Kennen
Sie den?
„Gegen
diesen Bescheid/diese Verfügung/Anordnung/Entscheidung kann innerhalb eines
Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei (Bezeichnung und Sitz der Behörde, die
den Verwaltungsakt erlassen hat) erhoben werden.“
Und
wann ist wann?
Wann ist was zu tun?
Fristen in behördlichen Schreiben (Verwaltungsakte,
Bescheide) sollten unbedingt beachtet werden. Am besten ist es, bevor man sich
überhaupt Gedanken darüber macht, worum es geht und was zu tun wäre, die Frist
gleich im Kalender eintragen und eine Erinnerung setzen. Versäumt man eine
Frist, sollte man sich sofort mit der Behörde in Verbindung setzen und
(reumütig) eine Nachfrist beantragen. Zusätzlich sollte man fragen, welche
Unterlagen und Stellungnahmen gebraucht werden – also Liste machen.
Kommt es zu solchen Fristsetzungen, befindet man sich in
einem Verwaltungsverfahren, was ganz klaren Regeln folgt. Die Regeln dazu
finden sich einerseits im sogenannten Verwaltungsverfahrens-Gesetz (VwVfG) für
den Bund wie auch in (fast identischen) Wortlauten in Ländergesetzen. Im
Steuerrecht gilt dagegen die Abgabenordnung (AO), im Sozialrecht wären es das Erste
Buch Sozialgesetzbuch wie auch das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch (SGB I und SGB
X; siehe auch weiteres dazu in den untenstehenden Notizen). Umgekehrt sollte
man als Antragsteller ebenfalls mit Fristsetzungen arbeiten, um das Verfahren
in Gang zu halten. In jedem Fall wird am Ende des Verfahrens ein Hinweis auf
den Rechtsbehelf abgegeben – wie zum Beispiel der ganz oben.
Behörden können eigene Texte als Rechtsbehelf-Hinweis
verwenden oder sich an einem Muster orientieren. Unterschieden werden kann
dabei in Rechtsbehelfe, die für sich genommen nur die gesetzlichen
Mindestanforderungen erfüllen oder zusätzliche Hinweise auf Formerfordernisse
beinhalten.
Wann was zu tun ist!
Grundsätzlich gilt, dass für die Berechnung von Fristen und
die Bestimmung von Terminen die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
(BGB) entsprechend anzuwenden sind, soweit nicht etwas anderes festgelegt
worden ist (vgl. § 31 VwVfG und fortführend; SR: § 26 SGB X). Bei einem
Verfahren muss man dazu allerdings wissen, dass die Bekanntgabe der
behördlichen Entscheidung erst mit Zugang beim Antragsteller erfolgen muss,
bevor überhaupt von einer Frist gesprochen werden kann. Die Bekanntgabe erfolgt
bei postalischer Übersendung (als Schriftsache) aber nicht mit dem Datum der
Schriftsache oder Verschickung, sondern mit der Zustellung. Beispielsweise gilt
die Übersendung des schriftlichen Verwaltungsaktes im Inland durch die Post als
am „dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben“ (§ 41 Abs. 2 S.
1 VwVfG; SR: § 37 Abs. 2 S. 1 SGB X).
Der Empfänger könnte glaubhaft machen mittels
Posteingangsstempel, wann die Bekanntgabe tatsächlich war; im Zweifel (!) hat
die Behörde den Nachweis zu führen. Man selber sollte dann aber auch bestätigen
können, dass die eigene Erreichbarkeit zu ordentlichen Werktagen gesichert war.
Der Lauf der Frist beginnt also in der Regel mit dem Tag
nach der Bekanntgabe.
Der Widerspruch muss dagegen innerhalb einer Zeitdauer oder
zu einem bestimmten Tag erfolgen. Fällt das mit der Zeitdauer „auf einen
Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist
mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags“ (z.B. § 41 Abs. 3 S. 1 VwVfG). Dabei
sollte aber das mit dem „innerhalb“ schon genau genommen werden; dazu gleich
ein Beispiel. Wird dagegen dem Empfänger mitgeteilt, dass es ein bestimmter Tag
sein muss, muss unter Hinweis auf diese Vorschrift das dem Betroffenen
mitgeteilt werden (§ 41 Abs. 3 S. 2 und Abs. 5 VwVfG; SR: § 26 Abs. 3 SGB X).
Im Zeitpunkt der Bekanntgabe wird jedenfalls ein Verwaltungsakt
gegenüber demjenigen wirksam, welcher davon betroffen ist. Das wiederum
bedeutet, dass der Widerspruch bzw. die eingeräumte Frist genau dafür keine
Aufschiebung ermöglicht (z.B. § 43 VwVfG).
Ein Beispiel
Am 20.2.2023 (ein Montag) wird ein schriftlicher
Verwaltungsakt von der Behörde erstellt und einen Tag später am 21.2.2023
(Dienstag) in die Post aufgegeben. Die Zustellung würde man grundsätzlich für
den dritten Tag nach Aufgabe annehmen, wenn nicht ein früherer Posteingang beim
Empfänger dokumentiert worden ist. Der dritte Tag wäre von daher nicht der
22.2., auch nicht der 23.2., sondern der 24.2.2023 (Freitag). Der Tag der
Zustellung entspricht auch dem Tag der Bekanntgabe.
Die Frist für den Widerspruch gemäß Hinweis aus dem
Rechtsbehelf beginnt zu laufen am Tag nach der Bekanntgabe, das wäre dann der
25.2.2023 (Sonnabend). Die Frist für den Widerspruch endet innerhalb eines
Monats nach der Bekanntgabe. Die Widerspruchsfrist beginnt zu laufen am
26.2.2023 (Sonntag) und würde zu Ende gehen einen Monat später am 25.3.2023
(Sonnabend; der Februar 2023 hatte 28 Tage). Aufgrund der Bestimmungen im
Verwaltungsverfahrens-Gesetz verschiebt sich das Ende auf den Ablauf des
folgenden Werktags, welcher daher auf den 27.3.2023 (Montag) fällt.
Am 28.3.2023 (Dienstag) wäre ein Widerspruch nicht mehr
fristgemäß.
Anstelle des Widerspruchs könnte in bestimmten Fällen die
Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand verlangt werden (§ 32 VwVfG; SR: § 27
SGB X). Eine solche Wiedereinsetzung kann in einer Rechtsvorschrift als
unzulässig ausgeschlossen werden. Wenn eine Frist aufgrund eines
„unverschuldeten“ Versäumnisses nicht beachtet wurde, kann ein entsprechender
und begründeter Antrag innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses
an die Behörde gerichtet werden. Die Behörde entscheidet über den Antrag (§ 32
Abs. 4 VwVfG; SR: § 27 Abs. 4 SGB X), wobei eine Nachholung des Versäumten
innerhalb der zwei Wochen auch ohne formalen Antrag gewährt werden kann (Abs.
3).
CGS
Notizen:
Grundsätzlich sind die Verwaltungsverfahren im Verwaltungsverfahrensgesetz
(VwVfG) festgelegt, für die Verwaltungsgerichtsbarkeit wäre es die Verwaltungsgerichtsordnung
(VwGO). In den speziellen Leistungsgesetzen (und weiter dann zum
Sozialgerichtsgesetz SGG) können diesbezüglich zwar eigene Regelungen stehen,
diese sollten aber müssen nicht deckungsgleich bestimmt sein (z.B. findet sich
in der VwGO keine Vorschrift über eine Bindungswirkung von Verwaltungsakten; §
77 SGG). Geht es also um etwas sozialrechtliches, sind die Sozialgesetzbücher
SGB I und SGB X sowie das SGG zu beachten. Handelt es sich um eine Klärung im
verwaltungsrechtlichen Bereich, würden das VwVfG und dann die VwGO maßgebend
sein. Zum Glück aber sind die Verfahrensgesetze im Prinzip wesensgleich.
Im Sozialrecht findet sich noch die Besonderheit der
wiederholten Antragstellung (§ 28 SGB X). Während in den übrigen
Rechtsbereichen nicht erneut Bezug genommen werden kann auf einen zu
entscheidenden Sachverhalt, wird im SR die Möglichkeit geschaffen, einen Antrag
auf eine andere Sozialleistung zu stellen, wenn ein Antrag auf die zuvor begehrte
Sozialleistung nicht gewährt oder vielleicht sogar zurückzuerstatten war (Abs.
1 S. 1) oder sogar der Antrag zurückgenommen wurde (S. 2). Die Nachholung kann
bis zu einem Jahr zurückgehen, muss aber innerhalb von sechs Monaten nach
Ablauf des Monats gestellt werden, „in dem die Ablehnung oder Erstattung der
anderen Leistung bindend geworden ist“ (S. 1).
Ist Unkenntnis im Spiel in Bezug auf die andere
Sozialleistung (also die, die man eigentlich nicht hätte beantragen sollen;
eine nicht vorrangige Sozialleistung), kann man die Antragstellung ebenfalls
wiederholen.
Eine weitere Besonderheit ist in der Mitwirkungspflicht
der antragstellenden Personen zu den Sozialleistungen zu finden (§ 60 ff. SGB
I). Die Antragstellung muss bestimmte Tatsachen aufführen, um die Bearbeitung
zu sichern. Ein Leistungsträger wird allerdings eine Ermessensentscheidung
treffen müssen, die ein Antragsteller wiederum mit seinen Angaben im Antrag „auf
Null reduzieren“ sollte (§ 39 SGB I). Eine Behörde ist verpflichtet, auf einen
klaren und sachdienlichen Antrag hinzuwirken (§ 16 Abs. 3 SGB I). Unvollständige
Angaben wären vom Antragsteller beizubringen. Fehlen diese und kann eine
Entscheidung nicht gefällt werden, kann es zu einem Versagen oder den Entzug
von Leistungen kommen, nachdem ein Leistungsträger schriftlich auf die Folgen
hingewiesen hat und die fehlende Mitwirkung nicht innerhalb der gesetzten Frist
nachgeholt wurde (vgl. dazu § 66 Abs. 3 und § 67 SGB I).
Quelle:
Belehrung über Rechtsbehelfe nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG); hier: neue Muster
Bezug: Mein Rundschreiben vom 23. Mai 1997 – V II 1 – 132 120/6 – (GMBl 1997, S. 282); Das Rundschreiben vom 23. Mai 1997 (GMBl 1997, S. 282) wird aufgehoben.
– RdSchr. d. BMI v. 12.8.2013 – V II 1 – 132 120/6 –
Fundstelle: GMBl 2013, S. 1150
Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur
Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der Beitrag stellt nur meine Sicht auf die
Dinge dar. Und eine solche Sicht kann sich immer noch ändern. Brauchen Sie
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Fristen im Rechtsbehelf