Die
Lebenshaltungskosten sind nun mal Teil der Vergütungen für vollstationäre Wohneinrichtungen.
Ihre Höhe ist vielleicht nicht so gravierend, doch wenn man über den Bund eine
Erstattung bekommen kann, warum nicht. Man müsste Nicht-Wohnungen sozusagen
qualifizieren, damit die Sozialhilfe diese Kosten übernimmt.
Aus diesem Grund wandeln
sich „vollstationären Wohneinrichtung“ um in „besondere Wohnformen“; Wohnungen
sind es schließlich nicht. Seitens der Leistungserbringer würden aber nun viele
Kosten verloren gehen, wenn man lediglich eine „ortsübliche“ Miete mit
Betriebs- und Heizkosten verlangen würde. Leistungserbringer sind keine
professionellen Vermieter. Und zusätzlich wären die zu Wohnzwecken überlassenen
Räumlichkeiten möbliert und mit besonderer Technik teuer ausgestattet.
Bei einer Warmmiete
könnte es dagegen zu einer Übervorteilung kommen; in jedem Fall würde für etwas
bezahlt werden, was man nicht kennt. Dieser Punkt verlangt sehr viel Klärung,
was mit dem neuen § 42a SGB XII schon jetzt und ab 2020 passiert – das BTHG ist
ein Änderungsgesetz, mit dem zu verschiedenen Zeiten die bestehenden
Leistungsgesetze angepasst werden. Die nächste Stufe wird zum 1.1.2020 erreicht
sein.
Man wird sich also
Gedanken machen müssen, wie diese Wohnraummietverträge gestaltet sein sollen.
Mit der Reform zu
den besonderen Wohnformen
Schon vor Jahren hatte man es mit dem berühmt-berüchtigten
Grundsatz „Ambulant vor Stationär“ versucht, das teure „Stationäre“
abzuschaffen (§ 13 Abs. 1 SGB XII). Teuer deswegen, weil in den Vergütungen für
stationäre Leistungen nun mal Kosten für Wohnen und Leben enthalten sind. Mit
dem BTHG wird es jetzt zu einer Abtrennung oder Isolierung der
Eingliederungshilfe kommen, damit das übrige von der Sozialhilfe übernommen
werden kann.
Damit die Kostenübernahme über die Sozialhilfe geschehen
kann, hat der Gesetzgeber in § 42a SGB XII bestimmt, dass „die Bewilligung und
Bemessung von Lebensunterhaltsbedarfen … für Leistungsberechtigte, die in der ab 1.1.2020 geltenden besonderen
Wohnform nach § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII leben, nach den gleichen
Regeln [erfolgen] wie bei allen anderen Leistungsberechtigten“, die einen
Anspruch auf solche Leistungen nach dem SGB XII haben (vgl. dazu Empfehlungen
der Länder-Bund-Arbeitsgruppe zur Umsetzung des BTHG vom 18.10.2018; Fettdruck
von mir).
In 2019 heißt es an besagter
Stelle: „Für die Anerkennung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung … bei
Leistungsberechtigten außerhalb von Einrichtungen, die in einer sonstigen Unterkunft leben, gilt Absatz 5.“ (Abs. 2 S.
1 Nr. 2 in der Fassung bis 2019, Fettdruck von mir).
In 2020 wird es dann an dieser Stelle heißen: „Leistungsberechtigten,
die nicht in einer Wohnung nach Nummer 1
leben, weil ihnen allein oder zu zweit ein persönlicher Wohnraum und
zusätzliche Räumlichkeiten zur gemeinschaftlichen Nutzung nach Satz 3 zu Wohnzwecken überlassen werden,
gelten die Absätze 5 und 6.“ (Abs. 2 S. 1 Nr. 2 in der Fassung ab 2020,
Fettdruck von mir).
Eine sonstige Unterkunft ist keine Wohnung. Was genau
eine Wohnung sein soll, ergibt sich aus dem Weiteren, wonach es sich handeln
soll um „die Zusammenfassung mehrerer Räume, die von anderen Wohnungen oder
Wohnräumen baulich getrennt sind und die in ihrer Gesamtheit alle für die
Führung eines Haushaltes notwendigen Einrichtungen, Ausstattungen und
Räumlichkeiten umfassen.“ (Abs. 2 S. 2). Von daher müsste alles andere eine
„sonstige Unterkunft“ darstellen.
Was also im Gesetz als „sonstige Unterkunft“ oder
„Räumlichkeiten zu Wohnzwecken“ bezeichnet wird und die Rechtsgrundlage für die
Leistungen darstellt, wird in allen übrigen Unterlagen als „besondere Wohnform“
betitelt.
Tatsächliche
Aufwendungen umfassen alle Beträge, die vertraglich geschuldet werden
Für die Anerkennung der Bedarfe besteht eine Obergrenze.
Die Obergrenze bezieht sich auf: „die durchschnittlichen angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für die
Warmmiete eines Einpersonenhaushaltes im örtlichen Zuständigkeitsbereich des …
zuständigen Trägers…“ (Abs. 5 S. 1 in der Fassung bis 2019, Fettdruck von mir).
Ab dem kommenden Jahr „… werden die tatsächlichen
Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie angemessen sind, als Bedarf
berücksichtigt…“ (Abs. 5 S. 1 in der Fassung ab 2020). Es geht hier also nicht
um eine ortsübliche Vergleichsmiete, sondern um die gesamten Aufwendungen für
das Wohnen einer Einzelperson.
In einem Rundschreiben der BAGFW vom 8.5.2018 wird darauf
hingewiesen, dass es mit dem Begriff der „tatsächlichen Aufwendungen“ sogar gerichtliche
Entscheidungen gibt (siehe hierzu auch § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II). Wichtig dabei
ist aber, so der Geschäftsführer der BAGFW, dass der Begriff „alle Beträge
umfasst, die Hilfeempfänger Dritten für die Zurverfügungsstellung der
Unterkunft schulden“ (S. 2). Er bezieht sich dabei auf eine Entscheidung des
BSG, wonach „[abzustellen] ist auf das, was […] untrennbarer Gegenstand der
Mietvereinbarung ist“ (BSG-Urteil vom 6.8.2014, B 4 AS 37/13 R, Rn. 21). Auf
den Vertrag kommt es an, in dem sich die leistungsberechtigte Person gegenüber
ihrem Vermieter zur Zahlung eines Entgelts für ganz bestimmte Leistungen
verpflichtet. Zu diesen Leistungen würden dann alle Kostenarten gehören, die
mit dem Wohnen in einen Zusammenhang gebracht werden können.
Diese zusätzlichen Kosten wären gem. § 42a Abs. 5 S. 4
SGB XII (in der Fassung ab 2020):
Zuschläge für die persönlich genutzten
Räumlichkeiten, die vollständig oder teilweise möbliert zur Nutzung überlassen
werden, in der sich daraus ergebenden Höhe,
Wohn- und Wohnnebenkosten und diese Kosten im Verhältnis zu
vergleichbaren Wohnformen angemessen sind,
Haushaltsstrom, Instandhaltung von persönlichen Räumlichkeiten und den
Räumlichkeiten zur gemeinschaftlichen Nutzung sowie der Ausstattung mit Haushaltsgroßgeräten
oder
Gebühren für Telekommunikation sowie Gebühren für den Zugang zu
Rundfunk, Fernsehen und Internet.
Entscheidend ist, wie gesagt, ein Vertrag „mit gesondert
ausgewiesenen zusätzlichen Kosten“. Die Zusammenstellung wäre abschließend. Doch
wenn ein anderer haushaltsbezogener Aufwand geltend gemacht wird, kommt es sehr
darauf an, dass dieser ansonsten über die Regelbedarfe abgedeckt ist (vgl. dazu
auch Abs. 5 S. 3 Nr. 2 in der Fassung bis 2019).
Im Falle des Wohnens in einem Mehrpersonenhaushalt (wie
eben in einer ehemaligen Wohnstätte) wird man generell auf den Anteil des
Einzelnen abstellen bzw. eine Verteilung auf alle Mieter erwarten. Es kann sich
jedoch eine Besonderheit ergeben, wenn der Vermieter nicht die Kosten der
jeweiligen Wohnstätte kalkuliert hat, sondern die betrieblichen Gesamtkosten
für alle seine Wohnstätten herangezogen hatte. Solange es einen Träger von
Sozialleistungen betrifft, sollte es kein Problem darstellen. Wenn aber ein
Nicht-Leistungsberechtigter (Selbstzahler) zur Miete wohnt, wären Kosten, die
sich auf andere Standorte beziehen, ungerechtfertigt.
Die Überlassung
von Wohnraum und die Kopplung mit Pflege- oder Betreuungsleistungen
Zu beachten wäre jetzt das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz.
Nach § 1 Abs. 1 S. 1 ist es anzuwenden bei Verträgen zwischen Unternehmern
(Leistungserbringer) und Verbrauchern (Leistungsberechtigten) bei der „Überlassung
von Wohnraum und zur Erbringung von
Pflege- oder Betreuungsleistungen“ (Fettdruck von mir). Wenn dagegen „der
Vertrag neben der Überlassung von Wohnraum ausschließlich
die Erbringung von allgemeinen Unterstützungsleistungen wie die Vermittlung von
Pflege- oder Betreuungsleistungen, Leistungen der hauswirtschaftlichen
Versorgung oder Notrufdienste zum Gegenstand hat“, dann nicht (S. 3, Fettdruck
von mir).
Mit „allgemeinen Unterstützungsleistungen“ sind keinesfalls
„Pflege- oder Betreuungsleistungen“ gemeint, wie man sie noch aus den
vollstationären Wohneinrichtungen her kennt. Ein Vertrag über Räumlichkeiten,
die zu Wohnzwecken überlassen werden, darf zwar wenige Nebenleistungen
beinhalten, Leistungen der Eingliederungshilfe oder der Pflege müssen komplett
davon abgegrenzt sein, da ansonsten das WBVG zu beachten ist. Selbst eine
Kopplung, wie auch immer, sollte es nicht geben (Abs. 2).
In allen anderen Fällen würde das WBVG zum Zuge kommen
und es wäre gem. § 7 Abs. 2 S. 1 WBVG nur das Entgelt zu zahlen, welches
„insgesamt und nach seinen Bestandteilen im Verhältnis zu den Leistungen
angemessen ist.“ Das bedeutet, dass die Gesamt-Miete im Vergleich zu anderen
Mieten dieser Art am Ort gleich ist und die einzelnen Nebenleistungen im
Vertrag leistungsgerecht und angemessen erscheinen; das wird aber schwierig,
wenn es sich um die Kosten eines anderen Standortes handelt.
CGS
Weitere Quellen:
(ein Service von Daniel Liebig, www.buzer.de)
(letzter Aufruf am 31.5.2019)
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BTHG: Die Reform macht aus vollstationären Wohnstätten
besondere Wohnformen