Die Frage nach der Zuständigkeit ergibt sich immer dann,
wenn der erstangegangene Träger der Sozialhilfe einfach nicht leisten will bzw.
einen Dritten in der Zahlungspflicht sieht. Das Verhältnis zwischen § 14 SGB IX
und § 43 SGB I nimmt hierbei eine besondere Rolle ein. Im Rechtsdienst der
Lebenshilfe gab es sowohl in der Ausgabe 2/2013 wie auch in 1/2014 Artikel, die
ein wenig den rechtlichen Hintergrund beleuchteten.
Im ersten Schritt muss aber ein Leistungsanspruch
bestehen, der überhaupt eine Leistungspflicht für den erstangegangenen
Leistungsträger bedeuten könnte. Dabei stellt sich aber nicht mehr die Frage
nach Vorrang und Nachrang (vgl. § 2 SGB XII); diese müsste im Weiteren als
geklärt vorausgesetzt werden. Die Frage der Zuständigkeit entsteht immer dann,
wenn ein Hilfebedarf vorhanden ist und diesem nur noch eine angemessene
Maßnahme zur Bedarfsdeckung gegenübergestellt werden muss.
§ 14 Abs. 1 SGB IX
(1) Werden Leistungen zur
Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest,
ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig
ist; … Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt
werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, wird der
Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der die Leistung ohne
Rücksicht auf die Ursache erbringt. …
Liegt eine vollständige Bedarfsdeckung durch die geplante
Maßnahme vor, reduziert sich auch das Ermessen auf Null. In dem Fall wird nur
noch zu prüfen sein – innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die aber mit
Sicherheit (fast?) immer überschritten wird –, ob der erstangegangene
Leistungsträger überhaupt zuständig ist. Hierbei kann man sich als
Leistungsberechtigter auf eine umfassende Prüfung verlassen. Würde dies nicht
der Fall sein, könnten sich die Beteiligten die Leistungspflicht hin und
herschieben, ohne eine Leistung zu erbringen. Stattdessen steht im Gesetz, dass
spätestens nach Feststellung der Ursache der Behinderung aber innerhalb der
vorgenannten Frist die „Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache“ erbracht
werden. Und damit diese „rücksichtslose“ aber vorläufige Leistungspflicht
überhaupt möglich ist, benötigt § 43 SGB I eine Ermessensreduzierung auf Null;
oder mit anderen Worten: Das Ermessen verdichtet sich zu einem Anspruch.
§ 43 SGB I, Vorläufige Leistungen
(1) Besteht ein Anspruch auf
Sozialleistungen und ist zwischen mehreren Leistungsträgern streitig, wer zur
Leistung verpflichtet ist, kann der unter ihnen zuerst angegangene
Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach
pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Er hat Leistungen nach Satz 1 zu erbringen,
wenn der Berechtigte es beantragt; die
vorläufigen Leistungen beginnen spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats
nach Eingang des Antrags.
…
Die Erbringung der vorläufigen Leistungen müssen aber vom
Leistungsberechtigten verlangt werden, und erst dann beginnen sie frühestens
einen Kalendermonat nach Eingang des Antrags!
Da, wie an voriger Stelle schon gesagt, die Prüfung nicht
immer innerhalb der gesetzlichen Fristen stattfindet, sollte bei großer
Dringlichkeit auch ein Antrag auf vorläufigen Leistungen zusammen mit einem
Antrag auf die Durchführung eines Eilverfahrens vor dem Sozialgericht verbunden
werden (ebenfalls zu beachten sind die Fristen nach § 98 SGB XII bei
stationären Leistungen).
§ 98 SGB XII, Örtliche Zuständigkeit
…
(2) … Steht innerhalb von
vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2
begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden
oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die
Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen.
…
Gerade bei Sozialleistungen, die einen Hilfebedarf, und
man sollte dies durchaus wörtlich nehmen und im Zusammenhang sehen mit dem
erhöhten Schutzbedürfnis behinderter Menschen sehen, zeigt sich die Wichtigkeit
dieser Fristen. Es muss häufig sofort und unverzüglich gehandelt werden, da
auch unmittelbar materielles Recht des Hilfeempfängers nicht bedient wird.
CGS