Dienstag, 27. Mai 2014

Was tun bei Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern?

Die Frage nach der Zuständigkeit ergibt sich immer dann, wenn der erstangegangene Träger der Sozialhilfe einfach nicht leisten will bzw. einen Dritten in der Zahlungspflicht sieht. Das Verhältnis zwischen § 14 SGB IX und § 43 SGB I nimmt hierbei eine besondere Rolle ein. Im Rechtsdienst der Lebenshilfe gab es sowohl in der Ausgabe 2/2013 wie auch in 1/2014 Artikel, die ein wenig den rechtlichen Hintergrund beleuchteten.

Im ersten Schritt muss aber ein Leistungsanspruch bestehen, der überhaupt eine Leistungspflicht für den erstangegangenen Leistungsträger bedeuten könnte. Dabei stellt sich aber nicht mehr die Frage nach Vorrang und Nachrang (vgl. § 2 SGB XII); diese müsste im Weiteren als geklärt vorausgesetzt werden. Die Frage der Zuständigkeit entsteht immer dann, wenn ein Hilfebedarf vorhanden ist und diesem nur noch eine angemessene Maßnahme zur Bedarfsdeckung gegenübergestellt werden muss.

§ 14 Abs. 1 SGB IX

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; … Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt. …

Liegt eine vollständige Bedarfsdeckung durch die geplante Maßnahme vor, reduziert sich auch das Ermessen auf Null. In dem Fall wird nur noch zu prüfen sein – innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die aber mit Sicherheit (fast?) immer überschritten wird –, ob der erstangegangene Leistungsträger überhaupt zuständig ist. Hierbei kann man sich als Leistungsberechtigter auf eine umfassende Prüfung verlassen. Würde dies nicht der Fall sein, könnten sich die Beteiligten die Leistungspflicht hin und herschieben, ohne eine Leistung zu erbringen. Stattdessen steht im Gesetz, dass spätestens nach Feststellung der Ursache der Behinderung aber innerhalb der vorgenannten Frist die „Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache“ erbracht werden. Und damit diese „rücksichtslose“ aber vorläufige Leistungspflicht überhaupt möglich ist, benötigt § 43 SGB I eine Ermessensreduzierung auf Null; oder mit anderen Worten: Das Ermessen verdichtet sich zu einem Anspruch.

§ 43 SGB I, Vorläufige Leistungen

(1) Besteht ein Anspruch auf Sozialleistungen und ist zwischen mehreren Leistungsträgern streitig, wer zur Leistung verpflichtet ist, kann der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Er hat Leistungen nach Satz 1 zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt; die vorläufigen Leistungen beginnen spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags.


Die Erbringung der vorläufigen Leistungen müssen aber vom Leistungsberechtigten verlangt werden, und erst dann beginnen sie frühestens einen Kalendermonat nach Eingang des Antrags!

Da, wie an voriger Stelle schon gesagt, die Prüfung nicht immer innerhalb der gesetzlichen Fristen stattfindet, sollte bei großer Dringlichkeit auch ein Antrag auf vorläufigen Leistungen zusammen mit einem Antrag auf die Durchführung eines Eilverfahrens vor dem Sozialgericht verbunden werden (ebenfalls zu beachten sind die Fristen nach § 98 SGB XII bei stationären Leistungen).

§ 98 SGB XII, Örtliche Zuständigkeit


(2) … Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen.


Gerade bei Sozialleistungen, die einen Hilfebedarf, und man sollte dies durchaus wörtlich nehmen und im Zusammenhang sehen mit dem erhöhten Schutzbedürfnis behinderter Menschen sehen, zeigt sich die Wichtigkeit dieser Fristen. Es muss häufig sofort und unverzüglich gehandelt werden, da auch unmittelbar materielles Recht des Hilfeempfängers nicht bedient wird.



CGS

Beschluss des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein zu Integrationsassistenz / Schulbegleitung vom 17.2.2014

Ein Beschluss des Landessozialgerichts Schleswig Holstein vom 17.02.2014, Az. L 9 SO 222/13 B ER, hat einen Streit zum Thema „Integrationsassistenz / Schulbegleitung“ in Schleswig-Holstein ausgelöst, der dank des aktiven Eintretens vieler Eltern endlich auf höherer Ebene gelöst zu sein scheint – die Betonung liegt aber auf „scheint“!

Zum Problem wurde diese Angelegenheit, da vom Gericht festgestellt wurde, dass verschiedene Tätigkeiten des Integrationsassistenten im vorliegenden Fall den „Kernbereich der pädagogischen Arbeit“ betreffen und nicht in den Aufgabenbereich der Eingliederungshilfe nach §§ 35 a SGB VIII bzw. 53, 54 SGB XII fallen.

Befürworter sprachen in der Folge von einem weitreichenden „Urteil“, Kritiker wiesen zu Recht darauf hin, dass es „nur“ um einen Beschluss handelte. Dazu sollte man wissen, dass bei einem Beschluss ein Zwischenstand in einem (laufenden) Verfahren festgestellt wird, wogegen das Urteil ein Verfahren (endgültig) abschließt. Die Auswirkungen und auch das weitere Handeln der Beteiligten sind dennoch nahezu identisch, so dass die Prüfung der Gründe für den Beschluss des Gerichtes ausreichend erhellend ist. Möchte man abschließende Gewissheit, muss man die Auseinandersetzung sowieso höchstrichterlich ausurteilen lassen.

Was jetzt nun konkret mit dem Begriff „Kernbereich der pädagogischen Arbeit“ gemeint ist, hat das Gericht auf den Seiten 11 und 12 des Beschlusses näher ausgeführt (Fettdruck von mir):

Der so definierte Kernbereich der schulischen Arbeit ist im SchulGSH umrissen, wie durch den Bericht der Landesregierung zur landesweiten Umsetzung von Inklusion in der Schule vom 16. Juni 2011 nochmals bestätigt wird.

So wird § 4 Abs. 1 SchulGSH – wie bereits oben ausgeführt – der Auftrag der Schule bestimmt durch das Recht des jungen Menschen auf eine seiner Begabung, seinen Fähigkeiten und seiner Neigung entsprechende Erziehung und Ausbildung sowie durch die staatliche Aufgabe, die einzelnen Schülerinnen und Schüler auf ihre Stellung als Bürgerin und Bürger mit den entsprechenden Rechten und Pflichten vorzubereiten. Nach Abs. 3 dieser Vorschrift soll die Schule den jungen Menschen zu der Fähigkeit verhelfen, in einer ständig sich wandelnden Welt ein erfülltes Leben zu führen. Sie soll dazu befähigen, Verantwortung im privaten, familiären und öffentlichen Leben zu übernehmen und für sich und andere Leistungen zu erbringen, insbesondere auch in Form von ehrenamtlichem Engagement. Nach Abs. 4 soll die Schule die Offenheit des jungen Menschen gegenüber kultureller und religiöser Vielfalt, den Willen zur Völkerverständigung und die Friedensfähigkeit fördern. Sie soll den jungen Menschen befähigen, die Bedeutung der Heimat und der besonderen Verantwortung und Verpflichtung Deutschlands in einem gemeinsamen Europa sowie die Bedeutung einer gerechten Ordnung der Welt zu erfassen. Zum Bildungsauftrag der Schule gehört die Erziehung des jungen Menschen zur freien Selbstbestimmung in Achtung Andersdenkender, zum politischen und sozialen Handeln und zur Beteiligung an der Gestaltung der Arbeitswelt und der Gesellschaft im Sinne der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Nach § 4 Abs. 11 Satz 2 SchulGSH steht das Ziel einer inklusiven Beschulung dabei im Vordergrund. Die Aufgabe der Schule geht somit laut Schulgesetz weit über die reine Wissensvermittlung hinaus. Sie soll jeden einzelnen – einschließlich der behinderten Schülerinnen und Schüler – im Rahmen ihrer oder seiner Möglichkeiten – erziehen und fördern und dabei insbesondere behinderungsbedingte Defizite ausgleichen. Die Schule hat daher Maßnahmen und Räumlichkeiten anzubieten, dass behinderte Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit den übrigen Schülerinnen und Schülern beschult werden können. Hilfen, die gesetzlich vom Schulträger zu erfüllen sind, können nicht vom Sozialhilfeträger verlangt werden (OVG Bremen, Beschluss vom 10. Dezember 1998 – 2 BB 421/98; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 3. Juli 1997 – 6 S 9/97).

Das bedeutet in diesem Fall, dass keine weitere Schulbegleitung als die gewährten drei Stunden wöchentlich anzuerkennen ist. Dadurch werden der durch Orthesen-wechsel bedingte Mehraufwand, die Hilfe beim Umkleiden zum Sportunterricht und die Hilfen während des Sportunterrichtes geleistet.“

Dieses Aufgabenspektrum soll nach Ansicht des Gerichts die Schule ausfüllen, aber nicht ein Schulbegleiter bzw. die Integrationsassistenz. Dessen Aufgabe leitet sich ab aus den Bundesgesetzen SGB VIII bzw. SGB XII.

§ 35a SGB VIII, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche


(3) Aufgabe und Ziel der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie die Art der Leistungen richten sich nach § 53 Absatz 3 und 4 Satz 1, den §§ 54, 56 und 57 des Zwölften Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.


§ 54 SGB XII, Leistungen der Eingliederungshilfe

(1) Leistungen der Eingliederungshilfe sind neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 des Neunten Buches insbesondere

1. Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bleiben unberührt,

2. Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuchs einer Hochschule,

3. Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit,

4. Hilfe in vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsstätten nach § 56,

5. nachgehende Hilfe zur Sicherung der Wirksamkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen und zur Sicherung der Teilhabe der behinderten Menschen am Arbeitsleben.
Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben entsprechen jeweils den Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit.


Die übrigen Paragrafen, auf die in § 35 a SGB VIII Bezug genommen wird, können an dieser Stelle vernachlässigt werden. Wesentlicher Punkt ist meines Erachtens hier, das die Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, wie sie in den Bundesgesetzen stehen, nicht durch das Schulgesetz außer Kraft gesetzt werden. Bundesgesetz und Schulgesetz nehmen quasi denselben Raum ein und verpflichten verschiedene öffentliche Träger, um eine Schulbildung zu ermöglichen. Damit zeigt sich, wie wichtig der Gesetzgeber dieses Recht nimmt. Stattdessen entzündet sich ein Zuständigkeitsstreit, da angenommen wird, dass zwei Träger nicht den gleichen Platz besetzen können. Der Schulträger ist als fachlich qualifizierte und damit vorrangig zuständiger Träger der Maßnahme; dies ergibt sich nach meinem Verständnis schon aus dem Wortlaut des § 35 a Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, wonach „sowohl“ die Aufgaben der Eingliederungshilfe wie auch der erzieherische Bedarf von einer Einrichtung, Dienst oder Person abzudecken sind. Der Sozialhilfeträger wird dagegen eher abstrakt in die Pflicht genommen, da er im Rahmen seiner gesetzlichen Bestimmungen Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII leisten muss. Mit anderen Worten: der Sozialhilfeträger wird zum „Ausfallbürgen“!

§ 2 SGB XII, Nachrang der Sozialhilfe

(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

Doch diese Art der „Ausfallbürgschaft“ funktioniert nicht parallel zu den Leistungen, welche von Dritten erbracht werden können. Der Nachranggrundsatz aus dem Sozialgesetz verhindert, dass ein Leistungsberechtigter von zwei Stellen gleichzeitig bzw. die gleiche Leistung erhält. Sozialhilfe muss also prinzipiell immer nachrangig bleiben.

Bisher waren die Landkreise als Träger der Sozialhilfeleistungen in der Pflicht, die Integrationsassistenz an den Schulen zu stellen. Dadurch aber, dass das Gericht die Verantwortlichkeit bei der Schule sieht und sogar herausstellt, dass „das Ziel einer inklusiven Beschulung dabei im Vordergrund“ steht, greift der Nachranggrundsatz und befreit die Kreise von ihrer Leistungspflicht (vgl. § 2 Abs. 1 SGB XII). Dagegen hatten die Antragssteller und Beschwerdeführer (Eltern) argumentiert, dass der im Schulgesetz verankerte Ressourcenvorbehalt (siehe unten) wiederum einschränkend wirkt und damit die Leistungspflicht der Kreise weiterhin bestehen bleibt.

§ 5 SchulG (Schleswig-Holsteinisches Schulgesetz)*, Formen des Unterrichts


(2) Schülerinnen und Schüler sollen unabhängig von dem Vorliegen eines sonderpädagogischen Förderbedarfs gemeinsam unterrichtet werden, soweit es die organisatorischen, personellen und sächlichen Möglichkeiten erlauben und es der individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf entspricht (gemeinsamer Unterricht).

*) = vom 24. Januar 2007

Das Gericht schreibt hierzu auf den Seiten 13/14:

„… Dem kann nicht entgegnet werden, dass die Inklusion nach § 5 Abs. 2 SchulGSH unter dem Vorbehalt stehe, dass die organisatorischen, personellen und sachlichen Möglichkeiten diese erlaubten. Nach § 4 Abs. 11 Satz 2 SchulGSH steht das Ziel der inklusiven Beschulung im Vordergrund. Insoweit ist ein Vorbehalt der sächlichen und personellen Mittel nicht aufgeführt. Im Übrigen geht der Bericht der Landesregierung zur landesweiten Umsetzung von Inklusion in der Schule selbst davon aus, dass der Vorbehalt des § 5 Abs. 2, 2. Halbsatz SchulGSH nicht gelte.“

Kurzum: Das Gericht sagt, dass die Inklusion als Ziel übergeordnet ist und damit jeglicher Ressourcenvorbehalt nicht gelten kann.

Trotzdem stellt sich die Frage, wie ein Betroffener damit umgehen soll, wenn die Ressourcen nicht vorgehalten werden. Genau diese Frage hat das Landessozialgericht m.E. nicht beantwortet, sondern zu allem Unglück eine Verteilung der Lasten vorgenommen. So muss der Sozialhilfeträger diejenigen Kosten tragen, die eben nicht in den „Kernbereich der pädagogischen Arbeit“ fallen, während der Schulträger für den Restbedarf eintreten muss.

Am 20.5.2014 lud der Paritätischen Wohlfahrtsverbandes von Schleswig-Holstein in Kiel zum „Sozialog“ ein. Neben einer Referentin aus Hamburg zum Thema „Kann Schule Inklusion?“ gab eine  Referentin des Bildungsministeriums Auskünfte über den Stand der Umsetzung an den Schulen in Schleswig-Holstein. Doch gerade auch das strittige Thema „Integrationsassistenz / Schulbegleitung“ musste angegangen werden, zumal viele Fragen von anwesenden Eltern, Trägern und Interessenvertretungen gestellt wurden. Bei einer Frage ging es darum, wann mit einem Ende des Streits zu rechnen sei, wann es denn eine Entscheidung geben würde. Bedauerlicherweise konnte die Referentin nur darauf verweisen, dass man an einem Gesamtkonzept arbeitet, aber der Zeitplan hierzu noch nicht konkret steht. Diese Antwort war umso mehr enttäuschend, da bis dato eine weitere Eskalationsstufe durch den Landkreistag eingenommen wurde. In einem Schreiben des geschäftsführenden Vorstands des schleswig-holsteinischen Landkreistags vom 15.5.2014 wurde noch einmal die Ansicht vertreten, dass die „Bewilligungspraxis im Hinblick auf die Schulbegleitung an die Vorgaben der Rechtsprechung anzupassen und künftig nur noch solche Hilfen zu gewähren, die nicht den Kernbereich der schulischen Arbeit betreffen“. Nach Ablauf des Schuljahres 2013/2014 sollten „berechtigte Ansprüche der Betroffenen entsprechend den bestehenden Zuständigkeiten auf die jeweiligen Schulen übergehen“.

Am 21.5.2014 kam dann die Einigung zwischen Landkreistag und Bildungsministerium, was lediglich heißt, dass vorerst Ruhe ist. Doch diese Ruhe kann schnell wieder vorbei sein, wenn das angekündigte neue Gesamtkonzept nicht steht. In besagtem Gesamtkonzept könnte aus der Integrationsassistenz eine „Schulassistenz“ gemacht werden, was die Übertragung der Aufgabe und Kosten auf die Schulträger noch einmal deutlich hervorhebt. Was mit einer derart neu (?) geschaffenen Position gemeint ist, bleibt derzeit noch offen. Denkbar wäre eine ständige Assistenz in Klassen mit einem gewissen Hilfebedarf, die dann aber nicht einzelnen Schülern zugute kommt, sondern je nach Bedarf die pädagogische Fachkraft bei der Beschulung unterstützt; also selbst keine Lerninhalte produziert, sondern motiviert und erklärt, was nicht verstanden wird.

Damit wird das Problem aber nicht wirklich beseitigt. Ein geändertes Landes-Schulgesetz kann ein übergeordnetes Bundesgesetz nicht außer Kraft setzen. Von daher bleiben die Schnittstellen-Probleme weiterhin vorhanden. Zudem kann der Nachranggrundsatz dazu „ausgenutzt“ werden, Leistungsberechtigte abzuweisen. Wäre der Hilfebedarf aufschiebbar oder ist eine dem Leistungsberechtigten eine gerichtliche Durchsetzung gegenüber dem Dritten zuzumuten, wären die Erfordernisse des Nachranggrundsatzes gegeben. Beides ist aber einem Menschen mit Behinderung nicht zuzumuten. Der leistende Staat muss, gerade was Schule und Integrationsassistenz anbelangt, einstehen und die Rechte der behinderten Menschen schützen (vgl. Kommentar zum SGB XII, 8. Auflage, Bieritz-Harder et al, zu § 53 SGB XII, Randziffer 24 ff.). Die Vermeidung einer Benachteiligung behinderter Menschen gegenüber nichtbehinderten Menschen ist ein übergeordnetes Ziel, was durch den LSG-Beschluss nun wieder problematisiert worden ist.

In seinem Beschluss schrieb das Gericht: „Hilfen, die gesetzlich vom Schulträger zu erfüllen sind, können nicht vom Sozialhilfeträger verlangt werden.“ Dabei berief sich das LSG auf verschiedene Beschlüsse vom OVG Bremen und dem VGH Baden-Württemberg (die ich derzeit nicht kenne). Wenn aber diese Hilfen nicht vorhanden sind, dann müssen diese Hilfen entweder eingekauft werden oder vom Staat bereitgestellt werden; insofern ist die Ansicht des Gerichtes zu bejahen, dass der Ressourcenvorbehalt faktisch nicht existieren kann.

Meiner Ansicht nach gibt es hier noch viel auszuarbeiten. Die Stichworte werden wohl lauten:

-          Ressourcenvorbehalt
-          Strukturbildungsprinzip
-          Nachranggrundsatz
-          Schnittstellenprobleme
-          Zuständigkeitsprobleme



CGS


+++ Nachtrag vom 2.6.2014 +++

In einer Mitteilung an die Medien vom 27.5.2014 sagt die Bildungsministerin Frau Prof. Dr. Wende, die "Zusammenarbeit mit den Kommunen und das Kostensplitting" sei noch nicht abschließend geregelt! Es sollen als "nächstes" weitere Gespräche geführt werden mit allen Beteiligten (!), um letzte Details "auch im Lichte der neuen Möglichkeiten zu klären."

Diese neuen Möglichkeiten sollen sich wohl auf eine an dieser Stelle nicht näher beschriebene "Berliner Entscheidung" beziehen. Auch die angekündigten Gespräche mit allen Beteiligten, d.h. Lehrkräfte, Schulleitungen, Kommunen, Gewerkschaften, Eltern, Behindertenbeauftragte und sogar "politischen Experten" erfordern zudem einen ziemlich großen Runden Tisch, was ich für ziemlich ausgeschlossen halte. Von daher erscheint mir diese Mitteilung an die Medien wie ein Rückwärtsschritt, nachdem noch in der Woche zuvor eine Einigung bekannt gemacht wurde.

CGS




Freitag, 16. Mai 2014

Verwaltungsvereinfachung in anderer Weise gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 SGB X

Da manche Verwaltungsakte, insbesondere die Bewilligung von Eingliederungshilfe, nur so lange gelten dürfen, wie die Voraussetzungen zum Bezug von Mitteln der Sozialhilfe bestehen, wird in der Regel ein Leistungsbescheid ausdrücklich mit monatlicher Fälligkeit ausgestellt. Eine Bewilligung gilt also aus Vorsichtsgründen nur für den angegebenen, meist einmonatigen Bewilligungszeitraum, da eine Bedarfsdeckung rechtlich nicht zur Bedarfsüberdeckung führen darf.

Gleichzeitig entsteht das Problem, dass der Anspruch des Leistungsberechtigten sich meistens über den Bewilligungszeitraum hinaus erstreckt. Von daher müsste erneut ein Leistungsbescheid mit Bewilligung ausgestellt werden, dem dann ein Verwaltungsakt vorgeht. Dieser „Zwang zur Erneuerung“ würde das Verwaltungsverfahren erheblich belasten. 

Die Behörde schreibt von daher:

„Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung wird die Hilfe jedoch ohne Antrag und Bescheiderteilung weitergezahlt, solange die Bewilligungsvoraussetzungen unverändert vorliegen.“

So formuliert könnte die Behörde (versuchen!) Leistungen zurückfordern, die als Bedarfsüberdeckung angesehen werden. Gleichzeitig teilt sie dem Leistungsberechtigten mit, dass die Fortsetzung der Bewilligung automatisch und ohne erneut ausgestellten Leistungsbescheid vollzogen wird.

Nun kommt allerdings, für mich eine Neuerung, dieser Zusatz:

„Die ‚stillschweigende‘ Weiterzahlung der Hilfe auch in den auf die Erstbewilligung folgenden Monaten stellt jeweils einen neuen Verwaltungsakt dar, der in diesem Fall ‚in anderer Weise‘ erlassen wird (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch – 10. Buch (SGB  X)). Damit ist Ihre [die des Leistungsberechtigten, eig. Anmerkung] Rechtssicherheit gewährleistet.“

Folgt man dem Verweis, kommt man auf folgende Textpassage im SGB X:

§ 33 SGB X, Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 36a Abs. 2 des Ersten Buches findet insoweit keine Anwendung.

Die Form „Stillschweigend“ gilt demnach als eine Form „in anderer Weise“, zumal auch darauf hingewiesen wird, dass in den Folgemonaten nach der Erstbewilligung entsprechende Verwaltungsakte durch die Weiterzahlung entstehen. Mithin ist also die Weiterzahlung ein Verwaltungsakt, welcher nicht zu einem schriftlichen Bewilligungsbescheid führt, sondern in stillschweigender Form erfolgt. 

So etwas kann es ja nur dann geben, wenn die bewilligende Behörde davon ausgeht, dass eine Änderung der Bewilligungsvoraussetzungen nicht passieren wird. Sozusagen „on Top“ bekräftigt dann noch die Behörde, dass für den Leistungsberechtigten hierdurch Rechtsicherheit gewährleistet ist. 

CGS


Bundesleistungsgesetz gibt es ja schon!

Das kam für mich auch erst einmal überraschend, aber sowas hätte man ja vorher prüfen können. Das Bundesleistungsgesetz wurde nämlich zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 11. August 2009 (BGBl. I S. 2723) geändert und befasst sich mit solchen „Leistungen“, die im Bedarfsfall:

1.   zur Abwendung einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes oder zur Abwendung oder Beseitigung einer die Sicherheit der Grenzen gefährdenden Störung der öffentlichen Ordnung im Grenzgebiet;

2.   für Zwecke der Verteidigung, im Besonderen zur Abwendung einer Gefahr, durch die von außen der Bestand des Bundes entweder unmittelbar oder mittelbar im Rahmen seiner Einordnung in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit bedroht wird;

3.   zur Erfüllung der Verpflichtungen des Bundes aus zwischenstaatlichen Verträgen über die Stationierung und die Rechtsstellung von Streitkräften auswärtiger Staaten im Bundesgebiet;

4.   zur Unterbringung von Personen oder Verlegung von Betrieben und öffentlichen Einrichtungen, die wegen einer Inanspruchnahme von Grundstücken für Zwecke der Nummern 1 bis 3 notwendig ist.

(§ 1 Abs. 1 BLG)

Ein Gesetz für den V-Fall, aber nicht zur Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung in der Gemeinschaft.

Selbst der Bundesrat, der ja über die Änderungen in 2009 beraten und abgestimmt hat, hat es nicht bemerkt. Und die Bundesregierung, die in ihrer letzten Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates sich hierzu – tja – geäußert hat, fügte zumindest die Alternative „Bundesteilhabegesetz“ in Klammern ein.

Um also für Klarheit zu sorgen, sollten wir jetzt den neuen Namen annehmen und das Bundesleistungsgesetz dort lassen, wo es am besten aufgehoben ist: in der Schublade.


CGS



PS:

Übrigens ist der Vorgänger vom Bundesleistungsgesetz das Reichsleistungsgesetz aus dem Jahr 1939.

Montag, 12. Mai 2014

Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung zum Bundesleistungsgesetz / Bundesteilhabegesetz

Deutscher Bundestag
Drucksache 18/702

Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung

Stellungnahme des Bundesrates

„ 4. Der Bundesrat erinnert an die Festlegung im Zuge der Einigung zur nationalen Umsetzung des Fiskalpakts und des Stabilitäts- und Wachstumspakts, in dieser Legislaturperiode ein neues Bundesleistungsgesetz zu erarbeiten und in Kraft zu setzen, das die rechtlichen Vorschriften zur Eingliederungshilfe ablöst. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD ist vereinbart, dass bis zum Inkrafttreten des Gesetzes der Bund zur Entlastung der Kommunen jährlich einen Betrag von 1 Mrd. Euro bereitstellt; ab Inkrafttreten des Gesetzes soll die Entlastung jährlich 5 Mrd. Euro betragen.

Für die Kommunen ist es unerlässlich, zeitnah Planungssicherheit zu erhalten. Die entsprechenden Gesetzesvorlagen sollten daher alsbald erarbeitet werden. Der Bundesrat erwartet, dass die Gesetze mit Wirkung zum 1. Januar 2017 mit einer jährlichen Entlastung von 5 Mrd. Euro in Kraft treten können.“


Gegenäußerung der Bundesregierung

„Zu Nummer 4
Der Bundesrat verleiht seiner Erwartung Ausdruck, dass ein neues Bundesleistungsgesetz mit Wirkung zum 1. Januar 2017 mit einer jährlichen Entlastung von 5 Mrd. Euro in Kraft treten kann. Ein konkretes, der Erwartung des Bundesrates entsprechendes Datum zum Inkrafttreten enthalten weder der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD noch die Vereinbarung zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrages. Die Bundesregierung wird in dieser Legislaturperiode ein Bundesleistungsgesetz für Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz) erarbeiten und in diesem Jahr mit den vorbereitenden Arbeiten beginnen. Dabei wird der Bundesregierung die umfassende und kontinuierliche Einbindung von Ländern und Verbänden ein besonderes Anliegen sein. Sie strebt eine Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes in dieser Legislaturperiode an. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart wird der Bund mit Inkrafttreten dieses Gesetzes zu einer Entlastung der Kommunen im Umfang von 5 Mrd. Euro jährlich bei der Eingliederungshilfe beitragen.

Der Bund hat demzufolge in seinen Eckwerten zum Bundeshaushalt 2015 und dem Finanzplan bis 2018 Vorsorge getroffen. Die Neuorganisation der Ausgestaltung der Teilhabe zugunsten der Menschen mit Behinderung sollte dabei so geregelt werden, dass keine neue Ausgabendynamik entsteht.“




Quelle: dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/007/1800702.pdf



Freitag, 9. Mai 2014

Fachtag der Sozialpsychiatrie in Hamburg (Artikel aus „Eppendorfer“)

Im Magazin „Eppendorfer“, der „Zeitung für Psychiatrie“, las ich einen Artikel über eine Veranstaltung im Rauhen Haus. Die Überschrift des Artikels lautete: „Sozialpsychiatrie im Umbruch“.

Offensichtlich waren die Experten geladen und das Interesse sehr groß. Der Schwerpunkt der Diskussion lag auf der Einführung des Trägerbudgets in Hamburg, allerdings ging es vornehmlich um das Leistungsspektrum Sozialpsychiatrie (z.B. PPM) finanziert aus Mitteln der Eingliederungshilfe (6. Kapitel SGB XII).

Der Hilfebedarf sei in den letzten Jahren wohl enorm gestiegen und es droht eine Ausuferung, wenn nicht irgendwie gesteuert wird, so zumindest die Sichtweise der Hamburger Behördenvertreter.

Es handelt sich um einen „Paradigmen-Wechsel“, wird Anneke Wiese zitiert. Damit ist wohl ein Wandel grundlegender Rahmenbedingungen in der sozialwissenschaftlichen Theoriebildung gemeint, der sich mit den „Stichworten“ Inklusion, Gleichberechtigte Teilhabe, Umsetzung der UN-BRK, Personenzentrierung und Sozialraum beschreiben lässt. Mir fällt hierzu spontan ein, dass vor über zehn Jahren ebenfalls ein sogenannter Paradigmen-Wechsel in der Diskussion war: weg von der Einrichtungsfinanzierung und hin zur Personenzentrierung. Man sieht, was daraus geworden ist.

Staatsrat Jan Pörksen wird im Artikel ebenso zitiert, wonach es sich beim Trägerbudget nicht um ein „Sparmodell“ handeln soll. Und doch ist es das Steuerungsinstrument, mit dem der vorgenannte Paradigmen-Wechsel gelingen soll. Tatsächlich gibt es keine Kürzung der Gesamtvergütungen an die Leistungserbringer, den die Budgets werden ja eingefroren. Es wird allerdings die Leistungsmenge angehoben, ohne dass es dafür einen finanziellen Ausgleich gibt. Mehr leisten bei gleicher Bezahlung?

Bei den ehemals neu eingeführten gestuften Maßnahmenpauschalen sollte es ja auch eine Umverteilung von Stellen geben. Diese Umverteilung sollte „budgetneutral“ zwischen allen beteiligten Leistungserbringern vollzogen werden. Doch die abgebenden (großen) Leistungserbringer verweigerten sich, und so blieben Arbeitsdichte und Vergütungsniveaus weiterhin ungleich verteilt.

Nun handelt es sich wieder um ein Wagnis, steht im Artikel, wobei sich mir die Frage stellt: Für wen?

Es ist schon richtig, wenn von Axel Georg-Wiese festgestellt wird, dass jedes System seine eigenen systembedingten Kosten erzeugt. Es scheint aber dahinter die Überzeugung zu stehen, dass solche Kosten nur das System am Leben erhalten und keinen verbessernden Effekt ausüben. An einer solchen Stelle müssten Beispiele genannt werden, denn Systeme bestehen ja, um eine Versorgung systematisch zu ermöglichen und mithin Skalierungseffekte zu nutzen. Um ein System zu steuern, benötigt man wiederum Kontrollinstrumente, die natürlich Ressourcen verbrauchen. Also hat man einerseits Einsparungseffekte aufgrund des Systems (Skalierungseffekte) und andererseits systembedingte Mehrkosten. Wenn jetzt die Einsparungseffekte nicht mehr vorhanden sind oder geringer ausfallen als die systembedingten Mehrkosten, dann muss das System ganz richtig auf den Kopf gestellt werden. Doch davon habe ich bislang nichts gehört.

Es wird auch von einem Mehr an Verantwortung gesprochen und es soll auch einen größeren Gestaltungsspielraum geben – doch für wen?

Natürlich zwingt die Haushaltslage die Politik dazu, ungewöhnliche Schritte zu gehen. Dass dies aber nun mit einem Paradigmen-Wechsel begründet wird, erscheint sehr fragwürdig und erinnert an eine ehemalige Zielvereinbarung, in der von „Umwandlung“ gesprochen wurde, aber „Platzabbau“ gemeint war.

An dem Fachtag nahmen noch andere Fachleute teil, die ihre Sichtweisen beschrieben und einige interessante Punkte aufmachten.

Es wird beispielsweise angemerkt, dass ein Verlust von „sozialem Kapital“ droht, wenn ein Leistungsberechtigter seinen Stadtteil, d.h. sozialen Lebensraum und Wirkungskreis, verlassen muss.

Jemand anderes weist darauf hin, dass im Trägerbudget keine Anreize vorhanden sind für eine sogenannte „Schnittstellenbearbeitung“ (d.h. „Pflege von Kontakten mit Kliniken o.ä.“) oder die „Präventionsstärkung“.

Und es wird noch etwas betont: Durch den Ausstieg der beiden großen Träger BHH Sozialkontor und der Evangelischen Stiftung Alsterdorf wird die Initiative zur Entwicklung einer gemeinsamen Integrierten Teilhabeplanung (ITP) aufgegeben. Eben an diesem Leistungsbemessungssystem wurde in der Vergangenheit hart gearbeitet und verhandelt. Durch das Trägerbudget scheint sämtliche Energie verschwunden zu sein.

Zum Schluss wird noch von einer weiteren Teilnehmerin herausgestellt, dass man mit den Trägerbudgets in einem „institutionellen Denken“ verharrt.

Für mich sieht es alles nach einer „Rolle rückwärts“ aus.




CGS

Donnerstag, 8. Mai 2014

Bundesleistungsgesetz nun doch früher?

Am 27.3.2014 hatte es für mich noch so ausgesehen, als ob sich in Sachen Bundesleistungsgesetz so schnell nichts ergeben wird. Aber nun kommt wohl doch Bewegung in die Angelegenheit, so dass ich jetzt mit einem viel früheren Zeitpunkt für ein Gesetzgebungsverfahren rechne.

Immerhin gab es vor kurzem ein kleines Jubiläum: Am 3. Mai 2008 trat nämlich das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Kraft. Und „schon“ am 26. März 2009 übernahm Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK).

Bundesministerin für Arbeit und Soziales:
„Die Bundesregierung bekennt sich im Koalitionsvertrag ausdrücklich zur inklusiven Gesellschaft und zur Berücksichtigung der UN-BRK bei allen politischen Entscheidungen, die Menschen mit Behinderungen betreffen. Diese sollen gleichberechtigt am politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben und in allen anderen Lebensbereichen teilhaben. Wichtige Eckpfeiler hierfür waren und sind die Schaffung eines barrierefreien Umfelds, Chancengleichheit in der Bildung und die Stärkung des inklusiven Arbeitsmarktes.“

Quelle:
http://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Pressemitteilungen/fuenf-jahre-un-behindertenrechtskonvention.html


CGS