Vor vielen Jahren begann ich diesen Blog mit diesem Beitrag – meine Nummer 1.
Es hat sich seitdem
sehr viel weiterentwickelt in Hamburg und in Deutschland. Was das Thema
anbelangt, sind Trägerbudgets jetzt nicht mehr so sehr „am kommen“, wie es mal aussah. Zwei Leistungserbringer hatten sich entschlossen, ihre Rahmenvereinbarungen (in einem Fall sogar mit dem viel
zitierten Trägerbudget) zu veröffentlichen. Das war notwendig und auch richtig,
da man mit dieser Form der Transparenz jeglicher Spekulation begegnen konnte
(auch meiner).
Der folgende
Beitrag gibt diese Entwicklung somit nicht wieder.
Es wird derzeit eine „neue Idee“ zum Thema Vergütungen
diskutiert, nachdem bereits einige große Träger von Einrichtungen und Diensten
im Bereich der Eingliederungshilfe entsprechende Vereinbarungen mit der Stadt
Hamburg abgeschlossen haben. Es handelt sich hierbei um sogenannte
Trägerbudgets, bei der anstelle von einzelnen Vergütungssätzen pro
Hilfebedarfsgruppe und Leistungsberechtigten (m.a.W. die Empfänger von
Hilfeleistungen) ein trägerspezifisches und fixes Budget gezahlt wird.
Diese Idee ist nicht ganz so neu, da schon in der
Vergangenheit, und nicht nur in Hamburg, sondern auch in anderen Bundesländern,
regelmäßig solche Budgets Bestandteil der Haushaltsplanung und Träger-Vergütung
gewesen sind und weiterhin sein werden. Neu daran ist allenfalls, dass auch
kleinere Träger sich für eine solche Lösung interessieren (das gewusst-wie, also
ob sich mehrere kleinere Träger zusammenschließen werden, bleibt noch
ungewiss).
Hintergrund ist, die Stadt Hamburg hat (soweit mir
bekannt ist) sämtliche Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum 31.12.2013
gekündigt und versucht nun über ein neues Kalkulationsmodell durchschnittlich
niedrigere Vergütungen zu vereinbaren (zum neuen Kalkulationsmodell an späterer
Stelle etwas mehr). In welcher Höhe die Reduzierung ausfallen wird, ist derzeit
nicht bekannt. Nach meinem Dafürhalten wird man bei den Wirtschaftsaufwendungen,
die sich größtenteils in der bisherigen Grundpauschale wiederfinden, den
Rotstift ansetzen. Die Personalkosten werden formal nicht abgesenkt, trotzdem
wird man Wege suchen und finden, wie man an dieser Stelle ebenfalls einsparen
kann.
Wer sich als Träger auf das neue Kalkulationsmodell
einlässt, wird also einen Rabatt hinnehmen müssen. Ohne Akzeptanz des neuen
Kalkulationsmodells wird es aber auch keine Leistungsvereinbarung geben. Und
ohne eine solche Leistungsvereinbarung ist man als Träger von Einrichtungen und
Diensten der Eingliederungshilfe schlichtweg nicht schiedsstellenfähig. Was
dann bleibt, ist nur noch der beschwerliche Weg über die Gerichte.
Angesichts drohender Verluste und Erlösausfälle ist die
Akzeptanz nicht sehr ausgeprägt. Da aber die großen Träger, wie eingangs
gesagt, bereits Alternativen gefunden haben, mit denen sie über mehrere Jahre
sogar gut leben können, beginnen sich die kleinen Träger dieser Idee eines
festen Trägerbudgets zuzuwenden. Es ist so, als ob man ein kleines Übel
hinnimmt, um nicht mit dem großen Übel sitzen zu bleiben.
Ein solches Trägerbudget ist zuerst einmal ein
feststehender Betrag, der in regelmäßigen Zahlungen an die jeweiligen Träger
erfolgt. Dass dabei der bisherige Grundsatz der personenzentrierten
Leistungsfinanzierung aufgegeben und ein „Salto (mortale) rückwärts“ geschlagen
wird in die tiefste Vergangenheit der Einrichtungsfinanzierung, interessiert
offenbar niemanden wirklich. Zumindest die kleinen Träger versuchen auch die
Sicht der Leistungsempfänger / Leistungsberechtigten einzunehmen und
diskutieren mögliche Szenarien. Letztlich werden die kleinen Träger einknicken
müssen, glaube ich, es sei denn, einer traut sich den Weg über die Gerichte
(und sowas kann lange dauern!).
Da das Trägerbudget wie eine sehr große Pauschale
angesehen werden kann, erscheint der weitere Grundsatz zur Vereinbarung von
leistungsgerechten Vergütungen nicht gefährdet zu sein. Vergütungen bzw. die
Leistungen müssen getreu dem Motto: „… ausreichend, zweckmäßig und
wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“ (§
76 Abs. 1 Satz 3 SGB XII).
Gegen Pauschalen ist nichts einzuwenden, denn sowohl die
gesetzlichen Vorgaben wie auch die höchstrichterlichen Rechtsprechungen
verweisen immer wieder darauf hin, dass nachträgliche Ausgleiche für Verluste,
wie es in der Vergangenheit üblich war, nicht mehr vorkommen. Das früher
praktizierte Selbstkostenprinzip besteht seit langem nicht mehr. Die
Vergütungen müssen aber „… mindestens aus den Pauschalen für Unterkunft und
Verpflegung (Grundpauschale) und für die Maßnahmen (Maßnahmepauschale) sowie
aus einem Betrag für betriebsnotwendige Anlagen einschließlich ihrer
Ausstattung (Investitionsbetrag)“ bestehen (§ 76 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). Eine
Aufteilung des Trägerbudgets in diese drei Komponenten ist also notwendig, um
zumindest formal den gesetzlichen Anforderungen zu genügen.
Das bisherige Kalkulationsverfahren, Tages- oder
Stundensätze zu ermitteln, wird entfallen, ist aber auch nicht nötig. In § 76
Abs. 2 Satz 3 SGB XII heißt es: die „Maßnahmepauschale kann nach Gruppen für
Leistungsberechtigte mit vergleichbarem Bedarf kalkuliert werden.“ Es handelt
sich um eine „Kann“-Vorschrift! Vergütungen müssen nicht nach Gruppen für
Leistungsberechtigte kalkuliert werden.
Problematisch ist hier nur die Verbindung zwischen dem
vom Träger der Einrichtung vorzuhaltenden Leistungsangebot nach Absatz 1 und
der darauf eigentlich basierenden Vergütung in Absatz 2. Beides wird so nicht
mehr gelingen, es sei denn, das Leistungsangebot wird, wie die Vergütung,
pauschaliert.
Die rechtlichen Anforderungen sprechen von Qualität und
nicht von Quantität (siehe auch § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Im Wege von
Zielvereinbarungen, die ja mit den Förderplänen erfüllt werden, wird die
Leistung individuell für jeden Leistungsberechtigten verpflichtend für den
Träger der Einrichtung vereinbart. Von daher bestätigt der Träger der
Einrichtung, dass mit der Aufnahme eines Leistungsberechtigten der im
Förderplan beschriebene Leistungsbedarf erbracht wird – koste es, was es wolle.
Von daher kann die Zielvereinbarung gar keine konkreten Ziele beinhalten; dies
erfolgt erst auf der darunter liegenden Ebene mit den Förderplänen in der
Gesamtplankonferenz. Stattdessen wird eine eher abstrakte Vereinbarung
getroffen, die aber umso mehr mit einer ebenfalls vereinbarten Vertragsstrafe
sanktioniert werden kann.
Die weiteren Vorgaben in § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, dass
die betriebsnotwendigen Anlagen, personelle und sächliche Ausstattung
festgelegt werden, verlangen ebenfalls keine genauen Festlegungen hinsichtlich
der jeweiligen Mengen. Es muss zumindest eine Art Beschreibung erfolgen, also
wieder in abstrakter Form. Insbesondere beim Personaleinsatz wird der Träger
der Einrichtung darauf achten müssen, kein „unqualifiziertes“ Personal
einzusetzen. Eine bestimmte Personalmenge in Form von Stellen ist nicht
vorgeschrieben. Fehlt also eine Personalmenge in der entsprechenden
Leistungsvereinbarung, dann kann der Träger der Einrichtung seine Personalmenge
flexibler steuern. Hauptsache ist, dass die Ziele gemäß den Förderplänen
erreicht werden.
Wird ein Trägerbudget vereinbart, muss der
Einrichtungsträger das volle wirtschaftliche Risiko tragen. Andersherum ist nur
die Leistung zu erbringen, die erst auf der Ebene der Leistungsbedarfe der
einzelnen Leistungsberechtigten anfallen. Was also notwendig und erforderlich
ist, verschiebt sich jetzt in die Beziehung Einrichtungsträger und
Leistungsberechtigter. Mögliche Ansprüche zwischen diesen beiden und der Stadt
Hamburg wird es zukünftig nicht mehr geben.
Rechtlich sind Trägerbudgets meiner Ansicht nach möglich.
Welche praktischen Auswirkungen sie haben werden, muss an anderer Stelle noch
einmal beleuchtet werden. Fragt man sich aber, ob es vom Trägerbudget eine
Rückkehr zum individuellen Tages- oder Stundensatz geben wird, wird man sich
mit alten Problemen konfrontiert sehen.
Ich persönlich glaube, dass eine solche Rückkehr zwar
nicht ausgeschlossen ist, aber ohne weiteres nicht gehen wird. Vermutlich wird
man dann feststellen, dass die Leistungen mit einer viel niedrigeren
Stellenzahl als bisher erbracht werden können. Die Senkung von altbekannten
Standards wird damit erfolgreich vollzogen werden können, so dass man
tatsächlich in dieser Phase des Übergangs eine dauerhafte Kostensenkung
erreichen kann. Ob es dann aber eine heterogene Trägerlandschaft mit vielen
kleinen Einrichtungen geben wird, bezweifle ich. Vermutlich könnte hier die
Stadt Hamburg ein zweites Ziel verfolgen, nämlich die Trägerlandschaft auszudünnen,
um mit wenigen Trägern effiziente Kostensenkung und Umgestaltung der
hamburgischen Eingliederungshilfe zu erreichen.
CGS
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