„Vor der Krise hörte man von den Verschwörungstheoretikern, dass das Virus extrem tödlich ist und wir alle sterben werden, weil man es uns verheimlicht. Jetzt wird behauptet, dass das Virus in Wirklichkeit ganz harmlos sei und alle Maßnahmen getroffen wurden, um uns unsere Grundrechte zu nehmen.“
Das liest sich manchmal sogar ein wenig krasser. Doch
seitdem wir die Diskussionen führen über mögliche Lockerungen, ist sehr viel
Meinungsmache zu hören. Wie war das denn jetzt überhaupt mit dem Coronavirus?
Seit wann haben wir es denn? – ich denke, man sollte sich noch einmal mit dem
geschichtlichen Ablauf beschäftigen, um für sich einmal zu verstehen, ob man
nicht hätte früher reagieren können. Und gerade wenn man sich mit einer
betrieblichen Pandemieplanung beschäftigen muss, wann wäre denn der Zeitpunkt
für eine Vorbereitung?
Nach wie vor wird viel Kritik geübt an der allgemeinen
Panik in der Bevölkerung, der großen Sorgenfalten und der Angst („Massenhypnose“).
Muss man solche Krisen wirklich ernst nehmen, wenn nur ein ganz kleiner Anteil
an Erkrankten verstirbt? – ich frage mich da, ob eine solche Kritik richtig
begründet ist. Die betriebliche Pandemieplanung wird vermutlich ein Erfordernis
sein, dem man sich stellen muss als Politiker, Behörde oder Unternehmer. Wenn
man sich jetzt einfangen lässt von bestimmten Interessen-Gruppen, wird es am
Ende keine effektive betriebliche Pandemieplanung geben.
Für mich gab es Ende 2019 das Thema BTHG. Damit sollte es
am 1.1.2020 losgehen, und man kann sagen, dass mich diese Vorbereitungen ganz
gut beschäftigten. Den Blick über den Tellerrand, geschweige denn auf so was
wie eine Pandemie, gab es leider nicht. Noch im Januar wurde immer wieder nach
dem Risiko einer Umsatzsteuer-Last auf die Lebensmittelversorgung gefragt und
die ersten Probleme in den Grundsicherungszahlungen an die leistungsberechtigen
Menschen mussten gelöst werden. Das war damals das „wichtigste“.
Mitte-Ende Februar gab es auf einmal die ersten
Befürchtungen, dass die Planungen zum Infektionsschutz von behinderten Menschen
nicht ausreichend seien; zumindest wurde dies im eigenen Umfeld plötzlich
thematisiert. An noch höherer Stelle verlachte man solche Behauptungen sogar (auch
bei mir, muss ich zugeben). Doch dann setzte bei manchem ein Denkprozess ein,
der zeigte, es muss vielleicht etwas unternommen werden (und die Erkenntnis,
dass man auf die Mitarbeitenden hören sollte). Schließlich ging es los: „Schlag
auf Schlag“.
Zeitsprung zurück: Ende Dezember und Anfang-Mitte Januar
verhandelten China und die USA um ein Einigungs-Paket. Zu der Zeit hatte alle
Welt den sogenannten Handelsstreit im Auge und die Börsen freuten sich, dass
man eine Teil-Einigung unterzeichnen wollte. Die USA erklärten daraufhin, dass
man China nicht mehr als „Währungsmanipulator“ nennen wollte. In den USA selber
beherrschte die Schlagzeilen das „Impeachment“-Verfahren, im Nahen Osten hatte
der Krieg wieder eine neue Facette der Unmenschlichkeiten offenbart. Von der
Epidemie in China war zu der Zeit nichts in den etablierten Nachrichten-Kanälen
(Mainstream) zu hören: Es war noch
kein Thema.
Wie es zum Thema endlich wurde
Am 22.1.2020 gab es eine Meldung über eine
Lungenkrankheit in China in der Tagesschau. Berichtet wurde zu der Zeit über
440 Fällen und 9 Verstorbene. Hinzu kam die Information, dass das Virus die USA
erreicht hätte. Schon einen Tag später zeigte die Tagesschau Bilder von
Soldaten, die den Bürgern die Temperatur an der Stirn abnahm. Und zugleich
wurde berichtet, dass Peking seine Neujahrsfeiern abgesagt hätte. Nun waren es
720 Fälle und 18 Tote. Musste sich Deutschland da irgendwie wappnen,
verwunderten sich einige, wenige Leute?
In einem Artikel an dem Tag wurde gesagt: „Das
Bundesgesundheitsministerium und das für die Lagebewertung maßgebliche Robert
Koch-Institut […] sehen zumindest in Deutschland keinen Grund zur Panik.“ In
einem Interview, was einen Tag früher erschien, mit dem bundesweit nun sehr
bekannten Virologen Christian Drosten von der Charité, sagte dieser zum Ende
hin: „Ja, aus meiner Sicht ist es sinnvoll, jetzt vielleicht etwas
überempfindlich zu reagieren. Denn wir wissen zu wenig und wir sehen
gleichzeitig, dass sich das Ganze offenbar eben wirklich verbreitet, und
überraschend schnell.“ (Quellenangaben weiter unten).
Auch wenn sich beides scheinbar widerspricht, man wollte
in dem Moment sicherlich beruhigen und vorbereiten (was meiner Ansicht nach
sehr vernünftig ist). Möglicherweise hat es hier eine Absprache gegeben, die
man durchaus als eine Manipulation ansehen kann (nudging). Geschah dies aber zum Schaden der Bevölkerung? Am
30.1.2020 vermeldeten die Nachrichten jedenfalls, dass der WHO-Notfallausschuss
tagen wollte über die Einschätzung, dies sei ein Internationaler Notfall (man
war zu der Zeit vielleicht etwas über-vorsichtig in Bezug auf das Verhältnis zu
China?). Zugleich wurde bekannt, dass es in China weit über 7.000 Infizierte
und 170 Verstorbene gab.
Die Bundesregierung, aber auch viele andere Länder inklusive
die USA, begann zu dieser Zeit, die eigenen Staatsbürger aus der Stadt Wuhan in
China zu evakuieren. Dass sich innerhalb einer Woche die Zahlen verzehnfacht
hatten, Beratungen auf höchster Ebene und Vorbereitungen für Evakuierungen
stattfanden, hätte ein Alarmsignal sein müssen.
Wie man damit umging
Wenn man es genauer nehmen möchte, dann gab es schon am
13.1.2020 sehr detaillierte Informationen über das neue Coronavirus. Die WHO
berichtete zum Beispiel, dass am 31.12.2019 das regionale Büro der
Weltgesundheitsorganisation von der Volksrepublik China unterrichtet wurde über
eine neue Lungenkrankheit in Wuhan, einer Stadt in der Hubei-Provinz. Die
Entdeckung des Virus geschah jedoch erst am 7.1.2020: 2019-nCoV. Drei Tage
später veröffentlichte die WHO daraufhin diverse Empfehlungen an alle Länder,
wie sie sich auf das Virus vorbereiten könnten und was zu tun wäre. Und weitere
drei Tage später wurde über einen Fall in Thailand berichtet (siehe dazu auch
Quellenangaben und Zitate weiter unten).
Im Nachhinein ist man natürlich viel schlauer. Doch diese
aufgezählten Ereignisse zeigen, dass man sich mit dem Thema spät
auseinanderzusetzen begann. Ein Bewusstsein für diese sehr neuartige Krise zu
bilden, das musste in kurzer Zeit bei den Bürgern geschehen.
Die Meinungsbildung verlief bei einigen sehr schnell, bei
vielen anderen nur sehr zögerlich. Kein Wunder also, dass diejenigen, die noch
heute keine Gefahr für sich sehen, von einer „Panikmache“ sprechen. Und in der
Tat ist es so, dass bis zum heutigen Tag knapp 0,2 % der deutschen Bevölkerung
sich infiziert hat – nachweislich und laborbestätigt, muss man allerdings etwas
einschränken, denn die Dunkelziffer ist nicht wirklich bekannt. Das wäre somit
die Infizierten-Quote, die Fallsterblichkeit wiederum liegt zurzeit bei 4 %.
In einem Nachrichten-Kanal, der von besonders kritischen
Mitmenschen gerne besucht wird, wurde am 4.3.2020 ein recht gut geschriebener
Artikel veröffentlicht. Der Autor sagte darin, dass das „Coronavirus […] nicht
schlimmer ist als das Grippevirus“. Und er ging noch weiter und erklärte, es
würden „… viel zu wenige Menschen an ihm, nämlich Schätzungen zu Folge 0,5
Prozent, was evident mit einem Grippevirus ist…“ sterben (auf die Quellenangabe
und Namensnennung verzichte ich ausnahmsweise an dieser Stelle aus persönlichen
Gründen).
Die Entwicklung bis heute spricht eindeutig gegen diese
Annahme. Und in manchen europäischen Ländern, also quasi in unmittelbarer
Nachbarschaft, liegt der Anteil der Todesopfer durch dieses „Grippevirus“ schon
bei weit über 10 % (z.B. Italien = 14 %). Man muss zwar feststellen, dass das
statistische Bundesamt noch keine Auffälligkeiten bei der „Übersterblichkeit“
in den ersten drei Monaten gefunden hat, doch diese Entwicklung ist vermutlich
Resultat des Krisenmanagements und der schnellen Diagnostik. Statt wie in
anderen Ländern auf den ersten Todesfall zu warten und dann zu reagieren, gab
es bereits Ende Februar erste veröffentlichte Fallzahlen.
Dem Autor von oben ging es aber um ein Phänomen, was wirklich
ein Problem darstellt: Panik-Reaktionen. Zuerst gerieten die Finanzmärkte in
Panik, dann plötzlich waren viele Lebensmittel und Hygiene-Artikel total
ausverkauft. An vielen Stellen wurde über-reagiert. Der Autor schrieb: „Im
Grunde ist das, was derzeit hier wegen des Coronavirus geschieht, alles
Psychologie, Massenhypnose.“
Und da muss ich sowohl zustimmen als auch – erneut –
dagegen sprechen.
Wie mich Meinungen beeinflussen
Es ist richtig, dass mit Gefühlen Menschen fremdgesteuert
werden. Und man kann natürlich annehmen, dass diese „Widersprüchlichkeiten“ in
den ersten Stellungnahmen des RKI und dem Interview mit Herrn Drosten durchaus
„wohl überlegt“ waren. Hätte man gleich alle „Alarm-Glocken“ läuten lassen
müssen? Auch unter den Regierenden musste eine Bewusstseinsbildung passieren.
Oder hätte man es einfach so lange ignorieren können, bis
die ersten 10, 100 oder 1.000 Tote gezählt wurden (das wären bei den 4 %
lapidar mal 4.000, 40.000 oder 400.000 Infizierte)? Zu irgendeinem Zeitpunkt muss
schließlich eine Entscheidung getroffen werden, und dann wäre es doch für die
Allgemeinheit besser, man ergreift Schutzmaßnahmen früh.
Um eine Überreaktion zu minimieren (völlig vermeiden geht
nicht) und um eine angemessene Reaktion in der Bevölkerung zu erreichen (ein
jeder soll sich vorbereiten können), muss man mit Psychologie arbeiten. Da kann
ich zustimmen. Aber es findet jetzt keine „Massenhypnose“ statt – wie sollte
das überhaupt gelingen? Jedenfalls kann ich für mich und meine Umgebung
ausschließen, dass wir Hypnotisierte sind.
Die Verwendung derartiger Begriffe zeigt mir allerdings,
dass der Schreiber sehr wütend ist und mit seiner Wut anstecken möchte.
Dahinter verbirgt sich selbst „Psychologie“, die mich zu beeinflussen versucht.
Wenn ich solche Texte lese, fühle ich mich „verlockt“, und das will ich nicht.
Was mir im Gegensatz dazu besser gefallen hatte, war das nüchterne Verhalten
des Herrn Drosten. Natürlich kann der sich geirrt haben in seinen
Einschätzungen, der Autor von dem Artikel aus dem besonderen Nachrichten-Kanal hat
es jedenfalls („0,5 %“).
Mit Angst kann man Menschen verleiten, verwirren und
ablenken. Das gelingt eine Zeitlang immer ganz gut, bis die Menschen gelernt
haben, mit der Angst umzugehen. Nun sah ich verschiedentlich Personen mit dem
Mund-Nasen-Schutz und Gummihandschuhen im Auto sitzen. Sahen die ängstlich aus
oder reagierten sie panisch? – Nein. Sie verhielten sich vielleicht
weisungskonform. Hypnotisiert wirkten sie auf mich keinesfalls. Ist so ein
Verhalten übertrieben? – Ja. Aber in meinen Augen übertreiben es viele
Fußballfans auch mit ihrem Geschrei. Die Kraftworte des artikelschreibenden
Wüterichs sind für mich eine Meinungsmache, hinter der eine ziemlich
oberflächliche Weltanschauung steht. Er agiert mit Angst und macht sich damit
genauso schuldig, wie jeder andere auch – auch ich.
CGS
Quellen:
ARD Tagesschau
Stand: 22.01.2020 11:56 Uhr
Coronavirus in China
Stand: 21.01.2020 12:03 Uhr
Coronavirus
Stand: 30.01.2020 05:57 Uhr
WHO
… On 31 December 2019, the WHO China Country
Office was informed of cases of pneumonia of unknown etiology (unknown cause)
detected in Wuhan City, Hubei Province of China. A novel coronavirus
(2019-nCoV) was identified as the causative virus by Chinese authorities on 7
January.
On 10 January, WHO published a range of interim
guidance for all countries on how they can prepare for this virus, including how
to monitor for sick people, test samples, treat patients, control infection in
health centres, maintain the right supplies, and communicate with the public
about this new virus.
Common signs of infection include respiratory
symptoms, fever, cough, shortness of breath and breathing difficulties. In more
severe cases, infection can cause pneumonia, severe acute respiratory syndrome,
kidney failure and even death. …
13 January 2020 News release
The World Health Organization (WHO) is working
with officials in Thailand and China following reports of confirmation of the
novel coronavirus in a person in Thailand.
The person was a traveler from Wuhan, China,
and was identified by Thai officials on 8 January, and hospitalized that day.
The person is recovering from the illness according to Thai officials.
The possibility of cases being identified in
other countries was not unexpected, and reinforces why WHO calls for on-going
active monitoring and preparedness in other countries. WHO has issued guidance
on how to detect and treat persons ill with the new virus.
The genetic sequencing shared by China enables
more countries to rapidly diagnose patients.
WHO reiterates that it is essential that
investigations continue in China to identify the source of this outbreak and
any animal reservoirs or intermediate hosts.
Given developments, WHO Director-General Dr
Tedros Adhanom Ghebreyesus will consult with Emergency Committee members and
could call for a meeting of the committee on short notice.
Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur
Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der Beitrag stellt nur meine Sicht auf die
Dinge dar. Brauchen Sie rechtliche Unterstützung, wenden Sie sich an die
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