Leistungsverantwortung bei Pflege |
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) arbeitete an seiner
Häuslichen Krankenpflege-Richtlinie (HKP) weiter hinsichtlich der Erbringung
von Behandlungspflege in vollstationären Einrichtungen. Dieses Thema ist ein
besonderes Thema für Träger von Stationären Wohneinrichtungen, in denen
Menschen mit Behinderung wohnen, leben und versorgt werden (nunmehr auch als
besondere Wohnformen bekannt).
Wenn Bewohner dieser Einrichtungen mal krank sind, müssen sie
ja nicht nur für die Zeit des Daheimbleibens betreut werden, es muss unter
Umständen auch eine pflegerische Leistung erbracht werden. Und das verlangt
ggf. eine besondere personelle Ausstattung bei den Leistungserbringern.
Pflegebedarf in
stationären Einrichtungen angestiegen
Ein
solcher Bedarf verlangt viel ab. In einer am 17.9.2014 veröffentlichten Umfrage
zur „Eingliederungshilfe / Pflege und Interne Tagesstruktur“ gaben 14 % der
befragten Leistungserbringer an, dass der Pflegebedarf in den letzten fünf
Jahren „gleich geblieben“ ist (9,5 %). Im Umkehrschluss heißt es, dass der
Pflegebedarf durch die Bank angestiegen ist. Mehrere der Befragten gaben an,
der Pflegebedarf sei zwar erhöht, aber eine „offizielle Höherstufung“ fand nicht
stattfand (S. 2 der Umfrageergebnisse).
Wie
auch. Eine solche Höherstufung müsste über ein Pflegegutachten erfolgen, doch
eine höhere Pflegeleistung käme trotzdem nicht zustande: Gemäß § 43 a S. 2 SGB
XI sind die Aufwendungen der Pflegekasse begrenzt auf 266 Euro im Monat (Stand
2018). Empfänger dieser Leistungen ist aber weder der Bewohner noch der Träger
der Wohneinrichtung, sondern der (Kosten-) Träger der Sozialhilfe /
Eingliederungshilfe. Was die Pflegekasse zu zahlen hat, ändert sich nicht. Und
von daher hat auch ein nachrangiger Leistungsträger kein Interesse daran, hier
noch etwas zu bewirken.
Als
Ursache für den gestiegenen Pflegebedarf werden Erhöhtes Alter (95,6 %) und
eine gestiegene Anzahl an schwerst-mehrfach behinderten Menschen, die in
stationären Einrichtungen leben, (62,5 %) in den Ergebnissen der Umfrage genannt
(S. 4). Für den Leistungserbringer steigt der Aufwand damit enorm, so dass man
schon ein Interesse daran hat, diesen Aufwand vergütet zu bekommen.
Pflegeleistungen
in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe
Eigentlich
sind diese Leistungserbringer der Behinderungshilfe für ganz andere Leistungen
als die Pflege prädestiniert. Doch wenn ein Mensch in einer stationären
Wohneinrichtung lebt und der Eingliederungshilfe bedarf, sind nun mal
Leistungen in Form einer Behandlungspflege unumgänglich. Dank einer
Sonderregelung in § 55 SGB XII wird gesetzlich sichergestellt, dass auch
Pflegeleistungen von genau so einem Träger dieser Wohnform erbracht werden. Die
konkrete Ausgestaltung wiederum schlägt sich dann nieder in den
Landesrahmenverträgen für diese Leistungserbringer (noch § 79 SGB XII) sowie
den einzelnen Leistungsvereinbarungen (vgl. dazu auch § 75 Abs. 3, § 76 Abs. 1
und Abs. 2 SGB XII).
Aber
das kann sich ändern, weil die einzelnen Verbände der Leistungserbringer wie
auch die jeweiligen überörtlichen Leistungsträger für Eingliederungs- und
Sozialhilfe in die Verhandlungen gehen. Ab dem Jahr 2020 müssen neue Grundlagen
geschaffen sein, damit die Leistungserbringung weiterhin gesichert und auch
angemessen vergütet wird. Behandlungspflege wird Gegenstand der Verhandlungen
über die Leistungen nach dem SGB IX sein (§ 123 SGB IX n.F.,
Eingliederungshilfe), auch wenn die Hilfen zur Pflege weiterhin Bestandteil der
Sozialhilfe bleiben (7. Kapitel SGB XII).
Der
G-BA hat seine Richtlinie dahingehend geändert, dass nun „eine Verordnung von
Behandlungspflege ist auch für Versicherte in vollstationären Einrichtungen …
zulässig, wenn ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege …
besteht“ (Änderung zu § 1 Abs. 6). Dies würde auch für einen „vorübergehenden“
Bedarf gelten, wie er beispielsweise für die Zeit nach einem
Krankenhausaufenthalt sein würde. Wie gesagt, hier wäre die Notwendigkeit einer
ständigen Überwachung und Versorgung gegeben. Wenn dies aber nicht „ständig“
und „durch eine qualifizierte Pflegefachkraft“ erforderlich ist, „ist eine
Erbringung von Behandlungspflege im Rahmen der häuslichen Krankenpflege nur
zulässig, wenn die Leistungserbringung nicht zu den Aufgaben der Einrichtung …
gehört.“ Und nicht verordnungsfähig sind in der Regel „einfachste Maßnahmen der
Behandlungspflege“.
Behandlungspflege
als Entscheidungskriterium
Medizinische
Behandlungspflege stellt eine Besonderheit dar; Kriterium ist also der Bedarf
an einer „ständigen Überwachung und Versorgung“. Bei der häuslichen
Krankenpflege (einfache Behandlungspflege) wird ein solcher Bedarf nicht
vorausgesetzt. Doch es kommt dann darauf an, ob die jeweilige
Leistungsvereinbarung diese Tätigkeit mit einschließt oder nicht. Wenn das
nicht der Fall ist, wird jede Form der Behandlungspflege eine Leistung der
Krankenkasse darstellen – die Maßnahmen richten sich dann nach dem SGB V und
nicht nach dem SGB IX.
Für
den Menschen, der in einer besonderen Wohnform lebt und eine solche
Pflegeleistung möglicherweise benötigt, muss die Krankenkasse in einem
Genehmigungsverfahren prüfen. Bei Menschen mit einem Bedarf z.B. an
regelmäßiger Medikamentengaben oder Blutzuckermessungen ergibt sich damit ein
weiteres Qualitätsmerkmal bei der Auswahl geeigneter Wohnformen, wenn sie in
solchen Einrichtungen der Behindertenhilfe leben wollen.
CGS
Quellen:
Umfrage: „Eingliederungshilfe / Pflege und Interne Tagesstruktur“
Veröffentlicht
am 17.9.2014
Bezug über die Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. (www.lebenshilfe.de)
Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA)
Beschluss zur Änderung der HPK-Richtlinie:
Verordnung von Behandlungspflege in vollstationären
Einrichtungen der Hilfe für
behinderte Menschen
Abs. 1 S. 1
Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie
oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen,
Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten
für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch
geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht
ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder
verkürzt wird.
Abs. 1a S. 1
Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von
Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung
einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer
ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit
keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften
Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege
und hauswirtschaftliche Versorgung.
Abs. 2 S. 1
Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie
oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen,
Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten
für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen
Behandlung erforderlich ist.
Abs. 6
Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach §
92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1
und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht
werden können.
(Fettdruck von mir)
(letzter Aufruf für alle Links am 28.10.2018)
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