Samstag, 13. März 2021

Umsatzsteuer könnte schnell vergessen werden

Haben Sie etwas aus Irland gekauft? Oder ist Ihnen schon mal bei einer Bestellung aus dem europäischen Ausland aufgefallen, dass die Mehrwertsteuer fehlte und es damit schön billig war?

Vorsicht. Das kann teuer werden.

 

Die EU macht es möglich

Dank einer Einheitswährung und zollfreien Grenzen, dank des Internets und einfachen Bezahlsystemen kann so manches Wirtschaftsgut mal eben schnell bestellt und geliefert werden. Es ist alles gar kein Problem mehr. Schaut man sich an, wie viel alleine schon über die Firma Amazon eingekauft wird (386 Mrd. US-$ Umsatz) oder die deutschen Paketdienste in einem Jahr ausliefern mussten (angeblich mehr als 1,9 Mrd. Stück in 2019), ist das die neue Normalität. Und nicht nur Privatverbraucher tun das, bei Amazon und anderen Versandhäusern gibt es auch viele Business-Kunden.

Weil es so furchtbar normal ist, wird einfach und schnell mal eben bestellt was gebraucht wird. Die Bezahlung erfolgt im Anschluss auf übliche Art und Weise im Rechnungseingang (Kreditoren). Dass die Bestellenden dabei als Unternehmer gehandelt haben, ist ihnen vielleicht schon bewusst, aber sie machen sich keine Gedanken darüber, dass ihr Unternehmen einer Pflicht zur Versteuerung beim inländischen Fiskus unterliegt. Es ist nämlich so, dass der Lieferant eines Gegenstandes aus dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates der EU (das Ursprungsland) in das Gebiet des Mitgliedsstaates (das Bestimmungsland), in dem sich der Besteller befindet, keine Umsatzsteuer geltend macht. Das heißt, wenn der Lieferant Kenntnis davon hat, dass der Besteller ein Unternehmer ist, wird auf der Rechnung über die Gegenstandslieferung keine Umsatzsteuer des anderen Mitgliedsstaates ausgewiesen.

In einer Mehrwertsteuersystemrichtlinie der Europäischen Union (MwStSystRL 2006/112/EG) wurde seinerzeit bestimmt und anschließend in nationales Recht übertragen, dass die Lieferung von Gegenständen (und diesen Begriff muss man ggf. etwas näher bestimmen) in ein anderes EU-Land als ein innergemeinschaftlicher Erwerb zu verstehen ist, der im Bestimmungsland umsatzsteuerbar ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Damit bekommt nicht der Lieferant die Umsatzsteuer bezahlt, die er dann an seinen Fiskus weiter abführen kann, sondern der Erwerber muss dem inländischen Fiskus die Umsatzsteuer bezahlen.

Wenn also die Umsatzsteuer auf einer Rechnung fehlt, muss da was wahrscheinlich angemeldet und bezahlt werden. Wenn es sich um eine Rechnung aus einem EU-Mitgliedsstaat handelt, muss auch bei einer vorhandenen Umsatzsteuer da was angemeldet und bezahlt werden.

 

Die Unternehmereigenschaft

Knackpunkt an dem Ganzen ist nun mal die Unternehmereigenschaft. Es ist dabei völlig unerheblich, dass man als ein Leistungserbringer in Sachen Eingliederungshilfe oder anderen Bereichen so gar keine Umsatzsteuer (oder auch Vorsteuer) geltend machen kann und dann die Einkäufe brutto wie netto sind (es gibt keine Unterschiede). Das Umsatzsteuergesetz bestimmt in § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG:

„Der Umsatzsteuer unterliegen … die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.“

Es gibt zwar ein paar Ausnahmen, die sogenannten Steuerbefreiungen bei Lieferungen und sonstigen Leistungen (z.B. Eingliederungshilfe: § 4 Nr. 16 UStG), doch das entbindet erst einmal nicht von allen anderen Vorschriften. Ganz im Gegenteil: Man sollte trotzdem diese Bestimmungen näher unter die Lupe nehmen, um die eigentliche Arbeit am Gemeinwohl, für die man schließlich steuerbegünstigt worden ist, nicht gefährdet. In bestimmten Fällen könnten sogar „Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung), und juristischen Personen des öffentlichen Rechts […] auf Antrag eine Steuervergütung zum Ausgleich der Steuer gewährt [bekommen] …“ (§ 4a UStG).

Wie gesagt, das geschieht in bestimmten Fällen und es muss ein Antrag gestellt werden; Antrag heißt nicht, dass irgendwas automatisch rückvergütet wird.

 

Die eigenen Strukturen überdenken

Die Unternehmereigenschaft wird gegenüber einem Lieferanten im europäischen Ausland per Umsatzsteuer-ID nachgewiesen. Anhand dieser Steuer-Nummer kann der Lieferant vor dem eigenen Fiskus begründen, warum eine Umsatzsteuer nicht erhoben wurde. Und dieser kann die so dokumentierte Steuer-Nummer an den hiesigen Fiskus melden, der dann weiß, dass ein innergemeinschaftlicher Erwerb stattgefunden hatte und dieser (gefälligst) versteuert werden muss.

Das bedeutet wiederum, dass in der eigenen Organisation das Bestellwesen von ganz bestimmten Personen ausgeübt werden darf, die dann aber auch allesamt über diese Besonderheiten mit der Umsatzsteuer-ID informiert sein müssen. Unterlässt die für das Unternehmen verantwortliche Person das, kann eine Ordnungswidrigkeit unterstellt werden, und diese Person muss sich dann verteidigen (vgl. dazu mal § 26b UStG: 50 000 Euro). Daneben gibt es Aufzeichnungspflichten, die auch Nicht-Unternehmer treffen, welche gegen Entgelt eine Lieferung oder Leistung erbringen wollen (§ 22 Abs. 1 S. 2 UStG). Das verlangt somit ein gehöriges Maß an Organisation und Strukturen ab.

Sofern das Unternehmen auf diese Beschaffungen nicht verzichten will (oder kann), muss das Rechnungswesen entsprechend erweitert werden. Im Rechnungseingang sollte man nach Möglichkeit mit Steuerschlüsseln arbeiten, was wiederum mehr Erfassungsarbeit und Kontrolle der Rechnungen bedeutet, um einfache Tippfehler aufzudecken. Mit den Steuerschlüsseln spricht man verschiedene Konten an, in denen sich später die Rechnungen mit den unterschiedlichsten Steuersätzen wiederfinden. Ist eine solche Struktur vorhanden, können schlussendlich die nötigen Reports und Meldungen erstellt werden – und der Fiskus hat eine Sorge weniger.

Kümmert man sich nicht darum, könnte es teuer werden.

CGS

 

 

 

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