Freitag, 31. Juli 2015

Schulassistenten und Schulbegleitungen – die Stellenausschreibung (Fortsetzung der Beiträge vom 17.6.2015 und 30.7.2015)

Seit neuestem steht die Ausschreibung für die Schulischen Assistenzkräfte im Netz:

Das Ministerium für Schule und Berufsbildung des Landes Schleswig-Holstein sucht
zum nächstmöglichen Zeitpunkt

- Schulische Assistenzkräfte (w/m) -

für die öffentlichen Grundschulen des Landes.

Die Aufgaben richten sich nach den bereits bekannten und vielfach diskutierten Anforderungen, wobei ganz klar zur Schulbegleitung, welche die Aufgaben der Eingliederungshilfe wahrnimmt, abgegrenzt wird.

Man kann vermuten, dass viele Schulen ein ähnliches Problem gesehen haben, wie in meinem Zahlenspiel vom 17.6.2015 durchgerechnet worden ist. Die im Netz veröffentlichte Stellenausschreibung richtet sich jedenfalls an Bewerber für Schulen in 11 Landkreisen und 2 kreisfreien Städten. Diese Schulen überlassen die Einstellungsprozedur dem Land und verzichten – vermutlich bewusst – auf den Verwaltungskostenzuschlag von „bis zu 10 % der anteiligen Zuweisung für die Monate August bis Dezember“ für das Jahr 2015 (Quelle: Pressemitteilung vom 22.5.2015).

Die Vergütung richtet sich nach dem TV-L. Wer sich vorab über das Gehalt informieren will, sollte einen Tarifrechner zu Rate ziehen – zum Beispiel auf http://oeffentlicher-dienst.info. Bei der Stufenzuordnung muss dann direkt im Tarifvertrag nachgelesen werden, mit welcher Stufe Berufsanfänger oder Berufserfahrene mit einer bestimmten Anzahl an Entwicklungsjahren eingestuft werden.

Erfreulich ist, dass man auch an der Einstellung von pädagogischen Fachkräften interessiert ist.

Mit dieser Initiative will das Land nun einen Schlussstrich ziehen. Zwei Schreiben, die noch vor kurzem an die Bürgermeister und Oberbürgermeister und an die Landräte in Schleswig-Holstein versandt wurden, haben hier auch noch einmal die Position der Landesregierung klar herausgestellt.

In dem einen Schreiben an die Bürgermeister und Oberbürgermeister informierte das Ministerium für Schule und Berufsbildung über das sogenannte Optionsmodell und empfahl eine Ausschreibung der neuen Stellen ohne Befristung. Zugleich wurde klargestellt, dass die Schulen nicht die Verantwortung für die „Schulbegleitung“ übertragen bekommen; die verbleibt weiterhin bei den Kreisen und kreisfreien Städten. Die Aufgaben der Schulbegleitung unterliegen eigenen rechtlichen Rahmenbedingungen, heißt es, und beziehen sich immer auf einen leistungsberechtigten (Grund-) Schüler.

Im anderen Schreiben an die Landräte des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung wurde betont, dass es eine trennscharfe Abgrenzung der Rechtsbegriffe „Hilfen zur angemessenen Schulbildung“ aus dem SGB XII und dem „Kernbereich der pädagogischen Arbeit“, wie aus dem LSG-Beschluss aus 2014 resultierend, nicht gibt. In der Kritik stand offenbar ein Schreiben des Landkreistages mit Datum 18.6.2015, welches mir nicht vorliegt. Vielmehr wurde die gemeinsame Verantwortung herausgestellt, eine inklusive Beschulung zu ermöglichen. Es wird angemahnt, dass Sozial- und Jugendhilfeträger auch weiterhin ein gesetzeskonformes Bedarfsfeststellungsverfahren durchführen, sich aber hinsichtlich des tatsächlichen Bedarfes eng mit den örtlichen Schulen austauschen.

Vermutlich hat das Schreiben an die Bürgermeister und Oberbürgermeister den Ausschlag gegeben für die Entscheidung vieler Grundschulen, dem Land Schleswig-Holstein die Aufgabe für die Stellenbesetzung und Kostenträgerschaft zukommen zu lassen. Das Schreiben an die Landräte hat dagegen ganz klar das Signal gesetzt, Hilfebedarfe nicht mehr mit dem Argument der Nachrangigkeit abzuwiegeln. Natürlich wird gerade im letzten Fall verstärkt auf die Ausstattung der Schulen mit schulischen Assistenten geschaut, darum ist es so wichtig, dass in Schulberichten nicht der pädagogische Hilfebedarf genannt wird, sondern vielmehr der integrative Bedarf.

Die Frist für Bewerbungen läuft übrigens sehr bald ab.

CGS








Wollen Sie mit mir in Kontakt treten oder Ihre Meinung sagen? Hinterlassen Sie einen Kommentar.


Donnerstag, 30. Juli 2015

Schulassistenten und Schulbegleitungen – das Gesamt-Budget für die Grundschulen (Fortsetzung des Beitrags vom 17.6.2015)

In meinem Zahlenspiel vom 17.6.2015 hatte ich bestimmte Annahmen getroffen, um ein Ergebnis hinsichtlich der möglichen Stellenausstattung von Schulischen Assistenten / Schulassistenten / Schulischen Assistenzkräften an einer x-beliebigen Grundschule  zu erhalten. Ich hatte 2 Teilzeitstellen im Umfang von jeweils 17 bis 18 Stunden wöchentlich, d.h. insgesamt 33 bis 37 Wochenstunden, ermittelt bei 240 Schülern. Ich wollte einfach mal sehen, was ein Budget von 125 Euro pro Schüler im Jahr ermöglicht.

Mit der Verständigung zwischen Landesregierung und Landkreisen scheint das Problem gelöst zu sein, da mit der Schaffung dieser 314 Stellen eine vollständige Abdeckung der von den Schulbegleitungen erbrachten Leistungen innerhalb des „pädagogischen Kernbereichs“ gewährleistet werden soll.

Landesregierung und kommunale Landesverbände, die sich am 9. April 2015 in Kronshagen verständigt hatten, gehen „für das Schuljahr 2015/2016 von … Gesamtaufwendungen für den pädagogischen Kernbereich in Höhe von 15 Mio. €“ aus (Quelle: Sachstandsbericht des Schleswig-Holsteinischen Landkreistags vom 19.5.2015). Im Durchschnitt ergeben sich somit 47.770 Euro pro Stelle (d.h. 15.000.000 Euro geteilt durch 314 Stellen), was aber offensichtlich nicht mit den Zahlen korreliert, die ich auf Basis der 125 Euro Budget pro Schüler hochgerechnet hatte.

Die Landesregierung selbst nannte in einer Pressemitteilung vom 22. Mai 2015 dagegen einen Betrag von 13,2 Mio. Euro, welcher um mögliche Verwaltungskosten von maximal 10 % auf die anteiligen Kosten im kommenden ersten Schulhalbjahr aufgestockt werden kann. Damit ergeben sich 130,58 Euro pro Grundschüler als Budget (ohne Verwaltungskostenanteil).

Die aktuell letzten Zahlen für das Schuljahr 2012/2013 aus dem Bericht des Statistischen Amts für Hamburg und Schleswig-Holstein vom 22. September 2014 weisen für 544 Einrichtungen insgesamt 101.085 Schüler aus (S. 6). Wenn für diese Größe nun 125 Euro Budget unterstellt werden, käme man auf 12,6 Mio. Euro; dieser Betrag wird übrigens auch in verschiedenen Medien verbreitet.

Was ist also passiert?

Festzuhalten bleibt, dass es zwischen den Zahlen vom 9. April, dem 22. Mai und der Pro-Kopf-Kalkulationsgröße eine Diskrepanz von etwa 20 % gibt. Vermutlich sind irgendwo da drin auch die 10 % Verwaltungskosten enthalten, vielleicht auch ein gewisser Risikozuschlag. Trotzdem sollten Schulen, die sich nach der Pro-Kopf-Kalkulationsgröße richten müssen, auf diese Diskrepanz hinweisen, um wenigstens ein wenig mehr finanziellen Spielraum zu erhalten.

CGS



Weitere Quellen:

In einem Artikel der Uetersener Nachrichten spricht man von 12 Mio. Euro, die landesweit zur Verfügung gestellt werden (Quelle: http://www.uena.de/lokales/uetersen/4124086/35-schulassistenten-fuer-das-kreisgebiet), der NDR spricht von 13 Mio. Euro (Quelle: https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Inklusion-Schulassistenten-auf-dem-Weg,schulassistenten100.html). Vermutlich resultieren die unterschiedlichen Werte aus der Hochrechnung jener 101.085 Schüler und den 125 Euro Budget pro Grundschüler.



Wollen Sie mit mir in Kontakt treten oder Ihre Meinung sagen? Hinterlassen Sie einen Kommentar.





Mittwoch, 29. Juli 2015

Bettgitter anstelle eines Niederflurbettes stellt einen heimrechtlichen Mangel dar (VG Würzburg)

Der Rechtsdienst der Lebenshilfe (S. 94 f., Ausgabe 2/2015) berichtet von einem Fall, in dem der Einsatz eines Bettgitters in einem Alten- und Pflegeheim als „heimrechtlicher Mangel“ angesehen wurde (VG Würzburg, Beschluss vom 1.9.2014, Az. W 3 S 14.778). Bezug genommen wurde hier auf die Bestimmungen im Bayerischen Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoQG). Dennoch sollten auch Anbieter sozialer Einrichtungen sich hieran orientieren und aktiv mit der Problematik von „freiheitsentziehenden Maßnahmen“ (abgekürzt FEM) auseinandersetzen.

Sofern Niederflurbetten nicht zur Verfügung stehen, kann vorübergehend ein normales Bett mit Bettgitter gestellt werden. Das Bettgitter soll dabei einer möglichen Sturz-Gefahr begegnen, nicht aber eine Gefahr für Leib und Leben abwenden. Letzteres würde FEMs rechtfertigen, lag aber nicht vor.

Das Gericht sah in der Anschaffung eines absenkbaren Pflegebetts mit Anschaffungskosten von ca. 2.000 Euro keine besondere finanzielle Belastung für den Heimbetreiber. Vielmehr würde ein solches Bett zur Grundausstattung gehören.

Hinsichtlich der ablehnenden Haltung des rechtlichen Betreuers zum Einsatz eines Niederflurbettes erteilte das Gericht eine Absage. Vertreter im Verfahren über den Einsatz von FEMs ist nicht der rechtliche Betreuer, sondern die vom Gericht bestellte Verfahrenspflegerin.

Nicht geklärt wurde dagegen die Frage, ob ein geteiltes Bettgitter als ausreichend und angemessen anzusehen ist.

In der Anmerkung zu diesem Artikel wird hervorgehoben, dass die Entscheidung eine besondere praktische Bedeutung habe hinsichtlich der Investitionsplanung für Träger von Einrichtungen (m.E. auch hinsichtlich des Investitionsbetrags). Die Grundausstattung muss sich „hierauf ausrichten“ (S. 94, a.a.O.), so die Meinung des Autors. Niederflurbetten sind aber nicht für alle Klienten geeignet, darum ist eine Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls entscheidend.

Meiner Ansicht nach sollte im Vorwege zu Verhandlungen zum Investitionsbetrag eine standardisierte Grundausstattung zu Kalkulationszwecken erarbeitet werden. Ziel muss sein, eine angemessene Inventarpauschale zu kalkulieren, auf deren Grundlage dann Aufwandspositionen wie Abschreibung, Wartung / Instandhaltung und Eigenmittelverzinsung ermittelt werden können.

Dieser Fall zeigt ebenfalls exemplarisch, wie kurzsichtig die Einrichtung gehandelt hat. Vermutlich wurden mehr Sach- und Verwaltungsaufwendungen getätigt, als ein entsprechendes Bett (2.000 Euro) gekostet hätte. Für mich offenbart sich darin auch, dass die Einrichtung bislang kein (modernisiertes) Konzept zu FEMs hat. Auf die Kampagne von www.redufix.de sei hier noch einmal hingewiesen.

CGS



Wollen Sie mit mir in Kontakt treten oder Ihre Meinung sagen? Hinterlassen Sie einen Kommentar.


Sonntag, 26. Juli 2015

Nachzahlungen von Grundsicherungsbeträgen wg. einer Weisung des Bundessozialministeriums vom 31. März 2015

Der Bundesverband der Lebenshilfe informierte über die Auswirkungen aufgrund der Nachzahlung von Grundsicherungsbeträgen in Folge einer Entscheidung beim Bundessozialgericht (BSG). Die aus der Entscheidung des BSG resultierende Weisung des Bundessozialministeriums an die obersten Landessozialbehörden hat nun teilweise erheblichen Nachzahlungen zugunsten der Leistungsberechtigten geführt. Die betrifft allerdings nicht diejenigen Leistungsberechtigten, welche in einer stationären Einrichtung leben. Sie erhalten weiterhin die Regelbedarfsstufe 3 mit den im Gesetz ausgewiesenen Beträgen (vgl. auch § 28 SGB XII).

Interessant ist hier der Hinweis, dass lt. Weisung 2015/1 die Schonvermögensgrenze nach § 90 SGB XII für eine Dauer von 24 Monaten um den Nachzahlungsbetrag angehoben wird. Dies betrifft nicht nur die Gerichtskosten, deren Freibetrag bei 25.000 Euro liegen, sondern auch die Kostentragung für die Betreuervergütung bzw. Aufwendungsersatz. Der Bundesverband kommt zu dem Ergebnis, dass „die geänderte Schonvermögensgrenze auch für die Beteiligung an den Kosten einer rechtlichen Betreuung“ gelten.



CGS




Wollen Sie mit mir in Kontakt treten oder Ihre Meinung sagen? Hinterlassen Sie einen Kommentar.

Freitag, 17. Juli 2015

Der Kündigungstermin wurde verpasst - Neues Zeitbasiertes Kalkulationsverfahren (Stationäres Wohnen)

Der Termin für eine wirksame Kündigung der Gesamtvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII (Stationäres Wohnen in Hamburger Einrichtungen) zum 31.12.2015 ist vertan. Nach § 2 Abs. 4 des Landesrahmenvertrags nach § 79 Abs. 1 SGB XII für die Freie- und Hansestadt Hamburg hätten die Vereinbarungen „…mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende des Vereinbarungszeitraums“ gekündigt werden müssen. Ohne Kündigung verlängert sich die Laufzeit der „Leistungs- und Prüfungsvereinbarung um jeweils ein Kalenderjahr“, für die Vergütungsvereinbarung gilt dagegen § 77 Abs. 2 Satz 4 SGB XII. Damit bleiben Träger von Einrichtungen (Leistungserbringer) schiedsstellenfähig.

Noch in 2014 beschloss die Vertragskommission SGB XII die Rücknahme der Kündigungen, die sie zuvor zum 31.12.2013 ausgesprochen hatte, wenn die Träger ihre Beteiligung an dem neuen zeitbasierten Kalkulationsverfahren erklären. Um den vertragslosen Zustand ab dem 1.1.2014 bis zum tatsächlichen Beschluss über ein neues Kalkulationsverfahren zu überbrücken, wurde von der Sozialbehörde eine Übergangsregelung angeboten. Darin stand, dass die „bisher“ vereinbarte Leistung (d.h. aus der Zeit vor der Kündigung) erbracht und die „bisherige“ Vergütung  abgerechnet werden kann – gedacht war die Übergangsregelung allerdings als Stillhalteabkommen.

Es ist anzunehmen, dass die alten Vereinbarungen weiter gelten. Immerhin sind bisher keine Einzelbewilligungen nach § 75 Abs. 4 SGB XII erteilt worden und auch die Vergütung orientiert sich nicht an den im Gesetz genannten ortsüblichen Vergleichs-Entgelten (vgl. § 75 Abs. 4 Satz 3 SGB XII). Von einem anders lautenden Willen kann man auch nicht ausgehen, denn sonst hätten entsprechende verbandliche Gespräche geführt werden müssen.

Nächster fristgemäßer Kündigungstermin wäre bis zum 30.6.2016 zum Ablauf des Kalenderjahres. Ansonsten bliebe den Trägern von Einrichtungen immer noch die Schiedsstelle.

Aber: Auch in einem solchen Fall können keine großen Sprünge erwartet werden. Nachholeffekte wird es nämlich nicht geben. Stattdessen müsste jeder Leistungserbringer seine erwarteten Kostensteigerungen (prospektive Gestehungskosten) darlegen – doch auch hier könnte sich eine interessante Konstellation auftun für diejenigen, die unter dem zu erwartenden „teuren“ TVÖD-Abschluss weitere Defizite erwarten müssen.

Mein Fazit: Das Risiko ist für die Sozialbehörde durchaus überschaubar. Aber auf den Vorteil zu verzichten, der sich durch eine Kündigung zum 31.12.2015 ergeben hätte, um die Träger zu neuen Gesamtvereinbarungen zu bringen, ist für mich derzeit nicht verständlich.

CGS


PS:
Was ist eigentlich mit der Umstellung der "Hilfebedarfsgruppen" auf "Leistungsgruppen / Leistungsstufen"?




Wollen Sie mit mir in Kontakt treten oder Ihre Meinung sagen? Hinterlassen Sie einen Kommentar.