Eine gerade stattfindende Diskussion zwischen den Verbänden der Leistungserbringer und der Hamburger Sozialbehörde könnte eine unerwartete Wendung nehmen. Es scheint, dass die Umstellung von stundenbasierten QPA-Leistungen auf die kostengünstigeren EA-Leistungen nur in wenigen Fällen erfolgt ist. QPA steht für Qualifizierte (fach-) pädagogische Assistenz, und mit EA ist eine Einfache Assistenz gemeint.
Doch worum geht es und, ganz
besonders, warum ist die Unterscheidung zwischen Anleitung und Übung sowie
kompensatorischer Unterstützung so wichtig?
Vielleicht sollten sich die Beteiligten mit dem Gesamtplan auseinandersetzen und den tatsächlichen Bedarf des Menschen herausarbeiten?
Qualifizierte Pädagogische Assistenz ist eigentlich keine kompensatorische Leistung
Ein möglicher Streitpunkt zwischen den Verbänden der
Leistungserbringer und der Hamburger Sozialbehörde könnte sich “in Luft” auflösen,
wenn es stimmt, dass die Bewilligungen zu stundenbasierten QPA-Leistungen nur
in Einzelfällen abgeändert wurden auf EA-Leistungen. QPA steht für die Qualifizierte Pädagogische Assistenz, die zum Ziel hat, Menschen mit
Behinderungen zur eigenständigen Alltagsbewältigung zu befähigen und ggf. in
einem begrenzten Zeitraum wie auch klar definierten Bereich Handlungen zur
Alltagsbewältigung zu übernehmen. Übernahmen, muss man allerdings hinzufügen,
sollten zur Anleitung und zur Übung erfolgen. Sobald dieser Aspekt nicht mehr
gegeben ist, braucht es keine qualifizierte Assistenz, sondern eine (günstigere) Einfache Assistenz wäre zu bewilligen. Mit der Einfachen Assistenz wird das
nicht vorhandene, aber zur Lebensführung erforderliche Handeln des behinderten
Menschen kompensiert.
Die einzelnen Leistungen in den beiden Vereinbarungen
gleichen sich, aber die Zielsetzungen sind andere: Anleitung und Übung versus
kompensatorische, stellvertretende Übernahme von Erledigungen. Und QPA-Stundensätze
sind wiederum höher (teurer) als EA-Stundensätze – da könnte man durchaus was
unterstellen.
In beiden Fällen wird die Sicherstellung der Erforderlichkeit
nach den Besonderheiten des Einzelfalls herausgestellt. Das heißt, dass “nach
der Art des Bedarfes, den persönlichen Verhältnissen, dem Sozialraum und den
eigenen Kräften und Mitteln” sowie Würdigung der “Wohnform” die jeweiligen
Leistungen bestimmt werden (§ 104 Abs. 1 SGB IX). Ebenso ist den angemessenen Wünschen
des leistungsberechtigten Menschen zu entsprechen (Abs. 2 Satz 1), wobei es
wieder Konkretisierungen gibt, was denn nun angemessen ist (Abs. 2 Satz 2).
Was angemessen ist, muss in drei Schritten geprüft werden.
Zuerst müssen mit dem Leistungsberechtigten die Teilhabeziele und alle zur
Zielerreichung benötigten Leistungen betrachtet werden. Sofern es jedoch
Alternativen zu den gewünschten Leistungen gibt, muss die Vergleichbarkeit geklärt,
die Verfügbarkeit geprüft und die Zumutbarkeit festgestellt werden (fehlt es
daran, sollte man das Nicht-Vorhandensein bzw. die Unzumutbarkeit
dokumentieren). Zwischen den gewünschten Leistungen und den vergleichbaren,
verfügbaren und zumutbaren Alternativen wäre dann per Kostenvergleich abzuwägen.
Nur wenn die gewünschten Leistungen unverhältnismäßig die Kosten für die
Alternativen übersteigen (Abs. 2 Satz 2 Nr. 1), wäre die Bewilligung auf die
niedrigeren Kosten zu begrenzen.
Verfügbar bezieht sich übrigens auf Leistungen von
Leistungserbringern, die nach Kapitel 8 SGB IX eine Vereinbarung genau darüber
haben (vgl. § 13 SGB IX a.F. zum Grundsatz “ambulant vor stationär”).
Qualifizierte Pädagogische Assistenz ist eigentlich eine zeitlich befristete Leistung
In der Fachanweisung zu § 113 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX (Stand
20.1.2021) zur Qualifizierten Pädagogischen Assistenz (ehemals PBW) hatte die
Hamburger Sozialbehörde zu den Zielen der Leistung geschrieben, dass
QPA-Leistungen „befristet [sind] auf bis zu zwei Jahre“ (Ziffer 1). Und weiter heißt es, dass diese Leistungen “den
baldigen Bezug oder das Wohnen in einer Wohnung bzw. einem Haus” voraussetzen
sowie “eine selbstständige und unabhängige Lebensweise im eigenen Wohnraum
erreicht werden soll”. Darum ist diese höherwertige Leistung auf zwei Jahre
befristet. Würde es sich um ein Wohnen in einer Wohngemeinschaft handeln, bei
der eine längerfristige bzw. dauerhafte Unterstützung der Menschen zu sichern
ist, würde eine andere Fachanweisung zu beachten sein. Damit wird
herausgestellt, dass QPA-Leistungen nur vorübergehend sein sollen und nicht auf
Dauer ausgelegt sein können.
Wenn aber die zwei Jahre verstrichen sind und der Bedarf
nach wie vor besteht, kann es dann noch eine Folgebefürwortung geben? Eine
Fristsetzung kann eigentlich nicht die Leistungsziele aus dem
Gesamtplanverfahren „übertrumpfen“. Ein solches Denken würde den übergeordneten
Zielen des SGB IX zuwider sprechen und eine Drucksituation für die
leistungsberechtigten Menschen bedeuten. Übergeordnetes Ziel der
Eingliederungshilfe ist es, leistungsberechtigten Menschen eine individuelle
Lebensführung zu ermöglichen, die der Würde des Menschen entspricht (vgl. dazu§
90 Abs. 1 SGB IX und Fachanweisung zu § 90 SGB IX). Solange also der vorhandene
Gesamtplan keine neuen Zielsetzungen benennt, kann ein Wechsel in die andere
Leistung nicht begründet werden.
Auch die Leistungserbringer hätten ein Problem, weil sie den
Klienten weiterhin begleiten und unterstützen wollen, aber bei einem Wechsel zu
den (billigeren) EA-Leistungen nicht die Bezahlung für die Fachkraft erhalten
werden.
Es soll sich wohl um Einzelfälle handeln, heißt es. Und dann
wieder kennt man Geschichten, da haben einige langjährige Klienten quasi einen
Besitzstand zuerkannt bekommen.
CGS
P.S.
In der Leistungsvereinbarung zur einfachen Assistenz (Stand
20.2.2025) findet sich zudem noch der Absatz, dass bei gleichzeitiger
Wohnraumvermietung durch den Leistungserbringer die Verträge zum Mietvertrag
und Betreuung nicht gekoppelt werden dürfen. Das war schon vor etwa dreieinhalb
Jahren ein großes Thema, ist aber von den Verbänden nicht gelöst worden – die
Sozialbehörde hat sich wohl durchgesetzt.
Eine Kopplung dieser Verträge könnten sich soziale
Unternehmen immer dann wünschen, wenn man mit der Vermietung des Wohnraums
keine Kostendeckung erzielt, sie aber für die Unterstützung des Klienten benötigt.
Mit dem WBVG hat der Gesetzgeber den Verbraucherschutz gestärkt,
wenn eine Abhängigkeit zwischen den beiden Leistungen des Wohnens (zur Miete)
und der Pflege- oder Betreuungsleistung (Fachleistung) vorhanden ist. Selbst
wenn es zwei unterschiedliche Verträge gibt, wenn bei der Gesamtbetrachtung der
Umstände ein Eindruck entsteht, dass der eine Vertrag nur deswegen besteht,
weil es den anderen gibt, hat man eine Kopplung. Von einer Kopplung kann man
jedoch nicht sprechen, wenn die vermietende Partei „ausschließlich die
Erbringung von allgemeinen Unterstützungsleistungen wie die Vermittlung von
Pflege- oder Betreuungsleistungen, Leistungen der hauswirtschaftlichen
Versorgung oder Notrufdienste zum Gegenstand hat.“ (§ 1 Abs. 1 S. 3 WBVG).
Das wiederum passt in das Bild, welches die
Leistungsvereinbarung über einfache Assistenz verfolgt. Doch weil es dann im
Abschnitt bei § 2 heißt, dass eine Koppelung der Verträge “nicht zulässig” ist,
ist es schon eine sehr merkwürdige Formulierung, die nicht wirklich hilft.
Weitere Quelle:
Eigener Beitrag vom 16.9.2021
Bild zum Beitrag eigene Aufnahme.
Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur
Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der Beitrag stellt nur meine Sicht auf die
Dinge dar. Und eine solche Sicht kann sich immer ändern. Brauchen Sie
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