Woche 2 des Wirkens der Impfnachweispflicht.
Das
schleswig-holsteinische Sozialministerium veröffentlichte eine neue
Handlungsempfehlung, unter anderem auch für Schulbegleitungen. Betont wurde
darin, dass die Teilhabe-Leistungen zur Bildung gem. § 112 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX
bzw. über § 35a SGB VIII nicht gefährdet werden dürfen. Vorrang hat nun mal die
erfolgreiche Schulbegleitung. Und die wird mit einer ordentlichen Unterweisung
in Bezug auf den Arbeitsschutz gesichert.
Es gibt aber auch Gründe dafür, warum Assistenzkräfte freigestellt werden. Ein Grund beruht auf den Gleichheitsgrundsatz, ein anderer dagegen auf haftungsrechtliche Bedenken.
Eine Handlungsempfehlung des Sozialministeriums-SH
Die Teilhabe der Schülerinnen und Schüler mit Behinderung
am Schulleben steht an erster Stelle. Das schleswig-holsteinische
Sozialministerium veröffentlichte nun diverse Handlungsempfehlungen für den
Personenkreis der Menschen mit Behinderung, die eine Schulbegleitung brauchten
oder eine andere Leistungsform der Eingliederungshilfe beanspruchten. Kinder
und Jugendliche mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung erhalten
Leistungen gem. § 112 Abs. 1 Nr. SGB IX, diejenigen mit einer seelischen
Behinderung begründen ihren Anspruch gem. § 35a SGB VIII.
Das Ministerium sagt folgendes:
Um nicht
unangemessen benachteiligt zu werden und schulische Ziele nicht oder nur eingeschränkt
zu erreichen, sind Leistungen zur Teilhabe an Bildung für Schüler*innen mit
Behinderungen auch unter den Einschränkungen der Schulen-Coronaverordnung zu erbringen.
Im Rahmen der
erforderlichen Arbeitsschutzunterweisung werden die Personen, die die Schulbegleitung
erbringen, von den Leistungserbringern über die notwendigen hygienischen
Maßnahmen, insbesondere das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, belehrt bzw. sie
haben sich zu informieren. Bei Bedarf stellt der Leistungsbringer der Schulbegleitung
Sachmittel zur Einhaltung von Hygiene zur Verfügung bzw. hält sie vor, wenn diese
im Einzelfall in Schulen nicht verfügbar sein sollten.
Damit werden eigentlich zwei Dinge bestimmt: erstens
steht die schulische Teilhabe bei allen Entscheidungen im Vordergrund; zweitens
soll eine Arbeitsschutzunterweisung erfolgen und der Leistungserbringer ggf.
die erforderlichen Sachmitteln zur Verfügung stellen. Das bedeutet also nicht,
dass nicht geimpfte Betreuungskräfte einfach nur freigestellt werden sollen
oder müssen. Eine Begründung für ein solches Handeln eines Arbeitgebers besteht
darin nicht.
Nun kann das Ministerium eine Freistellung auch nicht
verbieten. Sofern die Leistungserbringung nicht gefährdet ist, wenn ein
Arbeitgeber nahtlos eine neue Betreuungskraft im gleichen qualitativen Leistungs-
und quantitativen Zeitumfang (uneingeschränkt) einsetzt, ist wohl nichts
einzuwenden. Die Gründe für eine Freistellung, insbesondere dann, wenn sie ohne
Bezüge passiert, liegen ganz allein beim Arbeitgeber.
Das Ministerium empfiehlt die Mund-Nasen-Bedeckung sowie den Abstand
Auch im häuslichen Umfeld sind die Empfehlungen zu
gebrauchen. Dort wären sowohl von Schulbegleitung als auch der Schülerin oder
dem Schüler mit Behinderung eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen sowie der erforderliche
Abstand von 1,5 Metern einzuhalten. Nichtsdestotrotz, so die
Handlungsempfehlung, kann die Schulbegleitung „situationsabhängig vorübergehend
[darauf] verzichten“ und ein Kind im Bedarfsfall ganz und gar davon ausgenommen
werden. Das Ministerium ist an dieser Stelle eigentlich sehr deutlich, weil es
die Erleichterungen herausstellt und an die Eigenverantwortung der Beteiligten
appelliert. Wie gesagt steht im Vordergrund die Teilhabe zur Bildung.
Dass es dennoch Freistellungen gibt, mag vielleicht dem
Gleichheitsgrundsatz geschuldet sein. Eine Lebenshilfe in NRW hatte für sich
bestimmt, dass jede Assistenzkraft, die nicht geimpft ist, unabhängig von ihren
Fähigkeiten und ihrer besonderen Tätigkeit freizustellen war. Man wollte sich
nicht in eine Situation begeben und unterschiedliche Begründungen suchen, warum
jemand weiter beschäftigt werden sollte und ein anderer nicht. Die persönliche
Entscheidung eines Nicht-Geimpften würde man in jedem Fall respektieren, doch
weil es auch die „vulnerablen Behinderten“ zu betreuen gibt, geht man
einheitlich vor.
Bei einem Alten- und Pflegeheim kann diese Sachlage in
der Tat so ausfallen. Würde es zu einem Ausbruchsgeschehen kommen, könnte ein
Leistungserbringer zur Verantwortung gezogen werden. Ob nun die Ansteckung
durch den einen „Ungeimpften“ verursacht worden ist oder nicht, spielt an der
Stelle keine besondere Rolle. Die Hygienestandards sind streng und müssen
eingehalten werden, so dass jeder Ausbruch sofort ein Haftungsrisiko bedeutet –
und gerade weil es nun diese Pflicht zur Impfung für diese Berufstätigen gibt, erlebt
der Arbeitgeber eine erhöhte Sorgfaltspflicht.
Kommt es zum Ausbruchsgeschehen, an dem jetzt die „Ungeimpften“
selbst zu Geschädigten werden, verstößt ein Arbeitgeber gegen seine Arbeitsschutz-Pflichten,
meinen Arbeitsrechtler. Ein Arbeitgeber darf also nicht einfach so
weitermachen, als ob nichts passieren wird, er muss eigentlich
konsequenterweise eine Gefährdungsbeurteilung vornehmen und dann nach
erfolgloser Abmahnung (weil die 2G-Nachweise fehlen) eine ordentliche Kündigung
aussprechen; bedenkt man nun, dass viele Arbeitsverhältnisse schon seit Jahren
bestehen, wird die Kündigung vermutlich erst dann wirksam, wenn dieser Paragraf
aus dem Impfschutzgesetz seine Gesetzeskraft verliert.
Es sind jetzt schon zwei Wochen ins Land gegangen. Die
Entscheidung zur Freistellung von Nicht-Geimpften ist bereits gefallen. Die
Arbeitgeber werden nun das Weitere abwarten oder – wenn es eine Gefährdung in
der Leistungserbringung gibt und die Leistungsberechtigten bzw. ihre
Angehörigen Druck machen – die Freistellungen rückgängig machen.
Der eine, mir bekannte Fall hat bislang noch keine
arbeitsrechtlichen Schritte unternommen.
CGS
Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur
Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der Beitrag stellt nur meine Sicht auf die
Dinge dar. Und eine solche Sicht kann sich immer noch ändern. Brauchen Sie
rechtliche Unterstützung, wenden Sie sich an die zuständigen Behörden, Sozial-
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Schulbegleitungen freistellen aufgrund des § 20a IfSG? – kleine
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