Montag, 22. Oktober 2018

Datenschutzhinweis aus der Praxis


Mit der DSGVO ist sehr viel Verwaltungsaufwand entstanden. Ein jeder Dienstleister muss sich mit dem Thema auseinandersetzen, weil das individuelle Schutzrecht bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten gestärkt worden ist und ein Fehlverhalten drakonisch geahndet werden kann. Diesem Risiko sollte man sich nicht aussetzen und etwas unternehmen – auch wenn es recht „einfältig“ arrangiert wurde.

Worum es jetzt hier geht, ist ein Beispiel aus der Praxis. Es hat bei diesem Leistungserbringer für eine Bandbreite an Leistungen aus der Behindertenhilfe etwas gedauert, aber nun ist ein zweiseitiges Pamphlet erschienen mit „Hinweisen zur Datenverarbeitung“ oder auch „Datenschutzhinweisen für Patienten nach Art. 13. DSGVO“.

Da wird man plötzlich stutzig.

Ein Leistungserbringer hat jetzt nach längerer Zeit endlich „Hinweise zur Datenverarbeitung“ an seine Kunden (Leistungsberechtigte) verteilt. Es finden sich eine Reihe von Eigen- und Besonderheiten (die aber nicht immer falsch sein müssen).

Hier eine Auswahl:

-        Leistungserbringer ist eine Stiftung, aber die Ausführung der Leistungen obliegt einer gGmbH. Verantwortlich ist also nach wie vor die Stiftung, vertreten durch ihre Geschäftsführung in Person (Art. 30 DSGVO), auch wenn immer wieder Bezug genommen wird auf die andere Körperschaft.

Die datenverarbeitende Körperschaft muss ein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten führen, in denen u.a. die Namen und Kontaktdaten aller Verantwortlichen enthalten sind (es gibt allerdings in wenigen Fällen Erleichterungen; Abs. 3). In den Datenschutzhinweisen an die Kunden sollte eine namentliche Benennung erfolgen. Doch in den Datenschutzhinweisen an die Allgemeinheit ist die Namensnennung anscheinend nicht zwingend vorgeschrieben. Statt jetzt eine bestimmte Person als Verantwortliche aufzuführen, könnte es anscheinend auch eine Körperschaft sein.

Wenn Personen nun benannt sind, sollte dies insbesondere für die Kunden klar und deutlich geschehen und eine Vermischung mit anderen Angaben am besten unterbleiben.

-        Es finden sich manchmal Vermischungen bei den Begriffen, was das Lesen etwas erschwert. Man spricht mal von den drei Leistungen „Förderung, Betreuung und / oder Beratung“, dann wieder von „Betreuten“ oder sogar „Patienten“.

Wird ein Mensch mit geistiger Behinderung, der eine Schulbegleitung als Hilfen nach § 54 SGB XII erhält, jetzt zum „Patienten“? – Welche Sichtweise herrscht bei den Verantwortlichen auf diese Menschen vor, muss man sich unwillkürlich fragen.

-        Der Zweck für die Datenerhebung muss herausgestellt werden, damit ein Verständnis darüber entsteht, welche Daten erforderlich sind für die Verarbeitung. Doch weil es verschiedene Leistungen gibt, sollte immer wieder ein Zusammenhang hergestellt werden, welche Daten für genau welchen Zweck gebraucht werden. Eine loses Auflisten aller möglichen Daten und aller möglichen Zwecke genügt den Vorgaben nach Art. 13 DSGVO keineswegs.

Was man ebenfalls vermeiden sollte, sind Formulierungen, die bedrohlich wirken; zum Beispiel: „Die Erhebung dieser Daten erfolgt, zur … Geltendmachung etwaiger Ansprüche gegen Sie.“

Vielleicht wollte man hier auf Art. 18 und Art. 19 Abs. 3 DSGVO anspielen, aber das wäre dann misslungen.

-        Das Löschen der erhobenen Daten soll erst nach Ablauf der „gesetzlichen“ Fristen erfolgen. Dies soll „i.d.R. 10 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Betreuungsverhältnis beendet wurde,“ geschehen.

Im Prinzip wäre das richtig, doch wenn noch im Folgejahr ein Schriftverkehr stattgefunden hat über das bereits beendete Betreuungsverhältnis, so wären diese Unterlagen noch zehn Jahre danach aufzubewahren (vgl. dazu § 257 Abs. 4 HGB). Doch dies betrifft eigentlich nur „Handelsbriefe“ – also Daten, die für Zwecke einer Abrechnung benötigt werden. Dagegen könnten „Anamesen, Diagnosen, Medikation, Konfektionsgrößen, …“ recht zügig vernichtet werden, wenn sie keine Relevanz für den Vertrag mit sich bringen.

Viel gravierender ist aber im vorliegenden Text die weitere Formulierung. Es geht um die vorgenannten „10 Jahre“ und der Löschung danach, „… es sei denn, dass wir [die Verantwortlichen] nach Artikel 6 Abs. 1 S. 1 lit. c DSGVO [Die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der Verantwortliche unterliegt] aufgrund von steuer- und handelsrechtlichen Aufbewahrungs- und Dokumentationspflichten (aus SGB, HGB, StGB oder AO) zu einer längeren Speicherung verpflichtet sind oder Sie in eine darüber hinausgehende Speicherung nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO [Die betroffene Person hat ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben] eingewilligt haben.“ (Fettdruck von mir).

Das muss man sich vergegenwärtigen: Die Verantwortlichen des datenverarbeitenden Unternehmens erklären, dass sie von einer Aufbewahrungspflicht ausgehen, die „in der Regel 10 Jahre“ andauert oder eventuell sogar länger. Und diese Fristen sollen sich aus den verschiedenen Sozialgesetzbüchern (welche es sind, wurde hier nicht genannt), Handels- und Steuergesetzen sowie dem Strafgesetzbuch ergeben. Das ist sehr ungenau und für einen Betroffenen nicht nachvollziehbar. Will man sich vorsichtshalber auf § 78 StGB beziehen und wird man zu einer Strafverfolgungsbehörde? – das wäre sehr anmaßend.

-        Es wird in einem völlig neuen Abschnitt erklärt, dass die Übermittlung der persönlichen Daten an Dritte zu anderen, „als den im Folgenden aufgeführten Zwecken“ nicht stattfindet. Diese Aussage wäre grundsätzlich eine gute Einleitung, doch die an dieser Stelle genannten Zwecke weichen von den Zwecken im vorherigen Abschnitt ab – und das ist somit falsch.

Man hätte hier diejenigen benennen müssen, die nun Empfänger dieser weitergegebenen Daten geworden sind und dass sie ein ebenso hohes Maß an Datenschutz einhalten. Die Hinweise auf die „sorgfältige“ Auswahl und angeblich „regelmäßige“ Kontrolle sind nicht konkret. Der Verweis auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b DSGVO, welcher die Vertragserfüllung betrifft, ist zudem ebenfalls nicht hilfreich. Stattdessen hätte man herausstellen müssen, dass es bei der Verarbeitung um „lebenswichtige Interessen der betroffenen Person“ geht (Buchstabe d).

Viele Punkte gibt es, die man kritisch hinterfragen muss. Was einen dabei erstaunt ist, dass diejenigen, die mit dem Datenschutz beauftragt worden sind, vom Fach sein sollen – also Experten. Weil es aber hier um Sozialdaten geht, die teilweise sehr private Details beinhalten, sollte eine Sammlung an Hinweisen etwas verantwortlicher und rücksichtsvoller formuliert sein. Auch die besonderen Belange von Kindern, die man zum Beispiel in besonderen Tagesstätten oder in der Begleitungsarbeit (z.B. in Freizeitmaßnahmen, Pflegearbeit, Eingliederungshilfe) betreut, müssen eine besondere Beachtung erfahren. Das fehlt alles hier – ist nicht vorhanden.

Keinen guten Eindruck macht es, dass der Widerruf an eine Email gesendet werden soll, die es so beim datenverarbeitenden Unternehmen gar nicht gibt.

CGS




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