Der Offene Immobilienfonds, der da ein wenig unter die Räder gekommen war (Tagesverlust 17 Prozent), kann schon einiges an Kopfzerbrechen abverlangen. Gerade diejenigen, die erst in den letzten Monaten einen vielleicht sogar beträchtlichen Geldbetrag investiert haben, werden sich “getäuscht” fühlen. Was also tun in der jetzigen Situation?
Keine Panik – so
steht es zumindest auf dem Umschlag vom Anhalter durch die Galaxis. Und genau
so, nämlich panisch, sollte man in einer derartigen Situation nicht handeln.
Was soll man
ohnehin machen, wenn das vermutlich Schlimmste bereits geschehen ist?
Stillhalten oder Verkaufen, oder gibt es eine weitere Alternative?
Die Lage am Immobilien-Markt einschätzen
Der Investmentfonds investiert fast ausschließlich in
Mietwohnungen. Man hat zwar eine breite geografische Streuung vorgenommen,
trotzdem liegt hier ein Klumpenrisiko vor, weil ein wesentliches Risiko des
Immobilienfonds in der Entwicklung der Marktpreise in Deutschland liegt. Laut
einer letzten Produktinformation befinden sich fast 90 Prozent der Immobilien
in Deutschland, und der Rest verteilt sich auf Österreich und Niederlande.
Aufgrund der Politik des billigen Geldes, stieg die Nachfrage und damit der
Angebotspreis für Immobilien bis in das Jahr 2022, um dann mit der schnellen
Anhebung der Leitzinsen (korrekt: Zinssatz der Europäischen Zentralbank für das
Hauptrefinanzierungsgeschäft) drastisch einzubrechen. In der Folge gab es einen
Rücksetzer bei den Aktien (die sich ziemlich schnell und eindrucksvoll
erholten) und den Anleihen (die nach wie vor am Boden liegen und sich langsam
aufrappeln).
In seiner Information an die Anleger sprach das
ZBI-Fondsmanagement davon, dass “der Großteil der Bewertungsanpassungen aus
heutiger Sicht vollzogen ist" (S. 1, Anlegerinformationen vom 25.6.2024).
Natürlich ist das jeweilige Marktumfeld bestimmend für die Wertfeststellungen
beim Immobilienvermögen. Es könnte daher durchaus passieren, dass an dem einen
oder anderen Objekt ein weiterer Wertkorrekturbedarf vorhanden ist. Maßgebend
sind die von den Sachverständigen festgestellten Bewertungsmieten (“übliche
Mieten”), und die könnten neu eingeschätzt werden.
Eine große Plattform für Immobilien- und Mietangebote hatte
jetzt eine Erhöhung bei Kaufpreisen gegenüber Q4-2020 von 2,5 Prozent (Häuser)
und 3,0 Prozent (Wohnungen) ausgemacht. Eine dazugehörige Grafik hinterlässt zudem
den Eindruck, dass sich da eine Trendwende abzeichnet. Ein großer Anbieter für
Finanzierungen wiederum erwartet, dass sich Immobilienpreise in 2024 “seitwärts”
bewegen, wobei es "stabile … bzw. leichte Rückgänge in den Metropolen”
geben wird und die Preise “auf dem Land stärker sinken”.
Wirft man einen Blick auf den EPX-Hauspreisindex, stieg der
Wert für Neubau-Häuser mit wenigen Rücksetzen auf einen Stand von 236 Punkten
(Juni 2024), der Indexverlauf für Eigentumswohnungen und Bestandshäuser sank
dagegen ab Mitte 2022 von seinen Höchstständen 231 bzw. 217 Punkten auf aktuell
211 bzw. 193 Punkte (August 2005 = 100; Quelle: Index – EPX hedonic - EUROPACE
Report). Die nächsten Monate werden zeigen, ob es da einen Stillstand gibt bei
Neubau-Häusern oder eine leichte Erholung bei Bestandshäusern. Bestandsgebäude
mit einer ungünstigen Energieeffizienzklasse G/H werden wahrscheinlich an Wert
verlieren, so die Ansicht vieler Experten.
Den Exit einschätzen
Für die Ermittlung der Anteilspreise sind die Wertgutachten
der Sachverständigen von wesentlicher Bedeutung. Dass ein Immobilienfonds
daneben noch Miet- und Zinserträge verdient oder auch mal einen Gewinn aus dem
Verkauf von Objekten realisiert, ist zwar schön, aber nicht so entscheidend.
Diese weiteren Erträge werden gebraucht, um die übrigen Aufwendungen für die
Verwaltung und Bewirtschaftung sowie realisierte Wertverluste zu decken.
Aufgrund der Abwertung auf einen Rücknahmepreis von 42,26
Euro *) (NAV; WKN A2DMVS), ergeben sich damit nun folgende Handlungsmöglichkeiten:
Der Verkauf an einer Börse (wie z.B. Stuttgart) würde zusätzlich
einen weiteren Kursverlust bescheren (Geldkurs 36,40 Euro am 26.6.2024, 21 Uhr,
Börse Stuttgart) **); zwar wäre man die Anteile sofort los, da sie nun übertragen
werden an einen Dritten, doch was macht man anschließend mit den Erlösen?
Bei offenen Immobilienfonds können Anleger ihre Anteile
unter Einhaltung bestimmter Fristen an die Fondsgesellschaft zurückgeben. Das
Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) enthält Mindesthalte- und Rückgabefristen.
Anteilrückgabewünsche müssen mittels einer unwiderruflichen Rückgabeerklärung
angekündigt werden. Diese Rückgabe ist erst nach einer sogenannten
Mindesthaltefrist von 24 Monaten möglich und muss zwölf Monate vor dem gewünschten
Rückgabetermin (Rückgabefrist) erteilt werden. Zwischen der unwiderruflichen Rückgabeerklärung
des Anlegers und dem Zeitpunkt der Anteilsrückgabe kann der Rücknahmepreis
Schwankungen unterliegen und somit zum Zeitpunkt der Anteilsrückgabe höher oder
niedriger ausfallen. Wahrscheinlich wird es in einem Jahr zu einem höheren
Aufkommen an Mittelabflüssen kommen; auch da hatte es in den letzten Jahren
einen Trend gegeben, der ganz besonders von derartigen Abwertungen, wie nun
geschehen ist, beschleunigt wird. Um Liquiditätsengpässen zu entkommen, müsste
das Fondsmanagement einen Teil der Bestände veräußern und die erlösten Gelder
in bald noch niedriger verzinsliche Anlagen unterbringen. Derartige
Zweit-Runden-Effekte würden die Performance unter Umständen sehr beeinträchtigen.
Einen Schadensersatzanspruch könnte man geltend machen, wenn
ein Fehlverhalten des Vertragspartners nachgewiesen werden kann. Die
Fondsgesellschaft sollte sich streng an die gesetzlichen Bestimmungen beim
Bewertungsverfahren gehalten und die für die Geldanlage als Vermittlerin tätige
Stelle über die Risiken aufgeklärt haben. Über die Risiken informierte
nachweislich das Fondsmanagement:
Durch eine breite
geografische Streuung im Rahmen der Anlagerestriktionen wird ein
diversifiziertes Immobilienportfolio angestrebt, um wirtschaftliche
Schwankungen in einzelnen Regionen oder Branchen abfangen zu können. Die
Entwicklung auf Portfolioebene wird durch regelmäßige Stresstests sowie ein
aktives Portfoliomanagement überwacht. Darüber hinaus wird im Rahmen der
Ankaufsprüfung ein ausgewogener Regionen- und Mietermix angestrebt, um das
Portfolio nachhaltig weiter zu diversifizieren. (Quelle: Jahresbericht zum
30.9.2023, Abschnitt 10.1, Seite 22).
Die Möglichkeiten eines Immobilienfonds einschätzen
Nichtstun und Aussitzen sind ebenfalls Handlungsmöglichkeiten.
Ob eine Rückkehr zu den Bewertungen der letzten sieben Jahren allerdings in absehbarer
Zeit wahrscheinlich ist, könnte man mit den Worten von John Maynard Keynes
beantworten: “In the long run we are all dead” (= Auf lange Sicht sind wir alle
tot).
Eine ganz und gar andere Möglichkeit besteht im Tätigen eines
Zukaufs. Über die Vermittler müsste man natürlich wieder einen (verhandelbaren)
Ausgabeaufschlag (max. 5 Prozent) bezahlen, der auf den Rücknahmepreis hinzukäme.
Gesetzt den Fall, dass in den nächsten zwei Jahren die Bewertung um jährlich 3
Prozent steigen würde, wäre zwar der Ausgabeaufschlag wieder verdient, aber
nicht die laufende Teuerungsrate. Über die Börse ein Kaufangebot abgeben, was
nur leicht über dem bisherigen Geldkurs liegt **), wäre eine günstigere
Alternative, trotz der Ordergebühren von vielleicht 1 Prozent. Derartige
Chancen scheinen sich einige so auszumalen, aber das ist Spekulation.
Der Fonds wird zum Stichtag 30.9.2024 erneut berichten und
ein Fazit ziehen. Von entscheidender Bedeutung wird es aber dann sein, wie sich
die Zinsen entwickeln werden. Momentan wird mit einer hohen Zuversicht auf
fallende Notenbank-Zinsen spekuliert, was allgemein die Kurse wieder anziehen lässt.
Immobilien sollten ebenfalls davon profitieren. In einem Research-Papier einer
deutschen Großbank zu den Aussichten auf das zweite Halbjahr 2024 sprach man
von einer “erreichten Talsohle” und “vorsichtig optimistische Ausblicke”. Die
Hauspreise sind am Sinken (das wäre für den Fonds jetzt nicht gut), Zinsen
haben die Höchststände hinter sich gelassen und Löhne steigen (das würde die Nachfrage
wiederum stärken). Hinzu kommt ein weiterhin bestehender Bedarf an Wohnraum.
Dies sind fundamentale Entwicklungen, die zur “Attraktivität [der] Anlageklasse
für langfristige Investoren und Eigentümer” beitragen. Empfohlen wird in allen
vier Muster-Allokationen ein kleiner (3 Prozent) bis etwas höherer Anteil (10
Prozent) in Immobilien-Werten (Professionelle Vermögensverwaltungen sehen das übrigens
ganz anders).
Die Vermögens- und Finanzlage einschätzen
Wie immer man sich als Anleger entscheiden möchte,
bilanzierende Investoren müssen prüfen, auch wenn sie ihre Bilanz gerade erst
fertiggestellt, aber noch nicht veröffentlicht haben, ob eine Anpassung der
Bilanz notwendig ist. Gemäß § 264 Abs. 2 S. 1 HGB hat der Jahresabschluss unter
Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen
entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln.
Treten nachträglich wesentliche Ereignisse auf, die zu einer Verzerrung führen,
muss eine Anpassung erwogen oder im Anhang darüber berichtet werden (S. 2).
Die nun herausgebrachte Anlegerinformation spricht von einer
unvorhersehbaren Situation auf dem Wohnimmobilienmarkt, die begründet ist im
rasanten (Leitzinsen-) Zinsanstieg, explodierenden Baukosten im Zuge der
gestiegenen Inflation sowie zunehmender regulatorischer Vorschriften. Ein “marktbreiter
Preisindex für Mehrfamilienhäuser in Deutschland” verzeichnete seit seinem Höchststand
2021 einen Rückgang von “rund 36 Prozent” (Seite 1). Und weiter wird erklärt,
dass man “trotz operativer erfolgreicher Maßnahmen [...]” sich dieser
Entwicklung nicht entziehen konnte.
Diese Aussage könnte nicht als ein wertaufhellendes Ereignis
angesehen werden, was aber noch zu prüfen wäre (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB,
Stichtagsprinzip). Die Verlautbarungen des Fondsmanagements lassen zwar vermuten,
dass es bereits einen Werteverfall gegeben hat im vorherigen Kalenderjahr, aber
die tatsächliche Feststellung erfolgte erst im neuen Jahr, und dann auch noch
im zweiten Quartal, was entsprechend § 251 KAGB eine Neuerung nach einer
bereits erfolgten Bewertung im ersten Quartal darstellt. Insofern ist dies als ein wertbegründendes Ereignis zu verstehen.
CGS
Quelle:
Sonderbewertung des gesamten Immobilienbestands des UniImmo:
Wohnen ZBI zum 23.06.2024
Fußnote zu:
*) = auf der Webseite der UNION Investment wurde noch am Tag
der Recherche zu diesem Beitrag am 2.7.2024 ein Rücknahmepreis von 42,25 Euro
berichtet. Vom Fondsmanagement veröffentlicht wurde aber nun ein Rücknahmepreis
von 42,26 Euro (siehe dazu auch die Anlegerinformation).
**) = Bis zum 2.7.2024 änderten sich die Kurse noch weiter
an der Börse Stuttgart. Die Offerten bewegten sich am Handelstag zwischen 35,30
Euro und 36,50 Euro. Derartige Preisabschläge zu einem offiziellen Rücknahmepreis
sind als Risikoprämie zu verstehen. Wollten Käufer risikofrei, aber mit einem
Gewinn in zwei Jahren, die Anteile zurückgeben, muss der Einstand heute
besonders niedrig sein. Für ein Fondsmanagement bedeutet dies wiederum, dass
mit einer Rückgabewelle in zwei Jahren zu rechnen und daher Vorsorge zu
betreiben ist.
Bild zum Beitrag mit Bing Image Creator.
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