Donnerstag, 19. März 2015

Störfeuer zum aktuellen Arbeitsstand der AG BTG (Bundesteilhabegesetz)

Hier passiert mal wieder was!

Am 12.3.2015 schloss die 8. Sitzung der Arbeitsgruppe zum neuen Bundesteilhabegesetz. In dieser vorletzten Sitzung ging es um die „finanziellen Aspekte“. Doch offenbar gibt es Störfeuer vom Bundeskabinett, denn das beschloss am 18.3.2015 kommunale Entlastungen über „andere Wege“. Was genau damit gemeint ist, eröffnet sich einem Leser der Pressemitteilung des BMF ganz gewiss nicht. Man muss schon die Pressemitteilung der Deutschen Landkreistags lesen, um den Zirkelschluss zu machen (siehe Links weiter unten).

Im Koalitionsvertrag soll lediglich die Entlastung der Kommunen im Umfang von 5 Mrd. Euro vereinbart sein. Und Priorität hat nun einmal die „kommunalfreundliche Politik des Bundes“ (Quelle: interner Gesprächsvermerk des BMAS zum „Koalitionsfrühstück am 17.3.2015“). Begründet wurde diese Maßnahme übrigens damit, dass „eine zielgenaue Entlastung der Kommunen im System der Eingliederungshilfe“ nicht möglich sei. Und weil der Koalitionsvertrag sich (vermutlich) ausschweigt über Maßnahmen zur Leistungsverbesserung und strukturellen Veränderungen, wird eine neue Sicht auf die Dinge eingenommen. Nicht zuletzt erreicht man damit auch, dass eine neue Ausgabendynamik nicht entsteht – wenn man es genau nimmt, dann handelt es sich um eine zeitlich und in seiner Höhe begrenzte Unterstützung der Kommunen. Es kann also alles so bleiben, wie bisher.

In dem internen Papier heißt es weiter:

„… Die Behindertenverbände äußerten die Befürchtung, dass durch die Entkoppelung nunmehr die ‚Lokomotive‘ für ein substanzielles Bundesteilhabegesetz, das auch Leistungsverbesserungen für die Menschen mit Behinderungen umfassen müsse, entfallen würde. Ohne eine Koppelung an die kommunale Entlastung - so die Befürchtung - würde der Reformdruck nachlassen und das ganze Gesetz stünde zur Disposition. …“ (Hervorhebung von mir).

Genau dies führt bei den Interessensverbänden zu Kritik.

Die Bundesvereinigung der Lebenshilfe e.V. sieht im Bundesteilhabegesetz das „wichtigste behindertenpolitische Vorhaben dieser Legislaturperiode“. Sie verlangt, dass auch „nach Änderung der Finanzströme … an dem Vorhaben festgehalten und die Behindertenrechtskonvention mit einem modernen Teilhabegesetz umgesetzt werden [muss] – so wie es der Koalitionsvertrag vorsieht.“ (Quelle: Extra-Newsletter der Bundesvereinigung Lebenshilfe vom 19. März 2015).

Die umfangreichen Vorarbeiten, die von verschiedenen Interessenten geleistet worden sind, könnten nun vergebens gewesen sein. Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband sieht mit Sorge, dass die Sicherstellung der Finanzierung „auf andere Weise“ den Umbau des bisherigen Fürsorge-Systems in ein System der Teilhabe-auf-Augenhöhe zum Erliegen bringen wird. (Quelle: Newsletter des Paritätische Gesamtverbands vom 18./19.3.2015).

Am 6.10.2014 hatte ich in einem Beitrag die Frage gestellt, ob das neue Bundesteilhabegesetz gestoppt wird, noch bevor es an Fahrt aufgenommen hat. Zwischenzeitlich gab es dann noch aus dem Dunstkreis der Hamburger Sozialbehörde ein eher abschwächendes Signal, was die Zukunft der Arbeitsgruppe anbelangte.

Wie gesagt, die Interessensverbände befürchten, dass ohne finanziellen Druck, die Länder und Kommunen nicht mehr an der Weiterarbeit interessiert sind. Das Gesetz könnte stoppen und als Begründung könnte angeführt werden, der Reformbedarf ist zwar vorhanden, aber die Umsetzung äußerst problematisch. Und wenn dann auch noch die Vorhersage, dass die Ausgabensteigerung der Eingliederungshilfe bis 2020 auf 21,6 Mrd. Euro (Quelle: interner Gesprächsvermerk des BMAS zum „Koalitionsfrühstück am 17.3.2015“) nun nicht eintrifft, wird die dann herrschende Politik-Kaste das Gesetzesvorhaben zur endgültigen Ruhe betten.


CGS


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