Für mich kam der Entschluss dann doch unerwartet: Abbruch
der Verhandlungen seitens der Gewerkschaften. Damit hatte ich zumindest nicht
gerechnet; vielleicht ein paar andere schon.
Woran es gescheitert ist, ist angesichts der vielen Zahlen
so gar nicht mal eben nachvollziehbar. Es muss ein wenig gerechnet werden, um
einmal die Verhältnisse besser zu verstehen. Das letzte Angebot der Arbeitgeber
war von daher gesehen vielleicht gar nicht so schlecht. Das aber, was
vielleicht den Ausschlag gab für die Ablehnung der Gewerkschaften, bleibt
vorerst im Dunkeln.
+++ Nachtrag vom 14.4.2023 +++
In die Schlichtung eingegangen ist das letzte, verbindliche Angebot der Arbeitgeber. Die „8-300“, die da am letzten Tag genannt wurden, waren das Ergebnis einer „Sondierung“. Und somit gänzlich unverbindlich.
Das Thema Altersteilzeit wird dagegen auch innerhalb der Arbeitgeber differenziert betrachtet. Angesichts des Fachkräftemangels will man den vorzeitigen Ausstieg von (Extrem-wichtigen) Fachkräften ganz und gar nicht, und schon gar nicht per Aufstockungsleistungen belohnen. Andererseits würde es jetzt wieder sehr kompliziert werden mit ATZ-Verträgen; denn die könnte es sowieso geben, verhindert wäre diese Möglichkeit des frühen Gehens überhaupt nicht und das Interesse ist nach wie vor groß.
+++ Nachtrag vom 5.4.2023 +++
Die Zukunft des Tarifvertrags zur Altersteilzeit ist vielleicht sogar ein gewichtiger Grund für das Scheitern gewesen: TV-FlexAZ. Beschäftigte, die bis zum 31.12.2022 die jeweiligen tariflichen Voraussetzungen erfüllen und deren Altersteilzeitarbeitsverhältnis oder deren flexible Altersarbeitszeit vor dem 1. Januar 2023 begonnen hat, werden vom Bedingungswerk erfasst. Das gilt umgekehrt auch für die Arbeitgeber, die eine Überforderung geltend machen wollten.
Was man sich so vorgenommen hatte
Zuletzt endete ich mit der Behauptung, die Gewerkschaften
wollten eine Steigerung der Entgelte für eine Fachkraft im Sozial- und
Erziehungsdienst in Höhe von „7.000 Euro“ hinbekommen. Das erschien damals
ziemlich viel, aber wenn man sich die Abschlüsse in anderen Branchen und ziemlich
bedeutenden Unternehmen mal ansieht, dann ist es nach wie vor eher moderat.
Dazu kommt ja schließlich die Entwicklung der Teuerungsrate, die bislang nur
wenig nachgelassen hat (per März sinkt sie auf 7,4 %; Tagesschau vom 30.3.2023)
und die sich nur mäßig weiter reduzieren wird (für 2023 wird mit
jahresdurchschnittlichen 6,4 % kalkuliert). Von daher klingt das Angebot der
Arbeitgeber mit „8 %“ bzw. monatlich garantierten „300 Euro“ eher nach einem
schmalen Ausgleich für die bislang erlittenen Preisschocks.
Die Forderungen der Gewerkschaften erschienen mit 10,5 %
linear passend zur damaligen verrückten Entwicklung der Preise eigentlich angemessen.
Und eine kurze Laufzeit über 12 Monate wäre in Zeiten von großer Unsicherheit
durchaus gerechtfertigt. Was man dabei allerdings schnell übersehen konnte, war
der Steigerungseffekt über „mindestens 500 Euro“ bei den Gehältern. In den
kleinen Entgeltgruppen, z.B. S2 und S3 hätten sich auf diese Weise Steigerungen
in allen Stufen von 15,41 bis 21,03 % ergeben. Die Fachkräfte in einer S8b
hätten wiederum irgendwo zwischen 11,24 (Stufe 6) bis 16,69 % (Stufe 1)
dazugewonnen. Bei so einer Tarifvereinbarung hätte man eine jährliche
Steigerung erreicht von mindestens 4.441 Euro (S2 Stufe 1) bis hin zu 8.926
Euro (S18 Stufe 6). Die Spreizung klingt zwar recht hoch, aber in Wirklichkeit
hätte sich die Schere zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Tabellenentgelt
reduziert von etwas über 250 % auf 230 % (zu lesen: das höchste Entgelt ist
2,5-mal od. 2,3-mal das niedrigste Entgelt).
Was man so stattdessen angeboten bekam
Die Arbeitgeber unterbreiteten dagegen ein Angebot, was
den kleinen Entgeltgruppen S2 und S3 in allen ihren Stufen eine Steigerung von
9,25 bis 12,62 % beschert hätte; das klingt schon mal nach sehr wenig, aber
rechnet man die Erhöhungen durch und vergleicht diese zur anderen Steigerung,
ergibt sich eine Differenz von 169 Euro über das Jahr. Bei den Fachkräften in
einer S8b würden die verschiedenen Stufen Steigerungen haben von 8,00 (Stufe 6)
bis 10,01 % (Stufe 1), was sich im Vergleich um geringere 122 Euro (Stufe 6) bis
169 Euro (Stufe 1) handeln würde. Es relativiert sich also dort. Leitungskräfte
in den Entgeltgruppen darüber würden vom Arbeitgeber-Angebot etwas stärker
profitieren, weil sie ohnehin fast immer mit der linearen Erhöhung den
Mindestbetrag übersteigen würden. Die Schere zwischen dem höchsten und dem
niedrigsten Tabellenentgelt wird sich in diesem Modell von den besagten 250 %
auf etwas über 240 % reduzieren.
Übrigens ist in allen Berechnungen auch der Effekt der
sich ändernden Jahressonderzahlung berücksichtigt worden (ab S10).
Was bei dem Ganzen nun aber fehlt, sind zwei
Besonderheiten: Die Arbeitgeber wollten zuerst noch in zwei Schritten die
Tabellenentgelte um insgesamt 5 % linear erhöhen. Das hätte insofern bedeutet,
dass die Laufzeit der Tarifvereinbarung weit über 12 Monaten gewesen wäre. Diese
lange Laufzeit wollte man sich offenbar mit der Sonderzahlung über 3000 Euro
erkaufen, was genau dafür zur Verfügung stand; unklar bleibt zugegebenermaßen,
ob die Arbeitgeber auch bei den 8 % / 300 Euro / 24 Monaten die Sonderzahlung
voll ausgeschüttet hätten. Das wäre dann ein Angebot, was sogar die Forderung
der Gewerkschaften getoppt hätte.
Aber nun ist die Schlichtung dran.
CGS
Arbeitsstand 31.3.2023 / Irrtum vorbehalten
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Die Tarifrunde 2023 ist diesmal was ganz anderes