Das Thema ist
überraschend komplex. Mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) entsteht zusätzliche
Bewegung, wobei sich an der Sache selbst nichts ändern wird. Auch wenn die
Komplexleistung aus Eingliederungshilfe und Grundsicherung aufgetrennt wird und
die Zahlungswege neu sortiert werden, die in den Einrichtungen lebenden
Menschen (neudeutsch: „besondere Wohnformen“) brauchen nach wie vor einen
Geldbetrag, um den „weiteren notwendigen Lebensunterhalt“ (§ 27 b Abs. 2 S. 1
SGB XII) bestreiten zu können.
Zugleich muss der
Umgang mit Geld begleitet und betreut werden. Dies bedeutet aber nicht, dass zu
den vereinbarten Leistungen die Vermögenssorge bzw. die Treuhandverwaltung des
Vermögens des Bewohners zählt. Diese Arbeit ist eine andere
Leistungserbringung, die mit einem separaten Vertrag geregelt sein muss.
Folgerichtig braucht es eine Kontrolle durch eine zweite Ebene, um das
4-Augen-Prinzip einzuhalten für diese (wahrscheinlich unentgeltliche Zusatz-)
Leistung.
Passiert an dieser Stelle
nichts, ergibt sich ein Haftungsrisiko.
Was besondere Wohnformen mit
dem Barbetrag zu tun haben
Bei dem Barbetrag handelt es sich um einen Anspruch auf
Leistungen der Sozialhilfe, mit dem ein Teil des Lebensunterhaltes abgedeckt
werden soll (§ 27 b SGB XII). Es ist ein feststehender Geldbetrag *),
der zu den Grundsicherungsleistungen gehört. Wenn Menschen vollstationär
untergebracht sind und versorgt werden, wird die Grundsicherung Bestandteil der
Vergütung an die Leistungserbringer mit Ausnahme dieses kleinen Anteils.
Im Vorwege zum Bundesteilhabegesetz (ganz zu Beginn mit dem
Titel „Bundesleistungsgesetz“ versehen) debattierte man die Einführung eines
„Bundesteilhabegelds“, um eine Wirtschaftskraft zu erzeugen. Stattdessen ersann
man einen neuen Begriff für das vollstationäre Wohnen: „besondere Wohnformen“.
Und folgerichtig eröffnete sich damit ein Zugang zu den
Grundsicherungsleistungen mit den Regelbedarfen (Regelbedarfsätze als
Geldleistungen).
Mit der Klassifizierung als „besondere Wohnformen“ und der
Trennung zwischen Fachleistung und Grundsicherung, müssen neue Verträge
vereinbart werden zwischen den Einrichtungen und Diensten als
Leistungserbringer und den leistungsberechtigten Menschen als Verbraucher. Nur
so kann ein Leistungsträger seine Kostenübernahme erklären. Die neuen
rechtlichen Rahmenbedingungen verlangen es, auch wenn sich ansonsten an der
Sache nichts ändert.
Den Umgang mit Geld fördern und
regeln
Die Herausforderungen sind jedenfalls immens. Die
Fachleistung „Eingliederungshilfe“ wird wie gesagt von der existenzsichernden
Leistung „Grundsicherung“ getrennt. **)
In einer neuen Form der bisher bekannten Gesamtplankonferenz
wird mit einem größeren Kreis an möglichen Leistungsträgern der individuelle
Teilhabebedarf des „die Leistung begehrenden“ Antragsstellers bestimmt. Gleichzeitig
will man prüfen, welche Gelder zur Verfügung stehen, damit am Ende noch ein
Betrag für sonstige Bedarfe übrig bleibt, wie z.B. Hobby, Unterwäsche,
Naschkram und Shampoo. Dieser Restbetrag wird in etwa dem bisherigen Barbetrag
zur persönlichen Verfügung entsprechen. Die gesamten Grundsicherungsleistungen
könnten direkt an den Leistungsberechtigten ausgezahlt werden, damit dieser
quasi frei verfügend seinen Lebensunterhalt bestreiten kann – halt so, wie
jeder andere Bezieher von Grundsicherungsleistungen auch.
Wird das gehen? – Viele versuchen sich das jetzt
vorzustellen und sehen da ein Problem, weil eben nicht jeder Mensch mit Geld
umgehen kann. Wenn eine rechtliche Betreuung stattfindet, wird dieser Punkt
wahrscheinlich in der Vermögenssorge geregelt sein. Aber so ganz sicher ist das
nicht. Und es gibt noch immer sehr viele Betreute, die noch gar kein eigenes
(Basis-) Konto bei einer Bank haben; in manchen Fällen erhalten die Angehörigen
den Barbetrag.
Das Aufgabenfeld der
Leistungserbringer
Der Umgang mit Geld ist eine Leistungserbringung, die sich
in der jeweiligen Leistungsvereinbarung und / oder im IHP / Förderplan
wiederfindet; also eine Aufgabe, die auf die Förderung des
leistungsberechtigten Menschen abzielt. Keinesfalls ist damit die
Vermögenssorge gemeint, wie es manchmal geglaubt wird. Die treuhänderische
Verwahrung von Bewohner-Geldern ist erforderlich, ja sie geschieht zwingend,
weil schließlich beim Einkauf unterstützt wird.
Es gibt hin und wieder Betreuer, die von der Heimleitung die
Einrichtung eines Bankkontos für den Bewohner verlangen. Und bei sporadischen
Besuchen wird so viel Geld mitgebracht, dass es zu einem offenen Gefahrenpunkt
wird. Oder auch gar nicht – also gar keine Versorgung mit Geldmitteln, weil die
„geistig Behinderten“ davon nichts verstehen würden, so eine etwas forsche und
rüstige Elternbeirats-Person (vor etwa 10 Jahren bei einer Einrichtungsfeier). Und
erfreulicherweise ganz umgekehrt erlebt man die Überbringung von „Haushaltsgeld“
bei regelmäßig stattfindenden Monats-Besuche von (Berufs-) Betreuern.
Während also der Umgang mit Geld im Beisein des Bewohners
eine Leistung ist, die ihre Grundlage in der Leistungsvereinbarung bzw. IHP /
Förderplan findet, braucht es für die treuhänderische Arbeit mit dem
Bewohner-Geld einen Vertrag. In diesem Vertrag müssen die Beteiligten genannt
werden (Treugeber des Geldes und Treuhänder) und was die Beteiligten machen
sollen (z.B. Verwahrung, mit Barmitteln etwas tun, Rechenschaft ablegen und
über den Barbestand berichten).
Mit dem Vermögen kann etwas passieren, das so nicht gewollt
war. Wer haftet und in welchem Umfang? Und wird der Treuhänder vom Treugeber
für diese Arbeit vergütet?
Die Treuhandverwaltung als eine
andere Leistungserbringung
Die Verwaltung eines Treuhandvermögens gehört eigentlich
nicht zu den Fachleistungen, immerhin gibt es dafür die rechtlichen Betreuer.
In einem gewissen Umfang muss es jedoch hingenommen werden, dass ein
Leistungserbringer Ressourcen für diese Tätigkeit einsetzt, da die Förderung
des Umgangs mit dem Geld wiederum zu den Fachleistungen gehört. Die Abgrenzung ist
schwierig, aber sie muss beachtet werden, damit keine zweckfremde Aktivität
sich entfaltet.
Weil die Heimleitung vielleicht zu sehr mit der Frage
konfrontiert ist, wie mit Treuhandvermögen umzugehen ist
(Zugriffsbeschränkungen, Kassenverwaltung), muss eigentlich die übergeordnete
Leitungsebene (Bereichsleitung) hier maßregelnd und sogar kontrollierend
eingreifen.
Dieser Punkt kann allerdings von einer Verwaltungsstelle viel
besser übernommen werden (Interne Revision); gerade bei Fehlern in der
Kassenführung, können Leute mit Erfahrung in der Belegkontrolle und Buchhaltung
schnell bei der Aufklärung helfen. Die Verwaltung sollte ohnehin mehr
involviert sein und prüfen, damit ggf. ein ausreichender Versicherungsschutz
für das Haftungsrisiko vorhanden ist und das bei Geldsachen erforderliche „4-Augen-Prinzip“
eingehalten wird (Control Risk, Inherent
Risk). Ebenso müssen besondere Maßnahmen eingeleitet werden, um das Kontroll-Risiko
als Teil des betrieblichen Risiko-Managements zu verringern. ***)
Ein Fehlbetrag ist nicht nur ärgerlich für die Person, der
das Geld gehört. So ein Fehler zerstört das Vertrauen in die gesamte Arbeit des
Leistungserbringers. Zuerst könnte man denken, dass sich ein Treugeber (die
leistungsberechtigte und nun enttäuschte Person) damit abfinden muss; ein
Treuhänder hat schließlich nur aus zeitlicher Überforderung diesen Verlust
verursacht – aus Vorsatz ist das doch nicht passiert. Von einer Wegnahme kann dennoch
gesprochen werden, da gegen den Willen des Betroffenen eine Gewahrsamsaufhebung
mit einer Gewahrsamsneubegründung stattgefunden hat (§ 242 f. StGB).
Und was es auch schon gegeben hat, ist der Versuch von
Angehörigen, ihr eigenes Vermögen zu „parken“. Die Erlangung eines
wirtschaftlichen Vorteils oder das Sparen von Steuern ist noch keine
rechtsmissbräuchliche Gestaltung. Holen die Angehörigen das Vermögen zu einem
späteren Zeitpunkt zurück, kann ein derartiges Verhalten als unangemessen
bezeichnet werden (vgl. dazu § 42 Abs. 2 AO).
Es braucht eine geordnete Treuhandverwaltung.
CGS
*) = Der Barbetrag wird als ein „feststehender“
Geldbetrag zur Auszahlung gebracht, aber er unterliegt dem Grundsatz der
Erforderlichkeit und könnte theoretisch auch in einer anderen Betragshöhe zur
Auszahlung gelangen.
**) = Das bedeutet allerdings nicht, dass in jedem Fall
Leistungen der Grundsicherung zur Auszahlung kommen. Wie bisher muss eine
Anrechnung von anderen Einkünften, wie z.B. Werkstatt-Einkommen und Renten,
vorrangig erfolgen, um den noch ungedeckten Bedarf festzustellen.
***) = Es liegen mir keine ausreichenden
Vergleichsmöglichkeiten vor, dennoch vermute ich sehr stark, dass bei vielen
Leistungserbringern ein erheblicher Mangel vorhanden ist. Aus eigener Erfahrung
sind relativ hohe Fehlbeträge bei vielen Leitungskräften bekannt (etwa alle
drei Jahre ein Fall im dreistelligen Bereich). Erst mit Hinzuziehung von
Mitarbeitern der Buchhaltung oder Verwaltungsfachkräften konnten diese Risiken
eingedämmt werden.
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Treuhänderische Verwaltung von Barbeträgen