Mittwoch, 12. August 2015

Heilpädagogische Krisenintervention

In Hamburg gibt es mittlerweile drei Kalkulationssysteme für Leistungen im stationären Wohnen: Trägerbudget, Zeitbasiert und Stellenbasiert.

Das Trägerbudget wurde von den vier größten Anbietern mit der Hamburger Sozialbehörde verhandelt und beinhaltet das Versprechen, ein individuelles Hilfeangebot unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechtes des Leistungsberechtigten anzubieten. Dafür wird dann eine monatlich gleichbleibende Pauschalvergütung, unabhängig von der Anzahl der Leistungsberechtigten, von der Stadt überwiesen.

Das (neue) Zeitbasierte Kalkulationsverfahren berücksichtigt von vornherein den individuellen Hilfebedarf und fasst diesen in eine bestimmte Wochenstundenzahl. Denkbar wäre, dass dann eine Vergütung pro Stunde gezahlt wird, derzeit erfolgt allerdings die Zuordnung zu einer von vier Leistungsstufen und der entsprechenden Vergütung.

Das (altbekannte) Stellen- und Kostenbasierte Kalkulationsverfahren stellt auf die in der Leistungsvereinbarung enthaltenen Stellen bzw. den dort vorhandenen Stellenschlüssel (Personalschlüssel) ab. Da grundsätzlich eine Platzkapazität vertraglich bestimmt worden ist, ergibt sich hieraus der Stellenbedarf, welcher wiederum über Kostenansätze für Personal- und Sachkosten zu einer Vergütung führt. Auch wenn differenzierte Hilfebedarfsgruppen mittlerweile bestimmt worden sind, die Hilfebedarfsdeckung richtet sich nicht nach Zeiteinheiten, sondern nach Stellenanteilen der Einrichtung.

Doch wie geht man innerhalb der jeweiligen Leistungssysteme mit  besonderen Betreuungsbedarfen um, wie z.B. der heilpädagogischen Krisenintervention?

Eine heilpädagogische Krisenintervention ist eine außergewöhnliche Maßnahme für Menschen, die in einer psychischen Krise stecken. Man geht bei einer solchen Maßnahme davon aus, dass sie erstens nicht im Rahmen der Gesamtplankonferenz bzw. der individuellen Hilfeplanung als Regelleistung bewilligt worden ist und zweitens nur von kurzfristiger Dauer. Die Behörde spricht in diesem Fall von einer Zusammenhangsleistung für besondere Betreuungsbedarfe, mitunter auch von Einzelfallhilfen.

Beispielsweise können Menschen mit einer Lernbehinderung oder Intelligenzminderung  aufgrund des Verlustes eines nahen Angehörigen oder wegen eines anderen substantiellen Erlebnisses (Gewalt, Einrichtungsumzug, Krankheit und dergleichen) hohen Stress erleben, welchen sie adäquat nicht verarbeiten können. Impulsives, aggressives Verhalten gegenüber anderen und sogar sich selber, mangelnde Eigenkontrolle / Selbststeuerung, Angstzustände usw. müssen dann durch Psychologen behandelt werden – also spezielle Fachleute, die normalerweise in einer Wohngruppe nicht tätig sind.

Während bei den zeit- und stellenbasierten Kalkulationsverfahren durchaus eine befristete Anhebung der vergüteten Hilfebedarfsgruppe (i.d.R. HBG 4 zu HBG 5, oder LS 3 zu LS 4) zu einer erweiterten Leistungserbringung führen kann, erfolgt im Trägerbudget keine gesonderte Budgetanhebung. Leistungserbringer mit Trägerbudget haben ein pauschales Leistungsversprechen abgegeben und müssen mit den vorhandenen Ressourcen auskommen. Im Endeffekt sollte es dennoch keine Minderleistung geben; gerade diejenigen Träger, welche ein Trägerbudget vereinbaren konnten, verfügen im Gegensatz zu kleineren Einrichtungsträgern über die Möglichkeit, Skalierungseffekte auszunutzen.

Die Anhebung der vergüteten Hilfebedarfsgruppe ermöglicht ein zusätzliches Budget, mit dem Leistungen eingekauft werden können. Eine Einrichtung kann mit diesen Mitteln eigenes Personal finanzieren, aber auch Honorarkräfte beauftragen. Alternativ dazu kann die bewilligende Behörde die Mittel, die sich aus der Differenz zwischen den zwei Hilfebedarfsgruppen ergeben, auch an den Leistungsberechtigten im Rahmen eines persönlichen Budgets direkt auszahlen (damit hätte man ein viertes Kalkulationssystem im Konzert der anderen Vergütungssysteme). Die Auswahl und Einstellung erfolgt dann durch den Leistungsberechtigten bzw. den rechtlichen Betreuer. Anstelle einer Budgetierung nach Hilfebedarfsgruppen ist natürlich auch eine Ermittlung von Stunden und einem standardmäßig vereinbarten Stundensatz für die Fachleistungen möglich.

Im Ambulanten Bereich geht die bewilligende Behörde übrigens in der Regel davon aus, dass eine Aufstockung der Wochenstundenzahl um 20 % ausreichend ist. Im Stationären Bereich liegt der Rahmen bei 25 Stunden über einen Zeitraum von 3 Monaten.

CGS




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