Das mit der
Fachkraftquote wäre eigentlich ganz einfach. Ist es aber nicht, weil man sich
klar werden muss, worauf sich das mit der Quote eigentlich bezieht.
Zuerst einmal geht
es vielmehr um die Frage, welche Assistenzleistungen gebraucht werden für diese
Sache mit der Eingliederungshilfe (§ 78 SGB IX). Da einige Tätigkeiten nicht
nur von sogenannten Assistenzfachkräften ausgeführt werden müssen, kommt so ein
Mix von verschiedenen beruflichen Qualifikationen und Eigenschaften zustande.
Eine solche Quote
wird üblicherweise in der Leistungsvereinbarung spezifisch festgelegt. Das
verlangt wiederum, dass sich Leistungsträger und Leistungserbringer darüber
besprechen, welche Leistungen von dieser Quote angesprochen werden. In
Schleswig-Holstein hatte man nun festgelegt, dass die besonderen Leistungen aus
§ 78 Abs. 6 herausgenommen werden --- weil es sich um Hintergrund- bzw.
Vorhalteleistungen handelt.
Derartige Leistungen
werden zwar für den zu betreuenden Personenkreis insgesamt erbracht, sie gehören
damit allerdings nicht zu den personenabhängigen Leistungen. Und demzufolge
lautet der Merksatz:
Vorhalteleistungen
zählen nicht zur Fachkraftquote.
Die Fachkraftquote einfach
und simpel
Die Eingliederungshilfe hat zum Ziel, Menschen mit
Behinderung eine möglichst selbstbestimmte Teilhabe am Leben zu bieten.
Selbstbestimmt bedeutet, dass auf die einzelne Person bezogene Leistungen
erbracht werden, um Selbstständigkeit und Eigenverantwortung zu fördern. Je
nachdem, welche Bedarfe (personenzentriert) nun vorliegen, wird die eigentliche
Leistungserbringung von einer einfachen
oder einer qualifizierten Assistenz kommen (vgl. § 78 Abs. 2 SGB IX).
Bei der einfachen Assistenz geht es vielmehr darum, die
Hilfen kompensatorisch und stellvertretend zu leisten. Damit gemeint sind
Handlungen zur Alltagsbewältigung, die teilweise oder sogar vollständig
erfolgen, sowie die Begleitung des leistungsberechtigten Menschen (Satz 2
Ziffer 1). Eine solche Aufgabe kann von Personen übernommen werden, die
höchstens eine Fachausbildung mit in der Regel zweijähriger Dauer und
staatlichem Abschluss vorweisen.
Bei der qualifizierten Assistenz steht die Befähigung des
Leistungsberechtigten zur eigenständigen Alltagsbewältigung im Vordergrund
(Satz 2 Ziffer 2). Diese Tätigkeit wird von Personen erwartet, die mindestens
eine dreijährige, fachbezogene Berufsausbildung absolviert haben; man spricht
dann auch von Fachkräften, während andere Beschäftigte als Assistenz-, Hilfs-
oder Nichtfachkräfte eingeordnet werden.
Je nach Leistungsvereinbarung bzw. den Personenkreis mit
seinen Bedarfen, wird der Anteil der Fachkräfte bestimmt (§ 124 Abs. 2 S. 1).
In früheren Zeiten war dies ein ganz bestimmter Stellenanteil für die Fach- und
Nicht-Fachkräfte; zusammen dann das pädagogische Betreuungspersonal (pBP).
Heutzutage werden Personalschlüssel (P) und ein Prozentsatz (FK-Quote)
festgelegt. Bezogen auf die Anzahl der Klienten (K), würde dann eine Menge an
Stellenanteilen (St oder VZÄ; Vollzeitäquivalenz) für die Fachkräfte oder
Assistenzfachkräfte (AFK) errechnet werden können sowie ein Stellenanteil für
die Nicht-Fachkräfte oder Assistenzkräfte (AK).
Die einfache Rechnung wäre dann wie folgt:
K x [1:P] x
FK-Quote = AFK
K x [1:P] x [1 - FK-Quote] = AK
AFK + AK = pBP
Leistungen zur Erreichbarkeit
sind eine Vorhalteleistung
Weil der Bundesgesetzgeber allerdings im § 78 Abs. 6
etwas von Erreichbarkeit und Ansprechbarkeit unabhängig von einer konkreten
Inanspruchnahme geschrieben hat, muss man unterscheiden.
Diese Leistungen werden in Schleswig-Holstein
zusammengefasst als Hintergrund- oder Vorhalteleistungen bzw. sind in den
Kalkulationsblättern als Basisleistung enthalten. Man muss sich dabei bewusst
machen, dass es sich um eine Assistenzleistung handelt, die nichts mit dem individuellen
Teilhabeplan zu tun hat, sondern sich an den gesamten, betreuten Personenkreis
(die Klienten) richtet. Vorhalteleistungen sollen im Bedarfsfall einfach nur da
sein; beispielsweise die Rufbereitschaft bei Krisen oder Nachtwachen in
Wohngruppen.
Vorhalteleistungen wären also unabhängig vom
individuellen Bedarf der Klienten, so dass sie damit nicht mehr zum Komplex der
personenabhängigen Leistungen (paL) zählen. Stattdessen hat man sie der
Basisleistung (BL) zugerechnet. Und das bedeutet, dass es sich bei diesen
Stellen nicht mehr um solche handelt, die zum pädagogischen Betreuungspersonal
(pBP) im engeren Sinne zählen – dazu gleich mehr.
Eine Besonderheit findet sich in Schleswig-Holstein in
der Festlegung, bei welcher Anzahl an Klienten in einer stationären Einrichtung
(seit 2020 umgewandelt in besondere Wohnformen) mindestens die Hälfte des mit
den Leistungsträgern vereinbarten Personals für Betreuung und Pflege aus Fachkräften
bestehen muss (vgl. § 10 SbStG-DVO). Grundsätzlich wäre es eine Fachkraft bei
bis zu 4 pflegebedürftigen oder höchstens 20 nicht pflegebedürftigen Bewohnern.
Liegt die Anzahl der Klienten jedoch darüber, müsste es mindestens ein 50%iger
Fachkräfteanteil sein. Ein Beispiel mit K = 4, und P = 3,75 sowie FK-Quote = 50
% ergibt für AFK diesen Wert:
4 x (1/3,75) x 50 % = 0,533 Stellenanteil für die
Fachkraftstelle
Die Bestimmung in § 10 SbStG-DVO sagt nichts darüber,
dass es sich um eine Vollzeitstelle handeln muss. Von daher bräuchte man nur
noch eine weitere 0,5333 Stelle, die mit einer Nicht-Fachkraft / einfache
Assistenzkraft besetzt wäre (pB = 4 x (1/3,75) minus 0,5333 AFK = 0,533 AK).
Vorhalteleistungen werden
nicht mitgerechnet
Die wirkliche Besonderheit ergibt sich aus dem Verweis
auf das „vereinbarte Personal für Betreuung und Pflege“ (Abs. 1 S. 2); ein
anderer Begriff wäre dafür der des pädagogischen Betreuungspersonals (pBP),
welches nunmehr, in Zeiten der direkten Leistungen am Menschen mit Behinderung,
eine fachliche Arbeit erbringt, die nichts mit der Basisleistung zu tun hat.
Rufbereitschaft, Nachtwache oder ähnliches werden im Sinne von § 78 Abs. 6 SGB
IX einfach nur vorgehalten und stehen nicht im Zusammenhang mit der pädagogischen
Assistenzleistung.
Dementsprechend sind die Personalkosten dafür nicht zu den
Kosten für die Zeitkorridore (in Hamburg: Hilfebedarfsgruppe oder
Leistungsstufe) kalkuliert, sondern sie befinden sich in den Kosten der
Basisleistung.
Wenn also eine Einrichtung eine Stellenplanung unternimmt
für so etwas wie Rufbereitschaft und Nachtwachen, muss das in der
Leistungsvereinbarung separat bestimmt werden. Die Stellenanteile für Fach- und
sonstige Kräfte hierfür werden somit auch nicht zur Fachkraftquote gezählt, wie
man sie für die pädagogische Assistenzleistung benötigt.
Stellt sich damit nur noch die Frage, wie die Verteilung
der Assistenzfachkräfte und der einfachen Assistenz in den Zeitkorridoren
gestrickt ist. Sofern die Fachkraftquote in der Leistungsvereinbarung nicht
einzeln und differenziert pro Zeitkorridor festgeschrieben wurde, gilt sie für
alle gleichermaßen. Ob sie dann aber auch geprüft werden kann von der
Aufsichtsführenden Stelle bzw. dem jeweiligen Fachdienst für Gesundheit (früher:
Heimaufsicht), ist fraglich.
CGS
Quellen:
Selbstbestimmungsstärkungsgesetz / für Schleswig-Holstein
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Was ist die Fachkraftquote in den bWF-Vereinbarungen für
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