Freitag, 6. März 2015

Die Anträge auf Schulbegleitung / Integrationsassistenz müssen jetzt wieder gestellt werden

Es ist wieder soweit: Wenn ein Schüler mit Behinderung eine Schulbegleitung bzw. Integrationsassistenz braucht, dann müssen jetzt seitens der Erziehungsberechtigten oder rechtlichen Betreuern Anträge bei den Sozialhilfeträgern gestellt werden.

Das heißt: Es empfiehlt sich, jetzt schon die Anträge auf den Weg zu bringen, damit einerseits die Ämter und Behörden Zeit haben, fachliche Stellungnahmen einzuholen, andererseits auch bei einer Ablehnung die Eltern ins Widerspruchsverfahren zu gehen. Auch wenn es noch so lange hin scheint bis zum neuen Schuljahr, in der Zeit der Sommerferien passiert in der Regel nicht viel.

Wenn es „lediglich“ um eine Verlängerung der bestehenden Hilfeleistungen geht, dann ist in einigen Landkreisen und Kommunen mit Widerständen der Sozialhilfeträger zu rechnen. Noch immer geistert das Gespenst des Begriffs „Kernbereich der pädagogischen Arbeit“ umher, welcher durch den Sozialhilfeträger immer dann herangezogen wird, wenn Zweifel an der Notwendigkeit einer Schulbegleitung bestehen – „böse Zungen“ behaupten dagegen, dass es grundsätzlich den Sozialhilfeträgern um die Einsparung von Haushaltsmitteln geht.

Um dieses Problem also gar nicht groß aufkommen zu lassen, empfiehlt es sich, in beizufügenden Stellungnahmen und Schulberichten ganz klar eine Abgrenzung vorzunehmen. Es geht also nicht um schulische-pädagogische Hilfen, wie z.B. Nachhilfe, Hausaufgabenhilfe oder Vermittlung von Lerninhalten, sondern es geht um Unterstützungsleistungen, die dem Schüler mit Behinderung die Erlangung einer angemessenen Schulbildung ermöglicht (vgl. § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII).

Darunter fallen gem. § 12 der Eingliederungshilfe-Verordnung:

„1.
heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern,

2.
Maßnahmen der Schulbildung zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen,

3.
Hilfe zum Besuch einer Realschule, eines Gymnasiums, einer Fachoberschule oder einer Ausbildungsstätte, deren Ausbildungsabschluß dem einer der oben genannten Schulen gleichgestellt ist, oder, soweit im Einzelfalle der Besuch einer solchen Schule oder Ausbildungsstätte nicht zumutbar ist, sonstige Hilfe zur Vermittlung einer entsprechenden Schulbildung; die Hilfe wird nur gewährt, wenn nach den Fähigkeiten und den Leistungen des behinderten Menschen zu erwarten ist, daß er das Bildungsziel erreichen wird.“

Gerade Ziffer 2 wird zu Problemen führen, weil die Auslegung letztlich doch in den Kernbereich der pädagogischen Arbeit hineinreicht.

Die Sozialhilfeträger müssen prüfen, ob eine Leistungspflicht seitens des Schulträgers besteht. In Schleswig-Holstein ist dies der Fall, da das Schulgesetz die Schulträger zur Inklusion verpflichtet. Nach einem Rechtskommentar kommt in so einem Fall nicht der Sozialhilfeträger für die Schulbegleitung auf, sondern der Schulträger (vgl. S. 421, Rz. 53 zu Nr. 5, § 54 in Bieritz-Harder in „LPK-SGB XII“).

Doch die Schulträger könnten trotz Pflicht zur Inklusion immer auf den Ressourcenvorbehalt, der sich ebenfalls im Schulgesetz wiederfindet, verweisen und damit faktisch die Unterstützungsleistung verweigern. Problematisch ist zudem, dass der persönliche Anspruch eines Hilfeberechtigten im selben Schulgesetz nicht festgeschrieben ist – m.a.W. der Anspruch kann zwar individuell bestehen, aber die Leistungserbringung muss sich nicht konkret auf die Abstellung des Anspruches beziehen. Eine ganz schräge Nummer!

Nochmal: Der Hilfebedarf darf sich nicht auf solche Maßnahmen wie Nachhilfe oder Hausaufgabenbetreuung beziehen, denn dann kann der Leistungsträger sofort an den Schulträger verweisen. Es ist nicht Aufgabe der Schulbegleitung, Lerninhalte zu vermitteln!

In einer Entscheidung des LSG Stuttgart wurde ein Landkreis zur Übernahme der Kosten für eine Schulbegleitung verpflichtet (siehe Quellenangabe und Link weiter unten). Darin heißt es:

„…Den Kernbereich der Schule sah das Landessozialgericht durch die für die Klägerin erforderlichen Hilfen nicht als betroffen an, weshalb der Landkreis als für die Gewährung von Eingliederungshilfe zuständiger Träger leistungspflichtig sei. Die Schulbegleiterinnen hätten gerade keine Lehrinhalte vermittelt, sondern lediglich unterrichtsbegleitende unterstützende Leistungen erbracht, wie eine Fokussierung der Aufmerksamkeit auf das Unterrichtsgeschehen, die Verdeutlichung von Aufgabenstellungen, Unterstützung bei der Auswahl der richtigen Bücher und Hefte und kommunikative Hilfestellungen. Damit hätten sie keine sonderpädagogischen Aufgaben wahrgenommen.“

CGS


Quelle: