Freitag, 24. Februar 2017

Schulassistenten und Schulbegleitungen - Kehrtwende in der Rechtsauffassung beim Landessozialgericht

Endlich geschieht eine Kehrtwende in der Rechtsprechung im Bundesland Schleswig-Holstein – Überfällig!

Am 22.2.2017 wurde in einer Pressemitteilung des schleswig-holsteinischen Landtags mitgeteilt, dass in einer Entscheidung des Landessozialgerichts von Schleswig-Holstein vom 13.1.2017 sich dieses abgekehrt hat von seiner früheren Rechtsauffassung (L 9 SO 185/16 B ER – Urteilsbegründung liegt derzeit nicht vor).

Das LSG erkennt nun an, dass die schulrechtlichen Vorschriften nicht die Auslegung des SGB XII bestimmen können. Es gibt zwar in § 4 Abs. 13 S. 2 SchulG-SH die Bestimmung, dass das Ziel einer inklusiven Beschulung im Vordergrund zu stehen hat, doch diese sei nicht „deckungsgleich“ mit dem vom Bundessozialgericht einstmals bestimmten „Kernbereich der pädagogischen Arbeit“. Damit können sich die kommunalen Träger der Eingliederungshilfe nicht mehr als unzuständig ansehen. Und somit ergibt sich hier keine Schnittstelle, sondern eine Art Schnittmenge, die aber aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden muss.

In Schleswig-Holstein gibt es Schulassistenten, deren Aufgabe aber nicht primär die Unterstützung von behinderten Schulkindern ist. Wenn diese es allerdings tun, erübrigt sich vielleicht und nur an dieser Stelle der Einsatz einer Schulbegleitung (Integrationsassistenz). Doch sobald ein nicht gedeckter Hilfebedarf beim behinderten Schulkind entsteht, muss eine Schulbegleitung vom Träger der Eingliederungshilfe beigestellt werden – Begründung: gem. § 2 SGB XII erhält derjenige Sozialhilfe, d.h. Eingliederung, wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, nicht erhält. Selbst wenn diese anderen (z.B. die Schulen) zur Kostenübernahme oder Leistungsträgerschaft (wie z.B. die Ermöglichung / Schaffung einer inklusiven Beschulung)  verpflichtet sind,  die benötigten Leistungen dürfen deshalb nicht versagt werden.

Auch wenn es sich jetzt nur um eine Kehrtwende in der Rechtauffassung in Schleswig-Holstein handelt, in anderen Bundesländern können ähnliche Konstellationen vorherrschen. Im Umgang mit den örtlichen Sozialhilfeträgern (noch, weil bald wären es Eingliederungshilfeträgern) muss seitens der beantragenden Eltern im Falle der Ablehnung und Verweis auf Pflichten der einzelnen Schulen auf die Vorschrift im § 2 SGB XII hingewiesen werden – man muss einem Ablehnungsbescheid (schnellstens) widersprechen, weil das Nachrangprinzip nicht greift, weil die benötigten Unterstützungshandlungen von Schulassistenten nicht erbracht werden, weil ein lebenswichtiger Bedarf nicht abgedeckt wird.

CGS





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Dienstag, 21. Februar 2017

Das Team Wallraff recherchiert auch in Einrichtungen der Behindertenhilfe (Teil 2)

Der Tag danach – für die drei Träger, aber auch die gezeigten Menschen in den Aufnahmen ein Desaster, ein Spießrutenlauf – die Chance auf einen Neuanfang? Reporter des Teams Wallraff waren unterwegs in verschiedenen Einrichtungen für Menschen mit geistiger und psychischer Behinderung. Was sie dabei aufzeichneten und am 20.2.2017 auf dem Sender RTL zeigten, ist nun für viele ein Schrecken. Doch es zeigt sich nicht nur Empörung, es gibt auch Kritik.

Es gibt auch Kritik am Beitrag selber. Anscheinend wurde eine Schule für behinderte Kinder im in der Region Steinhöring/Erding ebenfalls vom Team Wallraff besucht. Die dort als Praktikantin aufgetretene Journalistin soll sich dabei sehr aufdringlich und neugierig verhalten haben, so dass die dort tätigen Fachkräfte sie zurückgewiesen hatten – eine ähnliche Szene gab es im Beitrag über die eine Werkstatt, so dass man durchaus ein Fehlverhalten der Journalistin vermuten kann.

Nachdem dann ein Fragenkatalog bei der Schulleitung einging, wurde schnell klar, dass hier eine Art Undercover-Journalistin etwas aufzudecken versuchte. Rückfragen bei den Mitarbeitern offenbarten wohl das eigentümliche Verhalten der als „Praktikantin“ getarnten Frau. Man berichtete, dass sie „den Unterricht durch unentwegtes Nachfragen gestört“ hatte und dafür (übertrieben) zu Recht gewiesen wurde. Wenn so eine Szene vielleicht gefilmt wurde, könnte man als TV-Zuschauer die falschen Schlüsse ziehen, weil man nicht sieht, warum dies geschehen ist.

Man entschied, sich an die Öffentlichkeit zu wenden und Elternschaft wie auch Mitarbeiter umfassend zu informieren. Die daraufhin entstandene Diskussion zeigte ein hohes Maß an Vertrauen in die Arbeit der Schulleitung und auch Verständnis für die teils sehr schwierige Arbeit der Fachkräfte mit den behinderten Menschen. Es wurde angemerkt von der Elternbeiratsvorsitzenden, dass es in der Betreuung „immer wieder zu unschönen Situationen“ kommen kann. So müsste eine behinderte Tochter beispielsweise zum Trinken „gezwungen“ werden, damit das „Mädchen wegen der Medikamente“ keine Vergiftung erleide. Auch über das Festhalten von behinderten Schülern wurde gesprochen, was ohne weitere Hintergrund-Information durchaus missverstanden werden kann.

Der Beitrag über die Schule für behinderte Kinder in der Region Steinhöring/Erding wurde nicht gezeigt, vielleicht weil man seitens des Senders Bedenken über die Qualität und Aussagekraft der Filmaufnahmen hatte. Allerdings ist, mal davon abgesehen, kritisch zu hinterfragen, warum der Fernsehsender RTL / das Team Wallraff im Fall der Werkstatt in Leverkusen erst im Januar 2017 mit einem Fragebogen die Geschäftsführung auf die Vorfälle vom Dezember 2015 aufmerksam machte. Möglicherweise wollte man Zeit vergehen lassen, um noch einmal zu sehen, ob hier ein permanentes  Fehlverhalten vorliegen könnte. Und im Fall der Wohneinrichtung in Speyer wehrt sich der Träger, weil durch die Ausstrahlung die Privatsphäre der Bewohner verletzt worden sei. Man verweist zudem darauf, dass man bereits mit der zuständigen Prüfbehörde alle Punkte der Vorwürfe abgearbeitet hätte. Diese gibt bekannt, dass man zu keinem Zeitpunkt die Vorwürfe „bestätigt“ gesehen hat – nicht gerade vertrauensstärkend angesichts der jetzigen Entdeckungen. Doch dann darf man sich fragen, warum um 12 Uhr 07 in den örtlichen Nachrichten zu lesen ist, dass vier von elf Mitarbeitern freigestellt wurden (die Vorstufe zur Kündigung und dem möglichen Berufsverbot).

Was bleibt, sind dennoch Eindrücke, die nun ausgeräumt werden müssen. Hierzu sollte man sich selbst Fragen stellen, sei es als Geschäftsführung eines solchen Trägers, als Mitarbeiter, aber auch als Angehöriger. Es geht um die Ergebnisqualität - und die war bei diesen drei gezeigten Trägern (vermutlich) mangelhaft.

Was tun? Was besser machen?


CGS




Quellen:

Artikel: Behinderte Menschen heimlich für „Team Wallraff“ gefilmt
Geschrieben von: Timo Aichele, Erdinger Anzeiger
zuletzt aufgerufen am 21.2.2017
  
Artikel: Schwere Vorwürfe gegen Lebenshilfe
Geschrieben von: Rebecca Ditt, Die Rheinpfalz
zuletzt aufgerufen am 21.2.2017

Artikel: SPEYER-TICKER Aktualisiert - Speyer: 
Lebenshilfe entschuldigt sich und stellt Mitarbeiter frei
Dienstag, 21. Februar 2017 - 12:07 Uhr
zuletzt aufgerufen am 21.2.2017
  
Meldung: Lebenshilfe zu "Team Wallraff": Die dort gezeigten Übergriffe widersprechen all unseren Werten
Veröffentlicht von der Bundesvereinigung der Lebenshilfe
zuletzt aufgerufen am 21.2.2017

Pressemitteilung der Lebenshilfe - Werkstätten Leverkusen / Rhein-Berg gGmbH vom 21.1.2017
zuletzt aufgerufen am 21.2.2017

RTL Fernsehen, Sendung vom 20.2.2017:





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Das Team Wallraff recherchiert auch in Einrichtungen der Behindertenhilfe (Teil 2) - eingegliedert.blogspot.de


Das Team Wallraff recherchiert auch in Einrichtungen der Behindertenhilfe

Sensationsjournalismus? Lüstern und Neugierig?
Oder werden Missstände aufgedeckt, die dringend zu beseitigen sind?

Reporter des Teams Wallraff sind als Praktikanten in verschiedenen Einrichtungen für Menschen mit geistiger und psychischer Behinderung immer wieder einige Tage oder Wochen tätig und zeichnen Ereignisse auf, die einen Zuschauer sprachlos machen. Sicherlich kann vieles vielleicht einseitig und ohne Kenntnisse der Hintergründe zusammengestellt sein, man kann auch eine „reißerische“ Aufmachung unterstellen. Und auch wenn es sehr wahrscheinlich Einzelfälle sind, man sollte hinschauen.

Was gezeigt wird, ist eine Sammlung von Respektlosigkeiten, Abwertungen, Schikanen und Missachtungen.

Ein Beispiel: In einer Wohnstätte für Senioren mit geistiger Behinderung (Personenkreis nach § 53 SGB XII) scheint das Personal sich laufend Zigarettenpausen zu gönnen und dabei seine Klienten und ihre Bedürfnisse völlig zu ignorieren.

Fachlich gesprochen fällt auf, dass offenbar keinerlei Tagesstrukturierende Maßnahmen geleistet werden. Diese Maßnahmen sollen eigentlich den behinderten Menschen eine Struktur geben und ihnen eine Beschäftigung bieten, die sie ansonsten nicht hätten. Solche Maßnahmen kommen immer dann infrage, wenn eine Tagesförderung als Teilhabe am Arbeitsleben oder eine Beschäftigung in einer WfbM nicht möglich sind. Doch in der Einrichtung kümmert sich das Personal nicht um die Bewohner, oder wenn es das tut, dann eher geringschätzend und strafend.

Nicht-fachlich gesprochen sieht man andere Dinge. Da kann ein Bewohner anscheinend nach Meinung des Betreuers nicht „ordentlich“ trinken und macht sich deswegen nass. Doch man kann auch sehen, dass die körperlichen Einschränkungen dieses Menschen die eigentliche Ursache für das Verschütten des Getränks sind. Der Betreuer nimmt es dagegen persönlich und bestraft den behinderten Menschen mit „Entzug“.

Es wird ein „Erziehungsinstrument“ gebraucht, weil ein Bewohner angeblich provoziert hat und mit Absicht in sein Bett urinierte. Die Betreuer erklären der Praktikantin, dass der behinderte Mensch durchaus in der Lage ist, seinen Urin zu halten. Hat er also vorsätzlich sein Bett eingenässt, dann muss im der Aufenthalt im Snoezel-Room, einem Entspannungs-Raum, versagt werden.

Weil der Rollstuhl eingenässt wurde, muss eine „Bestrafungsaktion“ durchgeführt werden. Der behinderte Mensch, möglicherweise ein Mensch mit einem sehr hohen Hilfebedarf, muss sich in seinem abgedunkelten Zimmer alleine und für Stunden sitzend aufhalten. Damit er nicht in sein Bett gehen kann, in dem er seinen Mittagsschlaf halten würde, wird das Pflegebett hochgefahren.

Die Bestrafungsaktion dauert schon zwei Stunden. Der Mann ist im Dunkeln alleine, und gleichzeitig sitzt in der Küche eine Betreuerin herum und „befiehlt“ einer Bewohnerin leere Flaschen weg zu räumen.

Schon wieder lässt ein Bewohner etwas im Frühstücksraum fallen – ob die Spastik oder ein Vorsatz dafür Ursache waren? Der Betreuer unterstützt den Menschen nicht beim Aufheben, sondern er bleibt neben ihm aufrecht stehen und verlangt, dass der Bewohner das Fallengelassene wieder aufhebt. Ein demütigendes Verhalten.

An einem Sonntag sind anscheinend drei „Fachkräfte“ im Einsatz, die bei schönem Wetter alle gleichzeitig eine Raucherpause einlegen. Die Praktikantin, die sich nun mit einer Bewohnerin beschäftigt, hört ein lautes Rufen und findet einen Bewohner, der auf das WC muss. Weil sie anscheinend nicht unterstützen darf, rennt sie zu den rauchenden Betreuern auf der Terrasse. Man reagiert gelassen und lässt es darauf ankommen, dass sich der Mann beschmutzt.

In der Spätschicht muss ein Betreuer einen Bewohner, der sich in die Hose gemacht hat, reinigen. Die Arbeit stellt mit Sicherheit eine persönliche Herausforderung dar, doch nun lässt der Mann seine Frustrationen heraus und schreit den Bewohner an. Man fragt sich, wie es dazu kommen kann – warum passiert eine solche beleidigende Handlung?

Immer wieder zeigt die Journalistin, dass die Betreuer auf der Terrasse eine rauchen sind oder sich demütigend und abschätzig gegenüber den Bewohner verhalten. Eine Psychologin, die Supervision als Reflexion für solche Betreuungskräfte anbietet, ist betroffen und meint, dass hier eine Abwertung stattfindet. Ein Fachmann für Pflege-Leistungen zeigt sich entsetzt über die Demütigungen. Man ist sprachlos über die gezeigten Missachtungen und ständigen Aggressivität bei den Betreuern. Es fehlt jede Empathie. Fachkompetenz scheint nicht vorhanden zu sein. Doch man fragt sich auch, warum die Betreuungskräfte so reagieren – handeln diese aus eigener Hilflosigkeit heraus?

Die weiteren Hintergründe werden leider nicht aufgedeckt. Die mit diesen Ergebnissen konfrontierten Geschäftsführungen zeigten sich „überrascht“ oder schockiert – im Falle der Wohnstätte schaltete der betroffene Träger der Einrichtung die zuständige Prüfbehörde ein. Diese „begleitete“ daraufhin sehr eng „beratend“ die Einrichtung, doch auch die Staatsanwaltschaft nahm die Ermittlungen auf, weil der Verdacht auf Misshandlung von Schutzbefohlenen bestand.

Was weiter passiert ist, bleibt derzeit noch unbekannt. Die Diskussion ist nun im Gange, was sich für alle übrigen Leistungserbringer mit Sicherheit ebenfalls auswirken wird / könnte.

CGS


Quellen:

RTL Fernsehen, Sendung vom 20.2.2017:





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Sonntag, 5. Februar 2017

Ein auf Kennzahlen basierender Vergleich von Strukturen zeigt Diskrepanzen auf (Teil 2)

Auch wenn sich in der Zeit vor dem neuen stundenbasierten / zeitbasierten Kalkulationsverfahren in Hamburg (Leistungsbereich Stationäres Wohnen) eine Vergütungsstruktur herausgebildet hatte, die so nicht mehr nachvollziehbar erschien, die weitere Auswertung der Daten zeigt einige sehr interessante Muster bzw. offenbart einige, erläuterungsbedürftige Diskrepanzen.

Grafik 1: Durchschnitt HEG/HBG und Stellenschlüssel / eingegliedert.blogspot.de

Zum Beispiel erhöht sich der Stellenschlüssel mit abnehmendem Hilfebedarf, wie man aus der HBG-Stellenschlüssel-Matrix ablesen kann (die Trendlinie fallend). Die erheblichen Abweichungen im Bild lassen dagegen andere Dinge vermuten. In früheren Zeiten wurden Einzelverhandlungen geführt unter Berücksichtigung konzeptioneller oder struktureller Besonderheiten der jeweiligen Einrichtung. Erst mit dem neuen Kalkulationsverfahren wurde eine Standardisierung eingeführt, die nun die Leistungserbringung stark vereinheitlicht.

Ob sich diese Stellenschlüssel auf rein pädagogisch-pflegerisch-tätiges Personal beziehen, kann angenommen werden. Doch es wird in einer Muster-Leistungsvereinbarung neben solchem Personal auch hauswirtschaftlich tätiges Personal zu demjenigen gezählt, welches Betreuungsleistungen erbringen kann (siehe hierzu Ziffer 5 in der Anlage 1 „Leistungsbeschreibung und konkretisierende Regelungen zur Beschreibung der Qualität der Leistungen“, Stand 2013). Von daher ist es möglich, dass die in der Umfrage genannten Stellen bei einigen Trägern ohne und bei anderen Trägern inklusive hauswirtschaftlichem Personal waren.

In einigen Fällen kann eine Steigerung der Bedarfsgruppen stattgefunden haben, doch weil die bestehenden Leistungsvereinbarungen noch eine feste Stellenzahl enthielten, fand wahrscheinlich eine Anhebung des eingesetzten Personals beim jeweiligen Träger nicht statt. So erhöhte sich zwar die durchschnittliche Ist-HEG/HBG z.B. auf „4“, doch die personellen Strukturen blieben beim Träger so, als ob der Durchschnitt noch bei „3“ lag.

Grafik 2: Lebensmittel-Aufwand in der Grundpauschale / eingegliedert.blogspot.de

Die Höhe der Grundpauschale variierte beträchtlich und lag zwischen niedrigen 13,18 Euro und hohen 26,14 Euro täglich, bei einem Mittelwert von 19,00 Euro und einem Median von 18.74 Euro täglich. Da aber nicht alle Träger Auskunft gegeben hatten zum Lebensmitteleinsatz, oder vielleicht gab es bei diesen Leistungserbringern keine entsprechende Vereinbarung und somit keinen Geldbetrag, konnten nur die verglichen werden, die einen Lebensmittelaufwand mitteilten.

Von diesen 13 Trägern rangierte die Grundpauschale von 16,79 Euro bis 26,14 Euro (Bandbreiten-Faktor = 1,6), der Lebensmittelaufwand reichte dagegen von 3,13 Euro bis 6,60 Euro (Faktor = 2,1), wobei, wie die Grafik zeigt, die Höhe der Grundpauschale nicht mit der Höhe des mitgeteilten Lebensmittelaufwands korrelierte.

Wie gesagt, verglichen werden konnten nur die Träger, die einen Lebensmittelaufwand mitteilten. Was also in Wirklichkeit in der Umfrage mitgeteilt wurde, bleibt ungeklärt. Es ist möglich, dass lediglich der vereinbarte Lebensmittelaufwand aus der Vergütungsvereinbarung herangezogen wurde, vielleicht wurde aber auch ein „gewünschtes“ Lebensmittelbudget genannt.

Grafik 3: Jahresbudget für Lebensmittel je Platz / eingegliedert.blogspot.de

Bei derartigen Tagessätzen ergeben sich Jahresbudgets für den Einsatz von Lebensmittel, die von etwa 1.200 Euro bis 2.400 Euro reichen würden.

Man könnte grundsätzlich annehmen, dass bei der Umfrage Kostenarten fehlerhaft zugeordnet wurden, um monetär einen Bedarf zu suggerieren, der eigentlich nicht vorhanden ist (z.B. Kosten für die Verpflegung von Gästen). Doch es ist eher wahrscheinlich, dass bei einigen Trägern eine tägliche Vollverpflegung vereinbart wurde, bei anderen eine solche nur an Wochenenden.

Zu bedenken sind auch mögliche Effekte aufgrund behinderungsbedingter Mehrkosten und einer besonderen Versorgung, aber auch die Tendenz zu einem selbstbestimmten Leben einhergehend mit einem gewissen Grad an Selbstversorgung.

Interessant ist der Vergleich zur Grundsicherung, da das SGB XII die gleichen Regelsatzstufen wie das SGB II kennt und soziale Leistungen sehr stark auf pauschalierten Bedarfen beruhen. Grundlage für die Ermittlung von Regelsätzen sind gem. § 1 RBEG i.V.m. § 28 SGB XII Sonderauswertungen von Einkommens- und Verbrauchsstichproben. Diese Stichproben werden alle fünf Jahre unternommen, um so z.B. den anzusetzenden Betrag für Verpflegung in den Regelsätzen der Grundsicherung  festzustellen. In 2013 erfolgte die letzte Sonderauswertung.

Für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren wurden pro Monat 137,66 Euro gesetzlich festgestellt (vgl. § 4 RBEG). Dies wären 1.651,92 Euro im Jahr, und in diesem Betrag wären z.B. sogenannte behinderungsbedingte Mehrkosten nicht enthalten. Von daher hätte man hinterfragen müssen, warum manche Träger mit einem deutlich niedrigeren Budget auskommen; zumindest hätte in der späteren Präsentation der Daten eine Erläuterung gegeben werden müssen.

Grafik 4: Durchschnitt HEG/HBG und Lebensmittel-Aufwand täglich / eingegliedert.blogspot.de

In vielen Fällen besteht ein besonderes Bedürfnis nach einer hochwertigeren Ernährung, so dass mit einem Anstieg der Lebensmittelkosten bei hohen Bedarfsgruppen zu rechnen ist. Doch auch bei niedrigen Bedarfsgruppen kann es zu hohen Lebensmittelaufwendungen kommen, weil Leistungserbringer ihre leistungsfähigeren Bewohner darin unterstützten, sich verstärkt selbst zu versorgen. Dies ist leider nicht weiter ergründet worden.

Doch es zeigt sich, dass es eine Korrelation gibt zwischen Bedarfsgruppe und täglichem Lebensmittel-Aufwand. Diese Korrelation ist sehr vage, aber wie in der obigen Grafik dargestellt, ersichtlich.

Wie gesagt, diese Abfrage führte zu interessanten Erkenntnissen. Doch es ergaben sich daraufhin weitere Fragen, die leider nicht mehr verfolgt wurden. Im Endeffekt nahm man Abstand vom vorherrschenden Leistungs- und Vergütungssystem und führte das stundenbasierte / zeitbasierte Kalkulationsverfahren ein.

CGS





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