Sonntag, 23. April 2017

Das neue Prüfungsrecht für den Landesrechnungshof in Schleswig-Holstein in Sachen Eingliederungshilfe

Vor gut einem Jahr wurde als Drucksache 18/4218 in den schleswig-holsteinischen Landtag ein Gesetzentwurf eingebracht. Die FDP-Fraktion wollte den Landesrechnungshof (LRH-SH) mit einem Prüfungsrecht für Leistungsverträge im Rahmen der Eingliederungshilfe ausstatten. Ob diese Initiative nun wirklich eine „Gesetzeslücke“ schließt, bleibt fraglich. Geht man vom Gesetzestext aus, könnte man schon zu der Ansicht gelangen, dass jetzt der Weg frei gemacht wurde für die Rechnungshof-Profis. Doch in der Diskussion finden sich auch so manche Bedenken, die eher auf bescheidene Ergebnisse und viel Verwaltungsarbeit für „Nichts“ hindeuten. Darum die Frage: Worum geht es?

Soweit kommunalen Körperschaften aufgrund von Rechtsvorschriften oder Verträgen im Zusammenhang mit dem SGB XII Prüfungsrechte zustehen, kann der Landesrechnungshof diese nun an deren Stelle wahrnehmen (vgl. Artikel 1 der Drucksache 18/4218). Der Gesetzentwurf wurde angenommen, das neue Prüfungsrecht findet sich nun in § 6 Abs. 3 KPG wieder (Fettdruck von mir).

Gesetz über die überörtliche Prüfung kommunaler Körperschaften und die Jahresabschlußprüfung kommunaler Wirtschaftsbetriebe (Kommunalprüfungsgesetz - KPG -)
in der Fassung vom 28. Februar 2003
§ 6, Prüfungsverfahren

(1) Die kommunale Körperschaft hat die Prüfungsbehörde bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Sie hat insbesondere alle erbetenen Auskünfte zu erteilen, Einsicht in Belege, Akten und Urkunden zu gewähren sowie Erhebungen an Ort und Stelle zu dulden.

(2) Soweit der kommunalen Körperschaft aufgrund von Rechtsvorschriften oder Verträgen, Auskunfts- oder Herausgabeansprüche gegenüber Dritten zustehen, kann die Prüfungsbehörde sie im Rahmen der Prüfung an ihrer Stelle wahrnehmen.

(3) Soweit der kommunalen Körperschaft aufgrund von Rechtsvorschriften oder Verträgen in Zusammenhang mit dem SGB XII Prüfungsrechte gegenüber Dritten zustehen, kann der Landesrechnungshof sie im Rahmen der Prüfung an ihrer Stelle wahrnehmen. Die Prüfungsrechte der kommunalen Körperschaft bleiben daneben bestehen.

(4) Lässt die kommunale Körperschaft Arbeitsvorgänge mit Hilfe der automatischen Datenverarbeitung oder in anderer Weise durch Dritte wahrnehmen, kann die Prüfungsbehörde dort die erforderlichen Erhebungen anstellen; Absatz 1 gilt entsprechend. Beruht das Rechtsverhältnis auf Vereinbarung, ist dieses Recht der Prüfungsbehörde zum Inhalt des Vertrages zu machen.

(5) Landesbehörden, die eigene Prüfungen vornehmen oder vornehmen lassen, haben ihre Prüfungsberichte der für die überörtliche Prüfung zuständigen Prüfungsbehörde zu übermitteln. Die jeweiligen Prüfungstermine sollen abgestimmt werden.

(6) Die überörtliche Prüfung nach § 5 und die Querschnittsprüfung nach § 5a sind gebühren- und auslagenfrei.

Wie nun das Prüfungsrecht von den Kommunen auf den Landesrechnungshof übertragen wird, ist derzeit nicht weiter geregelt. Ob es im Wege eines Amtshilfeverfahrens geschehen soll, bleibt also abzuwarten. Immerhin müsste die Kommune es zulassen, dass ihre Arbeit geprüft wird und nicht die tatsächliche Leistungserbringung von Einrichtungen oder Diensten nach SGB XII (Leistungserbringer). Ziel der Prüfung wäre es nämlich, die Wirtschaftlichkeit der Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII festzustellen.

Wirtschaftlichkeit heißt aber, dass entweder eine Kostenersparnis oder eine erhöhte Effizienz bei der Leistungserbringung festgestellt werden muss. So würde man ggf. in einigen Fällen die Anwendung von Pauschalen verlangen, weil vergütete Stückkosten einen zu hohen Gesamtaufwand verursachen. Oder umgekehrt werden mit einer vereinbarten Pauschale auch Leistungsminderungen entgolten, was man mit Einzelpreisen günstiger gestalten könnte. Doch dazu müsste man eine Vorstellung davon und vielleicht sogar Feststellungen getroffen haben, was Kosten spart oder woanders günstiger wäre.

In jedem Fall richten sich die Feststellungen der prüfenden Behörde auf die zwischen den Leistungserbringern und Leistungsträgern (Kommunen, vertreten durch die KOSOZ) verhandelten Vergütungsvereinbarungen. Es muss also zuerst einmal geprüft werden, ob die Vergütungs-Verhandlungen ordnungsgemäß stattgefunden haben. Man schaut sich also an, welche Formulare und Kalkulationsblätter eingereicht und bearbeitet worden sind, welche Nachweise verlangt und dann tatsächlich geliefert wurden, was besprochen und verhandelt wurde, wann und warum man Pauschalen vereinbarte, wo Berichte der Heimaufsichten mit einbezogen wurden.

Und damit zeigt sich jetzt, dass es nicht um die tatsächliche Leistungserbringung geht, sondern eine ganz andere Ebene betrifft. Denn wenn die Prüfer glauben, es wurden unwirtschaftliche Kalkulationen akzeptiert, dann bedeutet es nur, dass die vorgelegten Nachweise für die Vergütungsverhandlung sich nicht selbst erläutern. Nochmal: Es wird nicht darum gehen können, die Vergütungen zu kürzen, sondern eine ordentliche Verhandlungsführung zu gewährleisten. Oder anders gesprochen: Die Form muss eingehalten werden.

Es wird von einigen erwartet, dass man die Höhe der vereinbarten Grundpauschalen gut prüfen kann, aber auch die Personalausstattung und die Personalkosten. Und in der Tat könnten hier einige Ansätze gefunden werden, mit denen man eine verbesserte Wirtschaftlichkeit herbeiführen könnte – indem also kritisch hinterfragt wird, warum z.B. die Personalausstattung bei den Einrichtungen und Diensten mit derart „teurem“ Personal passiert bzw. auf welcher Grundlage eine Vereinbarung stattfinden konnte. Beim Investitionsbetrag erwartet man dagegen, dass hier ortsübliche (und damit schwer vergleichbare) Kosten auf der Basis von eingereichten Verträgen in den Vergütungen übernommen wurden.

Wenn an dieser Stelle das Prüfungsergebnis unbefriedigend ausfallen sollte, könnte die Prüfung ausgeweitet werden auf die Leistungserbringer. Selbst wenn diese nicht „selbst geprüft werden können“, sie sind schließlich nur Verhandlungspartner der Kommunen, es könnte untersucht werden, ob die Vereinbarungen von den Einrichtungen und Diensten umgesetzt wurden, heißt es. An dieser Stelle muss man sich allerdings fragen, inwieweit die Leistungserbringer effektiv mitwirken werden. Immerhin entstehen hier „nicht vergütete“ Verwaltungskosten, die man möglichst „klein halten“ will.

Der LRH-SH als Prüfungsbehörde kann Zeit, Art und Umfang der Prüfung bestimmen. Damit wirkt das Amtshilfeersuchen der Kommune nicht einschränkend. Doch es muss vorab ein Prüfungsziel bestimmt werden, was wiederum Grenzen setzt. Mit der KOSOZ findet jetzt bereits eine Zusammenarbeit statt. Immerhin verfügt diese über einen erheblichen Erfahrungsschatz und kann die Prüfer des LRH-SH besser auf die „Prüfungsobjekte“ vorbereiten, vielleicht sogar sich von einem Teil ihrer Aufgaben trennen.

Die Leistungserbringer sollten sich allerdings darauf einstellen, dass nun viel mehr Beachtung dem „Formularwesen“ geschenkt wird. Es gibt zwar bereits seit vielen Jahren Excel-basierte Kalkulationsblätter, diese sind aber erstens nicht frei von „Fehlerteufeln“ und zweitens bedürfen die eingepflegten Daten einer schönen Sammlung an Unterlagen zur Anlage. Vermutlich muss man dann noch größere Papierbestände produzieren und mit Erläuterungen versehen, was sich wiederum auf die Einhaltung der Fristen niederschlagen wird.

Für die Leistungsberechtigten und ihre Angehörigen wird sich hier nichts verbessern. Die Prüfer des LRH-SH sind wahrscheinlich reine Zahlenmenschen und verstehen wenig von der Arbeit in Einrichtungen der Behindertenhilfe.

CGS





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