Mittwoch, 14. August 2019

Heilpädagogische Krisenintervention – eine Leistung zur zeitlich befristeten Abmilderung von besonderen Notlagen

Vor einiger Zeit gab es mehr und mehr Fälle, in denen eine Heilpädagogische Krisenintervention (HPK) von der Hamburger Sozialbehörde bewilligt wurde. Dies geschah vor allem deswegen, weil mit der Einführung der neuen Trägerbudgets eine Aufstockung der sogenannten Bedarfsgruppe (oder auch Hilfe-Empfängergruppe HEG bzw. Hilfebedarfsgruppe HBG) nicht mehr möglich war im Falle eines außergewöhnlichen Vorkommnisses.

Auch wenn ein solches Vorkommnis vielleicht nur „vorübergehend“ scheint, die intensive Betreuung ist immer dringend erforderlich und muss umfassend passieren, damit eine Verschlechterung des Gesundheitszustands, der Leistungsfähigkeit oder auch der Betreuungssituation nicht geschieht.


Besondere Notlagen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen

Eine heilpädagogische Krisenintervention ist eine außergewöhnliche Maßnahme für Menschen mit einem Leistungsanspruch auf Eingliederungshilfe, die in einer psychischen Krise stecken. Man geht bei einer solchen Maßnahme davon aus, dass sie erstens nicht im Rahmen der Gesamtplankonferenz bzw. der individuellen Hilfeplanung als Regelleistung bewilligt worden ist und zweitens nur von kurzfristiger Dauer zu sein scheint. Die Hamburger Sozialbehörde spricht in diesem Fall von einer Zusammenhangsleistung für besondere Betreuungsbedarfe, mitunter auch von Einzelfallhilfen.

Beispielsweise können Menschen mit einer Lernbehinderung oder Intelligenzminderung  aufgrund des Verlustes eines nahen Angehörigen oder wegen eines anderen substantiellen Erlebnisses (Gewalt, Einrichtungsumzug, Krankheit und dergleichen) hohen Stress erleben. Die gedankliche und seelische Verarbeitung wird aufgrund der kognitiven Einschränkung bei diesen Leistungsbeziehern sehr schwierig sein. Diese Menschen würden sich ganz klar in einer Notlage befinden.

Impulsives, aggressives Verhalten gegenüber anderen und sogar sich selber, mangelnde Eigenkontrolle / Selbststeuerung, Angstzustände usw. müssen dann durch Psychologen behandelt werden – also spezielle Fachleute, die normalerweise in einer Wohngruppe nicht tätig sind. Um den weiteren Bedarf an Ressourcen finanziert zu bekommen, muss herausgearbeitet werden, warum der erhöhte Aufwand im Vergleich zu einer „normalen“ Betreuung im Einzelfall vorhanden ist. Oberstes Ziel ist natürlich die personenzentrierte und zielgerichtete Hilfe, damit die Notlage schnellstens angegangen und nach Möglichkeit abgeschafft wird.


Das Anbahnungsgespräch strukturieren, damit Fehler vermieden werden.

Von daher empfiehlt es sich, die Situation des bedürftigen Menschen nach einer bestimmten Form zu beschreiben; am besten anhand des bekannten Berichts an den Leistungsträger oder in der Lebensfelder-Struktur: Wohnsituation, Lebensführung / Alltägliches, Basisversorgung / Grundpflege, Emotionale und psychische Entwicklung (bisher und davon abgegrenzt die neue Situation), Gesundheitsförderung und Gesundheitserhaltung, Soziale Beziehungen, Teilnahme am kulturellen und gesellschaftlichen Leben, Kommunikation und Orientierung, Beschäftigung / Arbeit / Ausbildung und weitere Besonderheiten.

Benötigt wird daneben eine Schätzung der zusätzlich benötigten Stunden und eine Benennung desjenigen, der diese Leistung erbringen soll. Im Ambulanten Bereich geht die bewilligende Behörde in Hamburg übrigens in der Regel davon aus, dass eine Aufstockung der Wochenstundenzahl um 20 % ausreichend ist. Im Stationären Bereich liegt der Rahmen bei 25 Stunden über einen Zeitraum von 3 Monaten. Und das zeigt auch schon, dass so eine Intensivbetreuung in der Regel für ein halbes Jahr bewilligt werden kann, wenn ein sehr komplexer Bedarf in einem der Lebensfelder vorhanden ist, der mit der Regelleistung nicht abgedeckt werden kann.

Doch es kommt immer wieder zu Fehlern, wenn eine solche zusätzliche Leistung eingeholt werden muss. Gerade weil der Druck in solchen Situationen sehr hoch ist, sind die Anbahnungsgespräche lückenhaft oder es wird die Kostenübernahme durch einen Leistungsträger vergessen (oder im umgekehrten Fall: Der Leistungsträger lehnt ausdrücklich die Übernahme dieser zusätzlichen Kosten ab, weil sie nicht erforderlich erscheinen). Das kann dann schon sehr problematisch werden, weil die Mehrbedarfe durchaus einige Hunderte von Euro kosten. Von daher sollte ganz besonders bei Leistungserbringern auf solche Feinheiten wie Bedarfsklärung und Refinanzierung über Dritte geachtet werden, damit bei einer vorübergehend höheren Leistung die Haftung geklärt ist.

CGS


Weitere Informationen:


P.S.:

In einem bekannten Fall hatte der rechtliche Betreuer geklärt bekommen, dass diese besondere Leistung nicht von der Eingliederungshilfe übernommen wurde. Es wurde aber nicht weiter nachgefragt (und nachgehakt), wer denn nun wirklich diese Kosten übernehmen würde. Wie sich schließlich herausstellte, war auch die Pflegekasse nicht bereit dazu. Was also tun?





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