Sonntag, 28. August 2016

Wohngeld für Menschen in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe?

Gibt es nun mehr Geld für Menschen, die in einer stationären Wohneinrichtung leben? Nein. Sozialhilfeträger wenden Vorschriften an, um das Budget für gezahlte Eingliederungshilfe-Leistungen deutlich zu entlasten.  

Menschen, die über ein sehr geringes Einkommen verfügen, können vom Sozialhilfeträger einen Zuschuss (Wohngeld) zu ihrer monatlich zu zahlenden Miete oder im Falle des Eigentums zur monatlichen Belastung beantragen. Dass das möglich ist, basiert auf dem Wohngeldgesetz. Zweck des Wohngeldes ist es, ein angemessenes und familiengerechtes Wohnen zu sichern (vgl. § 1 WoGG). Nun sieht man hin und wieder auch Bewilligungsbescheide und Wohngeldanträge für diejenigen Menschen, die in einer stationären Wohneinrichtung der Eingliederungshilfe (SGB XII) dauerhaft leben.

Grundsätzlich muss man vorausschicken, dass Leistungen der Eingliederungshilfe (6. Kapitel SGB XII) nachrangige Sozialleistungen darstellen. Das bedeutet, dass zuerst einmal alle anderen Anspruchsmöglichkeiten geprüft werden müssen. Dann erfolgt der Einzug dieser Leistungen, bevor schließlich Leistungen der Eingliederungshilfe gewährt werden (vgl. auch § 2 SGB XII).

Wohngeldberechtigt ist unter anderem auch eine Person, die in einem Heim im Sinne des Heimgesetzes oder entsprechender länderrechtlicher Vorschriften lebt (§ 3 Abs. 1 Ziff. 3 WoGG). In manchen Bewilligungsbescheiden steht aber, dass jemand gem. § 7 WoGG vom Bezug von Wohngeld ausgeschlossen ist, wenn dieser zum Beispiel „Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch“ (Abs. 1 Ziffer 5) oder „Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch“ (Ziffer 6) oder „ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt oder andere Hilfen in einer stationären Einrichtung, die den Lebensunterhalt umfassen,“ (Ziffer 7) erhält. Gerade letzter Punkt trifft auf das Leben in stationären Wohneinrichtung der Eingliederungshilfe zu. Von daher müsste man doch annehmen, dass ein Wohngeld nicht bewilligt werden darf?

Was im Bewilligungsbescheid häufig nicht steht ist, dass jemand „nicht ausgeschlossen ist“, wenn „… durch Wohngeld die Hilfebedürftigkeit im Sinne … des § 19 Abs. 1 und 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch … vermieden oder beseitigt werden kann und … der zuständige Träger eine der in Satz 1 Nr. 1 bis 7 genannten Leistungen als nachrangig verpflichteter Leistungsträger nach § 104 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch erbringt“ (vgl. § 7 Abs. 1 S. 3 WoGG). Der Verweis auf § 104 SGB X bezieht sich auf ein Sozialverwaltungsverfahren, dass man in § 93 SGB XII wiederfinden kann – also in einer gesetzlichen Regelung, die sich mit der Überleitung von Ansprüchen anderer Leistungsträger befasst.

Sozialhilfeträger können also die Möglichkeit nutzen, wie Wohngeld mit Leistungen der Eingliederungshilfe verrechnet werden können. Bewilligte Leistungen aus dem einen Topf werden somit umgeleitet auf den anderen Topf, so dass dort eine Verrechnung stattfindet. Man kann das auch ganz gut in Haushaltsplänen wiederentdecken, in denen „übergeleitete Ansprüche“ im Budget der Eingliederungshilfe nachrichtlich ausgewiesen werden. Ein anderes Beispiel für solche Überleitungen sind Grundsicherungsleistungen, die als „übergeleitetes Einkommen“ vom Sozialhilfeträger eingenommen werden.

Letztlich gibt es also nicht mehr Geld für den wohngeldberechtigten Leistungsberechtigten, sondern die Behörde bzw. der Fachdienst Soziales lässt Geld von einem Topf in den anderen Topf wandern.

CGS




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