Samstag, 22. März 2014

Bundesteilhabegeld-Re-Finanzierung (Teil 2, Serie Bundesleistungsgesetz)

In meinem ersten Beitrag zu dem Thema hatte ich die Überlegung geäußert, dass die Haushaltslage aller Ebenen, also nicht alleine nur Kommunen und Länder, dazu zwingen wird, neue Wege zur Finanzierung der Eingliederungshilfe-Leistungen zu finden. Einerseits wird es natürlich darum gehen, dass die Kosten für die Leistungen gedämpft werden. Da aber solche Diskussionen unpopulär sind und den Widerstand der (Betroffenen-) Verbände heraufbeschwören, wird man sich einer anderen Argumentationslinie bedienen müssen – doch dazu an anderer Stelle.

Eine Form der Finanzierung wird sich mit der Einbeziehung von Dritten auseinandersetzen müssen. Zu denken ist dabei aus Sicht der Kommunen und Länder an den Bund. Aber das war klar, denn der Beschluss zur Schaffung eines Bundesleistungsgesetzes kommt vom Bundesrat. Und somit ist der Bund auch derjenige, welcher später die „Musik“ bezahlen muss.

Der Bund selber müsste dies aus seinem eigenen Haushalt bestreiten, was verständlicherweise nicht dem Wunschdenken eines jeden Finanzministers entspricht. Von daher wird die Belastung weitergereicht werden an einen wirklichen „Dritten“.

Es kann nur zwei „Dritte“ geben, denen man als Bund „rechtmäßig“ die Kosten weiterbelasten könnte: Leistungsberechtigte und Kranken-Pflege-Rentenversicherungsträger. Da bei den Leistungsberechtigten in der Regel recht wenig zu holen ist, nämlich nur Einkommen und Vermögen, wird man sich wie auch immer schadlos halten an den Kranken-Pflege-Rentenversicherungsträgern – damit werde ich mich ebenfalls an anderer Stelle noch auseinandersetzen müssen.

Von einer Beigeordneten beim Deutschen Landkreistag kam in 2013 der Vorschlag, Einkommen und Vermögen behinderter Menschen heranzuziehen. Zum Einkommen hinzuzurechnen wären Arbeitslohn, Renten, staatliche Sicherungsleistungen, Freibeträge (d.h. Wegfall von Steuervergünstigungen) und das Kindergeld an die Eltern. Hier käme in der Tat ein hoher Betrag zusammen. Eine solche Verrechnung ist allerdings nichts Neues und wird bereits in Teilen so praktiziert. Warum Eltern z.B. noch einen Anspruch auf Freibeträge und Kindergeld geltend machen dürfen, wenn das behinderte Kind kostenintensive Leistungen der Gemeinschaft in Anspruch nimmt, erschließt sich den Gesetzesmachern wohl kaum. Dass aber Eltern trotzdem höhere Belastungen ausgesetzt sind bei der Erziehung behinderter Kinder, wird nicht gesehen.

Beim Vermögen wird ganz klar auf den zukünftigen Erbfall abgezielt, welcher als „nicht unbedeutender Faktor“ herausgestellt wird. Das reicht allerdings nicht, denn ein solcher Erbfall, wenn überhaupt, kann sich  noch lange hinziehen. Außerdem wird nur 1 % der bundesdeutschen Bevölkerung als vermögend angesehen. Da aber der bundesdeutsche Geburtendurchschnitt bei 1,6 Kindern pro Frau liegt (Statistisches Bundesamt, 2012), erscheint es mir sehr wahrscheinlich, dass ein behinderter Mensch Alleinerben-Status einnehmen wird. Die Unterhaltspflicht von Eltern behinderter Menschen ist aus Sicht der Beigeordneten beim Deutschen Landkreistag ohnehin „nicht sachgerecht“. Offenbar werden die Eltern als Erst-Verantwortliche angesehen. Wenn Eltern zudem „Leistungsträger“ sind, könnten sie „mit Leichtigkeit“ finanziellen Unterhalt gewähren. Immerhin lag die Sparquote in 2008 bei rd. 11 % (Statistisches Bundesamt). Das Argument für die Unterhaltsverpflichtung der Eltern holen sich die Befürworter in jedem Fall aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch:

§ 1601 BGB
Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Im Elften Kapitel des SGB XII (§§ 82 ff.) gibt es bereits Regelungen zum Einsatz von Einkommen und Vermögen – diese Vorschriften sind für mich ehrlich gesagt noch Neuland! Zwar gehe ich derzeit noch davon aus, dass die Regelungen im Wesentlichen übernommen werden, aber die Forderungen des Deutschen Landkreistags werden nicht ungehört bleiben.

Diesen Forderungen treten die Fachverbände entgegen. Ob sie mit ihrer Argumentation punkten werden, steht noch aus. Teilhabe, heißt es, kann nur dann gelingen, wenn nicht der Einzelne die finanzielle Last des Nachteilsausgleichs trägt, sondern die Gemeinschaft. Die Forderungen der Beigeordneten beim Deutschen Landkreistag würden die Last auf die Betroffenen und deren Familie vorrangig verteilen, so wie es in früheren Zeiten Gang und Gäbe war. Familienpolitisch ein Desaster, meines Erachtens, da Familien finanziell „bestraft“ werden sollen für ein behindertes Familienmitglied. Stattdessen wird die Gemeinschaft vorrangig geschont. Erst wenn Dritte nicht herangezogen werden können, erfolgen Unterstützungsleistungen durch den Bund. Die Kommunen und Länder sind in jedem Fall fein raus.

CGS

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