Freitag, 7. Februar 2025

Das Vorgehen bei Änderungswünschen an der Leistungsvereinbarung in Hamburg

Der Landesrahmenvertrag nach § 131 SGB IX in Hamburg und die Allgemeine Verfahrensvereinbarung regeln die Bedingungen für Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen. Bei Änderungsanträgen müssen Leistungserbringer vollständige Unterlagen einreichen. Die Behörde bestätigt den Eingang und weist bei Unvollständigkeit auf fehlende Unterlagen hin. In der Praxis gibt es jedoch Berichte, dass die Behörde oft nicht unverzüglich reagiert und bei unvollständigen Unterlagen nicht immer Fristen setzt. Dies führt zu Verzögerungen und Unsicherheiten bei den Leistungserbringern.

Rechtlich gilt, dass das Schweigen der Behörde nicht als Zustimmung gewertet werden kann. Leistungserbringer müssen daher aktiv nachhaken, um ihre Änderungswünsche durchzusetzen. Insgesamt zeigt sich, dass der Fachkräftemangel und die damit verbundenen Herausforderungen eine proaktive und sorgfältige Vorgehensweise erfordern.

 

Fachkräftemangel trifft Leistungsvereinbarungen

Der Fachkräftemangel trifft nicht nur die Leistungserbringer. Immer mehr sind es Stellen in den Behörden und kommunalen Fachdiensten, die unbesetzt bleiben. Der Anteil der nachzubesetzenden Stellen soll Stand Januar 2025 bei gut “40 Prozent” (unbekannte Quelle) liegen bzw. es wird mit dieser Quote schon bald zu rechnen sein. Bislang waren es pädagogische Kräfte, die im Wettbewerb mit den Leistungserbringern umworben wurden, aber auch Verwaltungspersonal wird händeringend gesucht.

In den Gesprächen auf Ebene der Verbände und der Behörde, die für das Vertragsrecht zuständig ist, kommt es an manchen Stellen zur Äußerung, dass man sich um die Anliegen der Leistungserbringer nicht kümmern kann, weil die Unterlagen nicht nachvollziehbar oder komplett eingebracht wurden. Im Landesrahmenvertrag nach § 131 Abs. 1 SGB IX (kurz LRV-HH oder Rahmenvertrag) über die Fachleistungen der Eingliederungshilfe finden sich Bestimmungen zum Abschluss von Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen nach § 123 SGB IX. Im LRV-HH heißt es in § 3 Abs. 4, dass eine solche (Gesamt-) Vereinbarung erst dann zustande kommt, wenn zwischen den Beteiligten ein “Einvernehmen” hergestellt worden ist – vorrangig muss dies jedoch “über die Inhalte der Leistungsvereinbarung” passieren, und erst dann verhandelt man die Vergütungsvereinbarung.

In der Anlage 5 zum LRV-HH, die Allgemeine Verfahrensvereinbarung (kurz AVV), ist das Nähere geregelt. Die dort enthaltenen Bestimmungen nehmen mit ihren 40 Seiten Text und Formularblätter sowie ein paar Leerseiten zwar etwas mehr als ein Viertel des gesamten Pamphlets ein, doch auf nur dreieinhalb Seiten ist das eigentliche Verfahren bei erstmaligem Angebot (Ziffer 2) oder der Änderungen an bestehenden Vereinbarungen (Ziffer 3) geregelt. Die Anpassung der Vergütungen (Ziffer 4), weitere Regelungen (Ziffer 5) und zur Zahlungsweise (Ziffer 6) nehmen auf zwei Seiten Platz.

Geht es um ein erstmaliges Angebot, wird die Behörde den Eingang unverzüglich bestätigen und bei unvollständigen Unterlagen den Leistungserbringer auf die noch fehlenden Unterlagen hinweisen (Ziffer 2.2.1). Soll dagegen ein bestehendes Angebot geändert werden, wird (1.) der Eingang des neuen Angebotes unverzüglich schriftlich bestätigt, und (2.) bei Unvollständigkeit “mit der Eingangsbestätigung unter Fristsetzung auf die Einreichung der noch fehlenden Unterlagen hingewiesen” (Ziffer 3.3.1). Leistungserbringer berichten, dass das mit der Eingangsbestätigung gar nicht klappt. Verbandsvertreter berichten, dass die Behörde bei Unvollständigkeit nicht von einem ernsthaften Interesse beim Leistungserbringer ausgeht.

Ein ernsthaftes Interesse ist in jedem Fall dann gegeben, sobald die Vereinbarungen gekündigt wurden, doch soweit muss es ja gar nicht kommen. Werden Änderungen “beabsichtigt”, soll man darüber “in der Regel 6 Monate vor Ablauf der Laufzeit der Vereinbarung” den anderen informieren. Informieren tut man nur über die Gegenstände, die sich ändern. Geht es um die Leistungsvereinbarung, könnten die zu ändernden Passagen geliefert werden. Betrifft es die Vergütungsvereinbarung, weil man mit dem bisherigen Verfahren der pauschalen Steigerungen nicht auskommt, wird es ein wenig komplizierter – aber man ist nicht an Fristen gebunden (Ziffer 3.1).

 

Leistungserbringer treffen auf mangelnde Bereitschaft

Eine Frist entsteht, wenn ein Datum irgendwie festgesetzt worden ist oder man hatte die Kündigung ausgesprochen (bekommen). Als Verhandelnder könnte man allerdings auch von sich aus bei Einreichung der Angebote eine Frist setzen. Doch im Verwaltungsrecht gilt grundsätzlich, dass ein Schweigen der Behörde nicht als Zustimmung gewertet werden kann (Ausnahme im Verkehr mit leistungsberechtigten Personen in § 33 SGB X).

Die gewünschten Änderungen sollen beschrieben, der Qualitätssicherungsbericht des Vorjahres vorgelegt und ein neues Kalkulationsblatt hinzugefügt werden. Detaillierte Erläuterungen im Falle eines Auftauchens oberhalb des “Unteren Drittels” der Vergütungen vergleichbarer Leistungen werden erst im Nachgang benötigt und von der Leistungsträgerin explizit angefordert (dritter Punkt, Ziffer 3.2). Das heißt, dass nur die ersten drei Punkte geliefert werden müssen, damit das Verfahren in Gang gesetzt wird. Der Eingang des Angebotes wird dann “unverzüglich” bestätigt, doch fehlen Unterlagen, wie zum Beispiel das besagte Kalkulationsblatt, sieht sich die Behörde nicht verpflichtet, Fristen zu setzen und auf etwas hinzuweisen.

Einige sprechen von einem “Versteckspiel”. Doch ist der Mangel an Bereitschaft schlichtweg Folge des Fachkräftemangels, den selbst eine Behörde zu spüren bekommen hat. Darum muss man das Verfahren verschlanken, wenn nicht sogar ein wenig ent-bürokratisieren. Und das funktioniert auch ganz gut, da es sich hier nicht um ein Verwaltungsverfahren handelt, sondern um ein öffentlich-rechtliches Vertragsverhältnis zwischen einer Behörde (als Leistungsträger) und einem privaten Unternehmen (als Leistungserbringer). In der Sache einer leistungsberechtigten Person würde man von Mitwirkungspflichten und Rechtsstaatlichkeit sprechen. Eine Behörde kann sich allerdings nicht bei der Daseinsvorsorge, wie zum Beispiel Bildung, Gesundheit und Sicherheit, auf das Fehlen von Fachkräften entschuldigend zurückziehen.

Man muss also “da hinterher sein”, damit die Änderungswünsche eines Leistungserbringers verhandelt werden. Man muss sich auch bewusst machen, dass mit jeder Änderung ein Antrag auf Einzelverhandlungen entsteht. Und ein solcher bedeutet den Ausschluss von der Teilnahme am Verfahren der pauschalen Vergütungsanpassung nach Ziffer 4 (Ziffer 3.3.3). Sofern für die Vergütung unbedeutende Textpassagen zu ändern sind, kann die Teilnahme am besagten Verfahren ebenfalls zum Verhandlungsgegenstand gemacht werden. Entdeckt ein Leistungsträger allerdings ein Potential für Kürzungen, wird das nicht so einfach gehen.

Wie gesagt ist das Ganze das Vorgehen bei “beabsichtigten Änderungen” eines bestehenden Angebotes. Als Leistungserbringer könnte man daher kurz vor Beginn des Verfahrens zur pauschalen Steigerung der Vergütungen einen Rückzieher machen. Sind die Änderungen unausweichlich, muss mit Nachdruck agiert werden – alles andere wäre fahrlässig.

CGS

 

 

Bild zum Beitrag Eigene Kreation.

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