Samstag, 2. Mai 2020

Die Meinungsmache und Meinungsbildung der Krise – meine Meinung

„Vor der Krise hörte man von den Verschwörungstheoretikern, dass das Virus extrem tödlich ist und wir alle sterben werden, weil man es uns verheimlicht. Jetzt wird behauptet, dass das Virus in Wirklichkeit ganz harmlos sei und alle Maßnahmen getroffen wurden, um uns unsere Grundrechte zu nehmen.“
Das liest sich manchmal sogar ein wenig krasser. Doch seitdem wir die Diskussionen führen über mögliche Lockerungen, ist sehr viel Meinungsmache zu hören. Wie war das denn jetzt überhaupt mit dem Coronavirus? Seit wann haben wir es denn? – ich denke, man sollte sich noch einmal mit dem geschichtlichen Ablauf beschäftigen, um für sich einmal zu verstehen, ob man nicht hätte früher reagieren können. Und gerade wenn man sich mit einer betrieblichen Pandemieplanung beschäftigen muss, wann wäre denn der Zeitpunkt für eine Vorbereitung?

Nach wie vor wird viel Kritik geübt an der allgemeinen Panik in der Bevölkerung, der großen Sorgenfalten und der Angst („Massenhypnose“). Muss man solche Krisen wirklich ernst nehmen, wenn nur ein ganz kleiner Anteil an Erkrankten verstirbt? – ich frage mich da, ob eine solche Kritik richtig begründet ist. Die betriebliche Pandemieplanung wird vermutlich ein Erfordernis sein, dem man sich stellen muss als Politiker, Behörde oder Unternehmer. Wenn man sich jetzt einfangen lässt von bestimmten Interessen-Gruppen, wird es am Ende keine effektive betriebliche Pandemieplanung geben.


Wie war es damals denn so?

Für mich gab es Ende 2019 das Thema BTHG. Damit sollte es am 1.1.2020 losgehen, und man kann sagen, dass mich diese Vorbereitungen ganz gut beschäftigten. Den Blick über den Tellerrand, geschweige denn auf so was wie eine Pandemie, gab es leider nicht. Noch im Januar wurde immer wieder nach dem Risiko einer Umsatzsteuer-Last auf die Lebensmittelversorgung gefragt und die ersten Probleme in den Grundsicherungszahlungen an die leistungsberechtigen Menschen mussten gelöst werden. Das war damals das „wichtigste“.

Mitte-Ende Februar gab es auf einmal die ersten Befürchtungen, dass die Planungen zum Infektionsschutz von behinderten Menschen nicht ausreichend seien; zumindest wurde dies im eigenen Umfeld plötzlich thematisiert. An noch höherer Stelle verlachte man solche Behauptungen sogar (auch bei mir, muss ich zugeben). Doch dann setzte bei manchem ein Denkprozess ein, der zeigte, es muss vielleicht etwas unternommen werden (und die Erkenntnis, dass man auf die Mitarbeitenden hören sollte). Schließlich ging es los: „Schlag auf Schlag“.

Zeitsprung zurück: Ende Dezember und Anfang-Mitte Januar verhandelten China und die USA um ein Einigungs-Paket. Zu der Zeit hatte alle Welt den sogenannten Handelsstreit im Auge und die Börsen freuten sich, dass man eine Teil-Einigung unterzeichnen wollte. Die USA erklärten daraufhin, dass man China nicht mehr als „Währungsmanipulator“ nennen wollte. In den USA selber beherrschte die Schlagzeilen das „Impeachment“-Verfahren, im Nahen Osten hatte der Krieg wieder eine neue Facette der Unmenschlichkeiten offenbart. Von der Epidemie in China war zu der Zeit nichts in den etablierten Nachrichten-Kanälen (Mainstream) zu hören: Es war noch kein Thema.


Wie es zum Thema endlich wurde

Am 22.1.2020 gab es eine Meldung über eine Lungenkrankheit in China in der Tagesschau. Berichtet wurde zu der Zeit über 440 Fällen und 9 Verstorbene. Hinzu kam die Information, dass das Virus die USA erreicht hätte. Schon einen Tag später zeigte die Tagesschau Bilder von Soldaten, die den Bürgern die Temperatur an der Stirn abnahm. Und zugleich wurde berichtet, dass Peking seine Neujahrsfeiern abgesagt hätte. Nun waren es 720 Fälle und 18 Tote. Musste sich Deutschland da irgendwie wappnen, verwunderten sich einige, wenige Leute?

In einem Artikel an dem Tag wurde gesagt: „Das Bundesgesundheitsministerium und das für die Lagebewertung maßgebliche Robert Koch-Institut […] sehen zumindest in Deutschland keinen Grund zur Panik.“ In einem Interview, was einen Tag früher erschien, mit dem bundesweit nun sehr bekannten Virologen Christian Drosten von der Charité, sagte dieser zum Ende hin: „Ja, aus meiner Sicht ist es sinnvoll, jetzt vielleicht etwas überempfindlich zu reagieren. Denn wir wissen zu wenig und wir sehen gleichzeitig, dass sich das Ganze offenbar eben wirklich verbreitet, und überraschend schnell.“ (Quellenangaben weiter unten).

Auch wenn sich beides scheinbar widerspricht, man wollte in dem Moment sicherlich beruhigen und vorbereiten (was meiner Ansicht nach sehr vernünftig ist). Möglicherweise hat es hier eine Absprache gegeben, die man durchaus als eine Manipulation ansehen kann (nudging). Geschah dies aber zum Schaden der Bevölkerung? Am 30.1.2020 vermeldeten die Nachrichten jedenfalls, dass der WHO-Notfallausschuss tagen wollte über die Einschätzung, dies sei ein Internationaler Notfall (man war zu der Zeit vielleicht etwas über-vorsichtig in Bezug auf das Verhältnis zu China?). Zugleich wurde bekannt, dass es in China weit über 7.000 Infizierte und 170 Verstorbene gab.

Die Bundesregierung, aber auch viele andere Länder inklusive die USA, begann zu dieser Zeit, die eigenen Staatsbürger aus der Stadt Wuhan in China zu evakuieren. Dass sich innerhalb einer Woche die Zahlen verzehnfacht hatten, Beratungen auf höchster Ebene und Vorbereitungen für Evakuierungen stattfanden, hätte ein Alarmsignal sein müssen.


Wie man damit umging

Wenn man es genauer nehmen möchte, dann gab es schon am 13.1.2020 sehr detaillierte Informationen über das neue Coronavirus. Die WHO berichtete zum Beispiel, dass am 31.12.2019 das regionale Büro der Weltgesundheitsorganisation von der Volksrepublik China unterrichtet wurde über eine neue Lungenkrankheit in Wuhan, einer Stadt in der Hubei-Provinz. Die Entdeckung des Virus geschah jedoch erst am 7.1.2020: 2019-nCoV. Drei Tage später veröffentlichte die WHO daraufhin diverse Empfehlungen an alle Länder, wie sie sich auf das Virus vorbereiten könnten und was zu tun wäre. Und weitere drei Tage später wurde über einen Fall in Thailand berichtet (siehe dazu auch Quellenangaben und Zitate weiter unten).

Im Nachhinein ist man natürlich viel schlauer. Doch diese aufgezählten Ereignisse zeigen, dass man sich mit dem Thema spät auseinanderzusetzen begann. Ein Bewusstsein für diese sehr neuartige Krise zu bilden, das musste in kurzer Zeit bei den Bürgern geschehen.

Die Meinungsbildung verlief bei einigen sehr schnell, bei vielen anderen nur sehr zögerlich. Kein Wunder also, dass diejenigen, die noch heute keine Gefahr für sich sehen, von einer „Panikmache“ sprechen. Und in der Tat ist es so, dass bis zum heutigen Tag knapp 0,2 % der deutschen Bevölkerung sich infiziert hat – nachweislich und laborbestätigt, muss man allerdings etwas einschränken, denn die Dunkelziffer ist nicht wirklich bekannt. Das wäre somit die Infizierten-Quote, die Fallsterblichkeit wiederum liegt zurzeit bei 4 %.

In einem Nachrichten-Kanal, der von besonders kritischen Mitmenschen gerne besucht wird, wurde am 4.3.2020 ein recht gut geschriebener Artikel veröffentlicht. Der Autor sagte darin, dass das „Coronavirus […] nicht schlimmer ist als das Grippevirus“. Und er ging noch weiter und erklärte, es würden „… viel zu wenige Menschen an ihm, nämlich Schätzungen zu Folge 0,5 Prozent, was evident mit einem Grippevirus ist…“ sterben (auf die Quellenangabe und Namensnennung verzichte ich ausnahmsweise an dieser Stelle aus persönlichen Gründen). 

Die Entwicklung bis heute spricht eindeutig gegen diese Annahme. Und in manchen europäischen Ländern, also quasi in unmittelbarer Nachbarschaft, liegt der Anteil der Todesopfer durch dieses „Grippevirus“ schon bei weit über 10 % (z.B. Italien = 14 %). Man muss zwar feststellen, dass das statistische Bundesamt noch keine Auffälligkeiten bei der „Übersterblichkeit“ in den ersten drei Monaten gefunden hat, doch diese Entwicklung ist vermutlich Resultat des Krisenmanagements und der schnellen Diagnostik. Statt wie in anderen Ländern auf den ersten Todesfall zu warten und dann zu reagieren, gab es bereits Ende Februar erste veröffentlichte Fallzahlen.

Dem Autor von oben ging es aber um ein Phänomen, was wirklich ein Problem darstellt: Panik-Reaktionen. Zuerst gerieten die Finanzmärkte in Panik, dann plötzlich waren viele Lebensmittel und Hygiene-Artikel total ausverkauft. An vielen Stellen wurde über-reagiert. Der Autor schrieb: „Im Grunde ist das, was derzeit hier wegen des Coronavirus geschieht, alles Psychologie, Massenhypnose.“

Und da muss ich sowohl zustimmen als auch – erneut – dagegen sprechen.


Wie mich Meinungen beeinflussen

Es ist richtig, dass mit Gefühlen Menschen fremdgesteuert werden. Und man kann natürlich annehmen, dass diese „Widersprüchlichkeiten“ in den ersten Stellungnahmen des RKI und dem Interview mit Herrn Drosten durchaus „wohl überlegt“ waren. Hätte man gleich alle „Alarm-Glocken“ läuten lassen müssen? Auch unter den Regierenden musste eine Bewusstseinsbildung passieren.

Oder hätte man es einfach so lange ignorieren können, bis die ersten 10, 100 oder 1.000 Tote gezählt wurden (das wären bei den 4 % lapidar mal 4.000, 40.000 oder 400.000 Infizierte)? Zu irgendeinem Zeitpunkt muss schließlich eine Entscheidung getroffen werden, und dann wäre es doch für die Allgemeinheit besser, man ergreift Schutzmaßnahmen früh.

Um eine Überreaktion zu minimieren (völlig vermeiden geht nicht) und um eine angemessene Reaktion in der Bevölkerung zu erreichen (ein jeder soll sich vorbereiten können), muss man mit Psychologie arbeiten. Da kann ich zustimmen. Aber es findet jetzt keine „Massenhypnose“ statt – wie sollte das überhaupt gelingen? Jedenfalls kann ich für mich und meine Umgebung ausschließen, dass wir Hypnotisierte sind.

Die Verwendung derartiger Begriffe zeigt mir allerdings, dass der Schreiber sehr wütend ist und mit seiner Wut anstecken möchte. Dahinter verbirgt sich selbst „Psychologie“, die mich zu beeinflussen versucht. Wenn ich solche Texte lese, fühle ich mich „verlockt“, und das will ich nicht. Was mir im Gegensatz dazu besser gefallen hatte, war das nüchterne Verhalten des Herrn Drosten. Natürlich kann der sich geirrt haben in seinen Einschätzungen, der Autor von dem Artikel aus dem besonderen Nachrichten-Kanal hat es jedenfalls („0,5 %“).

Mit Angst kann man Menschen verleiten, verwirren und ablenken. Das gelingt eine Zeitlang immer ganz gut, bis die Menschen gelernt haben, mit der Angst umzugehen. Nun sah ich verschiedentlich Personen mit dem Mund-Nasen-Schutz und Gummihandschuhen im Auto sitzen. Sahen die ängstlich aus oder reagierten sie panisch? – Nein. Sie verhielten sich vielleicht weisungskonform. Hypnotisiert wirkten sie auf mich keinesfalls. Ist so ein Verhalten übertrieben? – Ja. Aber in meinen Augen übertreiben es viele Fußballfans auch mit ihrem Geschrei. Die Kraftworte des artikelschreibenden Wüterichs sind für mich eine Meinungsmache, hinter der eine ziemlich oberflächliche Weltanschauung steht. Er agiert mit Angst und macht sich damit genauso schuldig, wie jeder andere auch – auch ich.

CGS



Quellen:

ARD Tagesschau
Stand: 22.01.2020 11:56 Uhr

Coronavirus in China
Stand: 21.01.2020 12:03 Uhr

Coronavirus
Stand: 30.01.2020 05:57 Uhr


WHO

… On 31 December 2019, the WHO China Country Office was informed of cases of pneumonia of unknown etiology (unknown cause) detected in Wuhan City, Hubei Province of China. A novel coronavirus (2019-nCoV) was identified as the causative virus by Chinese authorities on 7 January.

On 10 January, WHO published a range of interim guidance for all countries on how they can prepare for this virus, including how to monitor for sick people, test samples, treat patients, control infection in health centres, maintain the right supplies, and communicate with the public about this new virus.

Common signs of infection include respiratory symptoms, fever, cough, shortness of breath and breathing difficulties. In more severe cases, infection can cause pneumonia, severe acute respiratory syndrome, kidney failure and even death. 


13 January 2020 News release

The World Health Organization (WHO) is working with officials in Thailand and China following reports of confirmation of the novel coronavirus in a person in Thailand.

The person was a traveler from Wuhan, China, and was identified by Thai officials on 8 January, and hospitalized that day. The person is recovering from the illness according to Thai officials.

The possibility of cases being identified in other countries was not unexpected, and reinforces why WHO calls for on-going active monitoring and preparedness in other countries. WHO has issued guidance on how to detect and treat persons ill with the new virus.

The genetic sequencing shared by China enables more countries to rapidly diagnose patients.

WHO reiterates that it is essential that investigations continue in China to identify the source of this outbreak and any animal reservoirs or intermediate hosts.

Given developments, WHO Director-General Dr Tedros Adhanom Ghebreyesus will consult with Emergency Committee members and could call for a meeting of the committee on short notice.





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