gefahrtarifstelle

Die richtige Zuordnung zu einer Gefahrtarifstelle zu finden und damit auch einen angemessenen Faktor einer Gefahrenklasse zu erhalten für die Aufwendungen der Unfallversicherung, liegt in der Verantwortung des versicherten Unternehmens. Seit dem 1.1.2019 gibt es einige Änderungen bei den Strukturschlüsseln, die aber nicht bekannt gemacht werden. Die Strukturschlüssel sind so etwas, wie eine Untergruppe zu den Gefahrtarifstellen.

Die Gefahrtarifstelle 11 „Heime und Wohnheime“ war bis zum 31.12.2018 mit dem Strukturschlüssel 0540 versehen. Doch seit Jahresanfang zeigt sich eine kleinlichere Einteilung in „stationäre Wohnformen“ der Familienhilfe (Strukturschlüssel 0540), für Senioren mit Pflegebedarf (0560), Menschen mit Behinderung (0580) sowie Sonstige Einrichtungen, z.B. der Obdachlosenhilfe (0590). Bei allen diesen Wohnformen wird die Gefahrenklasse 3,71 (bis 2018: 3,50) verwendet. Doch in Zukunft kann es eine Spreizung geben, die dann zu einer differenzierten Eingruppierung führen wird.

Bei den ambulanten Betriebsteilen gab es bislang nur die Gefahrentarifstelle 15 „Ambulante Sozialpflegerische Dienste“.  Die entsprechende Gefahrenklasse trägt den Faktor 5,91 (bis 2018: 6,07), was im Vergleich zu den stationären Wohnformen eine recht deutliche Verteuerung bedeutet. Die Verteuerung spiegelt aber auch das höhere Risiko wider bei einer solchen Leistungsform, obwohl die ambulante Fachleistung eigentlich ein viel geringeres Unfallgefährdungspotential mit sich bringt.

In stationären Wohnformen findet die Betreuungsleistung rund um die Uhr statt. Und gerade in der Nacht finden sich teils hohe Belastungssituationen, weil Menschen beispielsweise nicht zur Ruhe kommen oder sich ängstigen. Menschen in Apartments agieren viel selbstbestimmter. Sie sind Klienten und entscheiden selber, ob und welche Hilfe überhaupt sie in Anspruch nehmen wollen („dann wird die Tür einfach nicht aufgemacht“). Pflegebedürftige Patienten sind dagegen viel stärker auf eine bestimmte medizinisch-pflegerische Hilfe angewiesen, damit ihre Gesundheit erhalten bleibt. Eine ambulant tätige Pflegekraft weiß das sehr genau und muss sich beeilen; ja sie muss teilweise sogar von Termin zu Termin hetzen, um möglichst viele Patienten zu betreuen.


Zeitdruck bei der Leistungserbringung bestimmt die potentielle Unfallgefährdung

Einen solchen Zeitdruck hat man eigentlich nicht in der Leistungserbringung der Eingliederungshilfe. Im Vordergrund steht der individuelle Bedarf des behinderten Menschen. Statt in Minuten-Budgets zu denken, können die Fachkräfte sich auf die Begleitung zur sozialen Teilhabe konzentrieren. Häufig werden sogar „ganze Stunden“ für die Maßnahmen eingeplant.

Die BGW hat diesen Punkt verstanden. Die ambulante Betreuungsleistung wird mit einem Risiko gleichgesetzt, welches dem Gefahrenpotential für Mitarbeiter in einer Tageseinrichtung / Tagesförderstätte (mit dem Strukturschlüssel 0650; ehemals 0640) sehr ähnlich ist: kein Zeitdruck in der Leistungserbringung, keine schnellen Fahrten mit einem Kfz.

Für diese Form der Leistungserbringung gibt es jetzt den Strukturschlüssel 0661, der für „Mobile Soziale Dienste ohne pflegerische Leistungen“ gedacht ist – das schließt nicht gänzlich die pflegerische Hilfe aus, denn die kann es noch in einem geringfügigen Rahmen geben. Das Kriterium ist also die reine Fachleistung, die ohne den Aspekt des Wohnens oder einer Nachtarbeit / Nachtbereitschaft auskommt. Die Gefahrentarifstelle für diese beiden Strukturen ist die 14, die aktuell mit dem Faktor für die Gefahrenklasse von 3,66 gerechnet wird (in 2018: 3,93).

Von daher empfiehlt es sich, mit der Berufsgenossenschaft ins Gespräch zu kommen, sich also prüfen zu lassen, damit der richtige Tarif zur Anwendung kommt.

Wenn dagegen weiterhin ein hohes Maß an pflegerischer Unterstützung die ambulante Arbeit prägt, bleibt es bei der bisherigen Eingruppierung in der Gefahrentarifstelle 15 für die „Ambulanten Sozialpflegerischen Dienste“. Die Gefahrenklasse beträgt dann 5,91 (bis 2018: 6,07).

CGS




Früherer Beitrag 




Hat Ihnen der Beitrag gefallen?

Empfehlen Sie ein//gegliedert weiter oder klicken Sie gleich reihum auf die Überschriften oder Seiten dieses Blogs – ersetzt das Applaudieren.

Gibt es eine Gegenrede?

Schreiben Sie mir eine Email – Ihre Meinung hilft mir, meine Perspektive neu zu überdenken. Meine Email-Adresse finden Sie auf der Seite Über mich.

Wollen Sie Ihre Anonymität wahren, versuchen Sie es mit einem Wegwerf-Email-Dienst. Rechnen Sie aber damit, dass der übergeordnete Dienstanbieter diese blockiert. Die Kommentarfunktion wird von mir nicht angeboten, weil die Moderation sehr zeitaufwändig ist. Ich bitte um Ihr Verständnis.

Mobile Ambulante Betreuung ist sowas wie Tagesförderung für die BGW-GFT