In einem letzten
Beitrag hatte ich über die Kritik der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für
behinderte Menschen e.V. (BAG WfbM) am Geldbetrag berichtet. Für die
tägliche Versorgung mit Lebensmitteln sollten lediglich 3,30 Euro zur Verfügung stehen. Viel zu wenig, so die Interessenvertreter.
Es gibt jetzt ein paar weitere Geldbeträge, mit denen man sich eine mögliche
Bandbreite an Kosten für die Lebensmittel-Versorgung besser veranschaulichen
kann.
Schon bald wird man
allerdings bessere Daten haben, weil dann alle Leistungserbringer ihre
Preismodelle den Klienten vorstellen werden. Die ersten Verträge sind bereits
im Umlauf.
Versorgungsmodelle
Es gibt anscheinend schon erste Vertragsunterlagen hinsichtlich
der Verpflegung von Bewohnern in vollstationären Wohnstätten (bald besondere
Wohnformen genannt). Einerseits will man eine Versorgung „wie bisher“ anbieten,
andererseits möchte man den Bewohnern die Möglichkeit der Eigenversorgung
anbieten. Bei ersterem wird man unterscheiden müssen, ob eine Versorgung den
ganzen Tag und an allen Tagen stattfinden muss oder ob die Bewohner tagsüber
bei einem anderen Leistungserbringer, wie z.B. einer Werkstatt oder einer
Tagesförderstätte, beschäftigt sind.
Im Grunde zeichnen sich jedoch drei Modelle und eine
Entscheidung für „Nichts“ ab:
-
Vollversorgung (d.h. Frühstück, warmes Mittag,
Abendessen, Getränke) an allen Tagen
-
Versorgung ohne ein warmes Mittagessen an
Werktagen, aber Vollversorgung an den Wochenenden, Feiertagen,
krankheitsbedingter Anwesenheit und/oder Urlaub
-
Versorgung mit Eigenleistungen
-
Nur Eigenversorgung / reine Selbstversorgung
(wie Persönliches Budget)
Für welches Versorgungsmodell man sich letztlich
entscheiden will, hängt zuerst einmal an den individuellen Besonderheiten und
Möglichkeiten. Aber weil eine solche Entscheidung Geld kostet, muss man sich
ansehen, wo es wie viel kostet.
Die Kosten der Versorgung
Ganz oben, an erster Stelle, stehen die Sachbezugswerte,
zuerst einmal als Orientierungsgröße. Wie man sieht, findet sich dort in der
Spalte für die Mittagsverpflegung gleich der Betrag, den die BAG-WfbM zuletzt
kritisiert hatte (siehe dazu auch meinen Beitrag vom 7.8.2019). Man könnte
jetzt annehmen, dass als Monatsbudget dieser Betrag als angemessen gilt.
In Nr. 2 wäre somit beispielhaft eine Vollversorgung mit
Beschäftigungszeiten in einer WfbM abgebildet. Die Wohnstätten-Versorgung an
den Werktagen (ohne Samstage) würde 77,88 Euro kosten (inkl. Umsatzsteuer), für
die Wochenenden und Feiertage sowie sonstige Anwesenheitszeiten wären es dann
57,73 Euro pro Monat. Insgesamt würden die Aufwendungen dann zusammen 208,21
Euro ergeben.
Weil ein WfbM-Beispiel bekannt ist und es im Jahr 2013
eine Umfrage unter verschiedenen Leistungserbringern in Hamburg gab über
einzelne Kostenbestandteile, insbesondere der Aufwand für Lebensmittel, ist an
dritter Stelle ein Beispiel aufgeführt inklusive einem möglichen
Inflationsausgleich. Die dort ausgewiesenen 5,33 Euro wurden tatsächlich für
alle Tage eines Monats gezahlt, sodass sich in so einem Beispiel die Kosten
beider Versorgungen auf insgesamt 257,37 Euro summieren.
In Nr. 4 wurden dagegen Werte aus einem Preismodell in
einer bald neu entstehenden „besonderen Wohnform“ verwendet. Und in Nr. 5
dagegen Beträge aus einer Tagesförderstätte / Einrichtung für
tagesstrukturierende Leistungen übernommen. Wie man sieht, liegen die
Gesamtkosten bei 202,88 Euro bzw. 207,28 Euro.
Würde man als Bezieher von Leistungen der Grundsicherung
wirklich gleichgestellt, müsste man mit einem Budget von 168,00 Euro (Basis 2016)
bzw. 171,38 Euro auskommen. Einer Unterlage aus der Hamburger Sozialbehörde
zufolge sollte der Anteil für Nahrungsmittel und alkoholfreien Getränken im
Regelbedarfssatz bei 166,80 Euro im Monat liegen.
Was gilt als angemessen?
Diese Rechenbeispiele sollen erst einmal nur einen groben
Anhaltspunkt liefern, damit man ungefähr die Bandbreite abschätzen kann. Der
jetzt bekannte Regelsatz von 166,80 Euro wird aller Wahrscheinlichkeit nach die
unterste Grenze darstellen, bei einer Mit-Versorgung durch eine
Beschäftigungsstätte könnten dagegen schnell etwas über 200,00 Euro
zusammenkommen. Die 257,37 Euro werden mit Sicherheit nur in ganz besonderen Einzelfällen akzeptiert – meiner Einschätzung nach.
In jedem Fall wird es immer auf den individuellen
Versorgungsbedarf ankommen. Und sehr wahrscheinlich werden die Leistungsträger
mit einer Vielzahl an Mehrbedarfs-Anträgen konfrontiert werden, weil aufgrund
der neuen Rahmenbedingungen mit einer Minderversorgung gerechnet wird – auch
wenn sich faktisch nichts ändert.
CGS
Notizen:
1.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft überörtlicher
Sozialhilfeträger (BAGüS) verwies in einer „Orientierungshilfe zu den
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ab 01.01.2018“ darauf, „… dass die
Grundsicherung (existenzsichernde Leistungen) auch Mehrkosten enthalten soll,
die aufgrund der Zubereitung entstehen (Personal, Miete)“ (ab Zeile 32, S. 1).
Die Fachleistung, die eigentlich für die behinderungsbedingten Bedarfe
zuständig ist, soll verbilligt werden. Die Grundsicherung ist dagegen gedeckelt
und könnte diese Bedarfe eben nicht übernehmen.
2.
Aufgrund der großen Zahl an Haushalte, die in die
Statistiken einfließen, gehen besondere Nahrungsmittelbedarfe als Wert
schlichtweg unter. Besteht ein solcher Bedarf, soll nur in begründeten Fällen
dieser anerkannt werden (§ 42b Abs. 2 SGB XII-2020). Doch auch hier findet mal
wieder eine Deckelung statt, die ein Problem bereitet (Abs. 2 S. 2 mit Bezug
auf § 2 Abs. 1 S. 2 Sozialversicherungsentgeltverordnung – SvEV).
In der Gesamtplankonferenz sollten von daher alle
Verträge, die ein Entgelt für die Lebensmittelversorgung beinhalten, von den
Leistungsträgern begutachtet werden. Eine Kürzung und Verrechnung dürfte es
nicht geben, wenn Eigenmittel beim Leistungsberechtigten nicht in ausreichendem
Maße vorhanden sind.
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BTHG: Lebensmittelversorgung könnte wieviel kosten?