Freitag, 17. November 2017

Was könnten Schulassistenten und Schulbegleitungen verdienen?

Die Antwort: Es kommt darauf an.

In diversen Gehaltsvergleichsdiensten werden Durchschnittswerte von z.B. monatlich 1.500 Euro bis 2.100 Euro genannt. Es entsteht dabei der Eindruck, dass es geschlechtsbedingte Besonderheiten gibt. Doch erstens sind es rechnerische Durchschnitte, die regional ganz unterschiedlich ausfallen können, und zweitens finden sich in Tarifverträgen keine geschlechtsbezogenen Differenzierungen (vgl. auch neues Entgelttransparenzgesetz). Darüber hinaus darf man nicht vergessen, dass es Verarbeitungs- und Eingabefehler bei solchen Auswertungen immer geben kann.

Die Gehaltsspanne ist jedoch immens. Wer für sich also herausfinden möchte, was drin ist, der muss sich leider erst einmal mit dem zugrunde liegenden System befassen. Und das hat es in sich. Aber auch wenn es „formale, nicht überschreitbare“ Grenzen gibt, man kann bis an diese Grenzen gehen.

+++ Nachtrag vom 26.10.2020 +++

Mittlerweile gibt es eine neue Tarifeinigung. Die untenstehenden Tabellen sind mittlerweile sehr veraltet.

+++ Nachtrag vom 12.1.2020 +++

Seit dem 1.1.2020 gibt es einen speziellen Tarifbereich für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst bei Arbeitgebern, die den TV-L anwenden. Damit ändern sich die alten Entgeltgruppen und es gibt neue "S-Entgeltgruppen" - wie man es aus dem TVÖD her kennt.

+++


Es gilt meistens ein Tarifvertrag

Es kommt zuerst einmal darauf an, um was für ein Arbeitsverhältnis es sich handelt. Denkbar wäre eine „geringfügige“ oder „kurzfristige“ Beschäftigung (sog. 450-Euro-Jobs) im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGB IV. Weil aber ein gesetzlich-festgelegter Mindestlohn zu verdienen ist, würde die rechnerisch zu erbringende Wochenstundenzahl mit etwa 11 Stunden niedriger liegen, als die Stunden im Stundenplan der zu betreuenden Kinder.

Von daher wird sich das Arbeitsverhältnis nach dem beim Arbeitgeber angewandten Tarifvertrag richten. Zwei sehr gebräuchliche Tarifwerke sind dabei der Tarifvertrag der Länder (TV-L) und der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD).

In beiden Tarifwerken finden sich Sonderregelungen für Lehrkräfte, z.B. TV EntgO-L für den TV-L oder TVöD-BT-V, was aber fehlt sind ausdrückliche Regelungen für (pädagogische) Schulassistenten und Schulbegleitungen. Man muss sich von daher mit etwas allgemein klingenden Umschreibungen auseinandersetzen in den jeweiligen Entgeltordnungen, wie z.B. „Beschäftigten in der Tätigkeit von…“ mit Bezug zu bestimmten Berufsausbildungen.

Statt sich nun mit der Systematik zu beschäftigten, nachfolgend ein paar Beispiele und die (zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung) gültigen Gehaltstabellen.


Eingruppierung – TVöD-BT-B (VKA) für den Sozial- und Erziehungsdienst

Wenn es bei der angestrebten Tätigkeit um eine solche handelt, für die kaum eine Vorerfahrung oder ein Fachwissen benötigt wird, erfolgt die Eingruppierung in der niedrigsten Entgeltgruppe. Im Sozial- und Erziehungsdienst des TVöD-BT-B wäre es die S2. Sofern die Tätigkeit „erschwert“ ist, können Angelernte in der S3 eingruppiert werden.

Sozialpädagogischen Assistenten (ehemals Kinderpfleger) begleiten und betreuen vorwiegend Säuglinge und Kleinkinder. Diese werden von ihnen zum Spielen angeleitet oder pflegerisch versorgt. Hausarbeit, Essenszubereitung und Wäschepflege, teilweise sogar pädagogische Arbeit mit Jugendlichen gehört zum Tätigkeitsbild. Wenn Beschäftigte eine solche zweijährige Ausbildung erfolgreich absolviert haben oder über „gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen“ verfügen, werden sie im TVöD-BT-B der Entgeltgruppe S3 zugeordnet. Wenn diese Beschäftigten sogar bestimmte Zusatzqualifikationen mitbringen, kann eine Eingruppierung in S4 erfolgen (eine Eingruppierung in S5 ist unter Umständen auch möglich, vgl. hierzu aber die vereinbarte Entgelttabelle).

Bei „schwierigen fachlichen Tätigkeiten“, die ein gewisses Maß an Verantwortung und Selbständigkeit verlangen, sollte eine Eingruppierung im TVöD-BT-B in den Entgeltgruppen S6 und höher erfolgen. Als „schwierige fachliche Tätigkeit“ angesehen wird beispielsweise die selbständige Betreuung von Gruppen in Randzeiten, bei der Arbeit in Einrichtungen für behinderte Menschen im Sinne des § 2 SGB IX oder in sogenannten Integrationsgruppen zur gemeinsamen Förderung behinderter und nicht-behinderter Kinder, aber auch die Tätigkeit in Gruppen von Kindern und Jugendlichen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten. Das dazu benötigte Fachwissen haben Beschäftigte mit dem Berufsabschluss Erzieher, Heilerziehungspfleger und Heilerzieher. In vielen Fällen wird auch bei Altenpflegern und Krankenpflegern (medizinische Helfer) ein gleichwertiges Fachwissen anerkannt.

Fällt diesen Beschäftigten dann noch ein koordinierender und organisierender Aufgabenbereich zu, womöglich sogar mit Personalhoheit, ist eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe S9 des TVöD-BT-B gerechtfertigt.

Die nächsten Tarifverhandlungen werden voraussichtlich erst im März 2018 stattfinden.



Eingruppierung – TV-L (TdL) für den Sozial- und Erziehungsdienst

Nicht alle Schulträger oder Schulbegleitungs-Dienste müssen Mitglied in einem Arbeitgeberverband sein und den TVöD anwenden. Viele öffentliche Stellen gehören zur Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) und setzen somit den TV-L ein.

Als Mindestmaß wird häufig auf die Umschreibung „sozial erfahrene Person“ verwendet. Damit gemeint ist ein nicht vorhandenes Fachwissen, bestenfalls eine gewisse Vorerfahrung, die genutzt werden kann. Es könnte zwar dann zu einer Eingruppierung in der Entgeltgruppe 1 kommen, doch weil die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Vordergrund steht, sollte es schon die höhere Entgeltgruppe 2 sein.

Beschäftigte mit einer Helfer-Ausbildung, welche in der Regel 3 Jahre dauert bzw. verkürzt werden kann auf 2 Jahre bei mittlerem Bildungsabschluss, sollten mit einer Eingruppierung in der Entgeltgruppe 3 rechnen. Liegt eine Zusatzqualifikation von 320 oder sogar 640 Stunden vor, ist eine höhere Entgeltgruppe 4 oder 5 anzunehmen. In der letztgenannten Entgeltgruppe können auch Beschäftigte mit einer dreijährigen Fachkraft-Ausbildung, z.B. Erzieher, eingruppiert werden (vgl. Abschnitt 20.6 in der TV-L-Entgeltordnung). In der Regel werden Fachkräfte der Entgeltgruppe 8 zugeordnet.



Von der Eingruppierung zur Stufe

Es geht eigentlich immer um die Frage, wie viel „Fachwissen“ benötigt wird. Die Eingruppierungen unterscheiden dabei im Wesentlichen zwischen einfachen, ausführenden Tätigkeit einer Begleitung, die nicht vom Fach ist, der eher assistierenden Hilfe einer fachlichen Assistenzkraft und dem (vertieften) Fachwissen einer Fachkraft.

Bei den Stufen wird die Erfahrung in der jeweiligen Tätigkeit gewürdigt. Grundsätzlich gilt bei Einstellung eine Zuordnung in die Stufe 1, wenn keine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr vorliegt; d.h. Neu- und Quereinsteiger würden genau hier eingestuft werden, es sei denn, sie können diese einschlägige Berufserfahrung irgendwie begründen. Wenn dagegen nun eine einschlägige Berufserfahrung vorhanden ist, erfolgt die Zuordnung bei mindestens einem Jahr in Stufe 2 und bei mindestens drei Jahren in Stufe 3 (vgl. § 16 TVöD-VKA).

Es gibt hier allerdings eine Öffnungsklausel für den Fall, dass ein besonderer Personalbedarf vorherrscht. Arbeitgeber können zudem Zeiten einer vorherigen Tätigkeit berücksichtigen, „wenn diese … für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist“ (Abs. 2 S. 3).

Weil mit dem Verbleib bei einem Arbeitgeber auch ein erworbener Erfahrungsschatz honoriert werden soll, gibt es einen Stufenaufstieg. Neben den regelhaften Aufstiegszeiten kann man Verkürzungen oder Verlängerungen ansetzen, wenn eine Leistung über oder unter dem Durchschnitt liegt. Damit zeigt sich erneut, dass das Regelwerk zu Entgeltgruppen in einem Tarifwerk flexibel genug ist, momentane Besonderheiten abzubilden.

Beispiel aus dem TVöD:

Stufe 1
Stufe 2
Stufe 3
Stufe 4
Stufe 5
Stufe 6
Einstellung
+ 1 Jahr
+ 3 Jahre
+ 4 Jahre
+ 4 Jahre
+ 5 Jahre
Jahr 0
nach 
1 Jahr
nach 
4 Jahren
nach 
8 Jahren
nach 
12 Jahren
nach 
17 Jahren


Worauf es sonst noch ankommt?

Die richtige Entgeltgruppe zu finden, ist nicht immer auf Anhieb möglich. Es gibt sehr viel Spielraum bei der Bewertung und Anerkennung von Qualifikationen, Vorerfahrungen oder sogenannten „gleichwertigen“ Berufsausbildungen. Man kann an verschiedenen Stellen verhandeln, wenn es einen Besetzungsbedarf gibt und „formale“ Probleme bei der Eingruppierung vorgebracht werden.

Nicht verhandelbar sind Jahressonderzahlung (d.h. Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld) und Leistungsentgelt, da bestimmte tarifliche Regelungen zu beachten sind.

Wochenarbeitszeiten und Urlaube / Freistellungen sind ebenfalls geregelt. Zu beachten sind einige regionale Besonderheiten (z.B. Tarifgebiet West = 39, Ost = 40 Stunden, TVöD-VKA) wie auch mögliche Erleichterungen bei eigenen Kindern (Familien-Regelung) oder Lebensalter (1 Stunde weniger pro Woche). Wesentlicher Punkt ist aber die Verteilung der Arbeitsstunden außerhalb der Ferienzeiten, damit man auch in den Ferien ein Entgelt erhält und durchgehend beschäftigt ist. Es kann dabei erwartet werden, dass man Mehrarbeit leistet, um diese dann mit Minderstunden während der Ferienzeiten auszugleichen.

Der Vergleich des Stundenlohns mit dem gesetzlichen Mindestlohn wäre eine gute Orientierung, aber aufgrund dieser vielen Besonderheiten ist dies nicht einfach. Der gesetzliche Mindestlohn wird noch bis in das Jahr 2018 hinein pro Stunde 8,84 Euro betragen (8,50 Euro bis 2016; § 1 Mindestlohngesetz - MiLoG).

Um einen Stundenlohn zu ermitteln, sollte wie folgt gerechnet werden:

Monats-Entgelt geteilt durch (365 durch 7 durch 12) geteilt durch 39 (40) Wochenstunden

„Richtig“ wird ein solches Ergebnis nicht sein. Es wird aber eine Hilfe sein und eine gute Orientierung geben.

CGS



PS:

Im Bereich des TVöD wird es in 2018 noch Verhandlungen geben zwischen den Tarifparteien. Was den TV-L anbelangt, hatten sich die Tarifparteien schon bis zum 1. Oktober 2018 geeinigt.



Arbeitshilfe für die Zuordnung zwischen den Entgeltgruppen im TVöD-VKA:



+++ Nachtrag vom 18.3.2018 +++

Eine andere Arbeitshilfe ist hier bereitgestellt:

https://eingegliedert.blogspot.de/p/arbeitshilfen.html

+++


Quellen:

Wikipedia – Suchbegriff „TVöD“ 

Tarifvertrag – Allgemeine Fassung beim Bundesministerium des Inneren

Tarifvertrag – Durchgeschriebene Fassungen für kommunale Arbeitgeber

Tarifgemeinschaft der Länder (TdL)
Tarifvertrag der Länder (TV-L)

Informationen zum Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz (Entgelttransparenzgesetz)
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

(letzter Aufruf am 15.10.2017)





Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Empfehlen Sie ein//gegliedert weiter.

Wollen Sie Ihre Meinung sagen? Ihre Kritik interessiert mich. Vielleicht können Sie mir sogar eine neue Perspektive aufzeigen. Darüber würde ich mich freuen. Meine Email-Adresse finden Sie auf der Seite Über mich oder hinterlassen Sie einen anonymen Kommentar.


Was könnten Schulassistenten und Schulbegleitungen verdienen? – eingegliedert.blogspot.com