Seit dem 3.4.2020 geht es mit den Fallzahlen stetig zurück.
Doch nach wie vor wird das Risiko als hoch angesehen, dass es nach den
beschlossenen Lockerungen zu einem erneuten Anstieg kommt. Das wäre ein
Super-GAU. Nichtsdestotrotz muss mit Beginn des Winterhalbjahres der Start
einer neuen saisonalen Grippe (ILI – influenca like illness) vermuten, in der
es dann auch ein Aufflammen des SARS-CoV-2 (severe acute respiratory syndrome
Corona virus 2) geben könnte.
Leistungserbringer im Bereich der Pflege und Betreuung von
Menschen mit Unterstützungsbedarf werden mit hoher Wahrscheinlichkeit eine
betriebliche Pandemieplanung (BPP) vorbereiten müssen, da der Staat mit seinen
Schutzmaßnahmen bei einem weiteren Ausbruch nicht mehr einspringen wird. Gerade
eben verkündete der Bundesfinanzminister, dass die Haushalte in diesem Jahr mit
„98,6 Mrd. Euro“ weniger auskommen müssen. Ein Land wie Deutschland, welches
einen Schuldenstand von rd. 60 % seines Bruttoinlandsprodukts hat, würde mit
einer Aufstockung der Schulden vermutlich bei 65 % liegen (vorausgesetzt das
BIP sinkt jetzt nicht noch weiter).
Der Sommer kann kommen, und wir werden wissen, wie
teuer es war
Die Entwicklung der Fallzahlen stagniert, aber nicht
besonders stark fallend. Angesichts eines solchen Verlaufs beruhigt sich die
Bevölkerung zusehends und verlangt eine Rückkehr zur Normalität. Restaurants
und Cafés werden öffnen, der Reiseverkehr kann wieder zunehmen. Es müssen nur
noch die Abstandsregeln (die sowieso nicht eingehalten werden) und die Masken-Pflicht
aufgegeben werden. Dann kann der Sommer kommen.
Warnende Stimmen hatte man bis vor kurzem noch sehr viel
gehört, aber die ersten Wochen nach den ersten Lockerungen sind rum und eine
zweite „harte“ Welle ist ausgeblieben. Das Ausbleiben beruht keinesfalls auf
einen Irrtum der Wissenschaftler, vielmehr hat es tatsächlich eine Änderung
beim Verhalten gegeben, die diese Verbesserung wesentlich gefördert hat. Von
daher kann eine Rückkehr zur Normalität stattfinden. In Schleswig-Holstein wird
derzeit eine stufenweise Wieder-Eröffnung der Tagesstätten diskutiert. Man
möchte zuerst nur 25 % der Beschäftigungsplätze in den Werkstätten und anderen
Arbeitsprojekten besetzen, eine bis zwei Wochen später dann 50 %, und
schließlich die Vollbeschäftigung wagen. Das alles könnte Mitte Juni vorbei
sein, so dass man später von einem pandemischen Schock über 3 Monate Dauer
sprechen kann.
Vermutlich wird man gegen Ende des Sommers auch so
wirklich wissen, wie teuer es war mit allem. Die Leistungserbringer werden mit
Mehrkosten argumentieren, die Leistungsträger werden von ihrer Geber-Laune
deutlich abrücken. Bevor es aber wieder in „Grabenkämpfe“ endet, sollten sich
alle Beteiligten noch einmal die Frage stellen nach einer möglichen zweiten
Welle: der „Winter-Welle“.
Das RKI veröffentlichte schon vor einiger Zeit
Empfehlungen für Alten- und Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen für Menschen
mit Beeinträchtigungen sowie für den öffentlichen Gesundheitsdienst (u.a.
Version 0.3 vom 17.4.2020). Zwar geht es primär um die Gefahren von nCoV /
COVID-19 / Corona-Virus, aber die einzelnen Empfehlungen sind für jede Epidemie
nutzbar; der nächste Ausbruch kann ein neues Virus sein, oder auch nur eine
mutierte Form des bereits bekannten SARS-Cov-2 (amerikanische, europäische Form
oder auch die asiatische Stamm-Variante). Die bisherigen Hygienekonzepte werden
nicht reichen, sondern die sozialen Unternehmen müssen Rücklagen und Pläne für
den Ernstfall ausarbeiten. Wenn sie versagen, wird der Staat, so wie bei der
Commerzbank während der Finanzkrise 2009 und wahrscheinlich jetzt bei der
Lufthansa, die ins Straucheln geratenen Leistungserbringer übernehmen!
Empfehlungen des RKI, Seminare bei der WHO
Vielleicht ja auch nicht. Aber es muss was unternommen
werden – primär von den sozialen Unternehmen, bestenfalls mit Hilfe der
Verbände.
In einer betrieblichen Pandemieplanung (BPP) können Maßnahmen
und Verantwortlichkeiten ausgeführt werden, damit eine Vorbereitung auf den
nächsten Ernstfall (V-Fall) passiert.
Die letzten Wochen können ein unschätzbarer Wissensgewinn sein, der lediglich
dokumentiert und weitergegeben werden muss. Spezielle Teams können intern
benannt werden, die als Krisenstab oder als eine Task Force sich um die Problemlösung kümmern. Und dazu gehört: eine
Informierung von Betroffenen und Angehörigen sowie des eigenen Personals, Schulungen
über die Anwendung von Best Practices,
Planung der effektiven Arbeitsorganisation und Aufgabenerledigung. Und noch
viel mehr.
Den Hygiene- und Infektionskontrollmaßnahmen fällt ein
besonderer Stellenwert zu. In den RKI-Empfehlungen finden sich dazu noch
weitere Verweise, die man schon jetzt lesen könnte (z.B. KRINKO-Empfehlungen
und solche des paritätischen Gesamtverbands). Generell geht es natürlich darum,
dass neben der Basishygiene auch das Tragen von Schutzbekleidung noch einmal
wiederholt wird. Und es soll sich ein gutes Verständnis vertiefen darüber, dass
ein Infizierter durchaus einen Krankheitsverlauf ohne Symptome erleben kann und
damit zu einem gefährlichen Krankheits-Verbreiter wird.
Einen ganz anderen Weg bietet die WHO mit ihrer Kursreihe
zu verschiedenen Gesundheitsthemen. Zwar sind die vielen Seminare in anderen
Sprachen, nicht in Deutsch, aber es wird mit Folien-Präsentationen, Videos und
kleinen Übungen ein sehr effektiver Wissenstransfer betrieben. Ein besonderes
Augenmerk zum Beispiel hat man dabei auf räumliche Strukturen für den Einsatz
als Isolationszentrum (SARI-Treatment-Facility).
Gerade wenn man solche Räumlichkeiten vorhalten möchte, sollte eine Trennung
von Nicht-Fällen, Verdachtsfällen (Warteraum, Triage) und bestätigten Fällen (Isolation,
Kohortierung) bedacht werden. Für Personal wird es zudem Rückzugsbereiche geben
müssen, ja sogar von den übrigen Eingängen getrennte Zuwegungen.
Neue Schulden machen, um die Haushalte zu decken, das gilt
auch für Arbeitnehmer
Das alles sind Überlegungen, die sehr viel Zeit
verbrauchen und vielleicht sogar von externen Fachleuten initiiert oder
begleitet werden müssen. An dieser Stelle würde es sich anbieten, wenn vom
Staat eine Beratungsarbeit ausgeht. Sehr wahrscheinlich wird es das nicht
geben, weil es ja Geld kostet – Geld, das man nicht hat. Die Leistungserbringer
wiederum würden dafür wieder höhere Vergütungen verlangen, wie schon zuvor bei
den Themen Qualitätssicherung, Wohnbeiräte, Beschwerdemanagement,
Gesundheitsschutz. Und es wäre doch auch verständlich.
Hinzukommen wird auch das Thema Personalschutz. Gerade jetzt
erlebten Pflegekräfte besonders stark die Risiken des Berufs, aber auch die weit verbreitete
Dankbarkeit der hilfebedürftigen Menschen. Abseits der steuerfreien
Pauschalzuschläge, die jetzt in aller Munde sind, man wird noch mehr (monetäre)
Wertschätzung verlangen – doch das kostet Geld, was man im Haushalt nicht hat.
Der Bundesfinanzminister Scholz sprach davon, dass der Bund mit „98,6 Mrd.
Euro“ weniger auskommen müsste. Von den Ländern war dabei bislang noch nicht die
Rede!
Deutschland steht im Vergleich zu den anderen
europäischen Nationen im Ranking der Schuldner im Mittelfeld. Würde man die
Schuldenlast noch einmal um diesen Betrag aufstocken, so dass man auf 2.154
Mrd. Euro kommen würde, könnte bei einem um 3 % reduzierten BIP die relative
Schuldenlast bei knapp 65 % des Bruttoinlandsprodukts einordnen. Das wäre noch
immer Mittelfeld; es würde gehen. Aber, wie gesagt, das sind nur die Zahlen des
Bundes und nicht der Länder. Viel komplizierter wird es, wenn man eine
Vermögenssteuer erfinden will und gleichzeitig Anleihen begeben muss. Die
Finanzmärkte werden weltweit ins Rotieren kommen und zu einem Zinssprung
ansetzen, der die Inflation in Deutschland (und sehr wahrscheinlich auch
überall auf der Welt) deutlich über die eiserne Grenze von 2 % hieven wird.
Nochmal – die Corona-Krise kostet uns jetzt schon eine
Menge Geld. Und wenn es um die nächsten Schritte geht, wird man auf diese
Haushaltslücken verweisen und kein Geld bereitstellen für kommende
Kompensationsverlangen Dritter. Und die wird es geben, weil man seine
Pandemie-Sonderkosten refinanziert haben will, und weil Gewerkschaften eine
entgeltliche Wertschätzung einfordern. Wird es das geben? Wer, meinen Sie, wird
die Fortsetzung der Tarifverhandlungen, die ja wegen Corona ins Eisfach gelegt
wurden, verlangen? Mit welchen Forderungen wird man überhaupt in die
Verhandlungen gehen?
Null-Runden jetzt und bis ins nächste Jahr, ist meine
Vermutung. Faktisch wird es dann auch bei den Arbeitnehmern so sein, wie beim
Staat: Schulden machen müssen, weil das Einkommen für die Ausgaben nicht reicht.
CGS
Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur
Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der Beitrag stellt nur meine Sicht auf die
Dinge dar. Brauchen Sie rechtliche Unterstützung, wenden Sie sich an die
zuständigen Behörden, Sozial- und Betroffenenverbände oder rechtskundige
Dritte. Lesen Sie bitte ebenfalls die Hinweise
zum Rechtsstatus der Webseite, Urheberrechtsbestimmungen und Haftungsausschluss
sowie die Datenschutzerklärung.
Hat Ihnen aber der Beitrag gefallen?
Empfehlen Sie ein//gegliedert weiter oder klicken Sie gleich
reihum auf die übrigen Seiten dieses Blogs – ersetzt das Applaudieren
und ist ein guter Motivator für mich.
Möchten Sie was sagen?
Schreiben Sie mir eine E-Mail – Ihre Meinung hilft mir,
meine Sichtweise neu zu überdenken. Meine E-Mail-Adresse finden Sie auf der
Seite Über mich.
Wie wird es nach der Krise weitergehen?