Dienstag, 27. Mai 2014

Was tun bei Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern?

Die Frage nach der Zuständigkeit ergibt sich immer dann, wenn der erstangegangene Träger der Sozialhilfe einfach nicht leisten will bzw. einen Dritten in der Zahlungspflicht sieht. Das Verhältnis zwischen § 14 SGB IX und § 43 SGB I nimmt hierbei eine besondere Rolle ein. Im Rechtsdienst der Lebenshilfe gab es sowohl in der Ausgabe 2/2013 wie auch in 1/2014 Artikel, die ein wenig den rechtlichen Hintergrund beleuchteten.

Im ersten Schritt muss aber ein Leistungsanspruch bestehen, der überhaupt eine Leistungspflicht für den erstangegangenen Leistungsträger bedeuten könnte. Dabei stellt sich aber nicht mehr die Frage nach Vorrang und Nachrang (vgl. § 2 SGB XII); diese müsste im Weiteren als geklärt vorausgesetzt werden. Die Frage der Zuständigkeit entsteht immer dann, wenn ein Hilfebedarf vorhanden ist und diesem nur noch eine angemessene Maßnahme zur Bedarfsdeckung gegenübergestellt werden muss.

§ 14 Abs. 1 SGB IX

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; … Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt. …

Liegt eine vollständige Bedarfsdeckung durch die geplante Maßnahme vor, reduziert sich auch das Ermessen auf Null. In dem Fall wird nur noch zu prüfen sein – innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die aber mit Sicherheit (fast?) immer überschritten wird –, ob der erstangegangene Leistungsträger überhaupt zuständig ist. Hierbei kann man sich als Leistungsberechtigter auf eine umfassende Prüfung verlassen. Würde dies nicht der Fall sein, könnten sich die Beteiligten die Leistungspflicht hin und herschieben, ohne eine Leistung zu erbringen. Stattdessen steht im Gesetz, dass spätestens nach Feststellung der Ursache der Behinderung aber innerhalb der vorgenannten Frist die „Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache“ erbracht werden. Und damit diese „rücksichtslose“ aber vorläufige Leistungspflicht überhaupt möglich ist, benötigt § 43 SGB I eine Ermessensreduzierung auf Null; oder mit anderen Worten: Das Ermessen verdichtet sich zu einem Anspruch.

§ 43 SGB I, Vorläufige Leistungen

(1) Besteht ein Anspruch auf Sozialleistungen und ist zwischen mehreren Leistungsträgern streitig, wer zur Leistung verpflichtet ist, kann der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Er hat Leistungen nach Satz 1 zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt; die vorläufigen Leistungen beginnen spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags.


Die Erbringung der vorläufigen Leistungen müssen aber vom Leistungsberechtigten verlangt werden, und erst dann beginnen sie frühestens einen Kalendermonat nach Eingang des Antrags!

Da, wie an voriger Stelle schon gesagt, die Prüfung nicht immer innerhalb der gesetzlichen Fristen stattfindet, sollte bei großer Dringlichkeit auch ein Antrag auf vorläufigen Leistungen zusammen mit einem Antrag auf die Durchführung eines Eilverfahrens vor dem Sozialgericht verbunden werden (ebenfalls zu beachten sind die Fristen nach § 98 SGB XII bei stationären Leistungen).

§ 98 SGB XII, Örtliche Zuständigkeit


(2) … Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen.


Gerade bei Sozialleistungen, die einen Hilfebedarf, und man sollte dies durchaus wörtlich nehmen und im Zusammenhang sehen mit dem erhöhten Schutzbedürfnis behinderter Menschen sehen, zeigt sich die Wichtigkeit dieser Fristen. Es muss häufig sofort und unverzüglich gehandelt werden, da auch unmittelbar materielles Recht des Hilfeempfängers nicht bedient wird.



CGS