Mittwoch, 29. Juli 2015

Bettgitter anstelle eines Niederflurbettes stellt einen heimrechtlichen Mangel dar (VG Würzburg)

Der Rechtsdienst der Lebenshilfe (S. 94 f., Ausgabe 2/2015) berichtet von einem Fall, in dem der Einsatz eines Bettgitters in einem Alten- und Pflegeheim als „heimrechtlicher Mangel“ angesehen wurde (VG Würzburg, Beschluss vom 1.9.2014, Az. W 3 S 14.778). Bezug genommen wurde hier auf die Bestimmungen im Bayerischen Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoQG). Dennoch sollten auch Anbieter sozialer Einrichtungen sich hieran orientieren und aktiv mit der Problematik von „freiheitsentziehenden Maßnahmen“ (abgekürzt FEM) auseinandersetzen.

Sofern Niederflurbetten nicht zur Verfügung stehen, kann vorübergehend ein normales Bett mit Bettgitter gestellt werden. Das Bettgitter soll dabei einer möglichen Sturz-Gefahr begegnen, nicht aber eine Gefahr für Leib und Leben abwenden. Letzteres würde FEMs rechtfertigen, lag aber nicht vor.

Das Gericht sah in der Anschaffung eines absenkbaren Pflegebetts mit Anschaffungskosten von ca. 2.000 Euro keine besondere finanzielle Belastung für den Heimbetreiber. Vielmehr würde ein solches Bett zur Grundausstattung gehören.

Hinsichtlich der ablehnenden Haltung des rechtlichen Betreuers zum Einsatz eines Niederflurbettes erteilte das Gericht eine Absage. Vertreter im Verfahren über den Einsatz von FEMs ist nicht der rechtliche Betreuer, sondern die vom Gericht bestellte Verfahrenspflegerin.

Nicht geklärt wurde dagegen die Frage, ob ein geteiltes Bettgitter als ausreichend und angemessen anzusehen ist.

In der Anmerkung zu diesem Artikel wird hervorgehoben, dass die Entscheidung eine besondere praktische Bedeutung habe hinsichtlich der Investitionsplanung für Träger von Einrichtungen (m.E. auch hinsichtlich des Investitionsbetrags). Die Grundausstattung muss sich „hierauf ausrichten“ (S. 94, a.a.O.), so die Meinung des Autors. Niederflurbetten sind aber nicht für alle Klienten geeignet, darum ist eine Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls entscheidend.

Meiner Ansicht nach sollte im Vorwege zu Verhandlungen zum Investitionsbetrag eine standardisierte Grundausstattung zu Kalkulationszwecken erarbeitet werden. Ziel muss sein, eine angemessene Inventarpauschale zu kalkulieren, auf deren Grundlage dann Aufwandspositionen wie Abschreibung, Wartung / Instandhaltung und Eigenmittelverzinsung ermittelt werden können.

Dieser Fall zeigt ebenfalls exemplarisch, wie kurzsichtig die Einrichtung gehandelt hat. Vermutlich wurden mehr Sach- und Verwaltungsaufwendungen getätigt, als ein entsprechendes Bett (2.000 Euro) gekostet hätte. Für mich offenbart sich darin auch, dass die Einrichtung bislang kein (modernisiertes) Konzept zu FEMs hat. Auf die Kampagne von www.redufix.de sei hier noch einmal hingewiesen.

CGS



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