Montag, 24. April 2023

Die Tarifrunde 2023 beendet

Beide Tarifparteien folgten dem Schlichterspruch, was mich schon ein wenig erstaunt hat, weil man seitens der Gewerkschaft einen echten „Inflationsausgleich" herausholen wollte. Die Kampfansagen zu Beginn mussten kleinlauter ausfallen.

Der Tarifvertrag zur Altersteilzeit TV-FlexAZ wird jedenfalls nicht mehr neu aufgelegt. Die Arbeitgeber sehen im Fachkräftemangel eine enorme Herausforderung, die nicht mehr belohnt werden soll. Man verzichtet zwar nun auf die Anspruchsquote, weil das Altersteilzeitgesetz nach wie vor gelten wird. Wenn sich jemand dafür interessiert, muss man sich mit dem Arbeitgeber verständigen.

Im Folgenden setze ich mich mit dem Ergebnis speziell für den SuE-Dienst auseinander.


Das Ergebnis für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst

Der Tarifvertrag erstreckt sich nun über einen Zeitraum von 2 Jahren; formal beginnend zum 1.1.2023, aber die erste Zahlung wird es erst im Juni 2023 geben. Und die hat es schon mal in sich, weil es sich um eine erste Rate über 1.240 Euro aus dem Inflationsausgleichspaket über gesamt 3.000 Euro handelt (§ 3 Nr. 11c EStG; siehe auch die weiteren Quellenangaben). Dieses Geld ist steuer- und sozialabgabenfrei und wird von daher wie Netto an die Arbeitnehmer vergütet. In den folgenden Monaten wird es weitere Auskehrungen geben über jeweils 220 Euro, so dass im Februar 2024 dieses Geld ausgeschöpft ist.

Ab dem 1.6.2023 erhöht sich das Tabellenentgelt um 200 Euro plus weitere 5,5 %. Die Steigerung soll dann mindestens 340 Euro ausmachen, was somit bedeutet, dass nur bei einem Nicht-Erreichen dieses Wertes, dieser Betrag festgesetzt wird.

Insgesamt ergeben sich von daher bis zum Jahresende 2024 ein Zugewinn in der Bandbreite von 8,70 % (S18 Stufe 6) bis 21,90 % (S2 Stufe 1); im Mittel wären es 14,20 %, der Median liegt dagegen bei 14,04 % (aber Achtung! Der Tarif der arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg weicht in der Stufe 6 nach unten ab, so dass sich an diesem Punkt leicht andere Werte ergeben können). Dieses Ergebnis würde im Brutto bei ca. 6.600 Euro liegen und sich nur geringfügig über alle Entgeltgruppen und Stufen ändern. Würde man nun das Netto bedenken wollen, würden sich etwa 5.400 Euro ergeben; nur die 3.000 Euro sind steuer- und sozialabgabenfrei.


Das Ergebnis für die Vergütungen

Mit Verlautbarung der gewerkschaftlichen Forderungen wurde es gelinde gesagt panisch. Die Leistungserbringer reichten diese weiter, die Leistungsträger wehrten ab. Und nicht nur das, die Einführung einer SuE-Zulage Mitte 2022 wurde von manchen rückwirkend gar nicht übernommen. Der Ärger war groß, aber es gab auch an manchen Stellen ein Einlenken.

Das Tarifergebnis sieht jetzt allerdings ganz anders aus. Im Vergleich zu 2022 erhöhen sich in 2023 die Personalkosten pro Vollzeitstelle nur um 2.560 Euro (= 1.240 plus 6 mal 220 Euro). Bezogen auf die Jahresgehälter und ohne weitere Zulagen und sonstige Entgeltposten würden sich die Kosten nur noch in einer Bandbreite von 3,34 % (Führungskräfte) und 5,45 % als Mittelwert (passend zu den Assistenzfachkräften) bis hin zu 8,38 % (Assistenzkräfte) bewegen.

Im darauffolgenden Jahr 2024 würden sich die Personalkosten zu 2023 dagegen über eine weit geringere Bandbreite von 1,96 % und 3,11 % bis hin zu 4,74 % erstrecken; und erst dann würde man von einer dauerhaften Erhöhung sprechen können. (Dieses Zahlenspiel übersieht jetzt mal, was die SuE-Zulage und Regenerationstage kostenmäßig bedeuten. Auch die Änderung bei der Heimzulage / Wohnzulage bleibt hier unberücksichtigt.)


Das Ergebnis für die Zukunft

Es darf nicht vergessen werden, dass diese Sache mit der Inflation sehr beständig bleiben wird. Einige Finanzexperten sehen im Tarifabschluss, auch wenn man viel Verständnis zeigt, einen Hebel für die nächste Runde an sogenannten Sekundär-Effekten; soll heißen: der Inflationsausgleich verteuert die Leistungserbringung und führt somit zu einer erneuten Runde an Preiserhöhungen. Man kann das Ganze auch als eine Spirale ansehen. In jedem Fall müssen diese Gelder wieder verdient werden, und sei es, dass man an anderer Stelle die Kosten einspart.

Hatten die Gewerkschaften noch das Ziel gehabt, eine Reallohnerhöhung durchzusetzen, werden sie heute genau diesen Einsparwillen bei ihren Mitgliedern vermarkten müssen – und dann auch noch für zwei Jahre die Füße still halten. Erst in 2025 wird es wieder neue Verhandlungen geben, und dann wird wahrscheinlich nachgeholt, was man damals nicht erreicht hatte: den Inflationsausgleich als dauerhafte Steigerung in den Tabellenentgelten verankern.

CGS

 

 

Quellen und Weiteres: 

Bundesregierung zum Entlastungspaket

Bundesfinanzministerium mit einem Frage-und-Antwort-Katalog

zu § 3 Nr. 11c EStG

Arbeitsblatt mit den Ergebnissen für den TVÖD-VKA-SuE

Irrtum vorbehalten.

 

Alle Daten und Quellen am 24.4.2023 zum letzten Mal aufgerufen und bearbeitet.

 

 

 

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