Vor kurzem wurde
ich auf zwei Artikel aufmerksam, in denen über die Problematik der sinkenden
Einnahmen bei Stiftungen berichtet wurde. Viele Stiftungen verdienen ihr Geld
nämlich mit der Vermögensanlage. Da Stiftungen eine konservative,
sicherheitsorientierte Vermögensanlage betreiben sollten, sind sie auf gut
verzinsliche Wertanlagen angewiesen. Dies ist aber schon seit einigen Jahren immer
weniger der Fall, weil die Niedrigzinspolitik der Notenbanken die zu
erwartenden Renditen am Kapitalmarkt für verzinsliche Wertanlagen erheblich
drückt. Damit werden Förderprojekte nicht mehr im bisherigen Umfang
finanzierbar sein. Die Unternehmensberatung PWC hat zeitgleich eine Studie
veröffentlicht, in der die Auswirkungen des Niedrigzinsumfelds auf Stiftungen
sowie das Vermögensmanagement untersucht wurden.
In einem Artikel der Hersfelder Zeitung vom 4.1.2016 wird
der Vorsitzende einer Stiftung mit den Worten zitiert: „Die Stiftung lebt in
erster Linie von den Zinsen ihres Stammkapitals, das sich auf 120 000 Euro
beläuft. Bei den derzeitigen Zinssätzen kommen da jährlich nicht mehr als 2000 Euro
raus“ (Quelle: http://www.hersfelder-zeitung.de/bad-hersfeld/ars-natura-stiftung-geht-geld-6008108.html).
Passend dazu titelte das Flensburger Tageblatt am
17.1.2016: „Zinstief – Stiftungen in SH geht das Geld aus“ und gibt den
Vorstand des Schleswig-Holsteinischen Stiftungstages mit den Worten wieder: „Mit
einem Stiftungsvermögen von 100.000 Euro und einer einprozentigen
Nettoverzinsung kann man nach Abzug der Verwaltungskosten kaum den Förderzweck
erfüllen“. Die Folge wäre Vermögensverzehr oder die Stiftungen könnten ihre
Aufgaben nicht mehr wahrnehmen, so der Artikel (Quelle: http://www.shz.de/schleswig-holstein/wirtschaft/zinstief-stiftungen-in-sh-geht-das-geld-aus-id12478776.html).
Um die Hintergründe besser zu verstehen, muss man zurück
in das Jahr 2009 gehen, also dem Jahr, in dem die letzte Finanzkrise zuerst als
ein singuläres Problem einer einzelnen Großbank begann. Aus dem Zusammenbruch
der Lehman-Bank entwickelte sich eine Liquiditäts- und Vertrauenskrise im
gesamten Finanzsektor, da plötzlich viele zuvor mit „Top-Rating“ versehene
Wertanlagen als „toxische Papiere“ galten, die keiner mehr haben wollte.
Schließlich griff die Krise auf die Realwirtschaften über, so dass die Notenbanken
zu drastischen Mitteln greifen mussten. Leitzinsen auf nahe Null und
Einlagenfazilitäten mit Minuszinsen. Außerdem kauften die Notenbanken die
Staatsanleihen ihrer eigenen Mitgliedsstaaten auf, um so indirekt die
Kreditvergabe und die Investitionstätigkeit der Unternehmen anzukurbeln.
Am Kapitalmarkt noch Geld verdienen? Mit einer
sicherheitsorientierten, werterhaltenden Vermögensstrategie ist dies nicht mehr
machbar. Noch vor der Finanzkrise bewegte sich die Umlaufrendite für
festverzinsliche Bundeswertpapiere bei über 3 %, mittlerweile hat sie sich von
knapp über 0 % im letzten Jahr auf etwa 0,3 % „erholt“. Konservative
Vermögensanlage als Einnahmequelle kommt nicht mehr in Betracht, und selbst
Kapitalerhalt ist schwierig bis unmöglich geworden.
Die Unternehmensberatung PWC wollte nun von Stiftungen
wissen, wie sie die Auswirkungen des Niedrigzinsumfelds bewerten (Quelle: http://www.pwc.de/de/steuerberatung/stiftungen-gehen-wegen-niedriger-zinsen-staerker-ins-risiko.html
– auf der Seite befindet sich auch der Link zur Studie). Befragt wurden 208 der
„vermögensstärksten“ Stiftungen in Deutschland, wobei ungeklärt bleibt, wie
sich „vermögensstärkste“ Stiftungen von anderen unterscheiden. Diesen Punkt
halte ich für wichtig, zumal in der späteren Auswertung mancherorts
unterschieden wird zwischen „größeren“ und „kleineren“ Stiftungen; bezieht sich
diese Größeneinteilung auf das Stiftungsvermögen, die Finanzanlagen, der
relative Anteile der Finanzanlagen am Gesamtvermögen oder die Anzahl der
Mitarbeiter? Ich hätte mir auch einen Vergleich gewünscht zu Stiftungen in der
GmbH-Rechtsform (z.B. Robert Bosch Stiftung GmbH). Ein weiterer Kritikpunkt
betrifft die Qualität der verarbeiteten Daten. Viele Auswertungen beruhen
nämlich auf Selbsteinschätzungen der befragten Stiftungen. Es fehlen leider die
„harten“ Fakten.
Trotz aller Kritik, diese Studie (übrigens die zweite von
PWC in dieser Fragestellung) bietet Einsichten in die Arbeit und das
Vermögensmanagement von Stiftungen. Von den Ergebnissen kommt einem vieles
bekannt vor und manches, von dem man es nicht gedacht hätte. Die Studie ist
umfangreich und zeigt Handlungsfelder auf, die auch auf andere Anlegergruppen
aus dem Bereich der Gemeinnützigkeit übertragbar sein könnten.
Sind Stiftungen durch die Finanzkrise stark betroffen
gewesen? Da die Vermögensanlage bisher konservativ erfolgte, konnten solche
Einbrüche überwiegend vermieden werden. Das Problem entsteht jetzt nach und
nach, weil Gelder aus gut verzinslichen Wertpapieren früherer Jahre nunmehr zur
Rückzahlung anstehen und wiederangelegt werden müssen.
Wie sieht eine erfolgreiche Vermögensstrategie aus? Die
erfolgreicheren Stiftungen nutzen nicht nur (fast) die gesamte Angebotsvielfalt
der an den Kapitalmärkten verfügbaren Finanzprodukten, sondern es wird eine
aktive Diversifikationsstrategie betrieben. Auch Erfahrung und Professionalität
zählen zu den Erfolgsfaktoren, sowohl auf der Ebene der Entscheider wie auch der
Kontrolleure. Hinzu kommt ein systematischer Ansatz bei der Entscheidungsfindung
bis hin zu einer Marktabsicherungsstrategie.
Als Fazit kann man festhalten, dass das Niedrigzinsumfeld
die Einnahme-Situation der Stiftungen besonders dann erheblich belastet, wenn
andere Einnahmequellen nicht ausreichend vorhanden sind. „Schlechtes“
Vermögensmanagement führt zudem zu Kapitalverzehr, was eine weitere unnötige „Baustelle“
bedeutet. Wenn die verdiente Liquidität nicht mehr ausreicht, müssen
förderungswürdige Projekte eingestellt werden, sonst droht finanzielle
Schieflage, aus der die Stiftung sich nicht mehr selbst befreien kann.
Geldanlage ist ein Thema, an dem auch die Unternehmen der
Eingliederungshilfe nicht vorbeikommen.
CGS
Quellen:
Hersfelder Zeitung vom 4.1.2016: „Ars-Natura-Stiftung
geht das Geld aus“
Betrachtet am 19.1.2016.
Flensburger Tageblatt vom 17.1.2016: „Zinstief –
Stiftungen in SH geht das Geld aus“
Betrachtet am 19.1.2016.
Publikation der PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (PWC)
„Fünf Jahre Niedrigzinsphase und kein Ende in Sicht?“
Prof. Dr. Norbert Winkeljohann, Dr. Ulrich Störk, Lutz
Roschker, Berthold Theuffel-Werhahn
Herausgegeben Januar 2016
Webseite der PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
(PWC)
„Stiftungen gehen wegen niedriger Zinsen stärker ins
Risiko“
Link: http://www.pwc.de/de/steuerberatung/stiftungen-gehen-wegen-niedriger-zinsen-staerker-ins-risiko.html
Betrachtet am 19.1.2016
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