In meinem letzten
Beitrag hatte ich das Thema Risikoprofil und Finanzbedarf bearbeitet.
Das Thema entstammte meinem am 8.2.2016 beschriebenen Beziehungs-Dreieck der
Geld- und Vermögensanlage und diente zur Vorbereitung auf das Gespräch mit dem
Finanzberater. Wenn man in das Gespräch geht, sollte man sich schon gut
vorbereitet und in etwa eine Vorstellung entwickelt haben von dem, was man
erreichen möchte mit der Geldanlage. Dass man das Gespräch mit einem
Finanzberater führt, beruht darauf, dass Entscheider in den Sozialunternehmen
zwar glänzende Führungs- und Fachkräfte in einem Unternehmen mit sozialem
Auftrag sind, aber selten (wenn überhaupt) etwas von Geldanlage verstehen. Es
geht also nicht nur um viel Geld, es geht um das finanzielle Rückgrat des
Sozialunternehmens, dass man ggf. verlustbringend anlegt.
In meinem heutigen Beitrag
behandele ich vom Themenkomplex Beratung und Anlageentscheidung nur den Teil,
der sich um die eigentliche Finanzberatung dreht. Diese erfolgt entweder durch
eine Honorarkraft, die bankenunabhängig und auf Basis einer vorher festgelegten
Vergütung berät, oder durch einen Bankberater, der neben den Kundeninteressen
auch die Interessen der Bank im Auge behalten muss. Die Anlageentscheidung
selbst erfolgt dagegen auf der Grundlage der Finanzberatung – darum wird diesem
Teil nachfolgend so viel Aufmerksamkeit zuteil, bevor es später mal um die Anlageentscheidung
anhand von Richtlinien geht.
Vorab muss man fairerweise zwei Dinge sagen:
Erstens wird man leider erst nach Rückzahlung oder
Verkauf wissen, ob eine
Geldanlageentscheidung wirklich richtig gewesen ist.
Und zweitens muss man immer mit dem Risiko des
Verlustes leben.
Um überhaupt eine Entscheidung treffen zu können, holt
man sich zuerst einmal einen Finanzberater ins Haus. Auf die Vor- und Nachteile
der bereits genannten Beratertypen, will ich an dieser Stelle nur oberflächlich
eingehen. Wirklich uneigennützig wird sowieso keiner von beiden handeln, denn
der eine handelt womöglich im starken Interesse der Bank und der andere
versucht einen Folgeauftrag zu ergattern. Als derjenige, der beraten wird,
sollte man ohnehin alle ausgesprochenen „Empfehlungen“ mit Skepsis betrachten.
Beiden Beratertypen gemein ist, dass sie leider über
keine „Glaskugel“ verfügen. Vielmehr verlassen sie sich auf die eigenen
Erfahrungen (Instinkt) und / oder den Berichten der Research-Abteilungen, was
einerseits die Fehlerrate einschränkt, andererseits aber vor Fehlentscheidungen
nicht schützt. Was sich aber immer wieder als äußerst hilfreich herausgestellt
hat, ist das mehrfache Hinterfragen der ausgesprochenen Behauptungen.
Hier ein paar Negativ-Beispiele:
In einem mir bekannten Fall hatte der Bankberater einen
aktiv gemanagten Energie-Fonds deswegen im Vergleich zu einem anderen, fast gleichartigen
Fonds empfohlen, weil er „volatiler“ sei und man deswegen als Anleger die
Chance bekommt, zu einem Höchstpreis wieder zu verkaufen. Ist hohe Volatilität
ein Kriterium für Qualität?
In vielen Beratungen werden Geldanlagen deswegen
angepriesen, weil sie eine „Story“ in sich tragen. Wenn man als Kunde dann
hinterfragt, wird man mit einer Mischung aus Namen, Marktentwicklungen,
Unternehmensdaten und volkswirtschaftlichen Kennzahlen konfrontiert, die
zusammen genommen tatsächlich den Anschein eines „Märchens“ haben. Wie viel Körnchen
Wahrheit beinhaltet ein Märchen?
In einer Produktbeschreibung las ich, dass ein
Großinvestor mit dabei sei in einem Fonds mit interessantem Namen. Hier wurde
ganz ungeniert der „gute Ruf“ des einen zusammen mit dem schönklingenden Namen
des anderen verbunden und als Qualitätskriterium angepriesen. Der Fonds wird
noch immer unterhalb seines Ausgabekurses gehandelt. Wie sicher ist das Geld?
Viel Vertrauen wurde in den letzten Jahren leider
verspielt. Ob die Banken aus den Fehlern gelernt haben und ehrlich mit den
Kunden umgehen, darf bezweifelt werden. Darum ist es so wichtig, dass man den Finanzberater
(und vor allem den Bankberatern) nicht allzu viel Raum gewährt. Gerade wenn es
um sehr viel Geld geht, sollte man sich einen erfahrenen Dritten einladen, der
die Empfehlungen untersucht.
In den Beratungen mit privaten Kunden müssen sich die
Bankberater zuerst einmal ein Bild von den Vermögensverhältnissen, der Verlust-
oder Risikoneigung sowie den Kenntnissen der Kunden machen und alles streng
protokollieren – so das Gesetz. Wie gut diese Protokolle ausfallen, sollte ein
privater Bankkunde einmal für sich selbst feststellen, sich vielleicht sogar
einmal die Mühe machen und durch eine Klarstellung dagegen halten. Doch bei
Unternehmen entfällt diese Protokollierungspflicht. Statt dass die Entscheider
für sich, eigene Protokolle erstellen, verbringt man drei oder vier Stunden
miteinander, ohne dass wirklich etwas dabei gewonnen wird (Bankberater gewinnen
dagegen, wenn sie eine Vermögensverwaltung oder bankeigene Produkte verkauft
haben). Mit welchem Ziel werden diese Gespräche dann überhaupt seitens der
Entscheider geführt?
In den Protokoll-Richtlinien einer deutschen Großbank
finden sich immer einige sehr innovative Finanzprodukte zwischen klassischen
Anlagen, wenn die Kenntnisse des Kunden beurteilt werden. Wenn man sich als
Kunde nicht von diesen Finanzinnovationen abgrenzt, muss man sich nicht
wundern, wenn Bankberater immer wieder solche Produkte zu verkaufen versuchen. Eine
sehr wirksame Form der Abgrenzung für Unternehmer sind hauseigene
Anlagerichtlinien.
In Mode gekommen sind sogenannte „Kennenlernen“-Gespräche
mit den erfahrenen CRM-Managern, professionellen Anlageberatern und / oder
börsennahen Wertpapierspezialisten. In Wirklichkeit zielen solche Gespräche
darauf ab, neue Produkte an den Mann zu bringen. Nicht selten geht es auch
darum, das Vermögensmanagement aus dem Unternehmen herauszulösen und direkt dem
Finanzmanager (bei der Bank) zu überantworten. Dies geschieht manchmal subtil
und einfühlsam, kann aber auch sehr destruktiv und konfrontativ verlaufen –
gerade dann, wenn der unternehmerische Entscheidungsträger dem Beratungsteam
alleine gegenüber sitzt und kein Protokoll führt.
Wenn man also ins Gespräch geht, sollte man meiner
Ansicht nach dem Ganzen eine Struktur verpassen. Natürlich kann die Einleitung
sich auf die derzeitige Situation an den Kapitalmärkten beziehen und alle
Geschichten, die aktuelle in den Foren und Medien kursieren, einbeziehen. Noch
vor einiger Zeit gab es heiße Diskussionen um den „DAX 12.000“, als dieser
schon wieder auf 9.000 Punkte absackte. Und dann gab es viel Diskussion rund um
den „BREXIT und seine Folgen“. Doch diese Geschichten lösen einander so schnell
ab, dass man sich fragen sollte, ob man mit ihnen nicht Zeit verschwendet –
Bankberater sind sehr gut darin geübt, stundenlang über irgendwelche Risiken
und Nebenwirkungen zu fabulieren.
Kein Anleger mag fallende Kurse, Verluste aussitzen kann
sehr lange andauern. Privatanleger sind nicht an Stichtage gebunden, Unternehmer
müssen dagegen Abschreibungen buchen. Darum sollte ein Beratungsgespräch zuerst
einmal das bestehende Depot zum Gesprächsgegenstand nehmen und dann über
Alternativen oder Neuanlagen informieren. Wenn noch Zeit bleibt, darf über den
Vertrag und seine Kostenstruktur gesprochen werden.
Natürlich bringen Finanzberater gerne Unterlagen mit, die
zum Gesprächseinstieg genutzt werden. Die Depotübersicht mit den Einzelwerten
ist immens wichtig, doch sie kann Beträge und Kennzahlen beinhalten, die man
für die eigene Anlageentscheidung überhaupt nicht gebrauchen kann.
Problematisch für die Finanzberater, aber für einen selbst einfach fundierter,
sind eigene Finanzübersichten. Die eigene Entscheidungsbereitschaft wird
dadurch erhöht, dass der Finanzberater auf Einzelwerte verweist, die „gut“
gelaufen sind. Doch wenn in den Gewinnen die Anschaffungsnebenkosten fehlen
oder sämtliche Ausschüttungen kumuliert enthalten sind, welche Aussagekraft
haben dann solche Übersichten?
Man erhält auch recht schnell die ersten Vorschläge auf
buntem Papier mit vielen Infografiken schönen Fotos von noch schöneren
Menschen, Architekturen und / oder riesigen Maschinen. Es finden sich
Stammdaten, Kennzahlen, Kurz-Übersichten mit Pro- und Contra-Argumenten, die
aber eher einer Aneinanderreihung von allgemeinen Risikohinweisen gleichen. Es
gibt Proberechnungen und Nachhaltigkeits-Bewertungen zusammen mit den üblichen
Haftungserklärungen. Und noch mehr buntes Papier mit großformatigen
Überschriften, wenn die beworbenen Finanzprodukte von großen Fondshäusern
kommen. Die wirklich wichtigen Anlegerinformationen und Daten sucht man
vergebens. Warum wohl beginnen viele Kursgrafiken im Jahr 2009? Wie kommt man
aus der Anlage schnell wieder raus?
Es gibt natürlich auch positive Beratungsbeispiele, die
bisher nicht angesprochen wurden. Immerhin sind nicht alle Empfehlungen
Verlustbringer. Von den vielen Geldanlagen, die ich in meiner Tätigkeit mehr
oder weniger mitgemacht und miterlebt habe, haben sich sehr viele ausreichend
gut entwickelt. Was ich kritisiere ist, dass die Entscheider in den
Sozialunternehmen ihre Urteilsfähigkeit ausschalten, wenn sie einem Banker
gegenüber sitzen und über das finanzielle Rückgrat des Unternehmens verhandeln.
Ich möchte für genügend Skepsis und Vorsicht in solchen Beratungen plädieren,
denn auch in der Geldanlage gibt es einen Fehlerquotienten.
Über die Beratung wurde nun viel gesprochen – wie sieht
es mit Anlageentscheidungen aus?
CGS
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