Das Thema
Mindestlohn zieht sich quer durch die Sozialwirtschaft. Das Problem ist hier,
dass in vielen Einrichtungen Bereitschaftsdienste vorgehalten werden, die nun
aufgrund der neuen Regelungen mit dem „Mindestlohn“ pro Zeitstunde entgolten
werden müssen. Bisher gab es Regelungen, nach denen nicht die volle Zeitstunde für
die Entgeltberechnung zugrunde gelegt wurde, sondern lediglich ein prozentualer
Anteil (z.B. 25 %) davon. Durch das Mindestlohngesetz (MiLoG) ändert sich dies
nun offenbar.
Nach § 7 des TVÖD-B-VKA wird Bereitschaftsdienst von
Beschäftigten geleistet, „… die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb
der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle
aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen.“ Es handelt sich also um
eine Sonderform der Arbeit, die also auf besondere Weise vergütet wird.
In § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen
Mindestlohns (Mindestlohngesetz - MiLoG) steht: „Jede Arbeitnehmerin und jeder
Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe
des Mindestlohns durch den Arbeitgeber.“ Die Höhe des Mindestlohns beträgt seit
dem 1. Januar 2015 brutto 8,50 Euro je Zeitstunde (Abs. 2 Satz 1). Der Begriff
der Zeitstunde ist im Gesetz nicht weiter definiert worden, so dass man davon
ausgehen muss, dass tatsächlich eine 60 minütige Zeitdauer gemeint ist.
In § 8.1 TVÖD-B-VKA (bzw. § 46 BT-B-VKA) findet sich
dagegen eine Vereinbarung zwischen den Tarifpartnern, wonach die während des
Bereitschaftsdienstes geleistete Arbeitszeit nur anteilig als Arbeitszeit
bewertet wird. In Absatz 1 lit. a) finden sich demzufolge verschiedene Stufen
mit Faktoren, die von 15 % bis 55 % reichen. Wenn also ein Beschäftigter 10
Stunden Bereitschaftsdienst leistete, wurden 1,5 bis 5,5 Stunden, je nach
betrieblicher Vereinbarung, mit dem entsprechenden Stundensatz für eine
reguläre Zeitstunde vergütet. Auch nicht tarifgebundene Unternehmen haben sich
eine solche Verfahrensweise zu eigen gemacht und vergüten i.d.R. 25 % einer
regulären Zeitstunde für jede Stunde Anwesenheit während des
Bereitschaftsdienstes.
Beträgt der Stundenlohn für eine reguläre Zeitstunde
20,00 Euro, würde der Stundenlohn während des Bereitschaftsdienstes auf 5,00
Euro sinken – also unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns. Wenn an jedem Tag
des Jahres in der Zeit von 21 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages Bereitschaftsdienst
z.B. in einer stationären Wohngruppe von einer Person zu leisten wäre, würden
sich jetzt noch, nach der alten Rechnung, Bruttolohnkosten von (3 + 6) Stunden
x 20,00 Euro x 25 % x 365 Tage = 16.425 Euro ergeben; in Zukunft wären es dann
aber (3 + 6) Stunden x 8,50 Euro x 365 Tage = 27.922,50 Euro.
In Tarifverträgen wurde vielfach auch ein Zeitzuschlag
pro Anwesenheitsstunde gezahlt, der bei allen Berechnungen ebenfalls zu
berücksichtigen wäre. Er müsste sogar berücksichtigt werden, weil im MiLoG
keine Differenzierung vorgenommen wurde, aus welchen Bestandteilen ein
Stundenlohn bestehen muss. Geht man von einem Zeitzuschlag von 15 % aus, würde
der Stundenlohn von 5,00 Euro auf (20,00 x 15 %) + 5,00 Euro = 8,00 Euro
steigen. Von daher würde sich das Problem reduzieren auf die Differenz zwischen
Mindestlohn und tatsächlich gezahltem Stundenlohn.
Ein wenig erinnert dieses Problem an ein EuGH-Urteil zur
Gleichstellung von Bereitschaftszeit mit Arbeitszeit. In der Folge verhandelten
die Tarifpartner darüber, dass Bereitschaftszeit anders zu entlohnen und zu
bemessen ist, aber sich dennoch in den Kontext der Arbeitszeitgesetze einfügt,
ohne eine Kostenexplosion zu verursachen.
CGS
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