Diese Aussage
stützt sich wohl auf Auswertungen innerhalb der Träger-Landschaft, die derzeit
einen höheren Betrag ergeben. Für sich alleine betrachtet, ist der genannte
Geldbetrag nicht wirklich erklärend. Und ob dieser Geldbetrag gerechtfertigt
ist, bleibt an dieser Stelle ungeklärt.
Die in der WfbM
tätigen Menschen werden jedenfalls mindestens über Einkünfte in Höhe der
Grundsicherungsleistungen verfügen. Mit diesen Geldern müssten sie sich selbst
versorgen, und das betrifft nicht nur die Verpflegung in einer WfbM. Von daher
stellt sich schnell die Frage, wie teuer die Verpflegung insgesamt und pro
Monat sein wird.
Müssen WfbM-Beschäftigte in Zukunft mit weniger Geld
auskommen?
Mit der Trennung der bisherigen Komplexleistung
„Eingliederungshilfe“ wird es zum 1.1.2020 eine Aufspaltung geben in
„gedeckelte“ Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel SGB XII
(Lebensunterhalt) sowie der „reinen“ Eingliederungshilfe als Fachleistung. Das
bisherige Angebot an Leistungen soll sich dabei aber nicht ändern. Was sich
aber ändert ist die Form der Abrechnung, da nur noch die Fachleistung gegenüber
dem Eingliederungshilfe-Träger (Leistungsträger nach SGB IX) in Rechnung
gestellt werden soll – natürlich das wieder mit Ausnahmen. Die übrigen in
Anspruch genommenen Leistungen, wie zum Beispiel die Versorgung mit
Lebensmittel, muss mit dem leistungsberechtigten Menschen als Verbraucher
abgerechnet werden.
Dies muss deswegen so erfolgen, weil schließlich der
leistungsberechtigte Mensch ein Einkommen und/oder eine Rente bezieht und das
wiederum ab dem 1.1.2020 direkt auf sein privates Girokonto ausgezahlt wird.
Sollten diese Einkünfte zu niedrig ausfallen, wird zusätzlich eine
Grundsicherung vom Sozialhilfeträger ausgezahlt. Von diesem Geld wiederum muss
der leistungsberechtigte Mensch als Verbraucher seine Kosten des
Lebensunterhaltes bestreiten; zum Beispiel auch das Mittagessen an seinem
Arbeitsplatz, was eine WfbM sein kann, bezahlen.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte
Menschen e.V. (BAG WfbM) weist in einer Stellungnahme vom 13.5.2019 darauf hin,
dass in Zukunft der Grundsicherungsempfänger nur noch einen Betrag von täglich
„3,30 Euro (Stand 2019…)“ zur Verfügung haben soll (Zeile 26, S. 1). Das wären
dann 66,00 Euro pro Monat, wenn man mit 20 Arbeitstagen rechnet. In einem
bekannten Fall rechnet ein WfbM-Leistungserbringer derzeit monatlich für so ein
Mittagessen knapp 79,00 Euro ab (also rd. 3,95 Euro werktäglich). In diesem
Fall müsste eine Leistungskürzung von 16 % stattfinden.
Wie teuer ist die Versorgung mit Lebensmitteln?
Die Leistungsträger sehen hier kein Problem, da ein
solcher Betrag schließlich aus dem Gesamten bezahlt werden kann, den ein
leistungsberechtigter Mensch schließlich zur Verfügung hat. Von daher muss man
sich fragen, wie teuer die Versorgung mit Lebensmitteln überhaupt ist. Und dazu
wiederum muss man sich die Kosten ansehen, die von den Wohneinrichtungen (bald
auch als besondere Wohnformen bezeichnet) verlangt werden.
In dem bekannten Fall berechnete die Wohneinrichtung für
die übrigen Zeiten, d.h. inkl. Frühstück und Abendessen an den Tagen in der
Woche und Vollverpflegung an den Wochenenden, Feiertagen und Krankheitstagen,
genau 4,00 Euro täglich ab bzw. 121,80 Euro im Monat.
In 2013 fand in Hamburg eine Auswertung von Kostensätzen
bei einer Vielzahl von Trägern von Wohneinrichtungen statt. Von den befragten
Trägern gaben 13 einen Tagessatz von 3,13 Euro bis 6,60 Euro an; der Mittelwert
lag bei 5,07 Euro, wobei der Median genau 4,84 Euro ergab. Bezog man die
durchschnittliche Zusammensetzung der Bedarfsgruppen mit ein (HEG oder HBG,
wobei „1“ = niedriger Bedarf und „5“ = hoher Bedarf bedeuten), zeigte sich eine
Trendlinie von 4,52 Euro (HEG / HBG = 2,90) bis 5,56 Euro (HEG / HBG = 3,69).
Eine solche Rechnerei bestätigt zwar den Mittelwert von
5,07 Euro täglich, aber sie verschleiert die Problematik bei den
„Übertreibern“; also denjenigen Leistungserbringern, die von diesem
Durchschnitt relativ deutlich abweichen. Da in Hamburg mit durchschnittlich
30,44 Tagen pro Monat gerechnet wird, würde damit ein Betrag von 154,33 Euro
erreicht werden – und das ohne eine Teuerungsrate. Bedenkt man, dass nun sechs
Jahre vergangen sind, und man nimmt an, dass die Inflation in dieser Zeit
vielleicht bei 1 % jährlich gelegen hat, müsste man heutzutage von 5,33 Euro
täglich bzw. 162,20 Euro monatlich sprechen.
Wir sprechen an dieser Stelle über Beträge, die auf einen
durchschnittlichen Bedarf zurückzuführen sind. Ein solcher Durchschnitt
beinhaltet individuelle Mehrbedarfe, wie beispielsweise glutenfreie
Nahrungsmittel. Für den Einzelnen könnten sich an dieser Stelle sehr hohe
Zusatzkosten ergeben, für die meisten nur geringfügig niedrigere Kostensätze.
Die Kosten pro Monat insgesamt und im Vergleich zueinander
Der Anteil für Nahrungsmittel und alkoholfreien Getränken
beläuft sich nach der letzten Auswertung des Statistischen Bundesamtes auf
168,00 Euro für Alleinlebende (Private Konsumausgaben 2016, Tabelle 6.1.3 im
Statistischen Jahrbuch 2018). Auch hier wieder fehlt es an einer Teuerung, die jedoch
bei jährlich 1 % Inflationsrate den Wert auf lediglich 171,38 Euro anheben
würde. Und erneut fehlt es an einer Feststellung über den Anteil besonderer
Nahrungsmittelbedarfe.
Man kann aber jetzt schon sehen, dass sich hier eine
Diskrepanz auftut, die geklärt werden muss:
· Im „günstigsten“ Fall, die bekannte WfbM und
Wohnstätte, würde sich ein Bedarf von insgesamt 200,80 Euro ergeben (= 79,00 +
121,80), was einem Mehrbedarf von knapp 30,00 Euro im Monat entsprechen würde
(die 168,00 Euro aus der Statistik hochgerechnet mit einer Inflation von 1%
jährlich).
· Im „schlimmsten“ Fall würden sich rd. 70,00 Euro
pro Monat als Mehrbedarf ergeben (= 79,00 + 154,33).
Was an dieser Stelle als Mehrbedarf gemeint ist, bezieht
sich nur auf die Regelsätze, nicht aber auf den tatsächlichen
ernährungsbedingten Mehrbedarf.
Und damit zeigt sich, dass die Kritik der BAG-WfbM mehr
als berechtigt ist. Die Verwendung des Regelsatzes ist höchst problematisch,
weil zum einen die langjährigen Strukturen nicht abgeschafft werden können.
Andererseits ist die Lebensmittel-Versorgung für behinderte Menschen nicht
vergleichbar mit den Qualitätsansprüchen und den Beschaffungsmöglichkeiten für
nicht-behinderte Menschen. Zwar kann man davon ausgehen, dass sich in den
kommenden Jahren eine Angleichung ergeben wird, jetzt ist dies noch nicht der
Fall. Von daher braucht es eine Klärung.
CGS
Quellen:
Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte
Menschen e.V. (BAG WfbM)
(letzter Aufruf am 31.7.2019)
Eigener Beitrag vom 5.2.2017
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BTHG: Mittagessen für Werkstattbeschäftigte - die BAG
WfbM übt Kritik