Der Tag danach –
für die drei Träger, aber auch die gezeigten Menschen in den Aufnahmen ein
Desaster, ein Spießrutenlauf – die Chance auf einen Neuanfang? Reporter des
Teams Wallraff waren unterwegs in verschiedenen Einrichtungen für Menschen mit
geistiger und psychischer Behinderung. Was sie dabei aufzeichneten und am
20.2.2017 auf dem Sender RTL zeigten, ist nun für viele ein Schrecken. Doch es
zeigt sich nicht nur Empörung, es gibt auch Kritik.
Es gibt auch Kritik am Beitrag selber. Anscheinend wurde
eine Schule für behinderte Kinder im in der Region Steinhöring/Erding ebenfalls
vom Team Wallraff besucht. Die dort als Praktikantin aufgetretene Journalistin
soll sich dabei sehr aufdringlich und neugierig verhalten haben, so dass die
dort tätigen Fachkräfte sie zurückgewiesen hatten – eine ähnliche Szene gab es
im Beitrag über die eine Werkstatt, so dass man durchaus ein Fehlverhalten der
Journalistin vermuten kann.
Nachdem dann ein Fragenkatalog bei der Schulleitung
einging, wurde schnell klar, dass hier eine Art Undercover-Journalistin etwas
aufzudecken versuchte. Rückfragen bei den Mitarbeitern offenbarten wohl das
eigentümliche Verhalten der als „Praktikantin“ getarnten Frau. Man berichtete,
dass sie „den Unterricht durch unentwegtes Nachfragen gestört“ hatte und dafür (übertrieben)
zu Recht gewiesen wurde. Wenn so eine Szene vielleicht gefilmt wurde, könnte
man als TV-Zuschauer die falschen Schlüsse ziehen, weil man nicht sieht, warum
dies geschehen ist.
Man entschied, sich an die Öffentlichkeit zu wenden und
Elternschaft wie auch Mitarbeiter umfassend zu informieren. Die daraufhin
entstandene Diskussion zeigte ein hohes Maß an Vertrauen in die Arbeit der
Schulleitung und auch Verständnis für die teils sehr schwierige Arbeit der
Fachkräfte mit den behinderten Menschen. Es wurde angemerkt von der
Elternbeiratsvorsitzenden, dass es in der Betreuung „immer wieder zu unschönen
Situationen“ kommen kann. So müsste eine behinderte Tochter beispielsweise zum
Trinken „gezwungen“ werden, damit das „Mädchen wegen der Medikamente“ keine
Vergiftung erleide. Auch über das Festhalten von behinderten Schülern wurde gesprochen,
was ohne weitere Hintergrund-Information durchaus missverstanden werden kann.
Der Beitrag über die Schule für behinderte Kinder in der
Region Steinhöring/Erding wurde nicht gezeigt, vielleicht weil man seitens des
Senders Bedenken über die Qualität und Aussagekraft der Filmaufnahmen hatte.
Allerdings ist, mal davon abgesehen, kritisch zu hinterfragen, warum der
Fernsehsender RTL / das Team Wallraff im Fall der Werkstatt in Leverkusen erst
im Januar 2017 mit einem Fragebogen die Geschäftsführung auf die Vorfälle vom
Dezember 2015 aufmerksam machte. Möglicherweise wollte man Zeit vergehen
lassen, um noch einmal zu sehen, ob hier ein permanentes Fehlverhalten vorliegen könnte. Und im Fall
der Wohneinrichtung in Speyer wehrt sich der Träger, weil durch die
Ausstrahlung die Privatsphäre der Bewohner verletzt worden sei. Man verweist
zudem darauf, dass man bereits mit der zuständigen Prüfbehörde alle Punkte der
Vorwürfe abgearbeitet hätte. Diese gibt bekannt, dass man zu keinem Zeitpunkt
die Vorwürfe „bestätigt“ gesehen hat – nicht gerade vertrauensstärkend
angesichts der jetzigen Entdeckungen. Doch dann darf man sich fragen, warum um
12 Uhr 07 in den örtlichen Nachrichten zu lesen ist, dass vier von elf
Mitarbeitern freigestellt wurden (die Vorstufe zur Kündigung und dem möglichen
Berufsverbot).
Was bleibt, sind dennoch Eindrücke, die nun ausgeräumt
werden müssen. Hierzu sollte man sich selbst Fragen stellen, sei es als
Geschäftsführung eines solchen Trägers, als Mitarbeiter, aber auch als
Angehöriger. Es geht um die Ergebnisqualität - und die war bei diesen drei
gezeigten Trägern (vermutlich) mangelhaft.
Was tun? Was besser machen?
CGS
Quellen:
Artikel: Behinderte Menschen heimlich für „Team
Wallraff“ gefilmt
Geschrieben von: Timo Aichele, Erdinger Anzeiger
zuletzt aufgerufen am 21.2.2017
Artikel: Schwere Vorwürfe gegen Lebenshilfe
Geschrieben von: Rebecca Ditt, Die Rheinpfalz
zuletzt aufgerufen am 21.2.2017
Artikel: SPEYER-TICKER Aktualisiert - Speyer:
Lebenshilfe
entschuldigt sich und stellt Mitarbeiter frei
Dienstag, 21. Februar 2017 - 12:07 Uhr
zuletzt aufgerufen am 21.2.2017
Meldung: Lebenshilfe zu "Team Wallraff": Die
dort gezeigten Übergriffe widersprechen all unseren Werten
Veröffentlicht von der Bundesvereinigung der Lebenshilfe
zuletzt aufgerufen am 21.2.2017
Pressemitteilung der Lebenshilfe - Werkstätten Leverkusen
/ Rhein-Berg gGmbH vom 21.1.2017
zuletzt aufgerufen am 21.2.2017
RTL Fernsehen, Sendung vom 20.2.2017:
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Das Team Wallraff recherchiert auch in Einrichtungen der
Behindertenhilfe (Teil 2) - eingegliedert.blogspot.de