Hier passiert mal wieder was!
Am 12.3.2015 schloss die 8. Sitzung der Arbeitsgruppe zum
neuen Bundesteilhabegesetz. In dieser vorletzten Sitzung ging es um die „finanziellen
Aspekte“. Doch offenbar gibt es Störfeuer vom Bundeskabinett, denn das
beschloss am 18.3.2015 kommunale Entlastungen über „andere Wege“. Was genau
damit gemeint ist, eröffnet sich einem Leser der Pressemitteilung des BMF ganz
gewiss nicht. Man muss schon die Pressemitteilung der Deutschen Landkreistags
lesen, um den Zirkelschluss zu machen (siehe Links weiter unten).
Im Koalitionsvertrag soll lediglich die Entlastung der
Kommunen im Umfang von 5 Mrd. Euro vereinbart sein. Und Priorität hat nun
einmal die „kommunalfreundliche Politik des Bundes“ (Quelle: interner
Gesprächsvermerk des BMAS zum „Koalitionsfrühstück am 17.3.2015“). Begründet
wurde diese Maßnahme übrigens damit, dass „eine zielgenaue Entlastung der
Kommunen im System der Eingliederungshilfe“ nicht möglich sei. Und weil der
Koalitionsvertrag sich (vermutlich) ausschweigt über Maßnahmen zur Leistungsverbesserung
und strukturellen Veränderungen, wird eine neue Sicht auf die Dinge
eingenommen. Nicht zuletzt erreicht man damit auch, dass eine neue
Ausgabendynamik nicht entsteht – wenn man es genau nimmt, dann handelt es sich
um eine zeitlich und in seiner Höhe begrenzte Unterstützung der Kommunen. Es
kann also alles so bleiben, wie bisher.
In dem internen Papier heißt es weiter:
„… Die
Behindertenverbände äußerten die Befürchtung, dass durch die Entkoppelung
nunmehr die ‚Lokomotive‘ für ein substanzielles Bundesteilhabegesetz, das auch
Leistungsverbesserungen für die Menschen mit Behinderungen umfassen müsse,
entfallen würde. Ohne eine Koppelung an
die kommunale Entlastung - so die Befürchtung - würde der Reformdruck
nachlassen und das ganze Gesetz stünde zur Disposition. …“ (Hervorhebung
von mir).
Genau dies führt bei den Interessensverbänden zu Kritik.
Die Bundesvereinigung der Lebenshilfe e.V. sieht im
Bundesteilhabegesetz das „wichtigste behindertenpolitische Vorhaben dieser
Legislaturperiode“. Sie verlangt, dass auch „nach Änderung der Finanzströme …
an dem Vorhaben festgehalten und die Behindertenrechtskonvention mit einem
modernen Teilhabegesetz umgesetzt werden [muss] – so wie es der
Koalitionsvertrag vorsieht.“ (Quelle: Extra-Newsletter der Bundesvereinigung
Lebenshilfe vom 19. März 2015).
Die umfangreichen Vorarbeiten, die von verschiedenen
Interessenten geleistet worden sind, könnten nun vergebens gewesen sein. Auch
der Paritätische Wohlfahrtsverband sieht mit Sorge, dass die Sicherstellung der
Finanzierung „auf andere Weise“ den Umbau des bisherigen Fürsorge-Systems in
ein System der Teilhabe-auf-Augenhöhe zum Erliegen bringen wird. (Quelle:
Newsletter des Paritätische Gesamtverbands vom 18./19.3.2015).
Am 6.10.2014 hatte ich in einem Beitrag die Frage
gestellt, ob das neue Bundesteilhabegesetz gestoppt wird, noch bevor es an
Fahrt aufgenommen hat. Zwischenzeitlich gab es dann noch aus dem Dunstkreis der
Hamburger Sozialbehörde ein eher abschwächendes Signal, was die Zukunft der Arbeitsgruppe
anbelangte.
Wie gesagt, die Interessensverbände befürchten, dass ohne
finanziellen Druck, die Länder und Kommunen nicht mehr an der Weiterarbeit
interessiert sind. Das Gesetz könnte stoppen und als Begründung könnte
angeführt werden, der Reformbedarf ist zwar vorhanden, aber die Umsetzung
äußerst problematisch. Und wenn dann auch noch die Vorhersage, dass die
Ausgabensteigerung der Eingliederungshilfe bis 2020 auf 21,6 Mrd. Euro (Quelle:
interner Gesprächsvermerk des BMAS zum „Koalitionsfrühstück am 17.3.2015“) nun nicht
eintrifft, wird die dann herrschende Politik-Kaste das Gesetzesvorhaben zur
endgültigen Ruhe betten.
CGS
Quelle:
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