Sonntag, 21. Juni 2020

Mittelverwendungsrechnung (2)

Im Folgenden nun ein weiterer Versuch, sich dem Thema weiter anzunähern. Übergeordnetes Ziel sollte schließlich sein, dass das soziale Unternehmen seine Mittel gemeinwohlorientiert einsetzt, und zwar möglichst zeitnah. Dafür braucht es zum einen eine Rechnungslegung (z.B. GuV), um dann in einer Bestimmung / Rücklagenbildung die Werte zu bilden, die für die begünstigte Arbeit zur Verfügung stehen müssen.

Anhand von Beispielen aus der Praxis soll dies jetzt mal näher untersucht werden.

+++ Nachtrag vom 23.6.2020 +++

Ein weiteres Beispiel, womöglich sogar als Arbeitshilfe, ist in Arbeit.


Bestandteile und Bereiche einer begünstigten Körperschaft

Sinn und Zweck der Mittelverwendungsrechnung ist es, eine Abgrenzung herzustellen zwischen einem begünstigten „zweckdienlichen“ Bereich und einem anderen, steuerpflichtigen Bereich innerhalb oder unterhalb eines gemeinwohlorientierten Bereichs. Diese Abgrenzung ist erforderlich, um ein „gleiches Recht für alle“ auch im Steuerrecht herzustellen. Die aufgrund der Gemeinnützigkeit entstehende Privilegierung soll keine Wettbewerbsverzerrung herstellen. Und als Kriterien für diese Abgrenzung braucht es einen anerkannten Zweck (§§ 51 bis 68 AO), eine Satzung der Körperschaft sowie die tatsächliche Geschäftsführung im Hinblick genau darauf. Wenn diese Eigenschaften vorliegen, ist das Unternehmen von der Körperschaftsteuer befreit (§ 5 KStG).

Die Unterscheidung sieht dann so aus:

Körperschaft
Ideeller Bereich
Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
Zweckdienlicher Bereich
Vermögensverwaltung (gewerbsmäßig)
Vermögensverwaltung (kapitalerhaltend)


Im ideellen Bereich würde sich zum Beispiel die „Dachgesellschaft“ der Körperschaft befinden bzw. die Stellen, die mit der konzeptionellen Arbeit betraut sind und die Mitglieder betreuen. Die Vermögensverwaltung wiederum würde mit den nicht zeitnah zu verwendenden Mitteln versuchen, zusätzliche Erträge zu erwirtschaften. Dabei ist der Grundsatz der Kapitalerhaltung maßgeblich.

Im zweckdienlichen Bereich handelt es sich vorwiegend um solche Leistungen, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen und einer ganz bestimmten förderfähigen Satzung unterliegen. In der Regel sind die erbrachten Leistungen auch umsatzsteuerlich begünstigt (§ 4 UStG), doch es können ebenso gut steuerpflichtige Leistungen entstehen, die dann getrennt behandelt werden sollten (zum Beispiel der Verkauf von Produkten einer Tagesförderstätte).

In einem ganz anderen Bereich würden sich wirtschaftliche Geschäftsbetriebe und eine gewerbsmäßige Vermögensverwaltung befinden. Dort steht nicht mehr der begünstigte Zweck im Vordergrund, sondern die Erzielung von Überschüssen. Sie wären nicht von der Körperschaftsteuer befreit.


Beispiel für eine Vereins-Ergebnisrechnung

Hier ein Beispiel für die GuV / Betriebswirtschaftliche Auswertung eines gemeinnützigen Vereins ohne einen besonderen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bzw. eine gewerbsmäßige Vermögensverwaltung:

Sparte
Leistungen
Berichtsjahr


Vorjahr
Ideeller
Mitgliedsbeiträge
20.000,00


19.000,00
Bereich
Spenden
5.000,00


2.000,00

Personalkosten
- 10.000,00


-9.500,00

Ergebnis
15.000,00
15.000,00

11.500,00






Vermögens-
Zins- und Kurserträge
1.200,00


1.000,00
verwaltung
Abschreibungen
-1.100,00


-1.010,00

Ergebnis
100,00
100,00

-10,00






Zweckbetrieb 1
Erlöse
120,00


80,00
USt-pflichtig
Materialkosten
90,00


10,00

Ergebnis
30,00
30,00

70,00






Zweckbetrieb 2
Erlöse
600.500,00


570.200,00
USt-frei
Personalkosten
-590.400,00


-550.000,00

Sachaufwand
-5.000,00


-5.000,00

Abschreibungen
-4.000,00


-4.000,00

Ergebnis
1.100,00
1.100,00

11.200,00






Vereinsergebnis


16.230,00

22.760,00

Die Darstellung in Form einer BWA kann natürlich auch spaltenweise geschehen, dies würde die Lesbarkeit verbessern.

Dagegen würde die Bilanz sozusagen „wie immer“ aufgestellt sein mit Finanz- und Sachvermögen, Umlaufvermögen und Abgrenzungsposten, Eigen- und Fremdkapital, Rückstellungen und Verbindlichkeiten. Schaut man sich die Bilanzen von gemeinnützigen Unternehmen einmal an, wird man schnell einen hohen Eigenkapital-Anteil am Gesamtvermögen feststellen. Es finden sich manches Mal auch ganz andere Kennzahlen, die schon besorgniserregend sein können; nicht umsonst bot die Hamburger Sozialbehörde im Zusammenhang mit dem Übergang in die BTHG-Zeit ab dem 1. Januar 2020 Hilfen an für finanzschwache Leistungserbringer.


Beispiel für eine Rücklagenbildung

Aufgrund der oben erzielten Ergebnisse könnte nun dieser Verein eine Rücklagenbestimmung für die Mittelverwendungsrechnung erstellen nach folgendem Muster (grobe Darstellung):

Rücklage
Vorjahr
Verwendet
Rückführung
Zuführung
Endstand
Projektrücklage I
200.000,00
150.000,00
50.000,00
0,00
0,00
Projektrücklage II
0,00
0,00
0,00
100.000,00
100.000,00
Wiederbeschaffung
150.000,00
0,00
0,00
10.000,00
160.000,00
Freie Rücklage
12.150,00
0,00
0,00
6.146,00
18.296,00
Gesamt-Rücklagen




278.296,00

Die Höhe der Zuführung für die Wiederbeschaffungsrücklage bemisst sich nach der Höhe der regulären Absetzung für Abnutzung eins zu ersetzenden Wirtschaftsguts. Die Voraussetzungen für eine höhere Zuführung sind allerdings nachzuweisen.

Höchstens 1/3 des Überschusses aus der Vermögensverwaltung und darüber hinaus höchstens 10 % der sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel. Eine Nachholung ist rückwirkend für zwei Jahre möglich. Keine zeitnahe Mittelverwendung für Erbschaften ohne Zweckbindung an den laufenden Aufwand der Körperschaft sowie Zuwendungen / Spenden mit Zweckbindung zur Vermögensbildung.

In der Vermögensverwaltung gab  es einen Überschuss von 100,00 Euro. Höchstens ein Drittel davon können somit der freien Rücklage zugeführt werden; also 33,00 Euro. Die Spenden, die mit dem Zweck der Vermögensbildung versehen waren, können voll und ganz der freien Rücklage zugeführt werden; dies wären beispielsweise die gesamten 5.000,00 Euro aus dem Beispiel. Von dem Jahresüberschuss ohne diese Posten könnten 10 % den freien Rücklagen zugeführt werden: 16.230,00 – 5.000,00 – 100,00 = 11.130,00 Euro à davon 10 % = 1.113,00 Euro. Somit ergibt sich eine Zuführung zu den freien Rücklagen von 33,00 + 5.000,00 + 1.113,00 = 6.146,00 Euro.  

Insgesamt würde die Körperschaft Rücklagen gebildet haben von 278.296,00 Euro. Dieser Wert würde anzusetzen sein in der eigentlichen Mittelverwendungsrechnung und die zur Verfügung stehenden Mittel reduzieren. Verbleibt ein positiver Wert, handelt es sich um einen Betrag an zeitnah zu verwendenden Mitteln, für die noch eine Planung unternommen werden muss. Entsteht dagegen ein negativer Wert, handelt es sich um einen Verwendungsüberhang. Und dieser Wert bedeutet, dass die Körperschaft die zukünftig eingeworbenen Mittel für den begünstigten Zweck, der sich aus dem Rücklagen-Spiegel ergibt, einsetzen wird.

In dem Beispiel gab es nun eine Rückführung von 50.000,00 Euro. Man könnte jetzt ganz einfach die vorhandenen Gesamt-Mittel abzüglich der schon zeitnah verwendeten Mittel ohne Rücklagen zu einem Wert rechnen, der die zur Verfügung stehenden Mittel ergibt. Entweder man setzt dann davon den neuen Gesamtbetrag der Rücklagen ab oder man arbeitet den Rücklagenspiegel von oben an der Stelle ein – wäre kompliziert, aber machbar.

Wie gesagt handelt es sich bei den oben dargestellten Rechnungen um Beispiele. Inwieweit sie von einem Finanzamt als prüfende Instanz anerkannt werden, ist (noch) sehr fraglich. Aber es sind Beispiele, die von sogenannten Fachleuten „betrachtet“, wenn nicht sogar aufgestellt wurden.

CGS




Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der Beitrag stellt nur meine Sicht auf die Dinge dar. Brauchen Sie rechtliche Unterstützung, wenden Sie sich an die zuständigen Behörden, Sozial- und Betroffenenverbände oder rechtskundige Dritte. Lesen Sie bitte ebenfalls die Hinweise zum Rechtsstatus der Webseite, Urheberrechtsbestimmungen und Haftungsausschluss sowie die Datenschutzerklärung.

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