Der
Landesrahmenvertrag nach § 131 SGB IX in Hamburg und die Allgemeine
Verfahrensvereinbarung regeln die Bedingungen für Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen.
Bei Änderungsanträgen müssen Leistungserbringer vollständige Unterlagen
einreichen. Die Behörde bestätigt den Eingang und weist bei Unvollständigkeit
auf fehlende Unterlagen hin. In der Praxis gibt es jedoch Berichte, dass die
Behörde oft nicht unverzüglich reagiert und bei unvollständigen Unterlagen
nicht immer Fristen setzt. Dies führt zu Verzögerungen und Unsicherheiten bei
den Leistungserbringern.
Rechtlich gilt, dass
das Schweigen der Behörde nicht als Zustimmung gewertet werden kann.
Leistungserbringer müssen daher aktiv nachhaken, um ihre Änderungswünsche
durchzusetzen. Insgesamt zeigt sich, dass der Fachkräftemangel und die damit
verbundenen Herausforderungen eine proaktive und sorgfältige Vorgehensweise
erfordern.
Fachkräftemangel trifft Leistungsvereinbarungen
Der Fachkräftemangel trifft nicht nur die
Leistungserbringer. Immer mehr sind es Stellen in den Behörden und kommunalen
Fachdiensten, die unbesetzt bleiben. Der Anteil der nachzubesetzenden Stellen
soll Stand Januar 2025 bei gut “40 Prozent” (unbekannte Quelle) liegen bzw. es
wird mit dieser Quote schon bald zu rechnen sein. Bislang waren es pädagogische
Kräfte, die im Wettbewerb mit den Leistungserbringern umworben wurden, aber auch
Verwaltungspersonal wird händeringend gesucht.
In den Gesprächen auf Ebene der Verbände und der Behörde,
die für das Vertragsrecht zuständig ist, kommt es an manchen Stellen zur Äußerung,
dass man sich um die Anliegen der Leistungserbringer nicht kümmern kann, weil
die Unterlagen nicht nachvollziehbar oder komplett eingebracht wurden. Im
Landesrahmenvertrag nach § 131 Abs. 1 SGB IX (kurz LRV-HH oder Rahmenvertrag) über
die Fachleistungen der Eingliederungshilfe finden sich Bestimmungen zum
Abschluss von Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen nach § 123 SGB IX. Im
LRV-HH heißt es in § 3 Abs. 4, dass eine solche (Gesamt-) Vereinbarung erst
dann zustande kommt, wenn zwischen den Beteiligten ein “Einvernehmen”
hergestellt worden ist – vorrangig muss dies jedoch “über die Inhalte der
Leistungsvereinbarung” passieren, und erst dann verhandelt man die Vergütungsvereinbarung.
In der Anlage 5 zum LRV-HH, die Allgemeine
Verfahrensvereinbarung (kurz AVV), ist das Nähere geregelt. Die dort
enthaltenen Bestimmungen nehmen mit ihren 40 Seiten Text und Formularblätter
sowie ein paar Leerseiten zwar etwas mehr als ein Viertel des gesamten
Pamphlets ein, doch auf nur dreieinhalb Seiten ist das eigentliche Verfahren
bei erstmaligem Angebot (Ziffer 2) oder der Änderungen an bestehenden
Vereinbarungen (Ziffer 3) geregelt. Die Anpassung der Vergütungen (Ziffer 4),
weitere Regelungen (Ziffer 5) und zur Zahlungsweise (Ziffer 6) nehmen auf zwei
Seiten Platz.
Geht es um ein erstmaliges Angebot, wird die Behörde den
Eingang unverzüglich bestätigen und bei unvollständigen Unterlagen den
Leistungserbringer auf die noch fehlenden Unterlagen hinweisen (Ziffer 2.2.1).
Soll dagegen ein bestehendes Angebot geändert werden, wird (1.) der Eingang des
neuen Angebotes unverzüglich schriftlich bestätigt, und (2.) bei Unvollständigkeit
“mit der Eingangsbestätigung unter Fristsetzung auf die Einreichung der noch
fehlenden Unterlagen hingewiesen” (Ziffer 3.3.1). Leistungserbringer berichten,
dass das mit der Eingangsbestätigung gar nicht klappt. Verbandsvertreter
berichten, dass die Behörde bei Unvollständigkeit nicht von einem ernsthaften
Interesse beim Leistungserbringer ausgeht.
Ein ernsthaftes Interesse ist in jedem Fall dann gegeben, sobald
die Vereinbarungen gekündigt wurden, doch soweit muss es ja gar nicht kommen.
Werden Änderungen “beabsichtigt”, soll man darüber “in der Regel 6 Monate vor
Ablauf der Laufzeit der Vereinbarung” den anderen informieren. Informieren tut
man nur über die Gegenstände, die sich ändern. Geht es um die Leistungsvereinbarung,
könnten die zu ändernden Passagen geliefert werden. Betrifft es die Vergütungsvereinbarung,
weil man mit dem bisherigen Verfahren der pauschalen Steigerungen nicht
auskommt, wird es ein wenig komplizierter – aber man ist nicht an Fristen
gebunden (Ziffer 3.1).
Leistungserbringer treffen auf mangelnde Bereitschaft
Eine Frist entsteht, wenn ein Datum irgendwie festgesetzt
worden ist oder man hatte die Kündigung ausgesprochen (bekommen). Als
Verhandelnder könnte man allerdings auch von sich aus bei Einreichung der
Angebote eine Frist setzen. Doch im Verwaltungsrecht gilt grundsätzlich, dass
ein Schweigen der Behörde nicht als Zustimmung gewertet werden kann (Ausnahme
im Verkehr mit leistungsberechtigten Personen in § 33 SGB X).
Die gewünschten Änderungen sollen beschrieben, der Qualitätssicherungsbericht
des Vorjahres vorgelegt und ein neues Kalkulationsblatt hinzugefügt werden.
Detaillierte Erläuterungen im Falle eines Auftauchens oberhalb des “Unteren
Drittels” der Vergütungen vergleichbarer Leistungen werden erst im Nachgang benötigt
und von der Leistungsträgerin explizit angefordert (dritter Punkt, Ziffer 3.2).
Das heißt, dass nur die ersten drei Punkte geliefert werden müssen, damit das
Verfahren in Gang gesetzt wird. Der Eingang des Angebotes wird dann “unverzüglich”
bestätigt, doch fehlen Unterlagen, wie zum Beispiel das besagte
Kalkulationsblatt, sieht sich die Behörde nicht verpflichtet, Fristen zu setzen
und auf etwas hinzuweisen.
Einige sprechen von einem “Versteckspiel”. Doch ist der
Mangel an Bereitschaft schlichtweg Folge des Fachkräftemangels, den selbst eine
Behörde zu spüren bekommen hat. Darum muss man das Verfahren verschlanken, wenn
nicht sogar ein wenig ent-bürokratisieren. Und das funktioniert auch ganz gut,
da es sich hier nicht um ein Verwaltungsverfahren handelt, sondern um ein öffentlich-rechtliches
Vertragsverhältnis zwischen einer Behörde (als Leistungsträger) und einem
privaten Unternehmen (als Leistungserbringer). In der Sache einer
leistungsberechtigten Person würde man von Mitwirkungspflichten und
Rechtsstaatlichkeit sprechen. Eine Behörde kann sich allerdings nicht bei der
Daseinsvorsorge, wie zum Beispiel Bildung, Gesundheit und Sicherheit, auf das
Fehlen von Fachkräften entschuldigend zurückziehen.
Man muss also “da hinterher sein”, damit die Änderungswünsche
eines Leistungserbringers verhandelt werden. Man muss sich auch bewusst machen,
dass mit jeder Änderung ein Antrag auf Einzelverhandlungen entsteht. Und ein
solcher bedeutet den Ausschluss von der Teilnahme am Verfahren der pauschalen
Vergütungsanpassung nach Ziffer 4 (Ziffer 3.3.3). Sofern für die Vergütung
unbedeutende Textpassagen zu ändern sind, kann die Teilnahme am besagten
Verfahren ebenfalls zum Verhandlungsgegenstand gemacht werden. Entdeckt ein
Leistungsträger allerdings ein Potential für Kürzungen, wird das nicht so
einfach gehen.
Wie gesagt ist das Ganze das Vorgehen bei “beabsichtigten Änderungen”
eines bestehenden Angebotes. Als Leistungserbringer könnte man daher kurz vor
Beginn des Verfahrens zur pauschalen Steigerung der Vergütungen einen Rückzieher
machen. Sind die Änderungen unausweichlich, muss mit Nachdruck agiert werden –
alles andere wäre fahrlässig.
CGS
Bild zum Beitrag Eigene Kreation.
Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur
Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der Beitrag stellt nur meine Sicht auf die
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Das Vorgehen bei Änderungswünschen an der
Leistungsvereinbarung in Hamburg