Es gibt
verschiedene Formen von Kalkulationsmodellen, mit denen in einer Arbeitsgruppe
„AG Kalkulation“ der Vertragskommission (VK SGB XII) die pauschalen
Fortschreibungssätze erarbeitet werden. Ich möchte daraus eine kleine
Mini-Serie machen und habe mir für den ersten Teil ein fiktives Beispiel
ausgedacht. Im zweiten Teil werde ich die Parameter verändern, um aufzuzeigen,
wo die Grenzen liegen. Im dritten Teil folgen dann die Kritik und das Fazit.
Das „Klassische Modell“ gewichtet die erwarteten
Steigerungssätze je nach Kostenart und rechnet dann die Teil-Steigerungssätze
zusammen. Wenn aber ein Strukturwandel bevorsteht, reichen solche
Kalkulationsmodelle nicht aus. Im Falle des zeitbasierten
Kalkulationsverfahrens, welches seit dem 1.7.2015 in Hamburg zur Anwendung
kommt, hat man auf sehr komplexer Art einen solchen Strukturwandel vorgenommen.
Dies ist aber nicht immer opportun (wer sich für die Einzelheiten interessiert,
kann in früheren Beiträgen diese nachlesen).
Bei einem Strukturwandel müssen sich die beiden
Verhandlungspartner nicht nur über den allgemeinen Steigerungssatz einigen,
sondern es geht schlicht um eine Budgetverteilung. Man verändert schließlich
die Leistungen und führt neue Vergütungssätze ein, weil es nun um eine
personenzentrierte, den individuellen Bedarf des Leistungsberechtigten
entsprechende Hilfebedarfsabdeckung geht – so zumindest wird es verkauft.
Man kann auch sagen, dass in der Sozialhilfe kurz gesagt
die Kosten allgemein vermindert werden sollen, wogegen die Verbände der
Leistungserbringer die alten Strukturen bewahren wollen. Demzufolge muss man
das Kalkulationsmodell so anpassen, dass ein tragfähiger Kompromiss für beide
Seiten entsteht. Und darum geht es beim folgenden Beispiel: das
„Kompromiss-Modell“ in der Arbeitsgruppe der VK.
Wie gesagt, das Beispiel ist fiktiv. Es soll
verdeutlichen, wie man einen Interessenausgleich finden kann.
Das Beispiel:
Bisher gibt es nur eine Form der Leistung, bei der die zu
bewilligende Behörde als Leistungsträger ein Kontingent an Stunden über einen
bestimmten Zeitraum (das ist ganz unterschiedlich nach der jeweiligen kurz-
oder langfristigen Bedarfssituation) gewährt. Der Leistungsberechtigte konnte
mit diesem Kontingent zu einem Leistungserbringer (-anbieter) gehen und sich
dort seine Leistungen (z.B. Einzel-Beratung, Betreuung, Förderung) besorgen.
Aufgrund einer bestehenden Leistungs- und Vergütungsvereinbarung konnte dann
der Leistungserbringer wiederum mit dem trägerindividuellen, einheitlichen
Stundensatz eine Abrechnung gegenüber dem Leistungsträger vornehmen.
Vor dem Hintergrund rasant ansteigender Fallzahlen,
verfolgte der überörtliche Sozialhilfeträger das Ziel, das bisherige Angebot
aufzuteilen in eine niedrigschwellige Leistung, in dem Gruppenangebote
vorwiegend erbracht werden, und eine fachpädagogische Leistung (d.h.
Fachleistungsstunde) auf Basis der jetzigen, bestehenden
Leistungsvereinbarungen.
Tatsächlich gibt es einen Anteil an niedrigschwelligen
Bedarfen, welcher mit ca. 5 % angesetzt wurde (je nach Datenlage kamen auch
andere Werte zustande). Der überörtliche Sozialhilfeträger errechnete
daraufhin, dass bei einer Deckelung der bisherigen Stundensätze für die
fachpädagogischen Leistungen und der Einführung eines neuen Stundensatzes (25 %
vom bisherigen Stundensatz) für gruppenspezifische, niedrigschwellige
Leistungen eine Absenkung des Haushaltes um 3,75 % möglich wäre.
Für die Verbände der Leistungserbringer gab es dagegen
einen Bedarf, die Vergütungen in Form der Stundensätze für die
fachpädagogischen Leistungen um etwa 6 % heraufzusetzen; dieser Prozentsatz
setzte sich zusammen aus einer erwarteten Tariferhöhung mit unterschiedlichen
Sätzen für sozialpädagogische Fach- und Nichtfachkräfte sowie einer möglichen
Anhebung der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung.
In der ersten Verhandlungsrunde standen sich beide
Parteien natürlich unversöhnlich gegenüber. Von daher musste ein Kompromiss
her.
Da die Einführung eines niedrigschwelligen Angebotes mit
einem entsprechend herabgesetzten Stundensatz hohe Priorität hatte, einigten
sich die Parteien auf diesen Punkt. Der Stundensatz für diese Leistung sollte
immer ein Viertel einer Fachleistungsstunde kosten.
Der Anteil niedrigschwelliger Bedarfe / Gruppenangebote
konnte aufgrund unterschiedlicher Datenlagen nicht genau ermittelt werden. Man
einigte sich schließlich auf 5 %. Der Anteil fachpädagogischer Leistungen /
Fachleistungsstunden wurde dagegen auf 95 % gesetzt.
Weil die Verbände eine Budgetabsenkung keinesfalls
hinnehmen wollten, verständigte man sich darauf, dass jeder Leistungserbringer
sein Vorjahres-Budget weiterhin erhält, allerdings nachrichtlich aufgeteilt in
die beiden Bedarfsgruppen. Innerhalb von Bandbreiten durften sich die
jeweiligen Anteile bewegen, ohne eine Absenkung oder Anhebung des Budgets zu
bewirken. Erst die Leistungserbringung darüber hinaus führte zu Verrechnungen
oder Nachzahlungen.
Weil mit dieser Aufteilung noch effektiv keine Erhöhung
der Stundensätze stattgefunden hatte, erhöhte man das Budget für die
fachpädagogischen Leistungen um die geforderten 6 %; in absoluten Werten
gesprochen erhöhte sich dieses Teil-Budget von 95 auf 100,7 Punkten. Doch weil
das niedrigschwellige Angebot 5 % ausmachte, aber mit einem Viertel der
Fachleistungsstunde bewertet wurde, ergab sich, wieder in absoluten Werten
gesprochen, hierfür ein Teil-Budget in Höhe von 5 mal 25 % mal Faktor 1,06 =
1,33 Punkten.
Beide Teil-Budgets zusammengerechnet ergeben somit ein
Gesamtbudget von 102,03 Punkten (d.h. 100,70 + 1,33 = 102,03 Punkte) bzw. das
Vorjahres-Budget wurde um 2,03 % angehoben.
In nachfolgenden Jahren sollten die abgerechneten
niedrigschwelligen Leistungen zur Grundlage für die Berechnung eines neuen
Budgets herangezogen werden, wenn die zuvor gesetzten Bandbreiten über- oder
unterschritten wurden.
CGS
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