Sonntag, 30. April 2017

Die Kosten eines Mitarbeiter-Führungszeugnisses tragen die Mitarbeiter oder Arbeitgeber von Einrichtungen der Behindertenhilfe?

Das Thema Führungszeugnis ist im Zuge der Änderungen, die durch das Bundesteilhabegesetz eingebracht wurden, nun in der Umsetzung. Konkreter gesetzlicher Anlass für Anbieter von Diensten und Einrichtungen ist die Neufassung von § 75 Abs. 2 SGB XII.

Mitarbeiter sind jetzt aufgefordert und müssen ein erweitertes Führungszeugnis bei ihrer zuständigen Meldebehörde einholen und dem Arbeitgeber zur Einsichtnahme vorlegen. Die Kosten dafür belaufen sich auf etwa 13 Euro, was vom Arbeitgeber, welcher schließlich dieses Führungszeugnis „verlangt“, nicht zwingend erstattet wird. Es kommt dann noch hinzu, dass dieses erweiterte Führungszeugnis „regelmäßig“ vorgelegt werden muss, so dass man sich schon fragen muss, ob nicht wenigstens diese Kosten vom Arbeitgeber getragen werden sollten.

Von daher stellen sich folgende Fragen:

Was bedeutet „regelmäßig“ bzw. in welchen Abständen müssen Führungszeugnisse eingeholt werden?

Hier gibt es eine Leitlinie aus den Erfahrungen mit Führungszeugnissen in der Kinder- und Jugendhilfe bzw. dem Jugendarbeitsschutz in Verbindung mit dem Bundeszentralregistergesetz – also § 72 a SGB VIII, § 25 JArbSchG und § 30 a BZRG. Das heißt nicht, dass in den vorgenannten Gesetzen eine ausdrückliche Frist enthalten ist. In der Praxis bewährt hat sich aber wohl ein fünfjähriges Intervall, weil die Tilgungsfrist für Einträge bei Verurteilungen in den relevanten Tatbeständen bei 5 Jahren liegt (vgl. § 46 Abs. 1 BZRG).

Warum muss der Arbeitgeber die Kosten bei Wiedervorlage übernehmen?

Zwar handelt es sich um einen Teil der vom Arbeitnehmer „angebotenen“ Leistungsfähigkeit, doch nach Ansicht der Richter am Arbeits- und Landesarbeitsgericht wird mit der Wiedervorlage ein höheres Interesse des Arbeitgebers (als Auftraggeber) bedient. Der Arbeitnehmer kann damit den Auslagenersatz gem. § 670 BGB in Höhe der Kosten für das Arbeitszeugnis verlangen.

Die Bundesrichter haben dies allerdings nicht bejaht – und auch nicht verneint. Es bleibt somit offen, ob ein Auslagenersatz hätte vorgenommen werden müssen. In der Revision vor dem BAG ging es auch vielmehr darum, ob der vom Arbeitgeber vorgenommene Auslagenersatz als Arbeitslohn steuer- und sozialabgabenbefreit gem. § 3 Nr. 50 Alt. 2 EStG hätte erfolgen müssen. Die Bundesrichter stellten vielmehr fest, dass bei der Betriebsprüfung beanstandet wurde, die verauslagten Kosten wären abzugsfrei erstattet worden. Somit hätte dies nicht erfolgen dürfen und darum handelt es sich um regulären Arbeitslohn.

Weil dies nach meinem Verständnis nicht klar geworden ist, sollte man vom überwiegenden Arbeitgeber-Interesse ausgehen und eine Pflicht zur Erstattung der Auslagen bei einer Wiedervorlage bejahen. Wenn es dagegen um die Kostenerstattung bei einer erstmaligen Vorlage gehen soll, kann sich der Arbeitgeber darauf zurückziehen, dass hier das überwiegende Interesse des Arbeitnehmers besteht. 

Sind diese Kosten Teil der Vergütung?

Auch wenn für die Betreuung nur Pauschalen gezahlt werden, sollte dieser Kostenbestandteil als sonstige Personalnebenkosten mit eingerechnet werden.

Aber es handelt sich effektiv um eine sehr geringe Summe – 13 Euro verteilt auf fünf Jahre, bei einem Personalschlüssel von vielleicht 1:3 und dann auch noch verteilt auf 365,25 Tage = 0,2 Cents.

CGS





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Sonntag, 23. April 2017

Das neue Prüfungsrecht für den Landesrechnungshof in Schleswig-Holstein in Sachen Eingliederungshilfe

Vor gut einem Jahr wurde als Drucksache 18/4218 in den schleswig-holsteinischen Landtag ein Gesetzentwurf eingebracht. Die FDP-Fraktion wollte den Landesrechnungshof (LRH-SH) mit einem Prüfungsrecht für Leistungsverträge im Rahmen der Eingliederungshilfe ausstatten. Ob diese Initiative nun wirklich eine „Gesetzeslücke“ schließt, bleibt fraglich. Geht man vom Gesetzestext aus, könnte man schon zu der Ansicht gelangen, dass jetzt der Weg frei gemacht wurde für die Rechnungshof-Profis. Doch in der Diskussion finden sich auch so manche Bedenken, die eher auf bescheidene Ergebnisse und viel Verwaltungsarbeit für „Nichts“ hindeuten. Darum die Frage: Worum geht es?

Soweit kommunalen Körperschaften aufgrund von Rechtsvorschriften oder Verträgen im Zusammenhang mit dem SGB XII Prüfungsrechte zustehen, kann der Landesrechnungshof diese nun an deren Stelle wahrnehmen (vgl. Artikel 1 der Drucksache 18/4218). Der Gesetzentwurf wurde angenommen, das neue Prüfungsrecht findet sich nun in § 6 Abs. 3 KPG wieder (Fettdruck von mir).

Gesetz über die überörtliche Prüfung kommunaler Körperschaften und die Jahresabschlußprüfung kommunaler Wirtschaftsbetriebe (Kommunalprüfungsgesetz - KPG -)
in der Fassung vom 28. Februar 2003
§ 6, Prüfungsverfahren

(1) Die kommunale Körperschaft hat die Prüfungsbehörde bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Sie hat insbesondere alle erbetenen Auskünfte zu erteilen, Einsicht in Belege, Akten und Urkunden zu gewähren sowie Erhebungen an Ort und Stelle zu dulden.

(2) Soweit der kommunalen Körperschaft aufgrund von Rechtsvorschriften oder Verträgen, Auskunfts- oder Herausgabeansprüche gegenüber Dritten zustehen, kann die Prüfungsbehörde sie im Rahmen der Prüfung an ihrer Stelle wahrnehmen.

(3) Soweit der kommunalen Körperschaft aufgrund von Rechtsvorschriften oder Verträgen in Zusammenhang mit dem SGB XII Prüfungsrechte gegenüber Dritten zustehen, kann der Landesrechnungshof sie im Rahmen der Prüfung an ihrer Stelle wahrnehmen. Die Prüfungsrechte der kommunalen Körperschaft bleiben daneben bestehen.

(4) Lässt die kommunale Körperschaft Arbeitsvorgänge mit Hilfe der automatischen Datenverarbeitung oder in anderer Weise durch Dritte wahrnehmen, kann die Prüfungsbehörde dort die erforderlichen Erhebungen anstellen; Absatz 1 gilt entsprechend. Beruht das Rechtsverhältnis auf Vereinbarung, ist dieses Recht der Prüfungsbehörde zum Inhalt des Vertrages zu machen.

(5) Landesbehörden, die eigene Prüfungen vornehmen oder vornehmen lassen, haben ihre Prüfungsberichte der für die überörtliche Prüfung zuständigen Prüfungsbehörde zu übermitteln. Die jeweiligen Prüfungstermine sollen abgestimmt werden.

(6) Die überörtliche Prüfung nach § 5 und die Querschnittsprüfung nach § 5a sind gebühren- und auslagenfrei.

Wie nun das Prüfungsrecht von den Kommunen auf den Landesrechnungshof übertragen wird, ist derzeit nicht weiter geregelt. Ob es im Wege eines Amtshilfeverfahrens geschehen soll, bleibt also abzuwarten. Immerhin müsste die Kommune es zulassen, dass ihre Arbeit geprüft wird und nicht die tatsächliche Leistungserbringung von Einrichtungen oder Diensten nach SGB XII (Leistungserbringer). Ziel der Prüfung wäre es nämlich, die Wirtschaftlichkeit der Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII festzustellen.

Wirtschaftlichkeit heißt aber, dass entweder eine Kostenersparnis oder eine erhöhte Effizienz bei der Leistungserbringung festgestellt werden muss. So würde man ggf. in einigen Fällen die Anwendung von Pauschalen verlangen, weil vergütete Stückkosten einen zu hohen Gesamtaufwand verursachen. Oder umgekehrt werden mit einer vereinbarten Pauschale auch Leistungsminderungen entgolten, was man mit Einzelpreisen günstiger gestalten könnte. Doch dazu müsste man eine Vorstellung davon und vielleicht sogar Feststellungen getroffen haben, was Kosten spart oder woanders günstiger wäre.

In jedem Fall richten sich die Feststellungen der prüfenden Behörde auf die zwischen den Leistungserbringern und Leistungsträgern (Kommunen, vertreten durch die KOSOZ) verhandelten Vergütungsvereinbarungen. Es muss also zuerst einmal geprüft werden, ob die Vergütungs-Verhandlungen ordnungsgemäß stattgefunden haben. Man schaut sich also an, welche Formulare und Kalkulationsblätter eingereicht und bearbeitet worden sind, welche Nachweise verlangt und dann tatsächlich geliefert wurden, was besprochen und verhandelt wurde, wann und warum man Pauschalen vereinbarte, wo Berichte der Heimaufsichten mit einbezogen wurden.

Und damit zeigt sich jetzt, dass es nicht um die tatsächliche Leistungserbringung geht, sondern eine ganz andere Ebene betrifft. Denn wenn die Prüfer glauben, es wurden unwirtschaftliche Kalkulationen akzeptiert, dann bedeutet es nur, dass die vorgelegten Nachweise für die Vergütungsverhandlung sich nicht selbst erläutern. Nochmal: Es wird nicht darum gehen können, die Vergütungen zu kürzen, sondern eine ordentliche Verhandlungsführung zu gewährleisten. Oder anders gesprochen: Die Form muss eingehalten werden.

Es wird von einigen erwartet, dass man die Höhe der vereinbarten Grundpauschalen gut prüfen kann, aber auch die Personalausstattung und die Personalkosten. Und in der Tat könnten hier einige Ansätze gefunden werden, mit denen man eine verbesserte Wirtschaftlichkeit herbeiführen könnte – indem also kritisch hinterfragt wird, warum z.B. die Personalausstattung bei den Einrichtungen und Diensten mit derart „teurem“ Personal passiert bzw. auf welcher Grundlage eine Vereinbarung stattfinden konnte. Beim Investitionsbetrag erwartet man dagegen, dass hier ortsübliche (und damit schwer vergleichbare) Kosten auf der Basis von eingereichten Verträgen in den Vergütungen übernommen wurden.

Wenn an dieser Stelle das Prüfungsergebnis unbefriedigend ausfallen sollte, könnte die Prüfung ausgeweitet werden auf die Leistungserbringer. Selbst wenn diese nicht „selbst geprüft werden können“, sie sind schließlich nur Verhandlungspartner der Kommunen, es könnte untersucht werden, ob die Vereinbarungen von den Einrichtungen und Diensten umgesetzt wurden, heißt es. An dieser Stelle muss man sich allerdings fragen, inwieweit die Leistungserbringer effektiv mitwirken werden. Immerhin entstehen hier „nicht vergütete“ Verwaltungskosten, die man möglichst „klein halten“ will.

Der LRH-SH als Prüfungsbehörde kann Zeit, Art und Umfang der Prüfung bestimmen. Damit wirkt das Amtshilfeersuchen der Kommune nicht einschränkend. Doch es muss vorab ein Prüfungsziel bestimmt werden, was wiederum Grenzen setzt. Mit der KOSOZ findet jetzt bereits eine Zusammenarbeit statt. Immerhin verfügt diese über einen erheblichen Erfahrungsschatz und kann die Prüfer des LRH-SH besser auf die „Prüfungsobjekte“ vorbereiten, vielleicht sogar sich von einem Teil ihrer Aufgaben trennen.

Die Leistungserbringer sollten sich allerdings darauf einstellen, dass nun viel mehr Beachtung dem „Formularwesen“ geschenkt wird. Es gibt zwar bereits seit vielen Jahren Excel-basierte Kalkulationsblätter, diese sind aber erstens nicht frei von „Fehlerteufeln“ und zweitens bedürfen die eingepflegten Daten einer schönen Sammlung an Unterlagen zur Anlage. Vermutlich muss man dann noch größere Papierbestände produzieren und mit Erläuterungen versehen, was sich wiederum auf die Einhaltung der Fristen niederschlagen wird.

Für die Leistungsberechtigten und ihre Angehörigen wird sich hier nichts verbessern. Die Prüfer des LRH-SH sind wahrscheinlich reine Zahlenmenschen und verstehen wenig von der Arbeit in Einrichtungen der Behindertenhilfe.

CGS





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Mittwoch, 19. April 2017

Neue Kräfte gesucht - Fortsetzung Team Wallraff

Die Lebenshilfe in Speyer-Schifferstadt sucht nun eine Vielzahl neuer Fachkräfte, aber auch die Position des Geschäftsführers wird neu besetzt.

Anfang April zeigte sich die erste Stellenanzeige für pädagogische Fachkräfte mit entsprechender Ausbildung und unterschiedlichen Stellenanteile bei „überdurchschnittlicher Bezahlung“. Das klingt schon mal verlockend, könnte aber zu einer gewissen Unruhe führen. Man denke doch mal an die Alteingesessenen, also die, die sich nichts zuschulden kommen ließen und in der schweren Zeit der Missstände ihre Pflicht den Menschen mit Einschränkungen gegenüber einwandfrei erfüllten. Geld als Lockmittel? Wahrscheinlich absolut notwendig, denn die Neuen sollen schließlich für die Fehler der Vergangenheit aufkommen.

Jetzt, Mitte April, wird die Stellenanzeige für einen Pädagogischen Geschäftsführer geschaltet. Und dieser (oder diese) muss dann die Gesamtverantwortung für den stationären und ambulanten Wohnbereich sowie die Tagesförderstätte übernehmen. Und weiter heißt es, dass der neue Stelleninhaber „mitverantwortlich für die Planung, operative Steuerung und strategische Weiterentwicklung“ sein soll. Und dies soll geschehen „in enger Zusammenarbeit mit dem Kaufmännischen Leiter und dem Vorstand“, weil die gesamte bisherige Organisation und sämtliche Prozesse „überprüft“ und „an die neuen Anforderungen angepasst und gestaltet“ werden soll. Mit dem Vorstand ist der Gesellschafter gemeint, die GmbH selbst besteht ja nur aus der Geschäftsführung und dem Aufsichtsrat.

Wie immer man nun dazu steht, es zeigt sich, dass Kontrolle und Qualitätssicherung zur Arbeit dazugehören. Dies trifft aber nicht nur die Seite der Leistungserbringer mit ihren verschiedenen Gremien und Beiräten. Auch die Leistungsträger sind gefordert, weil eine unabhängige Instanz prüfen muss.

Überhaupt sollte dem Thema Prüfungsrecht ein wenig mehr Bedeutung gegeben werden. Es scheint, dass es an professionellen Kontrolleuren mit einem Hang zur Belegbarkeit und Dokumentation manchmal ein wenig mangelt – das andere Extrem, ein Heer an Bürokraten, ist aber auch nicht zielführend.

CGS





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