Freitag, 14. Januar 2022

Einrichtungen der Eingliederungshilfe könnten schließen

Die Schlagzeilen zu der aktuellen Corona-Krise sind schon teilweise sehr verstörend. Vieles kann man tatsächlich auch nur als „Schlagzeile“ abtun, nichtsdestotrotz liegen im Hintergrund etwas verborgen einige echte Nachrichten, die beunruhigen. Ab dem 15.3.2022 wird es lt. Neufassung des § 20a IfSG für Mitarbeitende in Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe zur Pflicht, einen „vollen Impfschutz“ nachzuweisen. Gelingt dies nicht, kann der Arbeitgeber diese Mitarbeitenden vom Dienst freistellen – aber ohne Bezüge.


Grundrechte hin oder her

Ob nun Grundrechte „ungehörig“ verletzt werden oder nicht, kann an dieser Stelle einmal außen vor gelassen werden. Man sollte dann auch bitte schön in der Diskussion das Grundrecht der Personen, die von den Pflegenden und Betreuenden versorgt werden, auf Leben und Gesundheit hineinwerfen. 

Beide Parteien haben nun mal ein unerschütterliches Recht auf körperliche Unversehrtheit. Doch das wird dazu führen, dass die Pflegenden und Betreuenden, die den Nachweis nicht erbringen wollen, somit nicht zum Arbeitseinsatz kommen. Und auf der anderen Seite werden die hilflosen und bedürftigen Menschen nicht versorgt. Die Einführung von Einzeldiensten, wenn nicht sogar die Schließung von Wohnstätten und anderen Versorgungsdiensten, wird dann bittere Realität.

Was also tun?

Leistungserbringer könnten sich über ihren Verband an die Landesbehörden wenden und nach einer Lösung verlangen. Gleichzeitig könnte man mit Angehörigen und Freiwilligen eine niedrigschwellige Überbrückung von Personalengpässen erreichen.

Angehörige und gesetzlich bestellte Betreuer könnten sich an die Aufsichtsbehörden wenden. Doch wie immer wird es an der Rechtsgrundlage fehlen. Die Gefährdung der Leistungserbringung stellt jedenfalls eine Verletzung der Menschenwürde und des Rechts auf Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft dar. Somit müsste mittels einer Beschwerde ein staatliches Handeln verlangt werden können - wird aber schwierig.

Das Personal, was sich nicht impfen lassen möchte, wird Nachweise brauchen, warum eine Impfung nicht möglich ist oder eine Gefährdung der eigenen Gesundheit bedeuten würde. Vermutlich wird endgültige Klarheit nur der Rechtsweg bringen.

Bis zum 15.3.2022 ist es noch weit hin. Schon jetzt gibt es jedoch Krankheitsquoten von 10 bis 15 % in so mancher Einrichtung. Von daher wird sich die Situation mit weiterem Fallzahlen-Anstieg verschlechtern; und dass es einen weiteren Anstieg geben wird, muss man leider vermuten. Darum ist es ratsam, schon jetzt etwas zu unternehmen, bevor die Ausfälle einfach zunehmen.

 

Arbeitsbedingungen verbessern, Appellieren und ein Miteinander

Ausfälle könnten sowohl krankheitsbedingt oder als auch vorgetäuscht-erkrankt passieren. In beiden Fällen können die Gründe dafür politisch motiviert sein oder ganz einfach nur aus einem gestörten Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis stammen. Selbst wenn das nicht so ist, eine Person, die sich Gedanken über ihr eigenes Verhalten macht und sieht, welche Gefahren davon ausgehen (das gilt ebenso umgekehrt in Richtung Arbeitgeber), kann auf diese Weise ein gutes Bewusstsein bilden und die richtige Entscheidung treffen. Dementsprechend sollten Arbeitgeber auf die „Impfverweigerer“ zugehen und herausfinden, woran es hapert – vielleicht hat der sich verweigernde Mensch bislang nicht die Zeit gehabt, oder es gab (irrationale) Bedenken á la Kimmich. Die Ansprache und der Appell sollten versucht werden.

Beide Seiten sollten sich klarmachen, was die Konsequenzen wären, wenn eine Änderung der Situation nicht herbeigeführt wird bis zum 15.3.; eigentlich muss spätestens am 1.3.2022 die Zweit-Impfung erfolgt sein, die Erst-Impfung dagegen schon viel früher – nämlich jetzt.

Nach Ablauf des 15.3.2022 muss die Einrichtungsleitung bzw. der Versorgungsdienst eine Meldung an das zuständige Gesundheitsamt abgeben. Und das bedeutet, dass man – am besten per Fax – am 16.3.2022 (ein Mittwoch) etwas verschickt. Tut man das nicht, wird es ein (bescheidenes) Bußgeld gegen den Leistungserbringer geben (§ 73 Abs. 2 IfSG).

Es stellt sich nun die Frage, ob nach Abgabe der Meldung eine Weiterbeschäftigung grundsätzlich zu vereiteln oder unter bestimmten Bedingungen noch möglich ist. Das Infektionsschutzgesetz spricht zwar immer wieder von Einrichtungen und Unternehmen, doch wenn eine Beschäftigung geschehen kann ohne Gefährdungsmöglichkeit von anderen, sollte ein derartiger Nachweis kein Thema sein. Die Nachweispflicht besteht jedoch für die Dauer der COVID19-Krise, und die wird es vermutlich bis zum Ende des Jahres 2022 geben.

CGS

 

P.S.: Die Verkehrsbetriebe von Berlin erklärten (RBB-Meldung von heute), dass Sie zu einem Ferienfahrplan wechseln müssen aufgrund der vielen Personalausfälle. Zurzeit ist die Inzidenz in den Berliner Bezirken bundesweit am höchsten. 

 

Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der Beitrag stellt nur meine Sicht auf die Dinge dar. Und eine solche Sicht kann sich immer noch ändern. Brauchen Sie rechtliche Unterstützung, wenden Sie sich an die zuständigen Behörden, Sozial- und Betroffenenverbände oder rechtskundige Dritte. Lesen Sie bitte ebenfalls die Hinweise zum Rechtsstatus der Webseite, Urheberrechtsbestimmungen und Haftungsausschluss sowie die Datenschutzerklärung.

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