In meinem ersten Beitrag zu dem Thema hatte ich die
Überlegung geäußert, dass die Haushaltslage aller Ebenen, also nicht alleine
nur Kommunen und Länder, dazu zwingen wird, neue Wege zur Finanzierung der Eingliederungshilfe-Leistungen
zu finden. Einerseits wird es natürlich darum gehen, dass die Kosten für die
Leistungen gedämpft werden. Da aber solche Diskussionen unpopulär sind und den
Widerstand der (Betroffenen-) Verbände heraufbeschwören, wird man sich einer
anderen Argumentationslinie bedienen müssen – doch dazu an anderer Stelle.
Eine Form der Finanzierung wird sich mit der Einbeziehung
von Dritten auseinandersetzen müssen. Zu denken ist dabei aus Sicht der Kommunen
und Länder an den Bund. Aber das war klar, denn der Beschluss zur Schaffung
eines Bundesleistungsgesetzes kommt vom Bundesrat. Und somit ist der Bund auch
derjenige, welcher später die „Musik“ bezahlen muss.
Der Bund selber müsste dies aus seinem eigenen Haushalt
bestreiten, was verständlicherweise nicht dem Wunschdenken eines jeden
Finanzministers entspricht. Von daher wird die Belastung weitergereicht werden
an einen wirklichen „Dritten“.
Es kann nur zwei „Dritte“ geben, denen man als Bund „rechtmäßig“
die Kosten weiterbelasten könnte: Leistungsberechtigte und
Kranken-Pflege-Rentenversicherungsträger. Da bei den Leistungsberechtigten in
der Regel recht wenig zu holen ist, nämlich nur Einkommen und Vermögen, wird
man sich wie auch immer schadlos halten an den Kranken-Pflege-Rentenversicherungsträgern
– damit werde ich mich ebenfalls an anderer Stelle noch auseinandersetzen
müssen.
Von einer Beigeordneten beim Deutschen Landkreistag kam in
2013 der Vorschlag, Einkommen und Vermögen behinderter Menschen heranzuziehen.
Zum Einkommen hinzuzurechnen wären Arbeitslohn, Renten, staatliche
Sicherungsleistungen, Freibeträge (d.h. Wegfall von Steuervergünstigungen) und
das Kindergeld an die Eltern. Hier käme in der Tat ein hoher Betrag zusammen.
Eine solche Verrechnung ist allerdings nichts Neues und wird bereits in Teilen
so praktiziert. Warum Eltern z.B. noch einen Anspruch auf Freibeträge und
Kindergeld geltend machen dürfen, wenn das behinderte Kind kostenintensive
Leistungen der Gemeinschaft in Anspruch nimmt, erschließt sich den
Gesetzesmachern wohl kaum. Dass aber Eltern trotzdem höhere Belastungen
ausgesetzt sind bei der Erziehung behinderter Kinder, wird nicht gesehen.
Beim Vermögen wird ganz klar auf den zukünftigen Erbfall
abgezielt, welcher als „nicht unbedeutender Faktor“ herausgestellt wird. Das
reicht allerdings nicht, denn ein solcher Erbfall, wenn überhaupt, kann
sich noch lange hinziehen. Außerdem wird
nur 1 % der bundesdeutschen Bevölkerung als vermögend angesehen. Da aber der
bundesdeutsche Geburtendurchschnitt bei 1,6 Kindern pro Frau liegt (Statistisches
Bundesamt, 2012), erscheint es mir sehr wahrscheinlich, dass ein behinderter
Mensch Alleinerben-Status einnehmen wird. Die Unterhaltspflicht von Eltern
behinderter Menschen ist aus Sicht der Beigeordneten beim Deutschen Landkreistag
ohnehin „nicht sachgerecht“. Offenbar werden die Eltern als Erst-Verantwortliche
angesehen. Wenn Eltern zudem „Leistungsträger“ sind, könnten sie „mit
Leichtigkeit“ finanziellen Unterhalt gewähren. Immerhin lag die Sparquote in
2008 bei rd. 11 % (Statistisches Bundesamt). Das Argument für die Unterhaltsverpflichtung
der Eltern holen sich die Befürworter in jedem Fall aus dem Bürgerlichen
Gesetzbuch:
§ 1601 BGB
Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu
gewähren.
Im Elften Kapitel des SGB XII (§§ 82 ff.) gibt es bereits
Regelungen zum Einsatz von Einkommen und Vermögen – diese Vorschriften sind für
mich ehrlich gesagt noch Neuland! Zwar gehe ich derzeit noch davon aus, dass
die Regelungen im Wesentlichen übernommen werden, aber die Forderungen des
Deutschen Landkreistags werden nicht ungehört bleiben.
Diesen Forderungen treten die Fachverbände
entgegen. Ob sie mit ihrer Argumentation punkten werden, steht noch aus. Teilhabe,
heißt es, kann nur dann gelingen, wenn nicht der Einzelne die finanzielle Last
des Nachteilsausgleichs trägt, sondern die Gemeinschaft. Die Forderungen der
Beigeordneten beim Deutschen Landkreistag würden die Last auf die Betroffenen
und deren Familie vorrangig verteilen, so wie es in früheren Zeiten Gang und Gäbe
war. Familienpolitisch ein Desaster, meines Erachtens, da Familien finanziell „bestraft“
werden sollen für ein behindertes Familienmitglied. Stattdessen wird die
Gemeinschaft vorrangig geschont. Erst wenn Dritte nicht herangezogen werden
können, erfolgen Unterstützungsleistungen durch den Bund. Die Kommunen und
Länder sind in jedem Fall fein raus.
CGS
Quelle: