Donnerstag, 4. Juli 2024

Finanzanlagen – Was tun mit der Anlage

Der Offene Immobilienfonds, der da ein wenig unter die Räder gekommen war (Tagesverlust 17 Prozent), kann schon einiges an Kopfzerbrechen abverlangen. Gerade diejenigen, die erst in den letzten Monaten einen vielleicht sogar beträchtlichen Geldbetrag investiert haben, werden sich “getäuscht” fühlen. Was also tun in der jetzigen Situation?

Keine Panik – so steht es zumindest auf dem Umschlag vom Anhalter durch die Galaxis. Und genau so, nämlich panisch, sollte man in einer derartigen Situation nicht handeln.

Was soll man ohnehin machen, wenn das vermutlich Schlimmste bereits geschehen ist? Stillhalten oder Verkaufen, oder gibt es eine weitere Alternative?

 

Die Lage am Immobilien-Markt einschätzen

Der Investmentfonds investiert fast ausschließlich in Mietwohnungen. Man hat zwar eine breite geografische Streuung vorgenommen, trotzdem liegt hier ein Klumpenrisiko vor, weil ein wesentliches Risiko des Immobilienfonds in der Entwicklung der Marktpreise in Deutschland liegt. Laut einer letzten Produktinformation befinden sich fast 90 Prozent der Immobilien in Deutschland, und der Rest verteilt sich auf Österreich und Niederlande. Aufgrund der Politik des billigen Geldes, stieg die Nachfrage und damit der Angebotspreis für Immobilien bis in das Jahr 2022, um dann mit der schnellen Anhebung der Leitzinsen (korrekt: Zinssatz der Europäischen Zentralbank für das Hauptrefinanzierungsgeschäft) drastisch einzubrechen. In der Folge gab es einen Rücksetzer bei den Aktien (die sich ziemlich schnell und eindrucksvoll erholten) und den Anleihen (die nach wie vor am Boden liegen und sich langsam aufrappeln).

In seiner Information an die Anleger sprach das ZBI-Fondsmanagement davon, dass “der Großteil der Bewertungsanpassungen aus heutiger Sicht vollzogen ist" (S. 1, Anlegerinformationen vom 25.6.2024). Natürlich ist das jeweilige Marktumfeld bestimmend für die Wertfeststellungen beim Immobilienvermögen. Es könnte daher durchaus passieren, dass an dem einen oder anderen Objekt ein weiterer Wertkorrekturbedarf vorhanden ist. Maßgebend sind die von den Sachverständigen festgestellten Bewertungsmieten (“übliche Mieten”), und die könnten neu eingeschätzt werden.

Eine große Plattform für Immobilien- und Mietangebote hatte jetzt eine Erhöhung bei Kaufpreisen gegenüber Q4-2020 von 2,5 Prozent (Häuser) und 3,0 Prozent (Wohnungen) ausgemacht. Eine dazugehörige Grafik hinterlässt zudem den Eindruck, dass sich da eine Trendwende abzeichnet. Ein großer Anbieter für Finanzierungen wiederum erwartet, dass sich Immobilienpreise in 2024 “seitwärts” bewegen, wobei es "stabile … bzw. leichte Rückgänge in den Metropolen” geben wird und die Preise “auf dem Land stärker sinken”.

Wirft man einen Blick auf den EPX-Hauspreisindex, stieg der Wert für Neubau-Häuser mit wenigen Rücksetzen auf einen Stand von 236 Punkten (Juni 2024), der Indexverlauf für Eigentumswohnungen und Bestandshäuser sank dagegen ab Mitte 2022 von seinen Höchstständen 231 bzw. 217 Punkten auf aktuell 211 bzw. 193 Punkte (August 2005 = 100; Quelle: Index – EPX hedonic - EUROPACE Report). Die nächsten Monate werden zeigen, ob es da einen Stillstand gibt bei Neubau-Häusern oder eine leichte Erholung bei Bestandshäusern. Bestandsgebäude mit einer ungünstigen Energieeffizienzklasse G/H werden wahrscheinlich an Wert verlieren, so die Ansicht vieler Experten.

 

Den Exit einschätzen

Für die Ermittlung der Anteilspreise sind die Wertgutachten der Sachverständigen von wesentlicher Bedeutung. Dass ein Immobilienfonds daneben noch Miet- und Zinserträge verdient oder auch mal einen Gewinn aus dem Verkauf von Objekten realisiert, ist zwar schön, aber nicht so entscheidend. Diese weiteren Erträge werden gebraucht, um die übrigen Aufwendungen für die Verwaltung und Bewirtschaftung sowie realisierte Wertverluste zu decken.

Aufgrund der Abwertung auf einen Rücknahmepreis von 42,26 Euro *) (NAV; WKN A2DMVS), ergeben sich damit nun folgende Handlungsmöglichkeiten:

Der Verkauf an einer Börse (wie z.B. Stuttgart) würde zusätzlich einen weiteren Kursverlust bescheren (Geldkurs 36,40 Euro am 26.6.2024, 21 Uhr, Börse Stuttgart) **); zwar wäre man die Anteile sofort los, da sie nun übertragen werden an einen Dritten, doch was macht man anschließend mit den Erlösen?

Bei offenen Immobilienfonds können Anleger ihre Anteile unter Einhaltung bestimmter Fristen an die Fondsgesellschaft zurückgeben. Das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) enthält Mindesthalte- und Rückgabefristen. Anteilrückgabewünsche müssen mittels einer unwiderruflichen Rückgabeerklärung angekündigt werden. Diese Rückgabe ist erst nach einer sogenannten Mindesthaltefrist von 24 Monaten möglich und muss zwölf Monate vor dem gewünschten Rückgabetermin (Rückgabefrist) erteilt werden. Zwischen der unwiderruflichen Rückgabeerklärung des Anlegers und dem Zeitpunkt der Anteilsrückgabe kann der Rücknahmepreis Schwankungen unterliegen und somit zum Zeitpunkt der Anteilsrückgabe höher oder niedriger ausfallen. Wahrscheinlich wird es in einem Jahr zu einem höheren Aufkommen an Mittelabflüssen kommen; auch da hatte es in den letzten Jahren einen Trend gegeben, der ganz besonders von derartigen Abwertungen, wie nun geschehen ist, beschleunigt wird. Um Liquiditätsengpässen zu entkommen, müsste das Fondsmanagement einen Teil der Bestände veräußern und die erlösten Gelder in bald noch niedriger verzinsliche Anlagen unterbringen. Derartige Zweit-Runden-Effekte würden die Performance unter Umständen sehr beeinträchtigen.

Einen Schadensersatzanspruch könnte man geltend machen, wenn ein Fehlverhalten des Vertragspartners nachgewiesen werden kann. Die Fondsgesellschaft sollte sich streng an die gesetzlichen Bestimmungen beim Bewertungsverfahren gehalten und die für die Geldanlage als Vermittlerin tätige Stelle über die Risiken aufgeklärt haben. Über die Risiken informierte nachweislich das Fondsmanagement:

Durch eine breite geografische Streuung im Rahmen der Anlagerestriktionen wird ein diversifiziertes Immobilienportfolio angestrebt, um wirtschaftliche Schwankungen in einzelnen Regionen oder Branchen abfangen zu können. Die Entwicklung auf Portfolioebene wird durch regelmäßige Stresstests sowie ein aktives Portfoliomanagement überwacht. Darüber hinaus wird im Rahmen der Ankaufsprüfung ein ausgewogener Regionen- und Mietermix angestrebt, um das Portfolio nachhaltig weiter zu diversifizieren. (Quelle: Jahresbericht zum 30.9.2023, Abschnitt 10.1, Seite 22).

 

Die Möglichkeiten eines Immobilienfonds einschätzen

Nichtstun und Aussitzen sind ebenfalls Handlungsmöglichkeiten. Ob eine Rückkehr zu den Bewertungen der letzten sieben Jahren allerdings in absehbarer Zeit wahrscheinlich ist, könnte man mit den Worten von John Maynard Keynes beantworten: “In the long run we are all dead” (= Auf lange Sicht sind wir alle tot).

Eine ganz und gar andere Möglichkeit besteht im Tätigen eines Zukaufs. Über die Vermittler müsste man natürlich wieder einen (verhandelbaren) Ausgabeaufschlag (max. 5 Prozent) bezahlen, der auf den Rücknahmepreis hinzukäme. Gesetzt den Fall, dass in den nächsten zwei Jahren die Bewertung um jährlich 3 Prozent steigen würde, wäre zwar der Ausgabeaufschlag wieder verdient, aber nicht die laufende Teuerungsrate. Über die Börse ein Kaufangebot abgeben, was nur leicht über dem bisherigen Geldkurs liegt **), wäre eine günstigere Alternative, trotz der Ordergebühren von vielleicht 1 Prozent. Derartige Chancen scheinen sich einige so auszumalen, aber das ist Spekulation.

Der Fonds wird zum Stichtag 30.9.2024 erneut berichten und ein Fazit ziehen. Von entscheidender Bedeutung wird es aber dann sein, wie sich die Zinsen entwickeln werden. Momentan wird mit einer hohen Zuversicht auf fallende Notenbank-Zinsen spekuliert, was allgemein die Kurse wieder anziehen lässt. Immobilien sollten ebenfalls davon profitieren. In einem Research-Papier einer deutschen Großbank zu den Aussichten auf das zweite Halbjahr 2024 sprach man von einer “erreichten Talsohle” und “vorsichtig optimistische Ausblicke”. Die Hauspreise sind am Sinken (das wäre für den Fonds jetzt nicht gut), Zinsen haben die Höchststände hinter sich gelassen und Löhne steigen (das würde die Nachfrage wiederum stärken). Hinzu kommt ein weiterhin bestehender Bedarf an Wohnraum. Dies sind fundamentale Entwicklungen, die zur “Attraktivität [der] Anlageklasse für langfristige Investoren und Eigentümer” beitragen. Empfohlen wird in allen vier Muster-Allokationen ein kleiner (3 Prozent) bis etwas höherer Anteil (10 Prozent) in Immobilien-Werten (Professionelle Vermögensverwaltungen sehen das übrigens ganz anders).

 

Die Vermögens- und Finanzlage einschätzen

Wie immer man sich als Anleger entscheiden möchte, bilanzierende Investoren müssen prüfen, auch wenn sie ihre Bilanz gerade erst fertiggestellt, aber noch nicht veröffentlicht haben, ob eine Anpassung der Bilanz notwendig ist. Gemäß § 264 Abs. 2 S. 1 HGB hat der Jahresabschluss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln. Treten nachträglich wesentliche Ereignisse auf, die zu einer Verzerrung führen, muss eine Anpassung erwogen oder im Anhang darüber berichtet werden (S. 2).

Die nun herausgebrachte Anlegerinformation spricht von einer unvorhersehbaren Situation auf dem Wohnimmobilienmarkt, die begründet ist im rasanten (Leitzinsen-) Zinsanstieg, explodierenden Baukosten im Zuge der gestiegenen Inflation sowie zunehmender regulatorischer Vorschriften. Ein “marktbreiter Preisindex für Mehrfamilienhäuser in Deutschland” verzeichnete seit seinem Höchststand 2021 einen Rückgang von “rund 36 Prozent” (Seite 1). Und weiter wird erklärt, dass man “trotz operativer erfolgreicher Maßnahmen [...]” sich dieser Entwicklung nicht entziehen konnte.

Diese Aussage könnte nicht als ein wertaufhellendes Ereignis angesehen werden, was aber noch zu prüfen wäre (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB, Stichtagsprinzip). Die Verlautbarungen des Fondsmanagements lassen zwar vermuten, dass es bereits einen Werteverfall gegeben hat im vorherigen Kalenderjahr, aber die tatsächliche Feststellung erfolgte erst im neuen Jahr, und dann auch noch im zweiten Quartal, was entsprechend § 251 KAGB eine Neuerung nach einer bereits erfolgten Bewertung im ersten Quartal darstellt. Insofern ist dies als ein wertbegründendes Ereignis zu verstehen. 

CGS


 

Quelle:

Sonderbewertung des gesamten Immobilienbestands des UniImmo: Wohnen ZBI zum 23.06.2024

Anlegerinformation mit Stand aller Informationen,Darstellungen und Erläuterungen am 25. Juni 2024, mit Datum 27.6.2024 aufder Mitteilung über die Webseite der ZBI-Gruppe

 

 

Fußnote zu:

*) = auf der Webseite der UNION Investment wurde noch am Tag der Recherche zu diesem Beitrag am 2.7.2024 ein Rücknahmepreis von 42,25 Euro berichtet. Vom Fondsmanagement veröffentlicht wurde aber nun ein Rücknahmepreis von 42,26 Euro (siehe dazu auch die Anlegerinformation).

**) = Bis zum 2.7.2024 änderten sich die Kurse noch weiter an der Börse Stuttgart. Die Offerten bewegten sich am Handelstag zwischen 35,30 Euro und 36,50 Euro. Derartige Preisabschläge zu einem offiziellen Rücknahmepreis sind als Risikoprämie zu verstehen. Wollten Käufer risikofrei, aber mit einem Gewinn in zwei Jahren, die Anteile zurückgeben, muss der Einstand heute besonders niedrig sein. Für ein Fondsmanagement bedeutet dies wiederum, dass mit einer Rückgabewelle in zwei Jahren zu rechnen und daher Vorsorge zu betreiben ist.

 

 

Bild zum Beitrag mit Bing Image Creator.

Das hier ist keine Rechtsberatung oder Aufforderung zur Vornahme eines Rechtsgeschäftes. Der Beitrag stellt nur meine Sicht auf die Dinge dar. Und eine solche Sicht kann sich immer ändern. Brauchen Sie rechtliche Unterstützung, wenden Sie sich an die zuständigen Behörden, Sozial- und Betroffenenverbände oder rechtskundige Dritte. Lesen Sie bitte ebenfalls die Hinweise zum Rechtsstatus der Webseite, Urheberrechtsbestimmungen und Haftungsausschluss sowie die Datenschutzerklärung.

Hat Ihnen der Beitrag gefallen?

Empfehlen Sie ein//gegliedert weiter oder klicken Sie gleich reihum auf die übrigen Seiten dieses Blogs – ersetzt das Applaudieren und ist ein guter Motivator für mich.

Möchten Sie was sagen?

Schreiben Sie mir eine E-Mail – Ihre Meinung hilft mir, meine Sichtweise neu zu überdenken. Meine E-Mail-Adresse finden Sie auf der Seite Über mich.

 

Finanzanlagen – Was tun mit der Anlage