Mittwoch, 28. Dezember 2016

Eine Liste zur Verbesserung der Krankenhausversorgung von Menschen mit Behinderung

Das Thema „Schnittstellen“ kennt man im Bereich der Sozialleistungen sehr gut. Gerade weil Sozialleistungen viel Geld kosten, versuchen viele Akteure, die Verantwortung bzw. die Kosten- und Leistungsträgerschaft zulasten anderer hin und her zu schieben. Und weil das Gesetz in manchen Fällen nicht klar geschrieben oder der einzelne Bereich sehr komplex ist, finden sich eben sehr viele „Schnittstellen“. Von daher müssen sich die Beteiligten zusammenfinden und ihre Zusammenarbeit oder Kooperation beschreiben, damit Unklarheiten beseitigt und die Hilfeleistung effektiver gestaltet werden.

Vor kurzem veröffentlichten die Fachverbände für Menschen mit Behinderungen (dazu gehören Caritas, Lebenshilfe, BVKM u.a.) eine Liste von Gesichtspunkten für Abstimmung und Absprachen, mit der die Schnittstelle zwischen Diensten und Einrichtungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung einerseits und Krankenhäusern andererseits verdeutlicht und besser kontrolliert werden kann.

Oberstes Ziel ist es, den behinderten Menschen mit seinem Assistenzbedarf bestmöglich zu unterstützen und dabei die Versorgung vor, während und nach dem Krankenhausaufenthalt zu gewährleisten. Beteiligte an der Erbringung dieser Versorgungsleistung wären der jeweilige Dienst oder die Einrichtung der Eingliederungshilfe wie auch das Krankenhaus, manchmal vor- und nachbereitend, manchmal auch überlappend und indirekt. Weiterer Beteiligter wären zwar die gesetzlichen Betreuer, doch weil vermutlich die Umsetzbarkeit in der Praxis schwierig ausfällt, wären diese nur am Rande involviert. In jedem Fall soll diese Liste dabei helfen, den Assistenzbedarf des behinderten Menschen (und gleichzeitig dann Patienten) wie auch die jeweiligen Interessen und Anliegen der Beteiligten ausreichend zu berücksichtigen und zu systematisieren.

In der Unterlage wird herausgestellt, dass es eine Vielzahl von konkreten Gegebenheiten vor Ort geben kann. Statt einer detaillierten Musterkooperationsvereinbarung soll diese Liste allerdings verstanden werden als ein Leitfaden für den Dialog zwischen den (beiden) Leistungserbringern. Und somit kann diese Liste auch nicht als Prüfungsrichtlinie verstanden werden, wohl aber als Grundlage für bilaterale Aushandlungen.

Doch es ist nur eine einseitig erstellte Liste von den Fachverbänden. Was jetzt fehlt, ist die breite Akzeptanz und Zustimmung der Krankenhausverbände, so dass man sich im ersten Kontakt auf diese Grundlage beziehen könnte. Die Liste ist trotzdem wertvoll und wichtig, denn sie berücksichtigt Hinweise und Verbesserungsvorschläge verschiedener Krankenhausverbände in Deutschland.

Ob Dienste und Einrichtungen der Eingliederungshilfe diese Liste in ihre Arbeit übernehmen können, ist allerdings differenziert zu betrachten. Grundsätzlich sollte dies der Fall sein, ganz aus fachlichen und qualitätsorientierten Gründen, doch nicht jedes Krankenhaus wird dem Anliegen zum Abschluss einer bilateralen Kooperationsvereinbarung aufgeschlossen begegnen. Wahrscheinlich bestehen Annahmen über die „Leistungspflicht“ der anderen Seite und Erwartungshaltungen, die schlichtweg unzutreffend sind. Was wirklich benötigt wird, müsste anhand dieser Liste herausgearbeitet werden, damit auch im Notfall die Betreuungsleistenden die richtigen Informationen weitergeben und Maßnahmen einleiten können.

Von den herausgebenden Fachverbänden wird empfohlen, dass die Fragestellungen der Kooperation und der Kommunikation zwischen den beiden Beteiligten möglichst verbindlich geregelt und schriftlich fixiert werden sollten. Zu beachten wäre dabei, dass bestehende gesetzliche Vorschriften zum Datenschutz, Rechtsanspruch auf Krankenhausbehandlung oder den ärztlichen Behandlungs- und Beratungspflichten u.a. durch diese Kooperationsvereinbarung nur ergänzt werden. Doch ganz besonders wichtig ist es, dass die gesetzlichen Leistungspflichten des Krankenhauses klar beschrieben sind, damit die Bedarfslücke zu den Leistungspflichten des Dienstes oder der Einrichtung der Eingliederungshilfe deutlicher wird – dann zeigt sich ein erhöhter Hilfebedarf, der aus Mitteln der Sozialhilfe gedeckt werden muss.

CGS



Quelle:

„Bessere Krankenhausversorgung von Menschen mit Behinderung!“

Liste von Gesichtspunkten für Abstimmung und Absprachen zur Verbesserung der Kooperation zwischen Diensten und Einrichtungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung einerseits und Krankenhäusern andererseits

Herausgeber:
Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V.
Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V.
Bundesverband anthroposophisches Sozialwesen e.V.
Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V.
Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderter Menschen e.V.

Erarbeitet vom AK Gesundheitspolitik der Fachverbände für Menschen mit Behinderung unter Leitung von Prof. Michael Seide und verabschiedet von der Konferenz der Fachverbände in Berlin am 1.11.2016.




Wollen Sie mit mir in Kontakt treten oder Ihre Meinung sagen? Schicken Sie mir eine E-Mail oder bewerten Sie ganz einfach diesen Beitrag.