Samstag, 14. Juni 2025

Offene Immobilienfonds im Wandel? Eine Analyse der aktuellen Entwicklungen

Besuche von der Beraterbank gehören wohl zum Alltäglichen, wenn sich Liquidität anhäuft und nicht verbraucht wird (mit anderen Worten: es wird lästig). In den Angeboten, die da unterbreitet werden, mischen die Berater auch gerne ein Insiderwissen über Offene Immobilienfonds. Und tatsächlich stehen derzeit diese Anlagemöglichkeiten wieder im Zentrum der öffentlichen Diskussion.

Eine aktuelle Analyse der renommierten Ratingagentur Scope sorgt für Aufsehen in der Finanzwelt, weil von einer Herabstufung gesprochen wird. Die Gründe dafür sind vielschichtig, doch im Fokus stehen insbesondere die gesunkenen Renditen, die so gar nicht ins Bild der “sicheren Anlagen” passen. Es gibt jedenfalls verschiedene Sichtweisen, so dass sich erstens die Frage stellt, ob bei einer Investition in Offene Immobilienfonds die potentiellen Chancen überwiegen, und zweitens ein Blick auf Banken und professionelle Vermögensverwalter ein wenig mehr Orientierung bietet.

 

Offene Immobilienfonds unter der Lupe: Ergebnisse der Scope-Studie

Aktuell sind wieder Offene Immobilienfonds in aller Munde. Ausschlaggebend ist anscheinend eine kürzlich veröffentlichte Analyse der Ratingagentur Scope mit Hauptsitz in Berlin sowie verschiedenen Niederlassungen in Frankfurt, Hamburg, London und Paris. Gegründet wurde sie im Jahr 2002 und wird in der Rechtsform Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) betrieben. Einige namhafte Personen und Körperschaften werden als Eigentümer (85 per 12.6.2025) aufgezählt, was somit die Bedeutung dieses Unternehmens unterstreicht.

Diese Ratingagentur analysiert und bewertet Investmentfonds, Asset Manager und Zertifikate-Emittenten. Jährlich werden „Scope Awards“ an die besten Fondsanbieter im deutschsprachigen Raum verliehen. Auch ESG-Analysen für grüne Wertanlagen sind Teil einer großen Bandbreite an Dienstleistungen rund um das Thema Finanzen.

In einer Studie zu den Offenen Immobilienfonds wurde nunmehr bekanntgegeben, dass bei 12 von 22 analysierten Fonds eine Rating-Herabstufung vorgenommen wurde. Als Ursache dafür wurden „sowohl gesunkene Renditen als auch die im aktuell herausfordernden Marktumfeld gestiegenen Risikoparameter“ genannt. Als Risikoparameter können zum einen die Effekte aus der hohen Immobilienbewertung der vergangenen Jahre angesehen werden, wie auch die gestiegenen Mittelabflüsse (Rückgabe Volumina der Anleger), was die Liquidität der Fonds einschränkte. Der Rückgang der Liquiditätsquote auf 14,3 Prozent wird allerdings als „moderat“ bezeichnet; gerade weil eine Mindestquote von 5 Prozent vorgeschrieben ist. Auch die Kreditquote der Fonds lag mit durchschnittlich 18,1 Prozent weit unterhalb der regulatorischen Obergrenze von 30 Prozent. Die Vermietungsquoten sind mit 92,4 Prozent im Mittel eigentlich ziemlich „solide“, wie man sagt. Trotzdem wird im Durchschnitt eine Rendite von minus 1,3 Prozent erzielt, die anscheinend ihren Grund in den Wertkorrekturen hatte. Bei den „fünf Schwergewichten“, berichtet man, gab es dagegen einen Anstieg des Anteilswerts im Schnitt um 1,9 Prozent.

Berücksichtigt man noch die hohen Teilfreistellungsquoten von angeblich 60 bis 80 Prozent, wird nur ein kleiner Teil einkommenssteuerlich belastet, was somit die Rendite nach Steuern im Vergleich zu anderen Wertanlagen attraktiv machen sollte (für eine gemeinnützige Körperschaft hat dieser Punkt übrigens keine Bedeutung).

 

Kosten, Kursabschläge und Kündigungsfristen: Die Schattenseiten im Überblick

Attraktiv sind solche Wertanlagen nicht, hört man dagegen von einigen Kritikern. Da gibt es einerseits den Verweis darauf, dass die Kurse künstlich stabil gehalten werden (das bezieht sich auf das NAV = Net Asset Value bzw. Nettoinventarvermögen), die hohen Kosten die Rendite aufzehren (das bezieht sich u.a. auf den hohen Ausgabeaufschlag) und andererseits diese Immobilienvermögen keinesfalls eine „sichere Anlage“ darstellen (das bezieht sich auf die Wertkorrekturen). Andere verweisen darauf, dass der Börsenkurs vielfach „deutlich“ unter den offiziellen Rücknahmepreise (rechnerisch das NAV pro Anteil) liegt und die Bewertungen des Immobilienvermögens schwer nachzuvollziehen sind.

Ein wesentlicher Nachteil besteht jedoch darin, dass ein solches Investment erst nach einer Wartezeit von 2 Jahren zurückgegeben werden kann an die Fondsgesellschaft, wobei 12 Monate vor diesem Termin die Rückgabe schriftlich anzukündigen ist (Kündigungsfrist). Alternativ kann man zwar auch den Verkauf über eine Börse vornehmen, dann allerdings zu einem Marktpreis und nicht mehr zum Rücknahmepreis. Der Vorteil besteht natürlich darin, dass man schneller aus dem Investment rauskommt; unter Umständen mit einem teils gehörigen Abschlag (siehe auch die Tabelle weiter unten).

Steht man also vor der Entscheidung, in diese Wertanlagen zu investieren, sollte man sich folgende Punkte klarmachen:

Der reguläre Einkauf über die Bank wird in der Regel mit einem kräftigen Ausgabeaufschlag versehen. Dieser Ausgabeaufschlag ist zwar verhandelbar, doch jede Verteuerung muss in der Folgezeit durch Kurswerterhöhungen und Ausschüttungen verdient werden.

Die Ausschüttungen werden nicht unbedingt mit Mieteinnahmen verdient. Mithilfe von jährlichen Bewertungen des Immobilienvermögens können Wertzuschreibungen das (Buch-) Fondsvermögen steigern (und umgekehrt), aber auch Absicherungsgeschäfte bei ausländischen Investitionen können da einen Beitrag leisten (oder ein Verlust bescheren).

Der Wertabschlag des Marktpreises zum letzten Netto-Inventarwert (Net Asset Value) bzw. Rücknahmepreis sagt nur bedingt etwas aus zu den Markterwartungen. Gut möglich, dass bei einem hohen Abschlag (z.B. minus 15 Prozent) ein gewisser Vertrauensverlust besteht in die Werthaltigkeit des Vermögens, es kann aber auch ganz einfach mit unzufriedenen Anlegern zu tun haben, die sich einfach schnell von ihren Anteilen trennen wollen. 

 

Professionelle Zurückhaltung: Warum Experten Immobilienfonds oft meiden

Betrachtet man die Ausschüttungsquote, basierend auf den letzten Daten, kommt bei den fünf Anlagemöglichkeiten ein Durchschnitt von 1,78 Prozent (mit vollem Ausgabeaufschlag) oder 2,05 Prozent (bei Einkauf über die Börse) zusammen. Bezieht man die steuerliche Betrachtung ein, wenn man als Klein-Anleger den Sparerfreibetrag sowieso schon ausgeschöpft hat, sinkt bei einer Teilfreistellung von 80 Prozent (60) die Rendite effektiv um rund 5 Prozentpunkte (11) und nicht um 26,375 Prozent (inkl. Soli). Nach Abzug der Steuern bleibt aus diesem Grund viel mehr von der Ausschüttung als bei anderen Formen der Geldanlage.

Man kennt jedoch nicht das Bewertungsrisiko bei den Immobilien. Sobald mal wieder eine Wertkorrektur bekannt gegeben wird, könnte sich der Marktpreis um weitere zehn Prozentpunkte verschlechtern (Beispiel ZBI in 2024). Dass das so wieder passieren könnte, ist nicht unumstritten. Derzeit kann man davon ausgehen, dass es keinen weiteren bedeutenden Preisverfall bei den Immobilien geben wird, doch mit attraktiven Wertsteigerungen kann ebenfalls nicht seriös gerechnet werden. Experten rechnen eher damit, dass im “Speckgürtel einer Metropole” die Werte steigen werden, wogegen in den bislang so hoch bewerteten Innenstadtlagen es eher zu einer Stagnation bei den Bewertungen kommt. Selbst bescheidene Wertkorrekturen im einstelligen Bereich wären nicht hinnehmbar, wenn die Ausschüttungsquoten bei unter 2 Prozent liegen. Die zukünftigen Verdienstmöglichkeiten stehen jedenfalls nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Risiko. Bei Geldanlagen, wie zum Beispiel Festgeld, liegt die Rendite nach Steuern zwar bei weit unter 1 Prozent, dafür kann man sich auf den Vermögenserhalt verlassen.

(Apropos Risiko: Am 12.6.2025 eskalierte im Nahen Osten wieder die politische Lage. Militärische Schläge und Gegenschläge führten zu einem Börseneinbruch von nahezu 2 Prozent. Schaut man sich die Kursveränderung bei den börsengehandelten Werten an, sind es mal ein halbes Prozent weniger oder sogar mehr. Immobilienfonds reagieren eben auf andere Krisen).

Das “Gespenst der Inflation” ist zudem nicht verschwunden. Auch wenn es sich bei Immobilien um Sachwerte handelt, die mit den Preisen im Wert steigen müssten, man hatte es ja gesehen in der Post-Corona-Phase: die Inflation stieg im Oktober 2022 auf über 10 Prozent, die Notenbanken mussten die Zinsen übermäßig anheben und wieder senken, Immobilien verkauften sich plötzlich nicht mehr. Entscheidend für die Werthaltigkeit sind Konjunktur, Zinsumfeld und Reallöhne. Wenn durch die derzeitigen Weltkrisen der Zinsrückgang nicht mehr fortgesetzt werden kann, und stattdessen wieder mit steigenden Zinsen die Inflation gedämpft werden muss, ergibt sich ein Zinsänderungsrisiko für alle sogenannten “sicheren Anlagen”. Das muss eine gute Vermögensverwaltung wissen und ein gutes Risikomanagement betreiben. Risiken managen heißt, Investitionen breit zu streuen – und das wiederum vollzieht sich über verschiedene Anlageklassen.

Eine gute Vermögensverwaltung kann sich über die Anlageklassen Liquidität, Aktien und Renten sowie Immobilien, Rohstoffe und Derivate erstrecken. Im Jahr 2024 befragte das Institut für Vermögensaufbau (IVA) im Auftrag von FOCUS Money und N-TV Banken und Vermögensverwalter (36) zu ihren Beratungsleistungen in Sachen Vermögensverwaltung. In die Anlageklasse Immobilien wollten von den Befragten allerdings nur 4 investieren, und dann auch noch zu höchstens 5 Prozent des zu verwaltenden Vermögens. Dagegen fand man in 7 Fällen Investitionen in Derivate und in 18 Depots sogar Wertanlagen zu Rohstoffen. Aktien und Liquidität waren wiederum immer vorhanden, Renten kamen dagegen in 27 Depots vor – also nicht überall.

Wenn schon Profis kein herausragendes Interesse zeigen für Offene Immobilienfonds, warum sollten es die anderen tun? Natürlich kann da etwas „beigemischt“ werden, sagt man gerne. Doch nur 4 von den 36 befragten Banken und Vermögensverwaltern (12 Prozent) würden entsprechend handeln. Für einen Klein-Anleger bedeutet das nicht viel, wenn man mit geringen Positionen einen Fonds an der Börse erwirbt, um eine etwas bessere Verzinsung als bei Festgeldern zu verdienen. Geht es dagegen um sehr viel mehr Geld, braucht es den Bankberater und unter Umständen den Ausgabeaufschlag. Da zudem die lange Haltedauer zu beachten ist, wird so eine Investition mächtig unattraktiv trotz des Wunsches nach Diversifikation. 

„Verteile dein Vermögen auf sieben oder acht Teile, denn du weißt nicht, welches Unglück über das Land kommen wird.“

– Kohelet (Prediger) 11,2

 

CGS








STU = Börse Stuttgart
AA = Ausgabeaufschlag lt. Angaben

Kurs- und Ausschüttungsdaten von Finanzen.net vom 12.6., 13.6. und 14.6.2025 -- ohne Gewähr --

Eigene Berechnungen.


Quellen:

Scope Explorer

Offene Immobilienfonds – Ratings & Marktstudie 2025 - ScopeExplorer

Zwölf Fonds mit Rating-Herabstufung – Netto-Mittelaufkommen 2024 negativ – Liquiditäts- und Vermietungsquote mit nur leichtem Rückgang – Fonds haben Rückgabeverlangen erfüllt – Immobilien konservativer bewertet

Herausgegeben am 11.6.2025


Institut für Vermögensaufbau

Der zitierte Artikel von oben ist derzeit nicht über die Webseite abrufbar.


Eigener Beitrag vom 1.7.2024: „Finanzanlagen – Probleme eines Offenen Immobilienfonds“


(letzter Aufruf aller Quellen am 13.6.2025)

 

Eigenes Bild zum Beitrag.

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