Freitag, 6. September 2019

BTHG: Die Zahlungswege ändern sich

Mit dem BTHG wird es dazu kommen, dass die Leistungen der Grundsicherung (4. Kapitel SGB XII) nur noch die Differenz ausmachen werden, die man zwischen seinem Einkommen und den selbst zu übernehmenden Kosten für die Versorgung (Lebensunterhalt und Wohnen) plus einem angemessenen Eigenbeitrag haben wird. Die meisten leistungsberechtigten Personen werden aller Voraussicht nach auch Bezieher einer Erwerbsminderungsrente von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) sein. Und diese Rente geht dann…

Doch es gibt auch andere Fragen, die gelöst werden müssen. Sehr viel hängt nach wie vor von den neuen Wohn- und Versorgungsverträgen ab. Auch in diesen Unterlagen wird es einen Passus geben, wie die geschuldeten Gelder zum Leistungserbringer gelangen sollen.


Rentenzahlungen auf das eigene Bankkonto

Die Erwerbsminderungsrente wird ab 2020 nicht mehr an den Sozialhilfeträger überwiesen, sondern an die leistungsberechtigte Person selbst. Wie gesagt, von diesem Geld sollen dann die Kosten der Versorgung bezahlt werden, wofür man am besten ein eigenes Girokonto bei einer Bank hat.

Ein solches Konto zu bekommen, wird schon nicht einfach sein – es soll bereits sogar einen Fall gegeben haben, bei der ein Bankmitarbeiter dem Kontoeröffnungsantrag nur zustimmen wollte, wenn die rechtliche Betreuung (keine Angehörige von der leistungsberechtigten Person) mit ihrem eigenen Konto zu dieser Bank wechseln würde – kann aber auch ein Gerücht sein. Es zudem ganz banale Hinderungsgründe geben wie zum Beispiel das Fehlen einer Filiale vor Ort. Vielen Angehörigen, die als rechtliche Betreuer befugt sind, fehlt eventuell das Wissen darüber, was für Konten eröffnet werden sollen.

Die DRV bietet nun an, dass die Rentenzahlungen gleich direkt an das Konto des Leistungserbringers als Versorger und Vermieter gehen. Man soll sich zwar vorher mit der Wohneinrichtung darüber abstimmen, aber es wäre machbar, so eine Mitteilung der Hamburger Sozialbehörde vom letzten Monat.

Keine gute Idee, selbst wenn es sich um ein treuhänderisch geführtes Sonderkonto handeln würde. Gerade beim plötzlichen Wechsel der Wohnstätte möchte man nicht, dass andere Zugriff haben auf das persönliche Einkommen.


Verträge müssen aber jetzt her

Das mit dem Bankkonto und den Einkünften, die dort eingezahlt werden sollen, ist nur eine Seite der Medaille. Nach wie vor fehlt es bei vielen Leistungserbringern an neuen Verträgen.

Der bisherige Wohnstättenvertrag kann nicht für die Antragstellung von Sozialhilfeleistungen *) verwendet werden, weil sich darin keine Beträge über den Versorgungs- und Wohnbedarf finden. Weil nun ab dem neuen Jahr diese Kosten nicht mehr von der Eingliederungshilfe gezahlt werden, müssen sich die Leistungserbringer das Geld von den Bewohnern geben lassen. Doch dafür braucht es eine vertragliche Grundlage – und ohne ein solches Vertragswerk kann ein Bewohner nicht zum Sozialhilfeträger gehen und eine Aufstockung bis zum Regelbedarfssatz fordern; die Summe der Einkünfte wird voraussichtlich in fast allen Fällen nicht ausreichen, um die Versorgung und das Wohnen sicherzustellen.

Leistungserbringer sind gefordert, neue Vertragsmuster herzustellen. Rechtliche Betreuer sind gefordert, diese zu prüfen und dem Sozialhilfeträger vorzulegen (was wiederum vorvertragliche Informationen braucht gem. § 3 WBVG und die Beteiligung von Wohnbeiräten einschließt).


Zahlungsweise in den Verträgen

Was – sozusagen nebenbei – auch noch geklärt werden muss, ist die Zahlungsweise. Bisher sind die Gelder von den Leistungsträgern überwiesen worden; manchmal erst nach Übersendung einer Rechnung, häufig auch nur als reiner Abschlag, den man zum Jahresende noch einmal nachberechnen musste.

Das wird nun ebenfalls anders werden.

Bei den Kosten der Wohnraumüberlassung und einer Haushaltspauschale (Entgelt für Sachaufwand und Hauswirtschaft) handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis, bei dem es höchstens einmal im Jahr zu einer Mietanpassung kommen wird. Bei einem üblichen Mietverhältnis wird es zwei bis drei Anpassungen in einem Jahr geben, weil sich die Betriebskosten, die Heiz- und Warmwasserkosten sowie die Nettokaltmiete ändern. Nur in diesen Momenten wird eine einzelne Abrechnung erstellt und ein mögliches Guthaben verrechnet mit dem Monatsentgelt oder eine Nachforderung gestellt. Hier bietet sich Lastschriftverfahren mit Einzugsermächtigung an – aber schafft das die Rechnungswesen-Software?

Was die Kosten der Versorgung **) anbelangt, könnte es eventuell auch zu einer Dauerleistung kommen, die man per Lastschrift abtut. Dauerüberweisungen lassen sich heutzutage aber sehr viel schneller und einfacher im Online-Banking ändern. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Zahlungen rechtzeitig beim Leistungserbringer eingehen – rechtzeitig heißt wiederum, spätestens zum Ende des Monats der Leistungserbringung oder zu einem vorher festgelegten Datum (z.B. am dritten Werktag eines jeden Monats).

Wie soll das gelöst werden?

CGS



*) = In der Regel sind es Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel SGB XII, es können aber auch Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel SGB XII in Frage kommen. Ob es auch Fälle gibt, die nach dem SGB II Anspruch auf Leistungen haben, müsste im jeweiligen Einzelfall noch einmal geprüft werden.

**) = Und nach wie vor scheint die Frage nach der Umsatzsteuerpflicht streitig zu sein. Selbst in sogenannten Koppelverträgen könnte es zu einem Ausweis der Umsatzsteuer kommen, wenn diese Sichtweise zutrifft: „…verweisen wir [das BMAS in einem Schreiben vom 12.4.2019] auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs, wonach es sich bei den Verpflegungsleistungen, die als eigenständige Hauptleistung erbracht werden, im Gegensatz zu Betreuungs- und Pflegeleistungen nicht um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen handelt. Die Versorgung mit Lebensmitteln entspricht vielmehr einem Grundbedürfnis, das jeder Mensch hat und das unabhängig vom jeweiligen Gesundheitszustand oder Alter des Menschen besteht (vgl. BFH-Urteil vom 1. Dezember 2010, Xl R 46/08).“




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