(Auch wenn es keinen konkreten Bezug gibt, aber man "hört" und "liest" auf einmal viel über irgendwelche Probleme in der Vereinsarbeit.)
OLG Düsseldorf: Wann ein Gläubiger die Bestellung erwirken kann
Einen Notvorstand zu beantragen beim Amtsgericht bedeutet
nicht, dass das Amtsgericht diesem Antrag folgt. In einem Fall kam es nach
ablehnender Entscheidung beim Amtsgericht vor das Oberlandesgericht (OLG)
Düsseldorf. Mit Beschluss vom 2.8.2024 erklärte das OLG dann, dass gemäß § 29
BGB ein Notvorstand vom Amtsgericht bestellt werden kann, wenn dem Verein die
erforderlichen Vorstandsmitglieder fehlen für die Vereinstätigkeit. Eine solche
Bestellung ist jedoch nur in dringenden Fällen möglich. Ein solcher liegt vor,
wenn der Verein den Mangel nicht selbst beheben kann und dem Verein oder einem
Beteiligten (hier war es ein Gläubiger mit einem gültigen Pfändungsbeschluss
gegen den Verein) ein Schaden droht oder eine dringend notwendige Handlung
nicht durchgeführt werden kann. Ein drohender Schaden besteht, wenn die
Rechtsposition eines Beteiligten ernsthaft beeinträchtigt zu werden droht. Es
ist wichtig zu beachten, dass das Verfahren nach § 29 BGB nicht dazu dient,
Konflikte zwischen Vereinsmitgliedern oder im Vorstand zu lösen.
Das letzte noch amtierende Vorstandsmitglied (von insgesamt
drei) verfügte nicht über eine Einzelvollmacht, die für die Ausübung der
erforderlichen Vereinsgeschäfte erforderlich gewesen wäre. Zudem weigerte es
sich, den Mangel in angemessener Zeit abzustellen und trotz Aufforderungen
durch das Registergericht zu reagieren. Die Einberufung einer
Mitgliederversammlung blieb somit unbeachtet, ein weiteres Zuwarten für den
Beschwerdeführer wertete das OLG als unzumutbar.
Um die Zwangsvollstreckung aus einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss
zu ermöglichen, wurden somit zwei Notvorstände bestellt. Die Bestellung sollte
allerdings im Moment der Zweckerfüllung beendet sein, d.h. nachdem das
einzutreibende Vermögen an den Gläubiger übergeben wurde. Die Bestellung eines
Notvorstands stellt nach herrschender Meinung einen erheblichen Eingriff in die
Autonomie des Vereins dar und erfolgt daher nur unter strenger Auslegung der
gesetzlichen Vorschriften.
OLG Karlsruhe: Keine Dringlichkeit bei vorhandenen Alternativen
Bei einem Antrag auf Notbestellung vor dem OLG Karlsruhe
entschied das Gericht im Beschluss vom 16.7.2024, dass es an der erforderlichen
Dringlichkeit mangelte. Das verbliebene einzelvertretungsberechtigte
Vorstandsmitglied hatte seinen Rücktritt aufschiebend bedingt bis zur nächsten
Mitgliederversammlung erklärt und sich zur kommissarischen Führung der
Geschäftsführung bereit erklärt. In der Satzung hieß es aber: “Die
Mitgliederversammlung ist beschlussfähig ist, wenn mindestens zwei
Vorstandsmitglieder und ein Zehntel aller stimmberechtigten Mitglieder anwesend
sind. […] Sind zu einer wirksam einberufenen Versammlung weniger als ein
Zehntel aller stimmberechtigten Mitglieder erschienen, so ist vom Vorstand eine
zweite Mitgliederversammlung einzuberufen, die ohne Berücksichtigung der
Mindestteilnehmerzahl beschlussfähig ist.” Da im vorliegenden Fall der
verbliebene Vorstand sich weigerte, eine Mitgliederversammlung einzuberufen,
konnte ein zweiter Vorstand nicht gewählt werden.
Das OLG sah die Notwendigkeit nicht und verwies auf die
gesetzliche Möglichkeit nach § 37 Abs. 2 BGB. Wird dem Verlangen nach einer
Mitgliederversammlung seitens des amtierenden Vorstands nicht entsprochen, so
kann das zuständige Amtsgericht die Mitglieder, die das Verlangen gestellt
haben, zur Berufung der Versammlung ermächtigen (Satz 1). Die
Mitgliederversammlung ist das oberste Organ des Vereins und kann mit einer
solchen Ermächtigung satzungsgemäße Beschlüsse fassen.
Die Urteile des OLG Düsseldorf und OLG Karlsruhe zeigen
klar: Ein Notvorstand ist die Ausnahme, nicht die Regel. Gerichte greifen nur
dann in die Vereinsautonomie ein, wenn die Handlungsfähigkeit des Vereins akut
gefährdet ist und keine anderen Lösungen (wie die Einberufung einer Mitgliederversammlung
nach § 37 Abs. 2 BGB) greifen. Das OLG Düsseldorf bestätigte einen Notvorstand,
da ein Gläubiger durch ein blockierendes Vorstandsmitglied an der
Zwangsvollstreckung gehindert wurde. Das OLG Karlsruhe hingegen lehnte ab, da
die Mitglieder selbst die Möglichkeit hatten, über eine Versammlung die
Probleme zu lösen. Dies betont zugleich die Wichtigkeit der Satzung und Eigenverantwortung
der Mitglieder.
CGS
Eigener Beitrag:
„Einen Verein mit dem Status Gemeinnützigkeit gründen - ein
Erlebnisbericht (Teil 5)“ vom 2.6.2025
Quellen:
Oberlandesgericht Düsseldorf, 3 Wx 123/24, Beschluss vom
02.08.2024
OLG Karlsruhe 19. Zivilsenat, 19 W 29/24 (Wx), Beschluss vom
16.07.2024
(letzter Aufruf am 4.6.2025)
Eigenes Bild zum Beitrag.
Das hier ist keine
Rechtsberatung oder Aufforderung zur Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der
Beitrag stellt nur meine Sicht auf die Dinge dar. Und eine solche Sicht kann
sich immer ändern. Brauchen Sie rechtliche Unterstützung, wenden Sie sich an
die zuständigen Behörden, Sozial- und Betroffenenverbände oder rechtskundige
Dritte. Lesen Sie bitte ebenfalls die Hinweise zum Rechtsstatus der Webseite,
Urheberrechtsbestimmungen und Haftungsausschluss sowie die Datenschutzerklärung.
Hat Ihnen der Beitrag
gefallen?
Empfehlen Sie ein//gegliedert weiter oder klicken Sie gleich reihum auf die übrigen
Seiten dieses Blogs – ersetzt das Applaudieren und ist ein guter Motivator für mich.
Möchten Sie was sagen?
Schreiben Sie mir eine E-Mail
– Ihre Meinung hilft mir, meine Sichtweise neu zu überdenken. Meine
E-Mail-Adresse finden Sie auf der Seite Über mich.
Der
Notvorstand: Eine komplexe Angelegenheit mit hohen Hürden