Montag, 30. August 2021

Gemeinnützigkeit – Anwendungserlass zur Abgabenordnung neu

Im Bereich der Gemeinnützigkeit gab es viele Neuerungen. Die Experten überschlagen sich schon fast mit den Analysen und Hinweisen, so dass man kaum hinterherkommt. Für die praktische Arbeit in der Eingliederungshilfe wird es kaum Auswirkungen haben. Man kann nunmehr allerdings ein wenig organisatorische Gestaltung vornehmen, woraus sich dann wiederum doch das eine oder andere in der Leistungserbringung ergeben könnte.

Was zum Schluss jedoch etwas „nebelverhangen“ scheint, ist das mögliche Bedürfnis, konkret die Kooperationspartner in der eigenen Satzung zu benennen. Ist das so?

Planmäßiges Zusammenwirken 

Der Bereich der Gemeinnützigkeit im Steuerrecht hat schon zum Jahresanfang eine hübsche Reform erlebt. Nun gab es eine weitere Änderung bzw. helfende Interpretierung, die vom BMF mit Schreiben vom 6.8.2021 den Anwendungserlass zur Abgabenordnung betraf. Die Anpassungen gelten mit sofortiger Wirkung.

Eine gemeinnützige Körperschaft konnte bisher zwar auch eine Service-Gesellschaft gründen bzw. einen betrieblichen Teilbereich ausgliedern, der ausgegliederte Bereich wurde jedoch nicht als gemeinnützig eingestuft, da die Unmittelbarkeit nicht zutraf. Steuerbegünstigt war nur die Körperschaft, welche im Katalog der gemeinnützigen Zwecke unter die Voraussetzungen fiel (vgl. § 52 Abs. 2 AO). Eine Service-Gesellschaft wäre es nicht, da ja schließlich die unmittelbare Tätigkeit nicht in der Förderung der Allgemeinheit liegt, sondern einer anderen (steuerbegünstigte) Körperschaft dient. Und somit hatte diese, bisherige Sichtweise zur Folge, dass ein ausgegliederter Bereich steuerpflichtig war.

Diese isolierte Betrachtung wurde aufgegeben zugunsten einer „rechtsübergreifenden“ Sicht. Das bedeutet, dass mit einem „planmäßigen Zusammenwirken“ von den beiden Körperschaften die Steuerbegünstigung weiterhin erhalten bleibt – also auch für die Service-Gesellschaft (siehe dazu im o.g. Schreiben zum Anwendungserlass zu § 57 Abs. 3 AO). Dabei muss man das Planmäßige und das Zusammen-Wirken durchaus wörtlich nehmen.  Planmäßig heißt, dass ein "aufeinander abgestimmtes und koordiniertes Wirken" stattfindet. Man bespricht sich, man findet Zeiten, man kooperiert. Ein Wirken setzt dagegen voraus, dass beide Körperschaften kooperieren und dem Zweck zugewandt handeln – beide Kooperationspartner wären aktiv und würden arbeitsteilig vorgehen (vgl. dazu Nr. 6 zu Ziffer 3 im o.g. Schreiben, Stichwort: Eigenanteil).

Konkrete Benennung der Kooperationen in der Satzung?

Der "Charakter der Tätigkeiten aller beteiligten Körperschaften" ist maßgebend. Neben dem Beispiel einer ausgegliederten Wäscherei-GmbH, die Leistungen als Zweckbetrieb für ein Krankenhaus erbringt, wurden auch Dienste wie Buchhaltung, Beschaffungsstellen, Nutzungsüberlassungen und Vermietungen genannt (vgl. Nr. 10). Die Service-Gesellschaft wird allerdings nicht automatisch gemeinnützig, wenn sie für eine steuerbegünstigte Körperschaft tätig wird. Es braucht dazu einen eigenen steuerlich anerkannten Satzungszweck bzw. die Vorgabe, dass eine Kooperation mit anderen steuerbegünstigten Körperschaften auf diese Weise möglich ist.

Im BMF-Schreiben heißt es: „Die Körperschaften, mit denen kooperiert wird, und die Art und Weise der Kooperation müssen in den Satzungen der Beteiligten bezeichnet werden.“ (vgl. Nr. 8, Satz 2).

Bedeutet das nun, dass gezielt auf bestimmte andere Körperschaften abgestellt werden muss?

Eine solche Konkretisierung ist meiner Ansicht nach nicht gemeint. Gerade vor dem Hintergrund der weiteren Auslegungen in Nr. 15 zu § 57 Abs. 4 AO, wo es um Holding-Strukturen geht, wird zwar gesagt, dass entgeltliche Leistungen einer Holding gegenüber den Kapitalgesellschaften, an denen sie beteiligt ist, als steuerpflichtiger Geschäftsbetrieb zu qualifizieren ist. Im zweiten Satz wird jedoch auf die „Möglichkeit der steuerbegünstigten Leistungserbringung innerhalb einer Kooperation nach § 57 Abs. 3 AO“ verwiesen, und diese bliebe davon unberührt. Was jetzt nun mit einer Kooperation gemeint ist, bleibt an der Stelle unklar.

Kooperationen an anderer Stelle

Mit dem „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ (JStG 2019, BGBl. I, 2451) gab es an vielen Stellen eine Neuregelung unter anderem auch den § 4 Nr. 14 c) UStG betreffend. Zwar findet sich dort noch immer nichts zu den Kooperationen, aber die Bestimmung, dass neben ärztlichen Heilbehandlungen und anderen Dingen ebenfalls „Leistungen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen die durch Einrichtungen erbracht werden, mit denen Verträge nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen“. Und dort, im besagten Paragrafen, wird von Kooperationen gesprochen (dazu § 119b Abs. 1 SGB V).

Um eine Sicherstellung der (haus-) ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen zu erreichen, sollen diese Einrichtungen „einzeln oder gemeinsam Kooperationsverträge mit dafür geeigneten vertragsärztlichen Leistungserbringern schließen“, so der Referentenentwurf zur Einführung des vorgenannten Gesetzes (S. 147; Quelle unten).

An anderer Stelle findet sich die Erläuterung, dass bei nicht-steuerpflichtigen Umsätzen im Falle der Kooperation einer juristischen Person, die eine hoheitliche Tätigkeit übertragen hat auf einen privaten Personenzusammenschluss (das kann z.B. ein Sparclub sein, eine Sportgruppe oder eine Schulklasse), „diese Tätigkeit unter die [steuerliche] Befreiung“ gefasst wird. Bedingung dazu ist, dass die „Aufgabenübertragung und –ausführung eine Wettbewerbsverzerrung ausschließt.“ (S. 162).

Eine Konkretisierung in der Satzung wäre damit noch immer nicht gemeint. Worauf es lediglich ankommt, sind die steuerlich privilegierten Welten der Kooperationspartner.

CGS

 

 

Quelle:

BMF

Gesetzesvorhaben: Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften

Veröffentlicht am 17.12.2019

Referentenentwurf

(letzter Aufruf am 30.8.2021)

 

 

Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der Beitrag stellt nur meine Sicht auf die Dinge dar. Und eine solche Sicht kann sich immer noch ändern. Brauchen Sie rechtliche Unterstützung, wenden Sie sich an die zuständigen Behörden, Sozial- und Betroffenenverbände oder rechtskundige Dritte. Lesen Sie bitte ebenfalls die Hinweise zum Rechtsstatus der Webseite, Urheberrechtsbestimmungen und Haftungsausschluss sowie die Datenschutzerklärung.

Hat Ihnen der Beitrag gefallen?

Empfehlen Sie ein//gegliedert weiter oder klicken Sie gleich reihum auf die übrigen Seiten dieses Blogs – ersetzt das Applaudieren und ist ein guter Motivator für mich.

Möchten Sie was sagen?

Schreiben Sie mir eine E-Mail – Ihre Meinung hilft mir, meine Sichtweise neu zu überdenken. Meine E-Mail-Adresse finden Sie auf der Seite Über mich.

Gemeinnützigkeit - Anwendungserlass zur Abgabenordnung neu