Soziale Leistungen
sind ein Leistungsversprechen des Sozialstaates an den bedürftigen Bürger. Versprochen
wird immer nur die Deckung des jeweiligen Hilfebedarfs – alles andere, also
das, was über diesen objektiv festgestellten Hilfebedarf hinausgeht, ist „Luxus“
und darf nicht vom Sozialstaat übernommen werden. Mit der Einführung des
Bundesteilhabegesetzes wird man noch viel deutlicher der Instituts- und
Einrichtungsfinanzierung (Stichwort: Strukturbildung) begegnen und das
Leistungsversprechen des Sozialstaates auf die tatsächliche ziel- und
personenorientierte Bedarfsdeckung beschränken. Doch bereits jetzt schon zeigen
sich an mancher Stelle „Schnittstellenprobleme“ zwischen Leistungsträger und
Leistungserbringer. Wenn nun der Wohnstättenvertrag gekündigt wird, aber der
Auszug schon vor dem Monatsletzten stattfindet, was bedeutet es für den
Leistungserbringer?
Ein behinderter Mensch (Leistungsberechtigter), der in
einer stationären Wohneinrichtung lebt und nun ausziehen möchte, kündigt den
mit dem Träger der Wohneinrichtung (Leistungserbringer) abgeschlossenen Wohnstättenvertrag.
Der Träger bestätigt die Kündigung zum Monatsende. Der Bewohner zieht aber nun
ein paar Tage früher aus, was vom Träger der Wohneinrichtung auch an den
Sozialhilfeträger (Leistungsträger) gemeldet wird.
Bis zu welchem Termin bezahlt der Sozialhilfeträger? Den
Monatsletzten oder bis zum Tag des Auszugs, der ja nun davor liegt?
Weil der Bedarf tatsächlich nicht mehr bis zum
Monatsletzten beim Leistungsberechtigten besteht, braucht der Leistungsträger
ggü. dem Leistungsberechtigten keine weitere Kosten zu tragen bzw. Zahlungen an
den Leistungserbringer vorzunehmen. Wenn der Leistungsberechtigte sogar in
einer anderen stationären Wohneinrichtung umzieht, wird der Bedarf von dem
anderen Leistungserbringer gedeckt, so dass eine Doppelzahlung unbegründet
wäre.
Der Leistungserbringer hat aber tatsächlich strukturelle
Kosten, die mit dem Auszug des Bewohners nicht sofort abgestellt werden können.
Wenn im Landesrahmenvertrag oder in der Vergütungsvereinbarung hier keine
Vereinbarung getroffen wurde, kann der Anspruch auf Deckung der Kosten nur noch
ggü. dem ehemaligen Bewohner als Vertragspartner des Wohnstättenvertrags
geltend gemacht werden.
Nochmal:
Mit dem Austritt des Bewohners hört i.d.R. die
Zahlungspflicht auf – spätestens am Tag des Austritts. Und nur weil der Leistungsberechtigte
im Wohnstättenvertrag Vertragspartner des Leistungserbringers ist, ist der
Bewohner primär für die Zahlung bis zum Vertragsende in der Pflicht.
Und:
Der Bewohner ist nur dann leistungsberechtigt, wenn es um
seinen Bedarf geht. Weil aber nun zwei Wohnplätze genutzt werden, der Bedarf
aber nur auf einen Wohnplatz besteht, bezieht sich diese Leistungsberechtigung
dann auch nur auf den aktuellen Wohnplatz; für den alten, nicht mehr genutzten
Wohnplatz ist der Bewohner plötzlich nicht mehr leistungsberechtigt. Weil zudem
der Bewohner ein Sozialhilfeempfänger ist, verfügt er ganz bestimmt nicht über
Mittel zur Tilgung von Schulden bzw. sonstigen vertraglichen
Erfüllungspflichten.
Damit bleibt der Leistungserbringer effektiv auf seinen
Kosten sitzen.
Einzige Lösung für den Leistungserbringer besteht darin,
einen Risikozuschlag bzw. eine Auslastungsquote unterhalb der Vollbelegung
verhandelt zu bekommen. In Vergütungsverhandlungen sollte nach Möglichkeit die Dauer
der Leerstände von Wohnplätzen und die Anzahl der Kündigung von
Wohnstättenverträgen untersucht werden, um dieses Risiko zu qualifizieren. Es
könnte dann auch sein, dass der Leistungsträger Kosten übernimmt, die gar nicht
angefallen sind.
CGS
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