In Zeiten knapper Kassen, aber davon dürfte derzeit in
Hamburg nicht die Rede sein, gilt weiterhin das Trägerbudget als das
Steuerungsinstrument schlechthin. Vor einiger Zeit gab es hierzu ein Treffen
interessierter Träger von Einrichtungen. Weil noch immer eine hohe Zahl an
Leistungserbringern keine Vereinbarung über das Neue Zeitbasierte
Kalkulationsverfahren abgeschlossen hat, könnte es sein, dass einige mit dem
Gedanken eines Trägerbudgets spielen. Dies könnte zum Beispiel dadurch
erfolgen, dass sich diese Träger zu einer Sozialgenossenschaft zusammenfinden;
in einem solchen Fall würde die Behörde nur noch einen Vertragspartner haben.
Bei diesem Treffen berichtete ein (großer) Träger über
seine Erfahrungen mit dem Trägerbudget. Die Behörde hatte seinerzeit ein
solches Vergütungsmodell mit diesem Träger angestrebt, weil sie der Meinung
war, man könnte hier etwas einsparen. Im Angesicht drohender
Fallzahlen-Anstiege und Haushaltsüberschreitungen eine durchaus
nachvollziehbare Überlegung.
Mit der Übermittlung der für die Umstellung benötigten Ausgangsparameter
(Plätze, Stellen, HBG-Verteilung, Personalkosten) standen die Ergebnisse dann
auch schnell fest. Von jetzt an waren nachträgliche Änderungen der Parameter
nicht mehr möglich, es sei denn, man hätte einen gravierenden Fehler bei der
Datenaufbereitung nachweisen können – wie immer obliegt die Beweislast
demjenigen, der eine Verbesserung seiner Situation anstrebt.
Aus der Umstellung bildeten sich Nehmer- Träger
(Gewinner) und Geber-Träger (Verlierer) heraus. Es gab zwar Versuche, die
positiven Ergebnisse der Gewinne zu sozialisieren, aber welches Unternehmen
wird sich darauf einlassen? In erster Linie ist jede Geschäftsführung seinen
Eigentümern, den Kunden und den Mitarbeitern verpflichtet! Und es darf nicht
vergessen werden, dass der „Gewinn“ nur dann zur Auszahlung über die Vergütung
kommt, wenn sich in der Übergangsvereinbarung entsprechende Verpflichtungen
seitens des Nehmer-Trägers wiederfinden. Von Seiten der Behörde will man
natürlich eine Sicherstellung der Ergebnisqualität sehen, dementsprechend
erklärt sich das gestiegene Interesse an entsprechenden Formulierungen in den
Vereinbarungen. Die Nehmer-Träger möchten ihre Kostenstruktur refinanziert
haben, was aber nicht zwingend ein gegenläufiges Ziel darstellen muss.
Für die Geber-Träger gilt es jetzt, Schadensbegrenzung zu
betreiben. Die eine Möglichkeit, nämlich sich auf das geeinte Prozedere
einzulassen und im Wege einer Übergangsvereinbarung die vorhandenen Strukturen
anzupassen (z.B. Personalabbau, Zusammenlegung von Einrichtungen,
Tarifaustritt) bei gleichzeitiger Sicherstellung der Erlöse, ist keine Lösung.
Vielmehr ist eine echte Alternative zu suchen, welche das Überleben sichert und
gleichzeitig den Wünschen der Behörde entgegen kommt.
Der Zusammenschluss zu einer Sozialgenossenschaft
erscheint attraktiv, doch m.E. kann die Rechnung nicht aufgehen: Minus + Minus
= weniger Minus?
Zusammenschlüsse kennt man auch als Fusionen von
Unternehmen. So eine Fusion kann durchaus sinnvoll sein, wenn man eine
marktbeherrschende Stellung ausbauen möchte oder gemeinsam einen neuen Markt
entwickelt. Auch Kosteneinsparungseffekte (sogenannte Synergien oder
Skalierungseffekte) sind gut Gründe für eine Fusion. Doch welche Kosten werden
beim Zusammenschluss von mehreren stationären Wohneinrichtungen eingespart? –
ja, es gibt einige Kostenarten, die „verschlankt“ werden könnten, doch mit
Größe kämen auch ganz neue Aufwandsarten hinzu.
Angeblich hat die Behörde eine positive Einstellung
gezeigt zum Thema Sozialgenossenschaften. Das hängt wohl eher damit zusammen,
dass ein einzelner, großer Träger weniger Arbeit bereitet, als viele, kleinere
Träger.
Also mal angenommen, es finden sich mehrere kleinere
Träger zu einer Sozialgenossenschaft zusammen, worüber würde die Behörde mit so
einem organisatorischen Verbund im Hinblick auf ein Trägerbudget verhandeln
wollen?
• Steigende Fallzahlen bearbeiten zum Preis der alten Mengen (Erlösdeckelung).
• Kürzere Verbleibzeiten und Verselbständigung hin zu eigenem Wohnraum (Ambulantisierung von Bewohnern).
• Abbau von stationären Wohneinrichtungen und Aufbau einer ambulanten Betreuungsstruktur (Strukturumbau).
• Leistungsverschiebung hin in den Bereich der Pflege.
Man darf sich nichts vormachen: Die Anforderungen ändern
sich nicht, nur weil man jetzt eine „Familie“ von Wohneinrichtungen vertritt.
Die Deckelung der Erlöse bei gleichzeitigem Kostenanstieg aufgrund „teurer“
Tarifverhandlungen wird die Wohneinrichtungen dazu zwingen, Stellen abzubauen.
Bis zu einem gewissen Grad könnten Dienstpläne effizienter besetzt werden oder
man führt Rufbereitschaften ein. Aber der Austritt aus dem Tarif oder die
Nicht-Übernahme von Tariferhöhungen bei tarifungebundenen Unternehmen führt
nicht zu Kosteneinsparungen, vielmehr ist mit dem Austritt von Leistungsträgern
in der Mitarbeiterschaft zu rechnen.
Andererseits kann auch ein Trägerbudget „ausgetrickst“
werden, wenn bestimmte Faktoren nicht beachtet werden. Denn weil das
Trägerbudget fix ist, verteilt es sich auf alle Leistungsberechtigte im
gesamten Zeitraum. Wiederkehrer und solche, die verschiedene Maßnahmen in
Anspruch nehmen, werden ggf. doppelt gezählt. Ein Beispiel: Bewohner einer
stationären Einrichtung, welcher gleichzeitig tagsüber eine Tagesförderstätte
besucht, wird automatisch zweimal erfasst. Die Ausdifferenzierung von
Leistungen bewirkt für sich genommen bereits zu einem Fallzahl-Anstieg, ohne
dass dem tatsächlich ein Pro-Kopf-Anstieg zugrunde liegt. So erfüllt auf dem
Papier ein Trägerbudget-Träger seine Ziele, ohne dass dem eine echte Qualitäts-
und Effizienzverbesserung vorausgegangen ist.
Der Behörde geht es vorrangig darum, Haushaltsmittel
einzusparen. Ziel wäre es, dass Bedarfe nicht aus Sozialhilfemitteln gedeckt
werden, sondern aus den Ressourcen anderer Leistungsträger kommen (z.B.
Pflegeversicherung). Auch besteht nach wie vor der Glaube, dass Ambulante
Leistungen günstiger sind als Stationäre Leistungen. Die Träger mit dem
Trägerbudget versuchen dagegen, Erlöse zu generieren mit Leistungen, die eben
nicht Bestandteil der Rahmenvereinbarung zum Trägerbudget (z.B.
heilpädagogische Krisenintervention) sind. Sie werden nur dann Strukturen
verändern, wenn ihr Geschäftsmodell nicht gefährdet ist.
Damit das Trägerbudget ein Erfolg für beide Seiten wird,
denn sonst würden die entsprechenden Rahmenvereinbarungen gekündigt werden und
man müsste zurück auf „Start“, sozusagen, soll ein ständiges Begleitmanagement
eingesetzt werden; ein paritätisch besetztes Gremium, ähnlich einer Lenkungs-
oder Steuerungsgruppe. Bislang wurde sehr wenig bekannt über die Arbeit des
Begleitmanagements. Es heißt, dass das Interesse auf beiden Seiten erlahmt ist.
Ein Problem besteht wohl darin, dass die Daten, mit denen im Gremium gearbeitet
wird, teilweise veraltet und teilweise nicht nachvollziehbar erhoben worden
sind. Einen ordentlichen Data-Feed gibt es anscheinend auf keiner Seite. Und so
verbringt das Begleitmanagement viel Zeit damit, Daten der Behörde und Daten
des Trägers zu plausibilisieren. Wenn das stimmt, ist es kein Wunder, dass die
Kräfte schnell erlahmen.
Wie zur Bestätigung fand ich in einem Vorwort diesen
Satz:
„Damals [d.h. in
den Verhandlungen zu einem Trägerbudget, eig. Anm.] war unsere Überlegung: Wenn
wir der Kürzung einzelner Leistungen zustimmen, wird die Anzahl weiterer
Maßnahmen größer, weil mehr Menschen aufgrund kürzerer Betreuung häufiger
wiederkommen. Das kann keine Form der Steuerung sein!“ (Quelle: S. 3, „Zahlen,
Fälle und wie weiter? Zur Steuerung der psychiatrischen Versorgung in Berlin“,
Ausgabe 3-2009, Paritätischer Berlin)
Im Trägerbudget sehe ich vorrangig ein Mittel, mit dem
man die Trägerlandschaft neu aufteilen kann. Langfristig wird man immer wieder
zu Vergütungen zurückfinden müssen, die pro Einzelfall und pro Maßnahme gezahlt
werden.
CGS
PS:
Am 5.1.2015 hatte ich über zwei Rahmenvereinbarungen mit
Trägerbudgets berichtet und die vertraglichen Inhalte ein wenig analysiert – zu
finden über die Schlagworte „Trägerbudget“ oder „Rahmenvereinbarung“.
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